Disziplin, was löst das Wort in einem aus?
#1
Hallo,

etwas zum Thema "Disziplin". Das Wort ist für mich persönlich negativ belegt, ich ersetze es daher in meinem Sprachgebrauch gern mit "Bewußtsein". Wenn ich mir in jedem Moment des Lebens meiner Selbst bewußt bin, dann treffe ich Entscheidungen aus dem Innersten heraus, ohne daß das Ego Mitspracherecht hat. Der Grad der Bewußtheit läßt sich dann an den Handlungen die jemand vollzieht (oder nicht vollzieht) ablesen, siehe Rituale, Rohkost, Gedankenreinheit, Emotionskontrolle usw.

Das Wort "Disziplin" bezeichnet leider allzu oft eine weitere schädliche Gedankenstruktur, die viele Menschen mit sich herumschleppen. Diese bildet sich in frühester Kindheit heraus, und ist sehr oft ebenfalls unbewußt. Es geht dabei um die "strafende Stimme im Kopf", die z.B. Strafen androht wenn man etwas nicht tut, beschimpft wenn man etwas tut was die Stimme nicht wünscht, lobt wenn man dem Willen der Stimme folgt usw.

Diese "Stimme" ist die gedankliche Summe aller anerzogenen und angenommenen Wertmaßstäbe, die wie gesagt oft schon sehr früh Gestalt annimmt. Man tauscht z.B. Leistung gegen Zuneigung bei den Eltern, das Ego erhält Lob und Anerkennung, wenn es etwas leistet, und wird zurechtgewiesen und erniedrigt, wenn es versagt. Das übernimmt dann alles der "imaginäre Bestrafer im Kopf", der das eigentliche Selbst unter der Knute hält.

Eine solche Disziplin, die auf Motivation durch Androhung von Strafen beruht, ist zum Scheitern verurteilt. Früher oder später kommt nämlich die (natürliche) Reaktion der Rebellion gegen diese "Stimme im Kopf" - man verschiebt die Dinge einfach, oder läßt sie ganz bleiben. Das schlechte Gewissen folgt dann auf dem Fuße, und wenn es vielleicht noch jemanden gibt, der eine reale Strafe dazu liefert (Chef, Freund/in etc.), dann verstärkt dies den inneren imaginären Bestrafer sogar noch.

Ich schreibe das hier, weil viele dies unter "Disziplin" verstehen, und sich in Wirklichkeit nur einer Gedankenstruktur unterwerfen, die von außen aufdiktiert wurde. Werden die Entscheidungen jedoch aus dem ICH heraus getroffen und dem Ego dabei die Aufmerksamkeit und damit auch die Macht entzogen, dann wächst die Motivation sogar noch mit jeder bewußt vollzogenen Handlung, jedem Moment des Selbst-Bewußt-Seins. Es gibt dann auch keinen "Bestrafer" mehr, der einen Ausrutscher, eine unbewußte Handlung etc. sofort mit einer Strafpredigt im Kopf quittiert.

Liebe Grüße,
Novalis
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#2
Hallo Novalis!

Für mich hat das Wort Disziplin eine völlig andere Bedeutung. Es geht nicht darum eine Verhaltensstruktur von außen zu befolgen. Man kann Disziplin auch mit Selbstkontrolle übersetzen. Und zwar die Eigenkontrolle über seinen eigenen Charakter. Wenn sich eine Emotion anbahnt, egal welche, ist man sich dessen bewusst! Und genau dann ist der Zeitpunkt der Selbstkontrolle/Disziplin gekommen. Diese bewusst zu kontrollieren um keine falschen Reaktionen zu verursachen. Es geht also nicht um irgendeine Verhaltensdoktrin, bei Emotionen geht es um ein inneres Empfinden, das von jedem verspürt wird und dieses Empfinden kann auch von jedem mit der nötigen Willenskraft und Disziplin unter Kontrolle gebracht werden!

Meine Grüße

Manchmal muss man Grenzen überschreiten, um neue Wege zu schaffen!
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#3
Disziplin ist für mich der Wille fehlerhafte Verhaltensweisen zu kontrollieren und gegebenenfalls abzuschaffen.

