Als Ersatz für Backhefe, Hefewasser selbst herstellen
#1
Aus Wildhefen selbst hergestelltes Hefewasser als "Hefeersatz" soll bekömmlicher sein als Industriehefe. Vielleicht liegt das einfach daran, daß ein Teig damit länger gehen muß, denn Sauerteigbrot ist ja auch genau deshalb bekömmlicher (Stichwort Fermentation).

Hier mal ein Link, wie Backhefe hergestellt wird. Biohefe ist wie zu erwarten angenehmer im Herstellungsprozeß als konventionelle:

https://www.ugb.de/exklusiv/fragen-service/biohefe/?biohefe-hefe#:~:text=F%C3%BCr%20Biohefe%20d%C3%BCrfen%20nur%20Rohstoffe,noch%20Schwefels%C3%A4ure%20oder%20Ammoniak%20verwenden.


Hefewasser herstellen

Überall sind Hefen vorhanden, auf jedem Obst, sogar in der Raumluft. Das kann man nutzen, und es ist prinzipiell ganz einfach, einen Ersatz für gekaufte Backhefe selbst herzustellen. 

Benötigt werden:

- Ein Gefäß mit Deckel. Es eignen sich z. B. Einmachgläser, aber auch Flaschen mit Schraubdeckel. Es sollen nicht so viele Hefen aus der Umgebungsluft hinein, daher mit richtigem Deckel, der auch immer wieder verschlossen wird. Und daher ist auch ein Gefäß mit schmalerem Einlaß hier durchaus vorteilhaft.

- Einen Träger von Wildhefen. Dazu eignen sich beispielsweise Datteln gut, da sie eine runzlige und damit große Oberfläche haben, und auch "schön süß und klebrig" sind, also die Hefen haften gern und gut an ihnen. Es geht aber auch anderes Obst, Gemüse und sogar Blüten (eßbare natürlich, z. B. Holunderblüten). Gut verwendbar sind Himbeeren (haben ebenfalls eine große Oberfläche), auch Apfelstücke mit Schale ohne Kerngehäuse oder Rosinen. Trockenfrüchte immer ungeschwefelt. Jetzt in der Tomatenzeit bieten sich auch Tomaten an.

- Die Flaschen gut reinigen und dann mit kochend heißem Wasser ausspülen. Man kann sie aber auch richtig auskochen. Auch an den Deckel denken.

- Etwas Zucker, ich nehme etwa zwei Eßlöffel auf einen Liter Wasser, als Nahrung für die Hefen. Honig, Melasse, Ahornsirup usw. gehen auch.

Vorgehensweise:

Man gibt die Datteln (als Beispiel) in die Flasche, etwas Zucker dazu, mit zimmer- oder handwarmem Wasser auffüllen. Dieses Wasser kann man auch vorher abkochen. Verschließen und schütteln, bis sich alles aufgelöst hat. Täglich einmal öffnen und ebenfalls täglich schütteln, zwei- bis dreimal wäre gut. Das Schütteln dient der Schimmelvermeidung und auch dem Aufwecken der Hefen. Vor und nach dem Schütteln kurz öffnen, damit die Gärungsgase entweichen können.
Ich mußte meine Datteln der Länge nach durchschneiden, weil sie sonst nicht durch den dünnen Flaschenhals gepaßt hätten. Es wird trotzdem funktionieren. Und wenn wider Erwarten doch nicht, hat es sicher nicht daran gelegen. Auch anderes Obst kann kleingeschnitten werden.

   
Frisch angesetztes Hefewasser mit halbierten Datteln. Ich mache mir selten die Mühe, die alten Etiketten zu entfernen. Gehen sie nicht irgendwann von selber ab, benutze ich sie einfach zum draufschreiben, was jetzt drin ist.


Es beginnt eine Gärung und Schaumbläschen bilden sich und steigen im Glas auf, das Wasser trübt sich ein. Beim Öffnen und besonders nach Schütteln schäumt es richtig, also Vorsicht beim täglichen Öffnen.

Worauf muß man achten:

Es sollte kein Schimmel entstanden sein, z. B. so dunklere Ablagerungen an der Oberfläche. Der Geruch sollte appetitlich vergoren riechen, ähnlich wie Apfelmost oder so. Es sollte also nicht unappetitlich oder sogar anwidernd riechen, daß man sich gleich abwendet. Also wenn es modrig, muffig oder nach faulen Eiern riecht, dann weg damit.
Ein bißchen Bodensatz dagegen ist vermutlich Hefe.
Kleiner Tip: Wenn man gerade anfangs mehrere kleinere Gefäße ansetzt, hat man Vergleichsgrößen, wie es riechen soll, denn es werden ja kaum alle umkippen.

