Geschichten zur Dunkelzeit
#31
Das Massaker beginnt

Mit meinem kleinen Messer in der Hand wollte ich mich aus den Armen der Priesterin Irma befreien und es dem Franken in die Brust stoßen, der soeben meinen Vater und meinen älteren Bruder ermordete. Irma hielt mich fest mit ihren Händen, zwang mich jedoch es anzusehen, damit ich es niemals vergesse. Vater und Bruder hatten sich geweigert unseren Göttern abzuschwören und wurden dafür von den Schergen des Frankenkönigs vor meinen Augen erschlagen.

   
Gewalt als Gottesdienst. Wer nicht vor dem Gekreuzigten niederkniete und versprach, ihn fortan anzubeten, der wurde erschlagen.

Ich konnte nichts tun, ich war noch ein Kind. Doch niemals werde ich diesen Tag vergessen. Unter Parlamentärsflagge hat Karl die Sachsen zu Friedensverhandlungen gerufen. Sie hatten ihm geglaubt; ihm der nur Lügen erzählte, sowie er seinen verfluchten Mund nur öffnete. Und jetzt zahlten sie die Rechnung für ihre Leichtgläubigkeit. Karl, die Personifizierung des Bösen, ließ alle ermorden, die standhaft blieben und sich nicht vor seinem Gᴏtt in den Dreck werfen wollten, um damit ihre Freiheit zu verlieren. 

"Präge es dir gut ein," hörte ich Irma sagen. "Vergiß es nie. Du wirst sie eines Tages rächen. Eines Tages, aber nicht heute. Heute bist du nur ein Kind. Dein Opfer wäre umsonst. Eine wertlose Verschwendung deiner Kraft. Wenn du mir aber als mein Schüler folgst, dann werde ich dich unterrichten. Ich werde dich in alle Geheimnisse unserer Magie einweihen und dich lehren, wie du Karl im ewigen Feuerkreis über alle Zeiten fort jeden Tag aufs Neue richtest, so daß er dir für immer als Sklave dienen muß. Im Diesseits wie im Jenseits!"

Irma hielt mich solange, bis die Franken abgezogen waren. Dann sprach sie: "Wenn du deine Familie rächen willst, dann folge mir jetzt." Irma ließ mich los und ging ein paar Schritte. Ich sah auf meinen Dolch und sah den abziehenden fränkischen Mördern hinterher. Ich wollte ihnen nachrennen, doch noch lieber wollte ich Karl persönlich töten, als einen dieser Schergen. Also folgte ich Irma.
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
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#32
Die neue Heimat

   
Haithabu

Ich folgte der Priesterin Irma, und wir gingen sieben Tage auf einem breiten Weg, der uns nach Norden führte, bis an das Meer. Wir kamen in eine Stadt, welche von Nordmännern bewohnt war. Als Irma kam, versammelten sich die Normannen um sie, und als sie sprach, hörten alle schweigend zu.

Irma war eine Völva, und all die hünenhaften Nordmänner hatten einen gehörigen Respekt vor ihr. "Wie kommt es" fragte ich "das dich alle fürchten, wo du doch eine so zierliche Frau bist? Du könntest ihnen doch niemals standhalten?"

"Unterschätze nicht die Kräfte einer Völva", antwortete mir einer der Männer. Ich könnte sie zwar mit Leichtigkeit erschlagen, doch so wäre ich für alle Leben die da kommen verflucht. Auf ewiglich. Würdest DU das wollen?"

Mich beschlich eine Ahnung, was die Kräfte dieser Priesterin anzurichten vermochten. "Kannst du mir beibringen, daß mich alle Männer respektieren; auch diejenigen, die stärker als ich sind?" fragte ich Irma.

"Diese Hünen hier werden deine Armee sein. Sie werden dich begleiten, wenn du einst deine Familie rächen und Karl knechten wirst," antwortete mir Irma.

"Wann wird das sein?", wollte ich wissen.

"In einhundert Jahren von diesem Tag an gerechnet." sprach Irma zu mir. Die Männer lachten, aber Irma meinte es ernst.

"In einhundert Jahren werde ich gestorben sein. Doch wer wird meine Familie dann rächen?"

"Du wirst es sein", sprach Irma weiter.

   
Die Völva im türkisfarbenden Kleid

"Werde ich denn so alt werden?"

"Du wirst einen neuen Körper besitzen, genau wie ich und diese Männer. Dann kommt der Tag der Rache, und du kannst Karl das Abscheulichste antun, was man einem Menschen nur antun kann. Du wirst ihn auf ewig versklaven. Er wird dir dienen müssen durch alle Zeiten, und er wird täglich von dir vergewaltigt werden!"

