24.02.12012, 12:59
Pfarrer stellt Antrag
Kölner Stadtrat rehabilitiert Hexe
In Deutschland werden vor allem in der Frühen Neuzeit Frauen wegen angeblicher Hexerei verfolgt und hingerichtet. Viele landen auf dem Scheiterhaufen. So auch die reiche Kölnerin Katharina Henot. Ihr Fall ist einer der bekanntesten in der Geschichte. Nach fast 400 Jahren wird sie rehabilitiert - dank eines Pfarrers.
Ein Ausschuss des Kölner Stadtrats hat die Hexenprozesse in der Stadt vor 400 Jahren verurteilt. Der Ausschuss regte einstimmig eine "offizielle Erklärung" des gesamten Stadtrates an, in der sich dieser vom Unrecht der Hexenverfolgung distanzieren solle. Der evangelische Pfarrer Hartmut Hegeler hatte zuvor die Rehabilitierung aller in Köln hingerichteten Hexen einschließlich der heute noch bekannten Postmeisterin Katharina Henot (ca. 1570-1627) beantragt.
Der Ausschuss vertrat die Ansicht, dass die Stadt Köln schon sehr viel, aber noch nicht alles getan habe, um die als Hexen verleumdeten Frauen zu rehabilitieren. Der Ausschuss bat auch das Erzbistum Köln, sich von dem begangenen Unrecht zu distanzieren.
Hegeler bedankte sich anschließend herzlich bei dem Ausschuss. "Ich bin glücklich, ich bin richtig froh", sagte er. Es gehe ihm nicht um eine juristische, sondern um eine sozialethische Rehabilitierung. "Es ist unsere moralische Pflicht, dass wir für das Schicksal von Menschen eintreten, die unschuldig verfolgt wurden." In Deutschland hätten bisher schon 13 Kommunen die Opfer der Hexenprozesse rehabilitiert
Der evangelische Pfarrer und Religionslehrer Hartmut Hegeler setzt sich im Nachhinein für Katharina Henot ein.
Die Stimme der Katharina Henot sei 1627 erstickt worden, als man sie vor den Toren Kölns erdrosselt habe, sagte Hegeler vor dem Ausschuss. "Man hat versucht, sie für immer zum Schweigen zu bringen, aber das ist nicht gelungen. Bis heute redet man von ihrem Schicksal in dieser Stadt."
Die Postmeisterin Katharina Henot war zu Zeit des Dreißigjährigen Krieges reich, unabhängig und hoch geachtet. Doch im Januar 1627 wird sie plötzlich verhaftet. Der Vorwurf: Hexerei. Eine Nonne hat sie beschuldigt. In Verhören streitet die stolze Frau alles ab. Wochenlang wird sie gefoltert. So schlimm, dass sie ihren letzten Verteidigungsbrief mit der linken Hand schreiben muss - die rechte kann sie nicht mehr bewegen. Am Ende steht das Todesurteil. Auf einem Karren fährt man sie durch die Stadt. Noch einmal beteuert sie ihre Unschuld - es hilft nichts: Vor den Stadtmauern wird sie erdrosselt und verbrannt.
Katharina Henot ist in Köln nie völlig in Vergessenheit geraten - ihre Geschichte ist einfach zu dramatisch. Es gibt einen Roman über sie, ein Lied von den Bläck Fööss und eine Skulptur am Turm des Historischen Rathauses. Auch eine Schule trägt ihren Namen. Der Stadtrat, der sich nun mit dem Fall beschäftigt, ist der gleiche, der sie einst verhaften ließ.
Pfarrer Hegeler wollte sich anfangs gar nicht mit dem Thema beschäftigen. "Aber eine Gruppe von Schülerinnen hat drauf bestanden. Die haben gleich zu Beginn des Schuljahres gesagt: "Herr Hegeler, wir wollen unbedingt über die Hexenprozesse reden!"
Die Schülerinnen und Schüler waren es auch, die ihn später fragten, ob Urteile wie das gegen Katharina Henot eigentlich irgendwann aufgehoben worden seien. Die Antwort war Nein. Seitdem hat sich Hegeler vorgenommen, den Namen Katharina Henots zu säubern. Der Kölner Stadtrat soll offiziell feststellen, dass ihre Hinrichtung Unrecht war. Dass sie keine Hexe gewesen ist und alles nur eine einzige Massenhysterie war.