Wann ist das Hefewasser fertig:

Die Schaumbildung läßt nach, beim Öffnen und vor allem beim Schütteln schäumt es aber schon wieder. Es entsteht ein angenehm vergorener Geruch. Man kann auch probieren, es wird dann nicht mehr süßlich schmecken.
Man kann auch den pH-Wert messen, der sollte die 4 nicht groß überschreiten, sonst noch zuwarten.
Es dauert im Schnitt ungefähr eine Woche, es können auch mal 10 Tage werden oder nur zwei sein, es kommt u. a. auch auf die Umgebungstemperatur an.

Haltbarkeit:

Im Kühlschrank hält es sich dann einige Wochen, Kontrolle über den Geruch und das Aussehen, beides sollte unverändert bleiben. Wenn man einen Rest davon aufbewahrt, 50 ml oder auch 100, kann man damit neues Hefewasser ansetzen, der Prozeß geht dann schneller, dann zwei, drei Tage etwa. Die alten Früchte entfernen, es können neue hinzugegeben werden, muß aber nicht sein. Was wieder nötig ist, ist Zucker, damit die Hefen was zu futtern haben.

Verwendung:

Statt der Angabe wie z. B. "zwei Teelöffel Trockenhefe" ersetzt man die Flüssigkeit im Rezept durch das Hefewasser. Entweder zum Teil oder auch vollständig. Grob kann man sagen, auf ein Kilogramm Mehl braucht es etwa 200 ml Hefewasser, das ist allerdings kein fester Wert, das liegt schon an den verschiedenen Hefen, die es gibt. Ein mit Hefewasser angesetzter Teig braucht etwas länger zum Gehen als mit gekaufter Backhefe, also zeitlich darauf einstellen, daß es länger dauern wird. Und das kann schon mal statt einer Stunde gleich acht Stunden betragen. Man muß den Teig einfach beobachten, und so nach und nach ein Gefühl für das hergestellte Hefewasser bekommen.
Aus Tränen Gold und Perlen machen
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#2
Zitat:Ein mit Hefewasser angesetzter Teig braucht etwas länger zum Gehen als mit gekaufter Backhefe, also zeitlich darauf einstellen, daß es länger dauern wird. Und das kann schon mal statt einer Stunde gleich acht Stunden betragen.

Wenn man sich die Mühe macht, immer aus einem Rest Hefewasser neues anzusetzen, es also nie absterben läßt, verbessert, verstärkt sich irgendwann die Triebkraft, und damit verkürzt sich dann auch die Zeitdauer des Gehens eines Teiges. Das ist ja beim "weitergereichten Hermann" (ältere Generation eines Sauerteig-Starters) auch so, daß er besser ist als ein neu angesetzter. Woran das auch immer liegen mag, sind dann mehr Hefen drin, oder werden sie etwa kräftiger?

Und es ist ja auch ganz einfach, wieder frisches Wasser dazu, Zucker dazu. Man muß nur dran denken. Ich finde es dazu ganz praktisch, das Datum des Ansatzes draufzuschreiben. Denn die Wochen gehen ins Land, man denkt ja nicht ständig an die Hefe, und schwupps, ist sie "verhungert". Wenn man so alle zwei Wochen einen Teelöffel Zucker nachfüllt, dürfte man auf der sicheren Seite sein. Und immer wieder das neue Datum "der Fütterung" ergänzen.
Das mache ich übrigens auch mit diesen "effektiven Mikroorganismen" so, ich schreibe das Datum drauf, und so alle paar Wochen fülle ich etwas Zucker nach, auch wenn ich gar nicht vermehren will (so hoch ist mein Verbrauch da gar nicht), einfach, damit sie auf jeden Fall aber weiterleben.
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#3
Eine interessante Idee. Ich werde versuchen, das zu kochen.
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Es bedanken sich: Anicca777 , Aglaia
#4
Zitat:Ich mußte meine Datteln der Länge nach durchschneiden, weil sie sonst nicht durch den dünnen Flaschenhals gepaßt hätten. Es wird trotzdem funktionieren. Und wenn wider Erwarten doch nicht, hat es sicher nicht daran gelegen.

Ich hab's ja schon ein bißchen geahnt. Schon beim Einkaufen der Datteln.

