Gudrun Wagner gestorben
#41
Bayreuth 2011, nach 30 Minuten: Venus eiert sich durch den Venusberg (oder ist doch Gwyneth Jones nochmal auf die Bühne zurückgekehrt?), Tannhäuser klingt stimmlich wie ein ausgesungener Opa (Georg Paskuda an der Seite von Gwyneth?) und Hengelbrock buchstabiert nüchtern Musik, unglaublich wie farblos das klingen kann.

Der Abend war eine Schande für Bayreuth. Einzig der Wolfram bot diesem Debakel die Stirn. Orchester, Chor, Regie, Bühnenbild, Kostüm etc. = ganz grosser Mist. Mit Abstrichen erträglich: Der Landgraf.

In Bayreuth hat ein Generationswechsel stattgefunden. Die Rechnung Vater /Töchter geht dabei so nicht auf; künstlerisch sind es gleich drei Generationssprünge. Das irritiert so manchen.

Fazit: Vergessen und den Wagner-Damen in keinem Fall eine Vertragsverlängerung geben! Das war der nichtssagende "Tannhäuser" weltweit!!! Ein vollkommenes Debakel! ... und wem haben wir das alles zu verdanken:


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Tue was immer ich will!
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#42
Ein dicker Strich im neuen Tannhäuser

Hat denn von Euch ganzen Bayreuth-Experten keiner bemerkt, daß Wagners "Tannhäuser" gekürzt wurde? Es gab einen dicken großen Strich – im ersten Akt wurde die zweite Strophe von Tannhäusers "Preislied" weggelassen von "Dank deiner Huld! ..." an. Wichtiges fehlte, "nach unsres Himmels klarem Blau, nach unsrem frischen Grün der Au, nach unsrer Vöglein liebem Sange, nach unsrer Glocken trautem Klange ..." usw. - war alles gestrichen! Und keiner empört sich darüber! Hat's keiner bemerkt?
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
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#43
Nein, hatte ich bisher nicht bemerkt. Das setzt dem Ganzen ja noch eine weitere negative Krone auf. Tiefer gehts immer....! Der "neue" Tannhäuser testet mal wieder die Leidensfähigkeit der Empfänger. Da wird gekürzt und musikalisch gestümpert, daß es nur noch weh tut oder verärgert.

Friedes sängerischer Zustand war auch bereits vor Bayreuth reichlich ramponiert, aber letztlich paßt sie doch auch in das vermurkste szenische "Konzept", also vielleicht so eine Art "Typ-Besetzung". Clevemans Tannhäuser hat zwar weitgehend die Töne und offenkundig reicht das schon aus, um heute in Bayreuth zu singen. Hirn hat er keines, eine derart einfältige und monotone Interpretation ist schon wieder "rekord-verdächtig". Dagegen war der phlegmatische Glenn Winslade in der letzten Tannhäuser-Produktion noch ’ne Stimmungskanone. Aber vielleicht wollte auch sonst niemand die Hosen runterlassen und wie ein deppertes Rumpelstilzchen den Alkohol-Kübel warten und dabei irgendetwas von Rom und Pilgerreise faseln ...

Elisabeth stieg freiwillig in den "Biogas"-Tank, dann knallte Wolfram die Tür hinter ihr zu, sie wollte aber offensichtlich dem Tank wieder entsteigen, doch es gelang ihr nur, den Arm herauszustrecken, denn Wolfram drückte von außen die Tür gewaltsam gegen Elisabeths Widerstand zu. Unklar und verwirrend. Steigt sie in den Tank zur Frischzellenkur? Oder ursprünglich mit Selbstmordabsicht, wollte dann aber doch weiterleben? Seltsam und verworren, wie die gesamte Inszenierung. Es lohnt sich eigentlich nicht, auch nur einen Gedanken auf diesen unausgegorenen Müll zu verschwenden.

Anstatt auf der Bahre hereingetragen zu werden, tippelte sie dann am Ende kleinschrittig in ihrem eigenen Trauerzug mit ...
Was man will – nicht was man wünscht – empfängt man.

Cosima Wagner
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#44
Hallo Aglaia, werte Forengemeinde!

Ich habe in Bayreuth sämtliche Inszenierungen der letzten 25 Jahre gesehen und bislang war für mich der Arlaud-Tannhäuser die schlechteste "Inszenierung" (allerdings musikalisch u. a. wegen Gould ein Highlight), an die ich mich erinnern kann. Ich hätte nie vermutet, dass diese Baumgarten-Inszenierung jetzt mit Abstand die Schlusslichtposition in meiner persönlichen Rangliste einnehmen würde.
Grundsätzlich halte ich es für möglich, dass die Tannhäusergeschichte auch in einer Biogas- oder Äthanolfabrik schlüssig erzählt werden kann, genauso wie man Parsifal mit großem Erfolg im ersten Deutschen Bundestag zum Gralskönig gekrönt hat. Aber man muss dann in der Lage sein, diese Grundidee dem Publikum zu vermitteln, möglichst ohne weitschweifende Erklärungen im Vorfeld oder in bemühtem Dramaturgen-deutsch im Programmheft. Diese Inszenierung ist dem Publikum m. E. nicht vermittelbar, weil Baumgarten absolut nicht in der Lage ist, seine Idee durch eine mit dem Bühnenbild korrespondierende Personenregie umzusetzen. Die Personenführung hätte zu 90 Prozent genauso gut und 1:1 in ein Mittelalter-Bühnenbild gepasst. Ich fürchte, dass dieser inszenatorische Super-Gau auch in den kommenden Werkstattjahren nicht zu reparieren sein wird.