Ich war sprachlos, denn ich wußte nicht, was diese Worte bedeuten sollten.

Und Irma sprach weiter: "Morgen beginnen wir mit deiner magischen Ausbildung. Von jetzt an bis zu jenem Tage wirst du der Rächer aller Sachsen sein!"
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
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#33
Ein Leben endet

Meine Ausbildung begann, und es verstrichen die Jahre. Ich wuchs auf, wurde initiiert, und ich wurde zum Mann und Irma zu einer alten Frau. Doch kein einziger Tag verging, an dem ich nicht an meine Rache dachte. Kein einziger Tag verging, an dem Irma mich nicht lehrte. Ich tauchte ein in eine Welt voller Magie, ich tauchte ein in das Diesseits und Jenseits. Ich wurde zum Wanderer zwischen diesen Welten. Ich lernte Geist, Seele und Körper anderer Menschen zu übernehmen und sogar im Körper eines Tieres durch den Wald zu streifen. 

   
Irma wurde eine alte Frau

Dann eines Tages erreichte uns die Nachricht, daß der fürchterliche Karl gestorben sei. Er wurde mit allen chr*stlichen Riten im Dom zu Aachen bestattet.

Die Jahre vergingen, Irma starb, all die Männer starben und wurden wiedergeboren. Die Kinder wurden erwachsen und wurden zu meiner Armee, die ich gegen Karls Seele richten würde.

Als dann eines Tages mein Körper sterbend auf dem Lager ruhte, gab ich meinen letzten Befehl. Man brachte einen Jungen an mein Lager, der extra zu diesem Zweck geboren wurde. Danach brachte man uns beide zu einem Kreis aus Menhiren. Mein sterbender Körper in dem einen Kreis, der des Jungen im anderen. Als ich die Augen schloß, öffnete ich sie sofort im Körper des Jungen wieder. 

       
Steinkreise für den Übersprung

Ich erwachte in meinem neuen Körper. Ich war voller Tatendrang, denn der Tag meiner Rache rückte unaufhaltsam näher.
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#34
Der Tag der Rache

Dann endlich kam der Tag, auf den ich mich so lange vorbereitet hatte. Ich versammelte meine Armee um mich herum und blickte in die Augen jener Männer, die mich vor einhundert Jahren hier in Haithabu begrüßten. Und wieder stand Irma neben mir, im neuen Körperkleid, und sagte: "Ich werde dich behüten, damit du das Ziel deiner Reise wohlbehalten erreichst und ausführen kannst, was du dir vorgenommen hast."

Wir bestiegen unsere Pferde, ritten hinüber zur Westsee und stiegen samt unserer Pferde in die bereits wartenden Drachenboote. Ich und eintausend Mann. Wir fuhren nach Brabant und hiernach die Mosa (Maas) herab bis nach Mosae (Maastricht) und verließen dort unsere Schiffe. Es war kein halber Tagesritt bis Aachen.

Tausend Normannen stürmten in die Stadt, niemand leistete uns Widerstand. Noch am selben Tag erreichten wir den Dom zu Aachen, wo der Leichnam des bösen Kerls aufbewahrt wurde. Wir brachen den schweren Sarg (der nach römischer Art angefertigt war) auf, und wir holten den verwesenden Leib des Sachsenschlächters heraus. Wir alle führten unsere Pferde in den Dom zu Aachen, und die Pferde verrichteten ihre Notdurft auf dem Kaiser. Trotz seiner Verwesung war sein Gesicht noch zu erkennen. Niemals werde ich diese Fratze vergessen.

Irma und ich bereiteten hier an der Leiche des bösen Kaisers unseren schlimmen Fluch vor, indem wir unseren Nid aufsetzten und auf Karl richteten.

   
Pferdehaut und Pferdekopf wurden auf eine lange Haselnußstange gesteckt, und wir schrieben die Worte des Fluchs auf die Nidstange. Der von einem Mann vergewaltigte Mann ist die größte Schande, die jemandem widerfahren kann. Es ist die ultimative Beleidigung und wird nur in Extremfällen verwendet.

Wir schrieben den Fluch in Runen auf die Nidstange:

"Hier habe ich einen Fluchmast errichtet, und diesen Fluch wende ich gegen Karl, den Kaiser der Franken! Der Kopf des Pferdes möge ewig auf ihn zeigen! Der Penis des Hengstes möge ihn ewig reiten. Diesen Fluch wende ich auch gegen alle Schutzgeister, die seine Seele bewachen. Unterwerft euch, oder erfahrt dasselbe Schicksal. Das schlimmste Neidingswerk wird hier an Karl vollrichtet. Ein männlicher Dämon in Pferdegestalt, der ihn jeden Tag vergewaltigt – bis ans Ende aller Zeiten. Niemals mehr ist Karl ein freier, wehrfähiger Mann. Er ist fortan und in alle Ewigkeit der sexuelle Liebesdiener dieses Hengstes und wird täglich von diesem Dämon geritten – bis er daran jeden Tag auf's Neue stirbt."

