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Die Himmelsscheibe von Nebra
Bei unserem Ausflug nach Langeneichstädt zur Dolmengöttin sind wir auf eine interessante Hinweistafel gestoßen mit folgendem textlichen Inhalt:
Seit ungezählten Jahrtausenden betrachten die Menschen den Nachthimmel, getrieben von dem Wunsch, das Universum und die Geheimnisse des Lebens zu verstehen. Ausgrabungen der letzten Jahre in Sachsen-Anhalt lieferten erstaunliche Belege für dieses zutiefst menschliche Verlangen. Sie zeugen von einer Zeit, in der Mythen, Riten und Wissen über Generationen nur mündlich weitergegeben wurden. In seltenen, wertvollen Momenten erlauben uns jahrtausendealte Hinterlassenschaften, die Botschaften dieser fremden Welt zu entschlüsseln. Das touristische Netzwerk Himmelswege lädt Sie an fünf ausgewählten Stationen zu einer Zeitreise in die Vorgeschichte Sachsen-Anhalts ein: Reisen Sie zurück in längst vergangene Jahrtausende und lassen sie sich auf den Himmelswegen in die Welt der Archäologie und Astronomie entführen.
Da wir wussten, dass die originale Dolmengöttin nicht mehr in Langeneichstädt steht, sondern mittlerweile ins Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle umgesiedelt wurde, planten wir von vorneherein einen Besuch dieses Museums. Nachdem wir jedoch diese Hinweistafel gesehen hatten, bekräftigte dieses nur noch unser Vorhaben.
Die Himmelsscheibe von Nebra wurde im Juli 1999 nahe der nächst größeren Stadt Nebra in Sachsen-Anhalt gefunden. Es handelt sich hierbei um eine sehr alte Bronzescheibe mit verschiedenen astronomischen Objekten darauf. Die Wissenschaft datiert die Scheibe aktuell auf ein Herstellungsdatum zwischen 2.100 bis 1.700 v.d.Z. Begründet wird dies vor allen Dingen durch die Begleitfunde, die aus Bronzeschwertern und Überresten von Beilen und Meißeln gemacht wurden. Der Anteil von bestimmten metallurgischen Elementen und bestimmten radioaktiven (aussendenden Partikelströmen) Bleibestandteilen ermöglichen den Wissenschaftlern heute eine solche Altersbestimmung.
Man geht davon aus, dass die Scheibe in unterschiedlichen Abständen oberflächlich verändert wurde, also einige Elemente später hinzugekommen sind und andere durch Veränderungen verschoben wurden.
Die Elemente wirken auf den ersten Blick ein wenig chaotisch angeordnet. Etwas deutlicher werden aber einzelne astronomischen Objekte, wenn man von einer zweidimensionalen Ansicht auf eine dreidimensionale Ansicht wechselt und sich vorstellt, dass die Himmelsscheibe quasi nur eine Draufsicht bzw. verflachte Ansicht von oben darstellt:
Auf diesem Bild erkennt man nun etwas deutlicher den Vollmond (manche vermuten darin auch die Sonne, aber eine Sonne ohne Strahlen abzubilden ist sehr ungewöhnlich), den sichelförmigen Mond, Sterne, eventuell den Sternenhaufen der Plejaden (7 Punkte) und eine ägyptische Barke (links unten im Bild).
Im obigen Bild ist eine ägyptische Barke abgebildet, so wie man sie auf der Himmelsscheibe erkennen kann. Im Museum ist dazu folgender Text zu finden:
Auf der Himmelsscheibe von Nebra findet sich eine Goldapplikation, die sich von den übrigen deutlich unterscheidet: der gerillte Goldbogen am unteren Rand. Das Gold schimmert in einem anderen Farbton. Es enthält weniger Silber als die anderen Auflagen. Das Blech ist stärker gekrümmt als die Horizontbögen. Es wirkt wie zwischen die Sterne gezwängt, als passe es nicht ins ursprüngliche Bild. Der Bogen ist nicht symmetrisch angebracht, sondern leicht verkippt. Auch seine Verzierung ist ungewöhnlich. Auf dem Körper sind Rillen angebracht, und eine Fiederung spart die Schmalseiten aus, säumt aber oben und unten die Längsseiten des Bogens. Diese Fiederung kann zwar vom Festklemmen des Bleches herrühren, doch da sie nicht überarbeitet wurde, muss sie als ein bewusstes Hervorheben des Goldbogens aufgefasst werden. Ähnliche Stichreihen sind von Schiffsdarstellungen aus der Bronzezeit gut bekannt. Sie werden häufig als Ruder oder Besatzung gedeutet.