Ich hatte zwei Flaschen mit Datteln angesetzt. Das ist nun 12 Tage her und müßte endlich mal fertig sein. Die eine ist schon nach wenigen Tagen gekippt, erst sah man einen leicht dunklen Rand, man ahnte ihn fast nur, und die Geruchsprobe ergab es dann eindeutig, es roch nach faulen Eiern. Aber auch wenn man nur einen leicht dunkleren Rand (an der Wasseroberfläche) erkennt, ist es verdorben.

Die zweite Flasche hatte das nicht und roch süßlich, wie Zuckerwasser, was es ja auch ist zunächst. Sie riecht allerdings heute immer noch so, nach Zuckerwasser. Es fiel auch die ganzen Tage über auf, daß keine Blasen zu sehen sind, es schäumt beim Schütteln, aber das war es auch schon.

Es fand also offensichtlich kein Gärungsprozeß statt, auch wenn die eine Flasche trotzdem nicht umgekippt ist. Es muß irgendwann vergoren riechen, etwa wie Apfelwein. Da hat also jetzt gar kein Gärungsprozeß stattgefunden, es sind vermutlich gar keine Hefen an den Datteln gewesen. Ich vermute, daß sie geschwefelt sind. Mit geschwefelten Trockenfrüchten funktioniert es nicht. Das war lose Ware aus dem Bioladen, aber auch die sind eben manchmal geschwefelt.

Jetzt werde ich neu ansetzen mit Gartentomaten. Das klappt dann sicher.

Wollte ich nur mal berichten, worauf man so achten muß. "Gut riechen" heißt, es muß appetitlich vergoren riechen. Nicht nur nach Zuckerwasser. Ein Bodensatz hat sich übrigens in beiden Flaschen abgesetzt, das allein ist kein Beweis, daß es gelungen ist, das sind vielleicht auch nur Fruchtbestandteile. Vielleicht messe ich noch spaßeshalber mal den pH-Wert der Flasche mit dem "Zuckerwasser".
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#5
Hallo Andrea,

ich habe mich letztes Jahr auch an einer wilden Hefe versucht. Es hat sich gelohnt.  Biggrin

Meine Hefe ist gut geworden, obwohl ich die längere Gehzeit des Teiges nicht beachtet habe. Daher wurde mein Brot etwas kompakter.
Das Brot hatte eine schöne Kruste, und es hat gut geschmeckt.


Zitat:Ein Gefäß mit Deckel. Es eignen sich z. B. Einmachgläser, aber auch Flaschen mit Schraubdeckel...
Ich hab's ja schon ein bißchen geahnt. ... Die eine ist schon nach wenigen Tagen gekippt...

Manchmal reicht es, wenn der Schraubdeckel schon leicht rostig ist oder das Metall vom Deckel die Flüssigkeit berührt.
Metall und wilde Hefe vertragen sich nicht. 


Zitat:Einen Träger von Wildhefen. Dazu eignen sich beispielsweise Datteln gut...

Wie viele Datteln hattest Du genommen? Die Menge ist entscheidend.


Zitat:Ein bißchen Bodensatz dagegen ist vermutlich Hefe.

Ja genau, der Bodensatz ist das gewünschte Produkt.  Biggrin

Hier das Rezept, welches ich ausprobiert habe.

Rezept:
  • 8 Datteln (nicht geschwefelt)
  • 700 ml stilles Wasser
  • 50 g Rohzucker
  • Einwegglas mit Gummiring
Lauwarmes Wasser ins Glas füllen, Zucker und Datteln dazugeben.
Alles gut schütteln, bis sich der Zucker aufgelöst hat.
Dann den Ansatz ein bis zwei Tage bei Zimmertemperatur (20-25 Grad) dunkel stehenlassen.
Zweimal täglich (morgens und abends) schütteln und aufschrauben, damit die Gase/Kohlensäure entweichen können und kein Schimmel entsteht kann.
Ab dem dritten Tag in den Kühlschrank stellen, und wie gehabt schütteln und aufschrauben.
Am Tag 10 die Früchte entfernen.
Die Hefe ist fertig, wenn der typischen Hefegeruch entstanden ist. Außerdem sollten viele kleine Blasen im Gefäß aufsteigen.

Ich bin gespannt, wie es mit den Tomaten funktioniert.
Halte uns bitte auf dem Laufenden...

Winken
Geduld in allen Dingen führt sicher zum Gelingen.
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#6
Zitat:Manchmal reicht es, wenn der Schraubdeckel schon leicht rostig ist oder das Metall vom Deckel die Flüssigkeit berührt.
Metall und wilde Hefe vertragen sich nicht.