   
Im Jahr 882 entweihen Wikinger den Aachener Dom und schänden den Leichnam Karls des Großen.


Anmerkung Paganlord: Wer sich jetzt gerade gruselt oder sich moralisch aufregt: Es ist eine wahre Geschichte, die sich genau so zugetragen hat. Karl hat seine Strafe bekommen und erhält sie bis heute täglich. Die chr*stliche Literatur verschweigt Karls Schande, wo es nur geht. Nur ganz am Rande wird es zugegeben und berichtet. 
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#35
Die Historie, wie sie heute in den Geschichtsbüchern steht

Die aus Haithabu stammenden Nordmänner führten auf ihren Wikingerschiffen auch Pferde mit. Jedenfalls waren sie sehr beweglich, wobei sie auf die alten Römerstraßen des linksrheinischen Rheinlandes zurückgreifen konnten. Die Wikinger wandten sich diesem Straßensystem folgend westwärts und zogen plündernd über Zülpich nach Aachen.

   
Rekonstruktionszeichnung der kaiserlichen Pfalz (um 880) zu Aachen mit dem Oktogon des Domes (oben Mitte), der Therme (unten links) und dem Palast (unten rechts)

Als die Wikinger exakt zur Wintersonnenwende die Kaiserstadt erstürmt hatten, funktionierten die Eroberer, vermutlich mit strategisch auf Erniedrigung ausgerichtetem Kalkül, die Aachener Marienkirche (heute Dom), die Grabstätte Karls des Großen, zu Pferdeställen um. Nach diesen Schändungen setzten sie die kaiserliche Pfalz und die Thermen in Brand. Nachfolgend plünderten die Nordmänner das unweit Aachens gelegene Kloster Kornelimünster sowie die Klöster Stablo und Malmedy in den Ardennen, wo Karl einen Großteil der von den Sachsen geraubten Schätze aufbewahrte.

Der ostfränkische König Ludwig III. stellte ein Heer auf und eilte den Rheinländern zur Hilfe. Am 20. Januar verstarb der König jedoch unerwartet in Frankfurt am Main, woraufhin das von ihm gegen die Wikinger angeführte Heer sich auflöste.

Die Wikinger zogen daraufhin weiter rheinaufwärts. Im Laufe des Februars und des März 882 gelangten sie nach Koblenz, das sich dank der guten, noch aus der Römerzeit stammenden Wehranlagen widersetzen konnte. Die vor den Mauern befindlichen Stadtteile wurden aber verwüstet. Zeitgleich wurden in Mainz in aller Eile die verfallenen römischen Mauern wieder befestigt, und die Mainzer Bürger begannen auch damit, einen Graben um die Stadt zu ziehen. Die Wikinger zogen aber von Koblenz nicht Richtung Mainz, sondern wendeten sich moselaufwärts und erreichten in der Osterwoche das Trierer Umland.

Am Gründonnerstag, dem 5. April 882, nahmen sie die Stadt selbst ein. Nach einigen Tagen der Ruhe holten sich die Wikinger in Trier am Ostersonntag weitere Schätze Karls des Großen zurück, die dieser vor 100 Jahren den heidnischen Sachsen entwendet hatte. Unter anderem wurde der Trierer Dom in Mitleidenschaft gezogen. Dem Erzbischof Bertolf von Trier war mit seinen Feiglingen die Flucht nach Metz gelungen. Sie hinterließen eine mit Ulfberht-Schwertern gefüllte Waffenkammer, an der sich die Heiden bedienten.

Die Wikinger wollten den feigen Erzbischof verfolgen und zogen in Richtung Metz. Die auf Metz vorrückenden Wikinger wurden am 11. April 882 in der Schlacht bei Remich von einem Heer unter der Führung des Metzer Bischofs Wala, des Trierer Erzbischofs Bertolf und des Grafen Adalhard II. von Metz gestellt. Diese Schlacht gewannen wieder die Wikinger, und neben zahlreichen Panzerreitern und Bauern fiel auch Bischof Wala auf dem Schlachtfeld. Erzbischof Bertolf floh wiederum vom Schlachtfeld. Er starb 9 Monate nach seiner Flucht, als die Nordmänner bereits nach Haithabu zurückgekehrt waren.
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