30.12.12005, 14:01
Am 16./17.12.1916, heute vor 89 Jahren, wurde der sibirische Mönch Grigori Rasputin von Angehörigen des Zarenhofes ermordet.
Grigorij Jefimowitsch Rasputin
Mönch, Wunderheiler
geb.: wahrscheinlich 1871 in Prokrowskoje bei Tjumen (Sibirien)
ermordet: 16./17.Dezember 1916 in St. Petersburg
Rasputins medizinische Kenntnisse mögen sicherlich nicht umfassend gewesen sein. Doch sein unglaublicher Aufstieg vom Bauernsohn in eine beherrschende Position mit weitreichenden politischen Konsequenzen unter der Zarenfamilie des vorrevolutionären Russland ist ohne die Nutzbarmachung bestimmter heilkundlicher und magischer Kenntnisse und Verhaltensregeln kaum vorstellbar.
Der genaue Geburtstag Rasputins ist unbekannt - auch das Geburtsjahr ist nicht eindeutig: Quellen sprechen von 1864, 1865 und auch 1871. Nur soviel ist gesichert: Rasputin wurde als drittes Kind des wohlhabenden Bauern Nowych geboren. Schon in seiner Jugend deutete alles darauf hin, dass er nicht nur das Landleben liebte, sondern auch das ungezwungene Leben und die Frauen. Mit zwanzig Jahren heiratete er Praskowia Feodorowna Dubrowina, ein Mädchen aus seinem Dorf, und zeugte mit ihr vier Kinder. Er arbeitete als Fuhrmann, bis er sich um das Jahr 1900 den flagellantischen Khlisti anschloss, einer häretischen religiösen Sekte. Mit ihnen lebte er in einer mönchsähnlichen Gemeinschaft, die allerdings wenig mit dem herkömmlichen ordensbrüderlichen Vorstellungen zu tun hatte. Die vorgeblichen Geißler und Asketen hatten sich vielmehr die Lebensmaxime zurechtgelegt, nach der der Mensch zuerst sündigen müsse, um später von diesen Sünden erlöst werden zu können. Aus diesem Grunde praktizierten sie eine Vielzahl bizarrer Gebräuche und Riten vorwiegend sexuellen Inhalts. Aufgrund seiner Praktiken und der Unruhe, die Rasputin in das Eheleben der einfachen Bauern brachte, wurde er aus seinem Heimatdorf verstoßen.
Die folgenden Jahre waren von der Wanderschaft durch die ländlichen Weiten Russlands angefüllt. Überall, wo Rasputin hinkam, machte er auf sich aufmerksam und führte vor allem die Frauen in die Rituale der Flagellanten ein. Sie erlagen reihenweise dem "Magnetismus seiner tierhaften Anziehungskraft", lösten sich von ihren bisherigen Bindungen und feierten mit ihm seine obskuren Riten. Später gerieten auch mondäne Frauen in St. Petersburg in den Bann seiner Sinnlichkeit.
Um das Jahr 1905 ließ sich Rasputin in St. Petersburg nieder und eröffnete in seiner Mietwohnung eine Art ärztliches Sprechzimmer. Sein Patientenkreis bestand vorwiegend aus Frauen jüngeren Alters aller Bildungs- und Gesellschaftskreise. Bei den Konsultationen versammelten sich die Damen im Esszimmer um den Tisch, und warteten auf eine Einladung in Rasputins Schlafzimmer, das er das "Allerheiligste" nannte. Je nach Lust und Laune ließ er dann eine oder mehrere "Patientinnen" zu sich kommen, wo er sie in seine sexuellen Praktiken einführte, mit ihnen scherzte, trank, tanzte und wilde Lieder sang. Rasch gingen die unglaublichsten Gerüchte über die "Wunderkräfte" des angeblichen Heilers um, die Scharen "Hilfesuchender" zu ihm führten. Bald gehörte es zum guten Ruf einer Frau, die Aufmerksamkei des "Wunderheilers" erregt zu haben. Ernsthafte Berichte bezeugen, dass es auch Ehemänner gab, die damit prahlten, dass ihre Frau eine der Auserwählten gewesen sei, die dem unglaublichen Rasputin gehört hätten.
Die wundersamen Eigenschaften Rasputins blieben auch dem Hofe des Zaren in St. Petersburg nicht verborgen. Im Jahre 1907 wurde Rasputin zu Zar Nikolaus II. Alexandrowitsch (1868-1918) gerufen. Sein Sohn Alexis litt unter Hämophilie ("Bluterkrankheit"), und Rasputin gelang es tatsächlich, das Leiden des jungen Thronfolgers zu lindern. Dies brachte ihm die uneingeschränkte Gunst der Zarin Alexandra und die Bewunderung des Zaren ein. Rasputin nutzte die Protektion des Zarenhofes und verschaffte sich eine einflussreiche Stellung. Er vermied es allerdings, am Hofe zu leben und schockierte weiterhin die Bewohner von St. Petersburg mit seinen wilden Ausschweifungen.
Rasputins Einfluss auf die Zarenfamilie und sein Lebenswandel riefen vor allem in Kreisen konservativer Adliger Bestürzung hervor. Er wurde als Ursache der Kriegsniederlage gegen Japan 1904/1905, der Revolution 1905 und den sich abzeichnenden russischen Zusammenbruch im 1. Weltkrieg angesehen. Erst nachdem mehrere Attentatsversuche fehlgeschlagen waren, gelang es einer Handvoll Verschwörer, ihn in eine Falle zu locken und zu ermorden. Dabei war Rasputins Tod genauso ungewöhnlich, wie sein Leben:
Die Verschwörer, Prinz Felix Jussupow, Wladimir Purischkjewitsch, Dmitri Pawlowitsch Romanow (ein Neffe des Zaren), Oberst Suchotin und Dr. Stanislaus Lasowert, versuchten zunächst, Rasputin zu vergiften. Nachdem Rasputin mehrere mit Zyankali gefüllte Törtchen überlebte, schossen die Verschwörer auf ihn. Doch auch diese Schüsse waren noch nicht tödlich. Daraufhin fesselten die Verschwörer Rasputin, fuhren ihn auf eine Brücke über die Newa und warfen ihn schließlich in die eisigen Fluten, wo er dann ertrank.
Dieser Text soll Vater Grigori ehren und ihn rühmen. Ewig lebt der Toten Tatenruhm!