Nicht jeder ist von der Idee begeistert. In einigen Blogs gibt es auch Stimmen, die sagen, nach so langer Zeit habe das alles keinen Sinn mehr. Doch Hegeler meint: "Als Chr*sten sind wir in besonderer Weise herausgefordert, wenn unschuldige Menschen, und sei es noch so lange her, hingerichtet worden sind." Katharina Henot, so glaubt er, würde es sich wünschen. Ihr guter Name war ihr viel wert.
Hegeler hatte im Vorfeld sogar Nachfahren der Frau ausfindig gemacht. Eine davon ist Martina Hirtz: "Mir liegt in jedem Fall daran, dass sie rehabilitiert wird", hatte sie vor der Abstimmung des Stadtrats gesagt. "Ich denke aber vor allem auch an die unendlich vielen Menschen, die heute misshandelt werden - das finde ich noch hundertmal schlimmer." Hanns Joachim Hirtz sagte, der Prozess gegen sie sei auch nach den damaligen Maßstäben ein Justizmord gewesen, da sie sich auch unter schwerster Folter nicht schuldig bekannt habe. Nach den damaligen Gesetzen konnte man nur für eine Tat verurteilt werden, die man selbst zugegeben hatte. Um das zu erreichen, wurde die Folter angewandt.
Auch die 92 Jahre alte Bildhauerin Marianne Lüdicke, die 1988 die Skulptur der Katharina Henot für den Rathausturm geschaffen hatte, ist eine Nachfahrin der als Hexe verleumdeten Frau. Sie unterstütze die Rehabilitierung ebenfalls.
Heute heißt es zuweilen, Katharina sei ausnehmend schön gewesen, doch in Wahrheit ist über ihr Aussehen nichts bekannt. Lüdicke stellte sie mit einem zeitgenössischen Mühlsteinkragen dar, wie ihn damals viele reiche Frauen trugen. Mit der linken Hand deutet die Figur auf ein Feuer zu ihren Füßen, die rechte hat sie abwehrend erhoben. "Das soll bedeuten, dass sich eine solche Ungerechtigkeit nicht noch einmal wiederholen darf."
Insgesamt wurden in Köln 38 Todesurteile wegen Hexerei vollstreckt. Zu den Opfern gehörten nicht nur Frauen, sondern auch drei Männer und ein Junge. Ein achtjähriges Mädchen, das ebenfalls eine Hexe sein sollte, wurde aus der Stadt verbannt. Der Fall der Katharina Henot ist aber der bekannteste.
Kölner Stadtrat rehabilitiert Hexe
In Deutschland werden vor allem in der Frühen Neuzeit Frauen wegen angeblicher Hexerei verfolgt und hingerichtet. Viele landen auf dem Scheiterhaufen. So auch die reiche Kölnerin Katharina Henot. Ihr Fall ist einer der bekanntesten in der Geschichte. Nach fast 400 Jahren wird sie rehabilitiert - dank eines Pfarrers.
Ein Ausschuss des Kölner Stadtrats hat die Hexenprozesse in der Stadt vor 400 Jahren verurteilt. Der Ausschuss regte einstimmig eine "offizielle Erklärung" des gesamten Stadtrates an, in der sich dieser vom Unrecht der Hexenverfolgung distanzieren solle. Der evangelische Pfarrer Hartmut Hegeler hatte zuvor die Rehabilitierung aller in Köln hingerichteten Hexen einschließlich der heute noch bekannten Postmeisterin Katharina Henot (ca. 1570-1627) beantragt.
Der Ausschuss vertrat die Ansicht, dass die Stadt Köln schon sehr viel, aber noch nicht alles getan habe, um die als Hexen verleumdeten Frauen zu rehabilitieren. Der Ausschuss bat auch das Erzbistum Köln, sich von dem begangenen Unrecht zu distanzieren.
Hegeler bedankte sich anschließend herzlich bei dem Ausschuss. "Ich bin glücklich, ich bin richtig froh", sagte er. Es gehe ihm nicht um eine juristische, sondern um eine sozialethische Rehabilitierung. "Es ist unsere moralische Pflicht, dass wir für das Schicksal von Menschen eintreten, die unschuldig verfolgt wurden." In Deutschland hätten bisher schon 13 Kommunen die Opfer der Hexenprozesse rehabilitiert
Der evangelische Pfarrer und Religionslehrer Hartmut Hegeler setzt sich im Nachhinein für Katharina Henot ein.
Die Stimme der Katharina Henot sei 1627 erstickt worden, als man sie vor den Toren Kölns erdrosselt habe, sagte Hegeler vor dem Ausschuss. "Man hat versucht, sie für immer zum Schweigen zu bringen, aber das ist nicht gelungen. Bis heute redet man von ihrem Schicksal in dieser Stadt."