Es ist verständlich, daß solche Begriffe heute nicht gern gesehen sind, gerade deswegen belegt man sie ja mit einem negativen Beigeschmack. Disziplin ist aber unabdingbar für die persönliche Weiterentwicklung.
Um Negativbeispiele für Disziplinlosigkeit sehen zu wollen, muß man nur vor die Tür schauen. Aber wer will schon so sein wie die.
Kein besserer Freund – kein schlimmerer Feind!
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#4
Im Grunde meinen wir (denke ich) das Gleiche, nur das Wort ist eben für manche ungünstig weil mißverständlich. Gerade bei der Emotionskontrolle finde ich den Ausdruck "Disziplin" unpassend. Wenn ich merke, daß sich im Körper eine Emotion bildet, dann ist das der Punkt für _mehr_ Bewußtsein, um sofort beobachten und zuordnen zu können warum, wieso, weshalb jetzt diese Emotion entsteht. Diese Emotion jetzt nur mit Willenskraft zu unterdrücken und "abzuschalten" löst eben nicht die Ursache, sondern beseitigt lediglich die Wirkung. Um die Ursache zu erkennen, ist in diesem entscheidenden Moment der Emotionsentstehung viel Bewußtsein/Disziplin notwendig, woraufhin die Emotion sofort von selbst versiegt.

Für mich ist es daher effizienter, von Bewußtsein bzw. Grad der Bewußtheit zu sprechen. Niemand wählt bewußt die Emotion / das Leid welche/s der Egoverstand dort gerade erschaffen will. Genauso könnte man natürlich auch formulieren "Emotionskontrolle ist die Disziplin, beim Aufkommen einer Emotion diese zu erkennen, zuzuordnen und somit abzustellen." Es ist im Prinzip der gleiche Vorgang, für mich hört es sich mit "Disziplin" aber mehr nach Zwang und Unterdrückung von außen an.

So hat wohl jeder seine Assoziationen entsprechend seinen Erfahrungen. Dieses Thema ist wichtig, damit ein simples mißfallendes Wort nicht die Beschäftigung mit der Sache verhindert, auf die es hindeutet.

Liebe Grüße,
Novalis

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#5
Fuer mich ist das Wort Disziplin ein sehr positives Wort. Es bedeutet, dass ich mich an das halte, was ich mir fuer mich vorgenommen habe. Das was Novalis beschreibt, das ist mir ebenfalls wohlbekannt. Dieser von aussen ausgeuebte Zwang, der ebenfalls gern mit Disziplin verwechselt wird. Ich wuerde hierfuer jedoch das Wort Gehorsam waehlen. Denn mit Gehorsam bezeichnet man eine Verhaltensweise gegenueber aussenstehenden Personen. Disziplin ist nur fuer mich selbst und betrifft meine eigene Werteskala. So verstehe ich das Wort.
EigenSinnige Frauen
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#6
Nachtrag: Disziplin in meinem Sinne wuerde ich mit dem Wort: Standhaftigkeit erklaeren.
EigenSinnige Frauen
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#7
@ Alexis und Naza

Prima erklärt denke ich.

Wenn man sie hat, wird Disziplin unnötig.

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#8
Novalis schrieb:Das Wort "Disziplin" bezeichnet leider allzu oft eine weitere schädliche Gedankenstruktur, die viele Menschen mit sich herumschleppen. Diese bildet sich in frühester Kindheit heraus, und ist sehr oft ebenfalls unbewußt. Es geht dabei um die "strafende Stimme im Kopf", die z.B. Strafen androht wenn man etwas nicht tut, beschimpft wenn man etwas tut was die Stimme nicht wünscht, lobt wenn man dem Willen der Stimme folgt usw.
Wurdest Du antiautoritär erzogen? Zunge raus


Standhaftigkeit gegenüber allen Verlockungen, die mich von meinem Plan/Weg abbringen wollen.
Standhaftigkeit klingt gut, Alexis.

Lebe für Deine Ideale!
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#9
Disziplin und Standhaftigkeit sind nach meinem Verständnis unterschiedliche Dinge. Ich will jetzt kein Lexikon zitieren, aber "Disziplin" wird fast direkt mit "Gehorsam" übersetzt, da stimme ich also mit Alexis überein. "Standhaftigkeit" zählt hingegen zu den wünschenswerten menschlichen Tugenden.