Die Himmelscheibe besitzt einen ganz speziellen Aufbau:
(Auszug aus Wikipedia)
Die später hinzugefügten Horizontbögen rechts und links überstreichen einen Winkel von 82 Grad, ebenso wie Sonnenauf- und -untergang zwischen Winter- und Sommersonnenwende am Horizont auf dem Breitengrad des Fundorts. Wurde die Scheibe waagerecht so auf dem Mittelberg (dem genauen Fundort) positioniert, dass die gedachte Linie vom oberen Ende des linken Bogens zum unteren Ende des rechten Bogens auf die Spitze des etwa 85 km entfernten Brocken zeigt, konnte die Scheibe als Kalender zur Verfolgung des Sonnenjahrs genutzt werden. Vom Mittelberg aus gesehen geht die Sonne zur Sommersonnenwende hinter dem Brocken unter. Für die Vermutung, dass der rechte Bogen der westliche, den Sonnenuntergang markierende sei, spricht seine Nähe zur geneigten Mondsichel, die in der erwähnten Konstellation von der untergehenden Sonne erleuchtet ist.
Diese Erklärung finde ich tatsächlich mal aus Wikipedia nachvollziehbar, da die Sonnenwenden für rituelle Zwecke ein sehr wichtiger Zeitpunkt sind und eine Beobachtung des Sonnenlaufes mithilfe der Himmelsscheibe anscheinend vereinfacht wurde.
Die Sonnenbarke lässt hier einen ägyptischen Einfluss erkennen bzw. einen einer sehr alten Hochkultur, die sich sehr gut mit Astronomie auskannte.
Aufgrund der speziellen Anordnung des Sternenhimmels, der aus unserer Perspektive keinesfalls willkürlich gewählt wurde, und der speziellen Winkelanordnungen für die Betrachtung der Sonnenauf- und -untergänge auf dem Mittelberg, hat die Himmelsscheibe auch nur dort einen sinnvollen Zweck zu erfüllen.
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"Wenn das Gestirn der Pleiaden, der Atlastöchter, emporsteigt,
Dann beginne die Ernte, doch pflüge, wenn sie hinabgehen;
Sie sind vierzig Nächte und vierzig Tage beisammen
Eingehüllt, doch wenn sie wieder im kreisenden Jahre
Leuchtend erscheinen, erst dann beginne die Sichel zu wetzen."
In diesem von Hesiod um 700 v.d.Z entstandene Lehrgedicht "Werke und Tage"
ist der agrarische Bezug der Plejaden, die auf der Himmelsscheibe abgebildet sind,
ziemlich eindeutig. Sogar bis in die jüngste Vergangenheit wurden die Plejaden als
himmlische Taktgeber genutzt. "Standen die Plejaden in der Abendröte,
steht der Ochse in der Furche", heißt es in einer litauischen Bauernregel.
Das bedeutet, das die Himmelsscheibe von Nebra als Kalendarium für das bäuerliche Jahr ebenfalls taugte.
Die Sternengruppe der Plejaden ist eine markante Sternenkonstellation am Himmel. In Homers Ilias
schmücken sie den Schild des Achilleus, angefertigt vom Schmiedegott Hephaistos persönlich:
"Dreifach und blank, und fügte das silberne schöne Gehenk an.
Aus fünf Schichten gedrängt war der Schild selbst; oben darauf nun
Bildet' er mancherlei Kunst mit erfindungsreichem Verstande.
Drauf nun schuf er die Erd', und das wogende Meer, und den Himmel,
Auch den vollen Mond, und die rastlos laufende Sonne;
Drauf auch alle Gestirne, die rings den Himmel umleuchten,
Drauf Plejad' und Hyad', und die große Kraft des Orion,
Auch die Bärin, die sonst der Himmelwagen genannt wird,
Welche sich dort umdreht, und stets den Orion bemerket,
Und allein niemals in Okeanos' Bad sich hinabtaucht."
