19.09.12007, 18:23
Quelle: Schrot&Korn
Gentechspuren sind nicht immer vermeidbar
Gensoja und Pestizide haben etwas gemeinsam. Beide sind für Bio-Bauern und Bio-Verarbeiter verboten. Dennoch finden sich manchmal Spuren davon in Bio-Lebensmitteln. // Leo Frühschütz
Ein Test-Magazin hatte im Sommer in zwei Bio-Produkten auf Soja-Basis Spuren genmanipulierter Sojabohnen gefunden. Die Spuren waren so gering, dass das Magazin keinen genauen Zahlenwert dafür angeben konnte. Dennoch wertete es das Bio-Lebensmittel ab. Begründung: Genmanipulierte Sojabohnen haben in Bio-Lebensmitteln nichts zu suchen.
Das stimmt. Die EU-Ökoverordnung verbietet der Bio-Landwirtschaft den Einsatz der Gentechnik. Auch dort, wo er in konventionellen Produkten weitverbreitet ist, etwa bei Tierfutter oder Zusatzstoffen. Bio-Lebensmittel sind also per Gesetz „gentechnikfrei“. Doch sie werden nicht unter einer Käseglocke produziert. Deshalb wirkt sich der zunehmende weltweite Anbau bestimmter Genpflanzen auch auf Bio-Lebensmittel aus.
Jedes zehnte Produkt verunreinigt
Die bayerischen Lebensmittelbehörden untersuchten 2005 134 Bio-Lebensmittel mit Soja als Zutat. In 12 von ihnen fanden sie Gensojaspuren kleiner als 0,1?Prozent. Über 0,1?Prozent lag kein Bio-Lebensmittel. Die Zahlen anderer Bundesländer sind ähnlich. Das zeigt: In rund einem Zehntel der Lebensmittel mit Bio-Soja lassen sich Verunreinigungen nachweisen. Bei Maisprodukten ist die Quote deutlich geringer, andere Lebensmittel sind kaum betroffen. Bei konventionellen Produkten lagen Anzahl und Menge der Kontaminationen höher. Das liegt daran, dass Bio-Hersteller viel unternehmen, um solche Verunreinigungen zu vermeiden und vom Sojafeld bis zum fertigen Produkt immer wieder Proben messen lassen.
Doch der überwiegende Teil der konventionellen Sojabohnen ist genmanipuliert. In Mähdreschern, Silos und Ölmühlen, auf Lastwagen und Frachtschiffen können einige bei der Reinigung übersehene Gensojabohnen eine ganze Lieferung Bio-Soja kontaminieren.
Für den qualitativen Nachweis genügt es, vereinfacht gesagt, wenn eine von 10?000 Bohnen ein verändertes Erbgut (GVO) hat, das wären 0,01?Prozent. Um den GVO-Anteil genau beziffern zu können, brauchen die Analytiker mehr von dem veränderten Erbgut. Deshalb nennen sie erst ab 0,1?Prozent Verunreinigung konkrete Zahlen. Das gilt für rohe Bohnen oder Sojamehl. Weil Hitze und andere Verarbeitungsschritte die Eiweiße des Erbgutes abbauen, ist der Nachweis in fertigen Produkten oft deutlich schwieriger.
Genmanipulierte Bohnen müssen nicht gleichmäßig in einer zu überprüfenden Lieferung verteilt sein. Deshalb kann es passieren, dass in der Probe des Herstellers kein GVO nachweisbar ist, Kontrollbehörden oder Testmagazine aber GVO-Spuren finden.
Händler bleibt auf Ware sitzen
Werden solche Spuren öffentlich, bleibt das betroffene Produkt womöglich im Regal liegen. Die Kunden wollen es nicht. Der Hersteller verweist darauf, dass es nur Spuren waren, für die er nichts kann. Der Händler bleibt auf der Ware sitzen und hat den Schaden. Würde der Hersteller das Produkt zurückrufen, müsste er die Kosten tragen. Dabei hat er mit hohem organisatorischen und finanziellen Aufwand versucht, eine solche Verunreinigung zu verhindern. Aus dem Schneider sind bei Genspuren-Nachweisen im fertigen Produkt diejenigen, die das genmanipulierte Saatgut auf den Markt brachten, diejenigen, die es anbauten und diejenigen, die Gensoja verarbeiteten. Sie haben die Verunreinigung verursacht, müssen aber nicht für die Folgen haften. Das Gentechnikgesetz sieht für solche Fälle keinen Schadensersatz vor. Das sogenannte Verursacherprinzip gilt hier nicht.