Wie gesagt, es geht nicht um das Wort, sondern um die Sache die dahinter steht. Eine Disziplin, die durch das Ego aufrecht erhalten werden muß, ist früher oder später zum Scheitern verurteilt... Daher der Hinweis mit dem "Bestrafer im Kopf", weil viele (leider) von frühester Kindheit so etwas anerzogen bekommen, und zwar als "Disziplin". Das funktioniert bei vielen sogar ein Leben lang, ist aber eines bewussten Menschens unwürdig. Die Entscheidung für oder gegen eine Aktion, die aus dem tiefen Selbst-Bewußtsein entspringt, ist immer richtig. Der Knackpunkt ist doch eher, die 99% Fremdgedanken nicht den Instinkt übertönen zu lassen, wenn es um das Handeln geht.


Ein Beispiel:

1. Ich kaufe diese Tafel Schokolade nicht, weil ich gelesen habe, daß diese Essenssünden meinem Körper schaden. Ich habe schon oft Verstopfungen deswegen gehabt, und die Löcher in den Zähnen kommen auch irgendwoher. Ich habe zwar solche Lust darauf, muß mich aber regelrecht zwingen es sein zu lassen.

2. Ich sehe die Tafel Schokolade, und merke wie die Sucht danach (Ego) anfängt sich zu regen. Ich beobachte das Ego (gesteigertes Bewußtsein), wie es versucht mich zum Kauf zu bewegen, höre aber auf mein inneres SELBST und lasse sie im Regal stehen.

Die Tafel Schokolade kann nach Belieben mit Kochkost, Emotionen, Sucht jeder Art ausgetauscht werden... der zweite Ansatz ist (für mich) leichter, befriedigender und bringt stetig wachsende Selbsterkenntnis. Der erste hört sich sehr nach "Disziplin" an. Das ist nur zur Verdeutlichung, ich denke wir meinen weiterhin das Gleiche - möge man es Disziplin, Standhaftigkeit oder "bewußtes Handeln" nennen.

Liebe Grüße,
Novalis
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#10
Aha, hier ist er also gelandet. Lächeln

Für mich persönlich ist Disziplin auch keineswegs negativ behaftet, kann aber Deiner Argumentation unter gewissen Voraussetzungen zustimmen und folgen.

Zitat:Es geht dabei um die "strafende Stimme im Kopf", die z.B. Strafen androht wenn man etwas nicht tut, beschimpft wenn man etwas tut was die Stimme nicht wünscht, lobt wenn man dem Willen der Stimme folgt usw.

Diese "Stimme" ist die gedankliche Summe aller anerzogenen und angenommenen Wertmaßstäbe, die wie gesagt oft schon sehr früh Gestalt annimmt. Man tauscht z.B. Leistung gegen Zuneigung bei den Eltern, das Ego erhält Lob und Anerkennung wenn es etwas leistet, und wird zurechtgewiesen und erniedrigt wenn es versagt. Das übernimmt dann alles der "imaginäre Bestrafer im Kopf", der das eigentliche Selbst unter der Knute hält.

Eine solche Disziplin, die auf Motivation durch Androhung von Strafen beruht, ist zum Scheitern verurteilt.

Du meinst die Art Disziplin, die den Ch**sten zu eigen ist. Blinzeln
Ja, in der Tat, dann ist das Wort auch für mich stark negativ verprägt.

Disziplin definiere ich persönlich mit den Handlungsweisen (oder auch das Unterlassen von diesen), die notwendig sind, um ein persönlich gestecktes Ziel zu erreichen, und mir dabei keinen "Schlendrian" zu erlauben, so gering er auch zunächst erscheinen mag. Wenn ich konsequent dieses Ziel verfolge und nicht aus den Augen verliere, betrachte ich das als Disziplin.

Trotz der unterschiedlichen Begriffsdefinitionen sind wir uns aber alle einig:
Disziplin, wie auch immer genannt, ist sehr wichtig.


Grüße

Hernes Son
Im A & O das Geheimnis liegt - Omega siegt!
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