In der Odyssee leiten die Plejaden den Helden übers Meer.
Hesiod dann überliefert den Mythos, wie der gewaltige Jäger Orion
den sieben Töchtern des Titanen Atlas nachstellte und Zeus die Jungfrauen rettete,
indem er sie ans Himmelszelt versetzte, wo Orion in der dunklen Nacht auch heute noch
die Plejaden verfolgt.
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Um einem weiteren Geheimnis der Himmelsscheibe näher zu kommen, muss man ein wenig tiefer in die Archäologie und Astronomie (Archäoastronomie) eintauchen:
Die Himmelsscheibe, der zufolge der Mond in Kombination mit den Plejaden also Anfang und Ende des landwirtschaftlichen Jahres bedeutete, zeigt jedoch genau genommen kein Spezialwissen, sondern Allerweltswissen. Für dieses Wissen, so sollte man annehmen, nimmt niemand solche Kosten und Mühen auf sich einen Gegenstand herzustellen, indem immerhin knapp 32 Gramm Gold stecken (dieses Gold stammt übrigens vollständig aus Cornwall, England). Sollte sie nicht entsprechend antikes und geheimes Wissen bergen?
Eine sehr auffällige Merkwürdigkeit ist der Sichelmond. Der ist seltsam dick, geradezu plump in seiner Gestalt. Der zunehmende Mond wird sonst als schlanke, elegante Sichel dargestellt. Auf der Scheibe wirkt er unbeholfen und passte nicht zur Schönheit des restlichen Bildes. Hier geht es anscheinend nicht um Ästethik, sondern, so muss man schlussfolgern, um astronomische Präzession. Der Schmied der Himmelsscheibe hatte genau einen Mond dieser Dicke im Sinn – und nicht eine möglichst hübsche Mondsichel.
Die Dicke des Mondes steht für sein Alter. Wenn der Mond das erste Mal nach dem Neumond wieder am Himmel sichtbar wird, ist er zwischen 1,5 und 2,5 Tage alt. Mit diesem Neulicht beginnt jeder Monat. Vermisst man die Sichel und setzt ihre Dicke in Relation zu ihrem Durchmesser als vollen Mond kommt man zu folgendem interessanten Ergebnis: Die Dicke der Himmelscheibensichel weist auf ein Alter von etwa 4,5 Tagen hin, und damit ist diese Mondsichel älter (und dicker) als der 1,5 bis 2,5 Tage alte Neulichtmond. Das Ergebnis wirft die Frage auf, warum es diese Abweichung gibt und was diese bedeutet:
In einem babylonischen Keilschrifttext aus dem 7. bis 3. Jahrhundert v. d. Z sind astronomische Beobachtungen und Analysen aus Mesopotamien zusammengetragen, die einen Hinweis auf diese Frage liefern: Im ersten Monat des Jahres, im Frühlingsmonat, der dort den Namen „Nisannu“ trägt, soll man auf die Mondsichel und die Plejaden achten. Konkret steht dort: „Wenn sich am 1. Nisannu Mond und Plejaden in Konjunktion (die scheinbare Begegnung zweier Planeten oder eines Planeten mit Sonne oder Mond) befinden, also nahe beieinanderstanden, dann war mit diesem Jahr alles in Ordnung. Zeigte sich der Mond aber erst am 3. Nisannu bei den Plejaden, war dieses Jahr ein Schaltjahr. Dann musste ein Schaltmonat eingefügt werden.
Zur Erklärung:
Sonne und Mond gehorchen nicht demselben Rhythmus. Die Gestirne des Tages und der Nacht harmonieren nicht miteinander. Die Sonne liefert das Jahr und den Tag und der Mond den Monat und die Woche. Doch die verlaufen leider nicht synchron. Ein synnodischer Monat, das ist der Abstand von Neulicht zu Neulicht und von Vollmond zu Vollmond, dauert rund 29,5 Tage. Ein Mondjahr währt also rund 354 Tage. Das sind elft Tage weniger als das Sonnenjahr.