Besonders hirnrissig empfand ich z. B. die eingeblendeten online-Belehrungen während des Sängerwettstreits. Bei Wolfram liest man in übergroßen Lettern "Liebe = ewiges Begehren" bei Walther "Liebe = Kunst durch Sublimation", bei Biterolf "Liebe = Lynchjustiz" und bei Tannhäuser "Liebe = grenzenloser Genuss jenseits von Gut und Böse". Herzlichen Dank für diese Belehrungen und die vielen anderen schönen "Übertitel"!

Grauenhaft dilettantisch und ohne dramaturgisches Konzept erschienen mir auch die Kostüme; angefangen bei den kopulierenden Zottelaffen im Venusbergkäfig, über die 3 lustigen Spermien, die mich mehr an Kaulquappen erinnerten bis hin zu den pseudohistorischen Kostümen bei Elisabeth und Landgraf.
Ein Mitwirkender hat mir erzählt - was ich nicht glauben will - dass Baumgarten ein Betriebsfest in der Äthanolfabrik ("Mitarbeiter geben den Tannhäuser zum Besten") vorschwebte. Vom Dilletantismus-Niveau könnte das hinkommen, aber als Konzept für einen Tannhäuser in Bayreuth...??? Unglaublich...

Musikalisch war ich anfangs durchaus bereit, meine Hörgewohnheiten zu "vergessen" und mich auf diese "unromantische Hörweise" einzulassen. Die Lust hat mich aber schnell verlassen und insbesondere diese wahnwitzigen Striche im 1. und 2. Aufzug haben mir dann vollends den Rest gegeben. Leider können ein guter Landgraf, Hirtenjunge und Wolfram den Abend dann auch nicht mehr retten.
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#45
Die Abendzeitung bringt es auf den Punkt:

"Sebastian Baumgartens denkfaule Inszenierung unterbietet selbst den Ratten -"Lohengrin" des ausgebrannten Regie-Provokateurs Hans Neuenfels aus dem Vorjahr. Sollten die Wagner-Schwestern wirklich den abgenudelten Frank Castorf für den kommenden Nibelungenring verpflichten, wird das künstlerische Niveau in Wagners Werkstatt langsam ganz lächerlich.
Schon jetzt fällt es schwer, Bayreuth noch ernstzunehmen.

Baumgarten findet "Tannhäuser" einfach nur blöd. ... Die Wartburg-Ritter sind ein Haufen Deppen, von denen sich Tannhäuser in seiner Unterhose kaum abhebt. Wenn aber alles nur albern ist, warum inszeniert Baumgarten dann diese Oper? ...

Der Regisseur und seine Mitstreiter waren am Ende niemandem ein Bravo wert. In jedem anderen Theater der Welt würde nach dieser zweiten desolaten Premiere in Folge der Intendantenstuhl wackeln."


So weit Robert Braunmüller in der Abendzeitung, der auch für schlechte Inszenierungen der Münchner Staatsoper gern deutliche Worte findet.

In Bayreuth fehlt die ausgewogene Mischung zwischen albernem Experimentiertheater und handwerklich soliden, seriösen Inszenierungen. Katharina Wagner hat die Meistersinger auf den Kopf gestellt, Neuenfels den Lohengrin und jetzt kommt auch noch Baumgarten, mit den gleichen Rezepten. Der private Geschmack der Festspielleitung darf jedoch nicht Maßstab für den gesamten Spielplan sein.

In München hat Klaus Bachler zwar auch verkorkste Aufführungen präsentiert, aber dafür einige Klassiker überleben lassen. Krasse Einseitigkeit und handwerklicher Dilettantismus jedoch sind das Ende jeder Kulturinstitution.

Das alles funktioniert nur, weil die Kontrollorgane schlafen, keine Ahnung haben oder in einer krassen Interessenkollision selbst Vorteile bekommen, bei den Sonderkontingenten für Privilegierte und bei den ruhigstellenden Freikarten für die persönlichen Freunde.
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#46
Es ist die "Ausschließlichkeit", resultierend aus dem verengten Erfahrungsschatz der derzeitigen festspielleitenden Regisseurin. Hinweise auf die künstlerische Freiheit, wie auf der HV der GdF kundgetan, reichen nicht aus und legitimieren gar nichts. Wenn Buhstürme seit Jahren bei Neuinszenierungspremieren zur Regel werden und diese Buhstürme dann einer beschränkten intellektuellen Bandbreite des Publikums zugeschrieben werden, dann kann doch was nicht stimmen!

