01.12.12007, 19:33
Der Wolf und der Hund
Ein Wolf war in einem langen, strengen Winter völlig abgemagert, und seine Kräfte schwanden immer mehr. Matt und ausgehungert schleppte er sich dahin.
Eine Dogge war ihrem Herrn ausgerückt und strolchte durch die Gegend. Der Wolf wollte sie anfallen, aber die Dogge fletschte die Zähne und knurrte böse. Da besann sich der Wolf auf seine müden, ausgezehrten Knochen; der Kampf könnte zu seinem Nachteil enden. Freundlich grüßte er daher den Hund: "Wie schön und kräftig du bist! Du siehst so gesund und wohlgenährt aus, dein Fell ist vorzüglich gepflegt, verrate mir, guter Freund, wie schaffst du das in diesem endlosen Winter?"
Auf diese schmeichelnden Worte hin wedelte die Dogge stolz mit ihrem Schwanz und sagte hochmütig: "Du armer Schlucker! Hat der Winter dich so erbärmlich zugerichtet? Aber du bist selber schuld an deiner miesen Lage. Meine Vorfahren waren auch so dumm wie du und versuchten sich dürftig in der öden Wildnis durchzuschlagen, anstatt zu den Menschen zu gehen. Viele starben vor Hunger.
Ich bin schlauer als sie und führe ein bequemes Leben. Komm mit mir, mein Herr ist ein feiner Kumpel. Wir gehen zusammen spazieren, balgen uns um einen Stock oder Stein, und täglich füttert er mich mit fettem Fleisch und frischer Milch."
"Und musst du deinem Herrn für das Essen keinen Dienst erweisen? Tut er alles nur aus Liebe zu dir?" erkundigte sich der Wolf, den das satte Leben lockte.
"Nun ja, ich helfe ihm ein wenig", gab die Dogge etwas kleinmütig zu. "Hier und da passe ich auf seine Kinder auf; morgens hole ich in einem Korb das Brot vom Bäcker und bringe meinem Herrn die Zeitung; ich lasse mich von seiner Frau streicheln. Das ist alles! Dafür belohnt er mich reichlich mit feinen Happen.
"Nimm mich mit", bettelte der ausgehungerte Wolf, "wir können uns die Dienste teilen." Und sorglos plaudernd liefen die beiden den Weg zum Haus der Dogge.
"Was hast du um deinen Hals?" fragte der Wolf neugierig und zeigte auf das Halsband, das der Hund trug. "Das hat nicht viel zu bedeuten", meinte die Dogge, "es ist ein Geschenk von meinem Herrn."
"Aber wozu ist es gut?" wollte der Wolf wissen, der misstrauisch geworden war. Die Dogge brummte: "Es ist ganz unbedeutend. Wenn ich mit meinem Herrn ausgehe, so führt er mich manchmal an der Leine, die er an meinem Halsband befestigt. Und des Nachts legt er mich an eine sehr lange Kette, damit ich Haus und Hof vor Dieben schützen kann. Weiter nichts."
"Was sagst du da, du bist nicht immer frei und kannst herumstreifen, wie es dir gefällt?" rief der Wolf fassungslos. "Und das nennst du 'weiter nichts'? Lebe wohl! Ich danke dir für dein freundliches Angebot. Könnte ich auch von morgens bis abends das beste Fleisch genießen, meine Freiheit würde ich niemals dafür aufgeben." Und schnell verabschiedete er sich von der Dogge und ging in den Wald zurück.
Ein Wolf war in einem langen, strengen Winter völlig abgemagert, und seine Kräfte schwanden immer mehr. Matt und ausgehungert schleppte er sich dahin.
Eine Dogge war ihrem Herrn ausgerückt und strolchte durch die Gegend. Der Wolf wollte sie anfallen, aber die Dogge fletschte die Zähne und knurrte böse. Da besann sich der Wolf auf seine müden, ausgezehrten Knochen; der Kampf könnte zu seinem Nachteil enden. Freundlich grüßte er daher den Hund: "Wie schön und kräftig du bist! Du siehst so gesund und wohlgenährt aus, dein Fell ist vorzüglich gepflegt, verrate mir, guter Freund, wie schaffst du das in diesem endlosen Winter?"
Auf diese schmeichelnden Worte hin wedelte die Dogge stolz mit ihrem Schwanz und sagte hochmütig: "Du armer Schlucker! Hat der Winter dich so erbärmlich zugerichtet? Aber du bist selber schuld an deiner miesen Lage. Meine Vorfahren waren auch so dumm wie du und versuchten sich dürftig in der öden Wildnis durchzuschlagen, anstatt zu den Menschen zu gehen. Viele starben vor Hunger.
Ich bin schlauer als sie und führe ein bequemes Leben. Komm mit mir, mein Herr ist ein feiner Kumpel. Wir gehen zusammen spazieren, balgen uns um einen Stock oder Stein, und täglich füttert er mich mit fettem Fleisch und frischer Milch."
"Und musst du deinem Herrn für das Essen keinen Dienst erweisen? Tut er alles nur aus Liebe zu dir?" erkundigte sich der Wolf, den das satte Leben lockte.
"Nun ja, ich helfe ihm ein wenig", gab die Dogge etwas kleinmütig zu. "Hier und da passe ich auf seine Kinder auf; morgens hole ich in einem Korb das Brot vom Bäcker und bringe meinem Herrn die Zeitung; ich lasse mich von seiner Frau streicheln. Das ist alles! Dafür belohnt er mich reichlich mit feinen Happen.
"Nimm mich mit", bettelte der ausgehungerte Wolf, "wir können uns die Dienste teilen." Und sorglos plaudernd liefen die beiden den Weg zum Haus der Dogge.
"Was hast du um deinen Hals?" fragte der Wolf neugierig und zeigte auf das Halsband, das der Hund trug. "Das hat nicht viel zu bedeuten", meinte die Dogge, "es ist ein Geschenk von meinem Herrn."
"Aber wozu ist es gut?" wollte der Wolf wissen, der misstrauisch geworden war. Die Dogge brummte: "Es ist ganz unbedeutend. Wenn ich mit meinem Herrn ausgehe, so führt er mich manchmal an der Leine, die er an meinem Halsband befestigt. Und des Nachts legt er mich an eine sehr lange Kette, damit ich Haus und Hof vor Dieben schützen kann. Weiter nichts."
"Was sagst du da, du bist nicht immer frei und kannst herumstreifen, wie es dir gefällt?" rief der Wolf fassungslos. "Und das nennst du 'weiter nichts'? Lebe wohl! Ich danke dir für dein freundliches Angebot. Könnte ich auch von morgens bis abends das beste Fleisch genießen, meine Freiheit würde ich niemals dafür aufgeben." Und schnell verabschiedete er sich von der Dogge und ging in den Wald zurück.
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!