Sieh an. Meine Deckel waren tatsächlich metallen. Eine Lösung wäre, ein Stück Klarsichtfolie zwischen Deckel und Flasche zu legen.


Zitat:Wie viele Datteln hattest Du genommen? Die Menge ist entscheidend.

Eine je Flasche. Lol Die aber ziemlich groß waren.
Ich hatte jetzt auch vorgehabt, nur eine eher kleine Menge Tomate zu nehmen, 10 bis 20 Mini-Tomaten, so groß wie eine Hagebutte. Ich nehme mal ein paar mehr. Ja, ich werde berichten.
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#7
Zitat:Sieh an. Meine Deckel waren tatsächlich metallen. Eine Lösung wäre, ein Stück Klarsichtfolie zwischen Deckel und Flasche zu legen.

Ja, Du kannst Frischhaltefolie dazwischen machen.
Ansonsten einfach einen neuen Deckel (wenn möglich) kaufen, sicher ist sicher. Biggrin


Zitat:Eine je Flasche.  Lol  Die aber ziemlich groß waren.
Ich hatte jetzt auch vorgehabt, nur eine eher kleine Menge Tomate zu nehmen, 10 bis 20 Mini-Tomaten, so groß wie eine Hagebutte. Ich nehme mal ein paar mehr. Ja, ich werde berichten.

Es gibt einige Rezepte, wo nur 1 Dattel oder so genommen wird...
Ich persönlich würde mehr reinmachen, da es auf eine "große Oberfläche" ankommt.
Die Hefe muß genügend Futter zur Vermehrung haben. 
Daher getrocknetes Obst (viel Zucker) oder Gemüse verwenden, diese enthalten natürliche und wilde Hefen, diese sitzen auf der Schale.
Somit ist ein optimaler Nährboden da.
Geduld in allen Dingen führt sicher zum Gelingen.
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#8
Hefe ist wirklich überall. Aber sie sind unterschiedlich und nicht jede Hefe ist Backhefe.
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Es bedanken sich:
#9
Backhefe, Weinhefe, Bierhefe, das sind Namen, die man den verschiedenen Hefen gegeben hat, weil sie für bestimmte "Aufgaben" gezüchtet wurden. Jeder Weinbauer hat seine favorisierte Weinhefe beispielsweise.

Und dann gibt es die Wildhefen, wo eben nichts herausgezüchtet wurde. Daher dauert das Gehen eines Teiges auch länger mit Wildhefen angesetzt.

Backen kann man auch mit Bierhefe beispielsweise, es dauert aber länger (das Gehen des Teiges), genau wie mit Wildhefen, weil bei der Züchtung auf andere Sachen wert gelegt wurde (Geschmack usw.). Früher wurde oft mit Bierhefe gebacken:

Das verbirgt sich hinter der Backhefe

Hefe ist an und für sich nichts anderes, als ein einzelliger Pilz. Davon gibt es viele verschiedene Arten, die alle ganz normal an der frischen Luft vorkommen. Jene, die wir zum Backen nutzen, ernährt sich ausschließlich von Zuckerstoffen. Darum auch ihr wissenschaftlicher Name: “Saccharomyces cerevisiae”. Die Hefe, die wir heutzutage zum Backen nutzen, hat aber nicht mehr allzu viel ihrer ursprünglichen Variante zu tun. Sie ist ein speziell kultivierter Stamm, bei dem die praktischen Eigenschaften als Backtriebmittel besonders verstärkt wurden.

Ursprünglich kommt unsere Hefe aus dem Brauereigewerbe, weswegen sie auch als Bierhefe bezeichnet wurde. Noch im 18. Jahrhundert bekamen Bäcker die obergärige Hefe, die bei der Bierproduktion entstand bzw. genutzt wurde von dort und konnten damit im Geschmack feinere Backwaren produzieren. Doch Mitte des 19. Jahrhunderts stiegen die Brauereien auf untergärige Hefen um, welche für die Herstellung von z. B. Brot deutlich schlechter geeignet war.

Darum entstand nun mit einiger Forschung und Mühe die eigene Backhefe. Diese kann heute in großen Mengen hergestellt werden. Dafür wird sie auf einem geeigneten Nährboden (häufig Melasse) herangezogen und in mehreren Schritten noch mit wertvollen Stoffen (z. B. B-Vitaminen und Mineralsalzen) angereichert. So entsteht ein ausgewogenes Backtriebmittel, das zwar klein, aber auf jeden Fall oho ist!

https://www.baeckerei-spiegelhauer.de/blog/backhefe/
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