Operntheater und speziell Bayreuth ist keine Spielwiese für Regisseure oder Präsentationspool eigener Vorlieben leitender Angestellter. Das zahlende und fördernde Publikum wird sich das auf Dauer nicht gefallen lassen.
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#47
Lieber Frederic Lobesam, da Sie sich mit der vertraglichen Situation in Bayreuth sehr gut auskennen, mal die Frage, ob die Wagner-Schwestern noch im Produktionsprozeß das Recht gehabt hätten, hier einzugreifen? Mir scheint der Regisseur (anders als z. B. Neuenfels) die Sache einfach handwerklich nicht im Griff gehabt zu haben. Kann da die Festspielleitung eingeifen? Bei den Proben ist man ja wohl anwesend gewesen, da hätte man das Desaster doch sehen müssen! Oder gehört es zum "guten Ton", daß man hier nicht eingreift, um den Vorwurf der "Zensur" zu entkräften?
Das gilt ebenso für die musikalische Seite, weniger um Hengelbrock als vielmehr um die haarsträubenden Besetzungsfehler Venus und Tannhäuser.
Was man will – nicht was man wünscht – empfängt man.

Cosima Wagner
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#48
Werte Aglaia!

Aglaia schrieb:da Sie sich mit der vertraglichen Situation sehr gut auskennen, mal die Frage, ob die Wagner-Schwestern noch im Produktionsprozeß das Recht gehabt hätten, hier einzugreifen? Mir scheint der Regisseur (anders als z. B. Neuenfels) die Sache einfach handwerklich nicht im Griff gehabt zu haben. Kann da die Festspielleitung eingeifen ?

Selbstverständlich kann jeder Intendant in Produktionen eingreifen, denen ein Werklieferungsvertrag zugrundeliegt, denn letztendlich ist der Intendant für den künstlerischen Inhalt des Theaters verantwortlich und nicht ein Regisseur. Allerdings ist dabei zu beachten, daß die künstlerische Freiheit gewahrt bleibt und hier beginnt es schwierig zu werden. Ein elementarer Eingriff würde bedeuten, die künstlerische Legitimation infrage zu stellen und damit das Auswahlverfahren bei der Berufung des Regisseurs zu konterkarieren. Am Ende wären beide, Intendant und Regisseur, beschädigt und wohl auch das Theater insgesamt. KW hat sich auf der GdF-HV eindeutig für die künstlerische Freiheit ausgesprochen. EWP hat nicht widersprochen. Ergo ist die Festspielleitung für das Resultat verantwortlich.

Aglaia schrieb:Bei den Proben ist man ja wohl anwesend gewesen, da hätte man das Desaster doch sehen müssen! Oder gehört es zum "guten Ton", dass man hier nicht eingreift, um den Vorwurf der "Zensur" zu entkräften?

Natürlich hat sich bereits im Vorfeld eine gewisse Problematik angekündigt, die auch der Festspielleitung nicht verborgen geblieben sein dürfte. Aber die Festspielleitung hat das Konzept mitgetragen und muß jetzt sehen, wie sie den Schaden begrenzen kann. Zensur ist in diesem Zusammenhang nicht angebracht; um die künstlerische Wirkung einer Produktion auf Publikum und Kritik abzusehen, mußte man aber in diesem speziellen Fall keine hellseherischen Fähigkeiten besitzen, sondern nur etwas Erfahrung. Da ich diese Erfahrung den beiden Damen zubillige, folgere ich, daß das Ergebnis gewollt war.

Aglaia schrieb:Das gilt ebenso für die musikalische Seite, weniger um Hengelbrock als vielmehr um die haarsträubenden Besetzungsfehler Venus und Tannhäuser.

Mittlerweile muß Bayreuth nehmen, was es kriegt ... und das wird sich wohl in absehbarer Zeit nicht ändern. Einmal aufgrund des laufenden Inszenierungstrends (den nicht jeder darstellende Künstler mitmacht) und auch mangels Angebot – denn wirklich gute Wagnerstimmen gibt es eben leider nicht wie Sand am Meer.
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#49
"Die einfachste Lösung für derartigen Edelschwachsinn (Lohengrin, Tristan, Tannhäuser in Bayreuth) fernbleiben und todschweigen. Wenn keiner mehr hingeht und keiner mehr darüber berichtet, dann verschwinden die " Regie Provokateure " von ganz allein von der Bildfläche."
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#50
"Fernbleiben und Totschweigen" nutzt in diesem Fall überhaupt nicht. Die Bayreuth-Idee von Richard und Cosima Wagner ist so wichtig und wertvoll, daß sie nur mit deutlichen Buh-Protesten wieder lebendig werden kann; falls das überhaupt möglich ist.
Was man will – nicht was man wünscht – empfängt man.

Cosima Wagner
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