In Babylon wurde zur Synchronisierung von Mond und Sonnenjahr ein Kalender angewendet, der auf der Beobachtung der wechselnden Gestalt des Mondes basierte. Um das Mondjahr mit dem Sonnenjahr in Einklang zu bringen, also dafür zu sorgen, das der Frühlingsmonat nicht in den Herbst wanderte, mussten Schaltmonate eingefügt werden: bei elf Tagen Differenz zwischen Mond und Sonnenjahr im Schnitt alle drei Jahre.
Wenn der Mond erst am 3. Nisannu bei den Plejaden erschien – dann war er also schon zwei Tage älter und dicker als der Neulichtmond – war dies das Signal des Himmels, einen Schaltmonat einzuschieben. Erschien der Mond aber am 1. Nisannu als dünner Neulichtmond, dann war das Jahr noch im Takt, und es braucht keinen Schaltmonat.
Auf die Dicke der Mondsichel am Himmel kommt es also an, denn jedes Frühjahr zieht die Mondsichel in zunehmender Dicke an den Plejaden vorbei. Wird sie so dick, wie auf der Himmelsscheibe dargestellt, muss ein Schaltmonat eingefügt werden.
Die wechselnde Gestalt des Mondes erlaubt ein leichte Einteilung des Monats in Wochen und liefert mit dem Neulicht ein markantes Signal für den Monatsanfang. Der Sonnenkalender ist dagegen für die Ackerbauern unverzichtbar, weil er sich im Einklang mit den Jahreszeiten befindet.
Dieses Wissen steckt in der Himmelsscheibe codiert verborgen, welches erst 1.000 Jahre später in Mesopotamien schriftlich festgehalten wurde. Doch auch in der Anzahl der abgebildeten Sterne steckt eine Codierung: Auf der Urversion der Scheibe waren 32 Goldsterne angebracht. Wenn man von jenem Neulichtmond aus zählt, auf den einen Monat später das Neulicht folgt, das den Frühlingsmonat einläutet, und es vergingen 32 Tage, bis Mond und Plejaden zusammenstanden, war man wieder am 3. Nissanu und musste einen Schaltmonat einfügen. Es ging um das gleiche Prinzip wie mit der Sicheldicke, sie war nur auf eine zweite Weise verschlüsselt. Aber nicht, weil doppelt besser hält, sondern weil die 32 Tage einen zusätzlichen Bezugspunkt lieferten, eine alternative Berechnungsmöglichkeit für den Fall, dass den früheren Astronomen wieder einmal ihr ärgster Feind das Leben schwer machte: das schlechte Wetter. Bei Wolkendecke war ein Neulicht nicht auszumachen – und deshalb begann man schon vorsichtshalber im Vormonat mit dem Zählen, um so die Konstellation von Mond und Plejaden nicht zu verfehlen. Das Rezept, den jährlichen Rhythmus der beiden wichtigsten Himmelskörper Mond und Sonne in Harmonie zu bringen, ist also gleich zweifach auf der Himmelsscheibe codiert.
Anmerkung:
Die Astronomen von heute haben keine genau Erklärung dafür, wie dieses Wissen schon 1.000 Jahre vor den schriftlichen Zeugnissen aus Mesopotamien in Germanien existieren konnte. Wenn man jedoch von einer Hochkultur ausgeht, mit verschiedenen Zweigstellen und Menschen, die ihr Wissen auf verschiedenen Kontinenten ausgetauscht haben, kann man sich dies relativ einfach herleiten.
Quelle: "Die Himmelsscheibe von Nebra - der Schlüssel zu einer untergegangenen Kultur im Herzen Europas."
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Seit jeher beflügeln die Plejaden die Fantasie der Menschen. Manche Archäoastronomen gehen sogar davon aus, dass die Plejaden schon in den 17.000 Jahre alten Höhlenmalereien von Lascaux zu sehen sind. Dort, im Saal der Stiere, prangt über der Schulterpartie eines mächtigen Auerochsen eine markante Punktformation. Die Parallele zu neuzeitlichen Himmelskarten ist überraschend: Da finden sich die Plejaden auch im Sternbild Stier in nahezu der gleichen Position.
Rund um den Globus zieht diese Sternenkonstellation die Aufmerksamkeit an sich. Von den Maoris in Neuseeland über die Aboriginies in Australien, den Menschen in Japan und China, Kirgisien und der Mongolei, in Indien, Persien, Ägypten, Griechenland bis hin zu den Cherokee und Navajo im Norden, den Inkas im Süden Amerikas.