Dieses kommt nur dann zur Anwendung, wenn beispielsweise ein Bio-Bauer seinem konventionellen Nachbarn nachweisen kann, dass dessen gentechnisch veränderte Pflanzen, Samen oder Pollen auf seinen Bio-Acker gelangt sind.
Im Falle des Nachweises im verarbeiteten Produkt müssen die Zeche diejenigen zahlen, die gentechnikfrei wirtschaften wollen sowie die Verbraucher. Sie sollen sich langfristig an GVO-Verunreinigungen gewöhnen.
Noch sind solche Kontaminationen die Ausnahme. Sie betreffen wenige Rohstoffe wie Soja, Mais oder Raps, die importiert werden. Nur Genmais wächst in Deutschland auf 2?000 Hektar als Viehfutter. Doch bereits diese wenigen Felder machen den Imkern Probleme (siehe Meldung Seite 8). Umso wichtiger ist es, sich für eine GVO-freie Landwirtschaft einzusetzen. Mehr zum Thema finden Sie in unserem Dossier zur Agro-Gentechnik.
Fragwürdige Grenze
Die EU schreibt vor: Enthält ein Lebensmittel „zufällige oder technisch unvermeidbare“ gentechnische Verunreinigungen, müssen diese gekennzeichnet werden, sobald sie mehr als 0,9 Prozent der jeweiligen Zutat ausmachen. Das ist aber keine Erlaubnis, ein Produkt bis zu diesem Grenzwert zu verunreinigen. Sondern die Hersteller müssen alles technisch Mögliche unternehmen, um Verunreinigungen zu vermeiden. Die Bio-Hersteller, die Sojabohnen verarbeiten, zeigen, was möglich ist: Verunreinigungen lassen sich verhindern oder zumindest weit unter 0,1 Prozent halten.
Gentechspuren sind nicht immer vermeidbar
Gensoja und Pestizide haben etwas gemeinsam. Beide sind für Bio-Bauern und Bio-Verarbeiter verboten. Dennoch finden sich manchmal Spuren davon in Bio-Lebensmitteln. // Leo Frühschütz
Ein Test-Magazin hatte im Sommer in zwei Bio-Produkten auf Soja-Basis Spuren genmanipulierter Sojabohnen gefunden. Die Spuren waren so gering, dass das Magazin keinen genauen Zahlenwert dafür angeben konnte. Dennoch wertete es das Bio-Lebensmittel ab. Begründung: Genmanipulierte Sojabohnen haben in Bio-Lebensmitteln nichts zu suchen.
Das stimmt. Die EU-Ökoverordnung verbietet der Bio-Landwirtschaft den Einsatz der Gentechnik. Auch dort, wo er in konventionellen Produkten weitverbreitet ist, etwa bei Tierfutter oder Zusatzstoffen. Bio-Lebensmittel sind also per Gesetz „gentechnikfrei“. Doch sie werden nicht unter einer Käseglocke produziert. Deshalb wirkt sich der zunehmende weltweite Anbau bestimmter Genpflanzen auch auf Bio-Lebensmittel aus.
Jedes zehnte Produkt verunreinigt
Die bayerischen Lebensmittelbehörden untersuchten 2005 134 Bio-Lebensmittel mit Soja als Zutat. In 12 von ihnen fanden sie Gensojaspuren kleiner als 0,1?Prozent. Über 0,1?Prozent lag kein Bio-Lebensmittel. Die Zahlen anderer Bundesländer sind ähnlich. Das zeigt: In rund einem Zehntel der Lebensmittel mit Bio-Soja lassen sich Verunreinigungen nachweisen. Bei Maisprodukten ist die Quote deutlich geringer, andere Lebensmittel sind kaum betroffen. Bei konventionellen Produkten lagen Anzahl und Menge der Kontaminationen höher. Das liegt daran, dass Bio-Hersteller viel unternehmen, um solche Verunreinigungen zu vermeiden und vom Sojafeld bis zum fertigen Produkt immer wieder Proben messen lassen.