Die Postmeisterin Katharina Henot war zu Zeit des Dreißigjährigen Krieges reich, unabhängig und hoch geachtet. Doch im Januar 1627 wird sie plötzlich verhaftet. Der Vorwurf: Hexerei. Eine Nonne hat sie beschuldigt. In Verhören streitet die stolze Frau alles ab. Wochenlang wird sie gefoltert. So schlimm, dass sie ihren letzten Verteidigungsbrief mit der linken Hand schreiben muss - die rechte kann sie nicht mehr bewegen. Am Ende steht das Todesurteil. Auf einem Karren fährt man sie durch die Stadt. Noch einmal beteuert sie ihre Unschuld - es hilft nichts: Vor den Stadtmauern wird sie erdrosselt und verbrannt.
Katharina Henot ist in Köln nie völlig in Vergessenheit geraten - ihre Geschichte ist einfach zu dramatisch. Es gibt einen Roman über sie, ein Lied von den Bläck Fööss und eine Skulptur am Turm des Historischen Rathauses. Auch eine Schule trägt ihren Namen. Der Stadtrat, der sich nun mit dem Fall beschäftigt, ist der gleiche, der sie einst verhaften ließ.
Pfarrer Hegeler wollte sich anfangs gar nicht mit dem Thema beschäftigen. "Aber eine Gruppe von Schülerinnen hat drauf bestanden. Die haben gleich zu Beginn des Schuljahres gesagt: "Herr Hegeler, wir wollen unbedingt über die Hexenprozesse reden!"
Die Schülerinnen und Schüler waren es auch, die ihn später fragten, ob Urteile wie das gegen Katharina Henot eigentlich irgendwann aufgehoben worden seien. Die Antwort war Nein. Seitdem hat sich Hegeler vorgenommen, den Namen Katharina Henots zu säubern. Der Kölner Stadtrat soll offiziell feststellen, dass ihre Hinrichtung Unrecht war. Dass sie keine Hexe gewesen ist und alles nur eine einzige Massenhysterie war.
Nicht jeder ist von der Idee begeistert. In einigen Blogs gibt es auch Stimmen, die sagen, nach so langer Zeit habe das alles keinen Sinn mehr. Doch Hegeler meint: "Als Chr*sten sind wir in besonderer Weise herausgefordert, wenn unschuldige Menschen, und sei es noch so lange her, hingerichtet worden sind." Katharina Henot, so glaubt er, würde es sich wünschen. Ihr guter Name war ihr viel wert.
Hegeler hatte im Vorfeld sogar Nachfahren der Frau ausfindig gemacht. Eine davon ist Martina Hirtz: "Mir liegt in jedem Fall daran, dass sie rehabilitiert wird", hatte sie vor der Abstimmung des Stadtrats gesagt. "Ich denke aber vor allem auch an die unendlich vielen Menschen, die heute misshandelt werden - das finde ich noch hundertmal schlimmer." Hanns Joachim Hirtz sagte, der Prozess gegen sie sei auch nach den damaligen Maßstäben ein Justizmord gewesen, da sie sich auch unter schwerster Folter nicht schuldig bekannt habe. Nach den damaligen Gesetzen konnte man nur für eine Tat verurteilt werden, die man selbst zugegeben hatte. Um das zu erreichen, wurde die Folter angewandt.
Auch die 92 Jahre alte Bildhauerin Marianne Lüdicke, die 1988 die Skulptur der Katharina Henot für den Rathausturm geschaffen hatte, ist eine Nachfahrin der als Hexe verleumdeten Frau. Sie unterstütze die Rehabilitierung ebenfalls.
Heute heißt es zuweilen, Katharina sei ausnehmend schön gewesen, doch in Wahrheit ist über ihr Aussehen nichts bekannt. Lüdicke stellte sie mit einem zeitgenössischen Mühlsteinkragen dar, wie ihn damals viele reiche Frauen trugen. Mit der linken Hand deutet die Figur auf ein Feuer zu ihren Füßen, die rechte hat sie abwehrend erhoben. "Das soll bedeuten, dass sich eine solche Ungerechtigkeit nicht noch einmal wiederholen darf."
Insgesamt wurden in Köln 38 Todesurteile wegen Hexerei vollstreckt. Zu den Opfern gehörten nicht nur Frauen, sondern auch drei Männer und ein Junge. Ein achtjähriges Mädchen, das ebenfalls eine Hexe sein sollte, wurde aus der Stadt verbannt. Der Fall der Katharina Henot ist aber der bekannteste.
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!