Ihr Erscheinen oder ihr Untergang läutete das neue Jahr ein oder markierten den Beginn der Regenzeit. Sie galten als Künder des Frühlings, des Lebens, sie signalisierten, wann es Zeit war, in See zu stechen, und wann die Schiffe besser im Hafen blieben. Bei den Schamanen Sibiriens galten die Plejaden als Öffnung des Himmels, die ihnen als Startpunkt ihrer Reisen in die kosmischen Weiten dienten. Insofern stehen all jene Leute, die heute dem Museum in Halle schreiben, die Himmelsscheibe von Nebra liefere eine verschlüsselte Anleitung für Reisen durch das Weltall, in einer sehr alten Tradition.
Die Plejaden haben noch etwas anderes gemeinsam mit der Himmelsscheibe. Sie geben beide Rätsel auf. Ständig hat es den Anschein, als ob eine Plejade verschwinden würde. Mal sind sieben zu erkennen, mal nur sechs. Die Astronomen von heute gehen davon aus, das es sich bei einem von den sieben Sternen um einen veränderlichen Stern handelt. Für Hesiod waren die sieben Sterne die Töchter des Titanen Atlas. Als Einzige von Ihnen heiratete Merope einen Sterblichen und verblasste aus Scham darüber von Zeit zu Zeit. Andere erzählten, es sei die Plejade Elektra gewesen, die aus Verzweiflung über den Untergang Trojas den Reigen der Schwestern verlassen habe und nun mit wehendem Haar am Himmel als Komet herumirre.
Wenn man sich sehr viel näher mit der Himmelsscheibe beschäftigt und sich die Schmiedearbeit auf ihr genauer ansieht, erkennt man, dass im Laufe der Zeit Veränderungen an ihr vorgenommen wurden. Untersuchungen haben gezeigt, dass sie wiederholt gravierende Umgestaltugnen widerfuhr.
Die Scheibe war höchstwahrscheinlich ein Auftragswerk gewesen. Es gilt heute als unwahrscheinlich, dass eine Person das Wissen, das Gold und die technologischen Fertigkeiten besaß, um sie allein herzustellen. Für die Urversion der Scheibe brauchte es einen erfahrenen Schmied, dem mindestens ein Gehilfe zur Hand ging. Da hier heiliges Wissen im Spiel war, geht man heute davon aus, dass der Erbauer seine Arbeit im Geheimen vollbracht hat, wahrscheinlich unter dem Schutz des Auftraggebers, des ersten Meisters der Himmelsscheibe. In Mesopotamien waren früher die sternenkundigen Experten dem König verpflichtet, sie unterlagen einer Schweigepflicht. Das delikate Wissen über die himmlischen Affären, das über das Schicksal des Königs und des Landes entschied, durfte nicht in falsche Hände geraten. Die Kunst des Sternendeutens wurde nur innerhalb eines Geschlechtes vom Vater an den Sohn übertragen.
In der Phase 1 der Himmelsscheibe zeigt sie nur astronomische Objekte, die eine Schaltregel codieren. Die Horizontbögen links und rechts, das Schiff und die 39 Löcher am Rand werden erst in späteren Phasen hinzugefügt. Die erste Frage, die sich hier aufdrängt: Wie lange zeigte die Himmelsscheibe ihr ursprüngliches Antliz, und wann wurde sie zum ersten Mal verändert und warum?
Nach dem heutigen Kenntnisstand ist mindestens eine Generation vergangen, vermutlich aber sogar eher zwei oder drei: Eine neuer Schmied war hier am Werk. Nicht nur war seine Arbeit von geringerer Qualität, der erhaltene rechte Horizontbogen lässt es außerdem an Eleganz missen. Auch war er nicht mit der Tauschiertechnik vertraut und beging Anfängerfehler. Es wurden Sterne entfernt oder versetzt, jedoch wurde das gleiche Gold aus Cornwall noch benutzt. Eine weiter Frage, die man sich stellen kann: Haben wir es hier mit einem Wissensverlust oder einer Wissensanreicherung zu tun.
