Heidnische Überbleibsel im Berliner Umland
#18
Knochen und Holzkohle gefunden

Das Königsgrab von Seddin in der mecklenburgischen Prignitz wurde im 9. Jahrhundert vor dieser Zeitrechnung errichtet und gilt als eine der größten Grabanlagen des damaligen Europa. Es ist eingebunden in eine Kulturlandschaft mit Gräbern und Fundstellen, deren Untersuchung schon viele Erkenntnisse über die Bronzezeit und herausragende archäologische Funde erbracht hat. Seit 2015 beteiligen sich Studenten der Universität Göttingen an den archäologischen Arbeiten. In ihren aktuellen Ausgrabungen im März 2018 konnten sie aufzeigen, dass die zu dieser bronzezeitlichen Kulturlandschaft gehörende Siedlung größer war, als bisher vermutet.

   
   
   

Ein umlaufender Ring aus großen Findlingen begrenzt den Hügel. Unmittelbar dahinter stabilisiert eine massive Ansammlung von Feldsteinen als »Ringanker« die gewaltigen Sand- und Steinmassen des Hügels. Der Hügel selbst besteht wie eine Torte aus wechselnden Sand- und Steinschichten. Mindestens drei »pflasterartige« Steinschichten zeigen wahrscheinlich den Abschluss von Bauabschnitten und dienten zugleich dem Erosionsschutz. Die Oberfläche des Hügels war ursprünglich mit einem Steinpflaster bedeckt, das dem Bauwerk ein sehr eindrucksvolles Erscheinungsbild verliehen haben muss. Der Grabhügel stellt eine imposante bauliche Leistung dar, die ohne »Spezialwissen« und strenge Baustellenorganisation nicht hätte realisiert werden können.

An einem Freitag enden die dreiwöchige Grabungen eines zwölfköpfigen Teams unter Leitung des Gebietsarchäologen Jens May am König-Hinz-Grabhügel bei Seddin (Gemeinde Groß Pankow). Wie er berichtet, wurden Vermutungen zum Aufbau des Hügels bestätigt und erstmals in der Grubenreihe daneben ein Knochen und ein Holzkohlestück gefunden.

Während am Mittwoch bei einem Rundgang noch alle Grabungsschnitte an dem bronzezeitlichen Denkmal offen waren, werden sie am Freitag, nachdem alle Befunde dokumentiert und mit einem Geotextilflies abgedeckt sind, per Bagger oder Eimerkette wieder mit dem Aushub verschlossen.

„Die diesjährige Grabung brachte uns wieder ein Stück weiter bei der Erforschung des tatsächlichen Aufbaus und bestätigte unsere Vermutungen“, sagte May. Am Grabhügel erfolgten vier Schnitte, im Außenbereich an der Steingrubenreihe drei Aufschlüsse. Man habe jetzt einen besseren Überblick über die Konstruktionsweise, erläutert der Gebietsarchäologe: Große, aufrechtgestellte Findlinge bilden den äußeren Ring des Hügels. Dahinter befindet sich als Widerlager für die Hügelaufschüttung eine dicke Packung größerer Steine.

Bei der Gewinnung von Steinen des Hügels für den Straßenbau Ende des 19. Jahrhunderts wurden viele Strukturen zerstört. Die Arbeiter kippten offenbar die hochgestellten Findlinge im Außenring um, damit sie besser ans große Steinvorkommen kamen. May: „Es gibt nur noch wenige Stellen, an denen die Konstruktionsannahmen überprüfbar sind – und wir glauben, diese Stellen in diesem Jahr gefunden zu haben.“

Der Hügel wurde, wie die Schnitte bestätigten, innerhalb des äußeren Steinkreises über der Grabkammer von König Hinz mit wechselnden Schichten von meist Sand und Steinen angelegt. Die Steinlagen sollten vermutlich den etappenweisen Aufbau gegen das Abschwemmen schützen. Ein Schnitt im westlichen Bereich brachte eine Besonderheit zutage: Dort waren die Steine in Lehm gelegt, um Ausspülungen auf der Wetterseite zu verhindern. Die oberste Steinschicht hatte wahrscheinlich auch den Zweck, den Eindruck eines riesigen Steinbauwerkes zu erwecken. Besonders gut zu erkennen ist die oberste Schicht an einer nicht von Steinsuchern gestörten Stelle. „Man kann sich so die Hügeloberfläche ohne Bewuchs vorstellen“, sagt May.

Interessante Befunde gab es bei den Aufschlüssen in der Steingrubenreihe, die vor drei Jahren entdeckt und teilweise freigelegt sowie für Touristen durch Steinkreise an der Oberfläche sichtbar gemacht wurde. Sie verläuft in 53 Meter Abstand in west-östlicher Richtung. Auf einer Länge von etwa 285 Metern sind 150 bis 160 mit hitzerissigen Steinen gefüllte Gruben verteilt. Wie May berichtet, gab es zwei neue Fundkategorien: Zum einen wurde in einer der untersuchten Gruben erstmals ein durchgeglühtes Knöchelchen, so groß wie eine Fingerkuppe, entdeckt. Ob von Mensch oder Tier, werden spätere Analysen zeigen. Zum anderen kam ein handgelenkdickes Stück Holzkohle zum Vorschein. „Falls es sich durch Laboruntersuchungen zeitlich zuordnen lässt, wäre es ein Hauptgewinn“, sagt May.

Eine der Gruben wurde fotometrisch untersucht. Jedesmal, wenn ein Stein herausgenommen worden war, wurde die Grube fotografiert. „Rückwärts laufend angesehen kann dann das Abfüllszenario zur Bronzezeit rekonstruiert werden“, erläutert Archäologe May.

Für die weitere museale und touristische Erschließung des größten Hügelgrabes im nördlichen Europa gibt es konkrete Pläne im Groß Pankower Rathaus. Sie reichen von einem neuen Radweg mit Weitsicht aufs Königsgrab über eine Kanuanlegestelle an der Stepenitz mit Infotafel bis hin zu einem neuen Parkplatz mit Toilettenhaus am Ortsrand von Seddin.
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Es bedanken sich: Paganlord , Saxorior , Erato


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RE: Heidnische Überbleibsel im Berliner Umland - von Coco die Eule - 27.10.12016, 16:24
Neue Grabungen am Königsgrab von Seddin - von Dancred - 29.07.12018, 09:39
Der Feuerberg von Schönfließ - von Paganlord - 08.03.12021, 20:39

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