Die folgende Geschichte, die in netten Versen erzählt wird, hat sich tatsächlich zugetragen. Der Herr von Ribbeck lebte seinerzeit wirklich und es stimmt auch, daß er aus Mißtrauen zu seinem knauserigen Sohn einen Birnbaum auf seinem Grab pflanzen ließ, dessen Früchte über Generationen hinaus die Herzen der Kinder in der ganzen Gegend erfreuten. Erst im Jahre 1911 fiel dieser Birnenbaum einem Sturm zum Opfer. Zu Zeiten der DDR wurde dann ein neuer Birnenbaum gepflanzt, der später aber als "unerwünscht" von der Kirche entfernt wurde und seitdem an der originalen Stelle fehlt.
Heute zum Herbstanfang am 25.09. 2005 möchte ich mit dieser Gedicht-Geschichte an den Herrn von Ribbeck und auch an den Dichter Theodor Fontane erinnern.
Theodor Fontane
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
ein Birnbaum in seinem Garten stand,
und kam die goldne Herbsteszeit
und die Birnen leuchteten weit und breit,
da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl,
der von Ribbeck sich beide Taschen voll,
und kam in Pantinen ein Junge daher,
so rief er: "Junge, wiste 'ne Beer?"
Und kam ein Mädchen, so rief er: "Lütt Dirn,
kumm man röwer, ick hebb ne Birn."
So ging es viel Jahre, bis lobesam
der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.
Er fühlte sein Ende. 's war Herbsteszeit,
wieder lachten die Birnen weit und breit,
da sagte von Ribbeck: "Ich scheide nun ab.
Legt mir eine Birne mit ins Grab."
Und drei Tage darauf
aus dem Doppeldachhaus
trugen von Ribbeck sie hinaus,
alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht
trugen den von Ribbeck zum jüngsten Gericht ,
und die Kinder klagten, das Herze schwer:
"He is dod nu. Wer giwt uns nu ne Beer?"
So klagten die Kinder. Das war nicht recht,
ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht,
der neue freilich, der knausert und spart,
hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.
Aber der alte, vorahnend schon
und voll Mißtrauen gegen den eigenen Sohn,
der wußte genau, was er damals tat,
als um eine Birn' ins Grab er bat,
und im dritten Jahr aus dem stillen Haus
ein Birnbaumsprößling sproßt heraus.
Und die Jahre gehen wohl auf und ab,
längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
und in der goldnen Herbsteszeit
leuchtet's wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung' daher,
da flüstert's im Baume: "Wiste ne Beer?"
kumm man röwer, ick gew di ne Birn."
So spendet Segen noch immer die Hand
des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.