In der zweiten Phase der Himmelsscheibe werden links und rechts die Horizontbögen montiert, die den Verlauf der Sonne zwischen den Sonnenwenden wiedergeben. Das war uraltes neolithisches Wissen. Um das auf der Himmelsscheibe unterzubringen, mussten ein Stern versetzt und zwei entfernt werden. Damit war die ursprüngliche Doppelcodierung der Schaltregel zerstört. Jener Teil des Codes, der lautete: Vergehen 32 Tage, bis der Mond seit dem vorhergenden Neulicht im Frühlingsmonat bei den Plejaden steht, so muss geschaltet werden. Das spricht auf den ersten Blick für Wissensverlust, denn hier war wahrscheinlich jemand am Werk, der nicht mehr im Gänze über den ursprünglichen Scheibeninhalt informiert war.
Oder handelt es sich gar nicht um einen Wissensverlust? Die Plejadenregel selbst blieb erhalten. Für die zählt nur die Dicke der Mondsichel beim Zusammentreffen mit den Plejaden, da spielt die Anzahl der Sterne keine Rolle (die sorgten nur für eine zusätzliche Verschlüsselung).
Es könnte also sein, dass hier das neue, aus der Fremde importierte Wissen mit dem Laufe jenes Gestirnes angereicht wurde, das die europäische Bronzezeit beherrschte wie kein zweites: dem der Sonne. Dann wollte jemand die Scheibe vervollständigen. Zeigte die Urversion die Ordnung der Nacht an, brachte er nun die Ordnung des Tages auf die Scheibe: Sonne, Mond und Sterne, kombiniert mit den irdischen Horizonten: Damit war die Scheibe komplett und der Himmel auf Erden gebracht, ein wahres Wunderwerk der Antike.
Die Himmelsscheibe von Nebra ist jedoch nicht das einzige Zeugnis einer hochentwickelten und frühen Hochkultur in Europa. Wenn man sich ein wenig näher mit Archäoastronomie beschäftigt, stößt man auf weitere Wunderwerke der Technik: Schwammtaucher haben in einem antiken Schiffswrack vor der Insel Antikyhtera zwischen Kreta und den Peloponnes den sogenannten "Mechanismus von Antikythera" gefunden. Mit seinen Zahnrädern, Ziffernblättern und Getrieben konnte er den Lauf von Sonne und Mond durch den Tierkreis anzeigen und unterschiedliche kalendarische Zyklen berechnen, das ist bei einem Alter von über 2.100 Jahren eine bemerkenswerte Leistung, denn einen solchen Apparat dürfte es zu dieser Zeit gar nicht geben.
Ein neuzeitlicher Nachbau des Mechanismus von Antikythera
Es heißt, dass Archimedes von Syrakus dieses Gerät nach uralten Plänen von unbekannter Herkunft nachgebaut hat. Das wirklich erstaunliche an dieser feinmechanischen Meisterleistung ist jedoch, für wie wenig Aufmerksamkeit sie bis heute gesorgt hat. Im Grunde genommen müssten alle Schulbücher umgeschrieben werden, aber nichts dergleichen passiert. Es passt halt einfach nicht in die Vorstellungen, die man traditionellerweise von der Vergangenheit hat.
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Manchmal sagen Bilder mehr als Worte, daher hier noch ein paar Illustrationen zum besseren Verständnis und zur Veranschaulichung der Himmelsscheibe.
Die verschiedenen Phasen der Himmelsscheibe:
In der 4. Phase wurden genau 39 Löcher an den Rand der Sonnenscheibe hinzugefügt. Niemand weiß warum gerade 39. Man geht davon aus, dass es zur Befestigung an einer Standarte angedacht war, um die Himmelsscheibe einer breiten Bevölkerungsschicht zu zeigen.
In der 5. Phase wurde der linke Horizontbogen entfernt. Auch hier weiß niemand warum dies geschehen ist.