Doch der überwiegende Teil der konventionellen Sojabohnen ist genmanipuliert. In Mähdreschern, Silos und Ölmühlen, auf Lastwagen und Frachtschiffen können einige bei der Reinigung übersehene Gensojabohnen eine ganze Lieferung Bio-Soja kontaminieren.
Für den qualitativen Nachweis genügt es, vereinfacht gesagt, wenn eine von 10?000 Bohnen ein verändertes Erbgut (GVO) hat, das wären 0,01?Prozent. Um den GVO-Anteil genau beziffern zu können, brauchen die Analytiker mehr von dem veränderten Erbgut. Deshalb nennen sie erst ab 0,1?Prozent Verunreinigung konkrete Zahlen. Das gilt für rohe Bohnen oder Sojamehl. Weil Hitze und andere Verarbeitungsschritte die Eiweiße des Erbgutes abbauen, ist der Nachweis in fertigen Produkten oft deutlich schwieriger.
Genmanipulierte Bohnen müssen nicht gleichmäßig in einer zu überprüfenden Lieferung verteilt sein. Deshalb kann es passieren, dass in der Probe des Herstellers kein GVO nachweisbar ist, Kontrollbehörden oder Testmagazine aber GVO-Spuren finden.
Händler bleibt auf Ware sitzen
Werden solche Spuren öffentlich, bleibt das betroffene Produkt womöglich im Regal liegen. Die Kunden wollen es nicht. Der Hersteller verweist darauf, dass es nur Spuren waren, für die er nichts kann. Der Händler bleibt auf der Ware sitzen und hat den Schaden. Würde der Hersteller das Produkt zurückrufen, müsste er die Kosten tragen. Dabei hat er mit hohem organisatorischen und finanziellen Aufwand versucht, eine solche Verunreinigung zu verhindern. Aus dem Schneider sind bei Genspuren-Nachweisen im fertigen Produkt diejenigen, die das genmanipulierte Saatgut auf den Markt brachten, diejenigen, die es anbauten und diejenigen, die Gensoja verarbeiteten. Sie haben die Verunreinigung verursacht, müssen aber nicht für die Folgen haften. Das Gentechnikgesetz sieht für solche Fälle keinen Schadensersatz vor. Das sogenannte Verursacherprinzip gilt hier nicht.
Dieses kommt nur dann zur Anwendung, wenn beispielsweise ein Bio-Bauer seinem konventionellen Nachbarn nachweisen kann, dass dessen gentechnisch veränderte Pflanzen, Samen oder Pollen auf seinen Bio-Acker gelangt sind.
Im Falle des Nachweises im verarbeiteten Produkt müssen die Zeche diejenigen zahlen, die gentechnikfrei wirtschaften wollen sowie die Verbraucher. Sie sollen sich langfristig an GVO-Verunreinigungen gewöhnen.
Noch sind solche Kontaminationen die Ausnahme. Sie betreffen wenige Rohstoffe wie Soja, Mais oder Raps, die importiert werden. Nur Genmais wächst in Deutschland auf 2?000 Hektar als Viehfutter. Doch bereits diese wenigen Felder machen den Imkern Probleme (siehe Meldung Seite 8). Umso wichtiger ist es, sich für eine GVO-freie Landwirtschaft einzusetzen. Mehr zum Thema finden Sie in unserem Dossier zur Agro-Gentechnik.
Fragwürdige Grenze
Die EU schreibt vor: Enthält ein Lebensmittel „zufällige oder technisch unvermeidbare“ gentechnische Verunreinigungen, müssen diese gekennzeichnet werden, sobald sie mehr als 0,9 Prozent der jeweiligen Zutat ausmachen. Das ist aber keine Erlaubnis, ein Produkt bis zu diesem Grenzwert zu verunreinigen. Sondern die Hersteller müssen alles technisch Mögliche unternehmen, um Verunreinigungen zu vermeiden. Die Bio-Hersteller, die Sojabohnen verarbeiten, zeigen, was möglich ist: Verunreinigungen lassen sich verhindern oder zumindest weit unter 0,1 Prozent halten.
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