Vom Deponierungsort der Himmelsscheibe aus gesehen (Bildmitte), geht die Sonne zum Zeitpunkt der Sommersonnenwende (21. Juni) hinter dem Brocken (rechts oben auf dem Bild) und am 1. Mai hinter dem Kyffhäuser unter. Die Horizontbögen geben hier genau an, in welchen Bereich die Sonne auf und unter gehen wird. Berg und Scheibe passen hier bestens zusammen:
Weil die Erde um die Sonne reist und der Mond die Erde umkreist, verändert sich der irdische Blick auf den Sternenhimmel - der Himmel wird zum Kalender. Wenn die Mondsichel neben den Plejaden so dick erscheint wie auf der Himmelsscheibe (oben links), ist ein Schaltmonat einzufügen.
Der 3.400 Jahre alte Sonnenwagen von Trundholm ist einer der bedeutendsten Funde der skandinavischen Bronzezeit. Er dokumentiert eindrucksvoll die Vorstellung, dass die Sonne über den Himmel transportiert wird.
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Mondphasen, die Position der Sonne und aufgehende Sternbilder im Jahreskreislauf waren wichtige Elemente zu allen Zeiten der naturreligiösen Völker. Hiernach richteten sie ihr Leben in vielen Lebensbereichen aus. Die Himmelsscheibe ist dafür auch ein sehr schönes Beispiel.
Aufgrund des Alters der Himmelscheibe finde ich den Bezug zum Schaltmonat nicht ganz nachvollziehbar, denn diese Berechnungsgrundlage ist viel jünger als die Himmelsscheibe.
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Zitat:Aufgrund des Alters der Himmelscheibe finde ich den Bezug zum Schaltmonat nicht ganz nachvollziehbar, denn diese Berechnungsgrundlage ist viel jünger als die Himmelsscheibe.
Mit dieser Meinung/Frage bist Du in guter Gesellschaft, denn eine ganze Armada von Astronomen, Physikern und Archäologen haben sich dasselbe gefragt. Dies ist jedoch einfach zu beantworten: Die Menschen in der Antike und in viel älterer Zeit wollten auch Ihre Feste zur richtigen Zeit feiern, an wichtigen naturreligiösen Tagen in den Hainen oder in den Steinkreisen stehen, die Ernte zur richtigen Zeit einfahren etc. Man musste sich also nach etwas richten, das eine gewisse Beständigkeit hat und sich regelmäßig wiederholt. Die Wissenschaftler von heute denken, dass die Menschen in der Antike astronomisches Wissen noch nicht besaßen und auch zu einfachen Beobachtungen nicht in der Lage waren. Da irren sie sich jedoch. Druiden und Priester wussten sehr genau, wann die wichtigsten naturreligösen Daten sind, eben mithilfe von astronomischen Beobachtungen und dem Wissen über Sternengruppen, Mondphasen und Sonnenläufen. Das Problem dabei ist nur, das die Mondphasen nicht ganz regelmäßig sind und dass man einen Mechanismus oder eine Hilfe einführen musste, damit diese Unregelmäßigkeit ausgeglichen wird. Hier kommen die Plejaden ins Spiel, die auffälligste Sternengruppe, die es am Himmel gibt. Das Zusammenspiel von Mond und Plejaden ist hier von besonderer Bedeutung, und das haben auch die Menschen früher schon beobachtet und auf verschiedene Arten aufgezeichnet.
Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen über die Einführung von Schaltmonaten (nicht Schalttagen, das geschieht nur in der jüngeren Zeit, wie bei unserem aktuellen Kalender) gehen 2.700 Jahre zurück. Im MUL.APIN, das ist eine Zusammenstellung von astronomischen Keilschrifttexten, steht dies beschrieben (wie weiter oben schon erwähnt):
"In einem babylonischen Keilschrifttext aus dem 7. bis 3. Jahrhundert v. d. Z sind astronomische Beobachtungen und Analysen aus Mesopotamien zusammengetragen, die einen Hinweis auf diese Frage liefern: Im ersten Monat des Jahres, im Frühlingsmonat, der dort den Namen „Nisannu“ trägt, soll man auf die Mondsichel und die Plejaden achten. Konkret steht dort: „Wenn sich am 1. Nisannu Mond und Plejaden in Konjunktion (die scheinbare Begegnung zweier Planeten oder eines Planeten mit Sonne oder Mond) befinden, also nahe beieinanderstanden, dann war mit diesem Jahr alles in Ordnung. Zeigte sich der Mond aber erst am 3. Nisannu bei den Plejaden, war dieses Jahr ein Schaltjahr. Dann musste ein Schaltmonat eingefügt werden."
Auf der Himmelsscheibe von Nebra ist dies ebenfalls dargestellt, nur eben in komprimierter, Piktogrammartiger verschlüsselter Form und nicht schriftlich niedergeschrieben. Die Variante der Himmelsscheibe ist aber sehr viel eleganter.
Die Dicke der Mondsichel auf der Himmelsscheibe weist auf ein Alter von etwa 4,5 Tagen hin und steht sehr nahe zu den Plejaden. Wenn dies am Himmel zu beobachten war, dann musste auch hier ein Schaltmonat eingefügt werden, damit der Frühlingsmonat nicht irgendwann in den Herbst wanderte. Also hier wurde ein ganzer Monat von etwa 11 Tagen hinzugefügt und nicht etwa nur ein Tag, wie das bei unserem aktuellen Kalender alle vier Jahre der Fall ist. Aber unsere Monate haben auch 31 Tage und nicht nur maximal 30 Tage, daher ist ein Tag ausreichend, um auch heute diese "Unschärfe" zu korrigieren. Kalenderversionen gibt es sehr viele, und diese wurden im Laufe der Jahrtausende auch immer wieder verändert. Aber das Problem, dass das Mondjahr kürzer ist als das Sonnenjahr, das hatte man schon immer und hat sich mithilfe von Sternencodes geholfen, um das Problem zu lösen. Wie sonst hätte man immer zur richtigen Zeit die richtigen rituellen Handlungen ausführen können, wenn die Mondphasen nicht regelmäßig sind und auch der Sonnenlauf alleine zu ungenau ist?
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Ein rein logisches Problem.
Das Problem liegt im starren Kalenderprinzip des Menschen begründet. Seit der Antike wird jeder Tag aufgezeichnet, also darüber Buch geführt. Da kann ein Tag nicht einfach so verschwinden, man muß ihn kalendertechnisch einordnen. Nun hat das Jahr jedoch nicht 365 Tage, sondern 365,25 Tage. Ein Mondjahr dauert gar 19 Jahre. Also der Unterschied zwischen Sonnen- und Mondjahr, wird alle 19 Jahre automatisch korrigiert. Nur gibt es kein menschliches Kalendersystem, welches diesen natürlichen Gegebenheiten Rechnung tragen könnte. Und die 24-Stunden-Uhr kommt ja ebenfalls noch hinzu. Und daß es nicht im natürlichen 7er-Rhythmus tickt (sondern in einem willkürlich von Menschen festgelegten Unrhythmus), kommt auch noch hinzu. Schon der Sonnenaufgang verschiebt sich je nach Datum und Region. Unser starres Kalender- und Uhrzeitprinzip ist hierdurch überfordert. Was für ein Glück auch, denn ansonsten würde hier jeden Tag dasselbe Programm ablaufen. Es lebe der Wechsel!
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
verdandi
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Himmelsscheibe älter als gedacht?
Der Archäologie-Krimi um die berühmte Himmelsscheibe von Nebra ist um eine Wendung reicher. Seit ihrer Entdeckung gilt sie mit einem Alter von zumindest 3.600 Jahren als die älteste Himmelsdarstellung der Welt und zählt zu den bedeutendsten archäologischen Funden Deutschlands. Doch um das tatsächliche Alter der Scheibe ist unter Experten jüngst ein Streit entbrannt: Im September hatten zwei deutsche Forscher nach neuen Analysen berichtet, dass die Darstellung deutlich jünger sei als zuvor angenommen – um ganze 1.000 Jahre. Demnach stamme die Himmelsscheibe nicht aus der Bronzezeit, sondern aus der Eisenzeit.
https://www.derstandard.de/story/2000121690189/neue-wende-im-fachstreit-um-die-himmelsscheibe-von-nebra
Das ist für Wisenschaftler schwer vorzustellen, dass die Menschen klüger waren als heute, denn laut ihrer Theorie gibt es ja einen wissenschaftlichen FORTschritt. Dass die Leute immer blöder werden, wie sich in zahlreichen Disziplinen und auch im Alltag zeigt, gibt einen Hinweis darauf, dass das Gegenteil wahr ist: Es ist nicht Evolution, sondern Devolution.
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