03.06.12010, 02:38
Hallo zusammen,
weil ich grade wieder mal in Reykjavik bin und das hier vor Ort miterleben konnte:
Die vor ca. 6 Monaten aus der Taufe gehobene Partei Besti Flokurinn um den isländischen Komiker Jon Gnarr (Jon Gunnar Kristinsson) hat am vergangenen Sonntag die Reykjaviker Stadtratswahl mit einem Erdrutschsieg gewonnen (knapp 35% aus dem Stand, nach Vorhersagen von 44 % (!) ... die Fehlenden 9 % waren dann doch ungültige Wähler). An sich wäre uns das ja kaum eine Meldung wert, aber ... wenn man dabei bedenkt, dass die Partei ursprünglich nur als Parodie gegründet wurde ("Besti Flokurinn" heißt auf deutsch schlicht "Die Beste Partei"), kein wirkliches Wahlprogramm bietet ("Korruption muss transparent werden", "Freie Handtücher in allen Schwimbädern und bei allen Bademöglichkeiten (heißt soviel wie auch bei diversen heißen Quellen, wo baden erlaubt ist, sich aber keine Badeanstalt befindet)", "Einen Eisbären für den Reykjaviker Zoo", usw.) und die alteingesessenen Parteien das Land an den Rand des Ruins gebracht hatten, schaut die Sache schon anders aus. Da ich wie gesagt nicht daheim bin, kann ich nicht beurteilen, wie sehr das wirklich bei uns Wellen in den Print- und Rundfunkmedien geschlagen hat, aber die Onlinemedien behandeln das Thema zum Teil zeimlich ausführlich (auch wenn sich sowohl "Der Standard" mit der Verbindung Reykjavik/Helsinki (was das miteinander zu tun hat!?) und andere Onlinemedien mit Reykjavik/Kopenhagen (halbwegs geschichtlich - Island war bis ins 20. Jhd. hinein Teil Dänemarks - noch nachvollziehbar in der Presse) als Ortsangaben nicht mit Ruhm bekleckert haben):
http://www.spiegel.de/politik/ausland/a-697585.html
http://derstandard.at/1271377680600/Gemeinderatswahlen-in-Reykjavik-Komiker-Gnarr-gewinnt-Kommunalwahl
http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/570152/index.do
http://www.zeit.de/2010/22/WOS-Island-Spasspartei
http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/569811/index.do
Und zum Abschluss noch das Wahlvideo:
http://www.youtube.com/watch?v=neJFIjwJsaU (irgendwo hatte ich auch den Text übersetzt gelesen gestern ... find ich bestimmt wieder)
Dazu noch etwas Hintergrundwissen:
In Island ist die Politik nur ein Weg, um sich eine gute Pension zu sichern. Dort finden sich Lehrer als Finanzminister (vor allem Sportlehrer), Leute aus dem Bankenwesen als Gesundheitsminister, usw. usf. und der Posten des Zentralbankvorstandes ist die letzte Station dazu ... Somit hat keiner echte Ahnung von dem was er oder sie da tut. Also warum nicht Komiker und Künstler zu Bürgermeistern und Stadträten machen ...
Den einzigen 'Parteipunkt', wenn man ihn denn so bezeichnen will, dem ich nichts abgewinnen kann ist die Sache mit dem Eisbären ... allerdings hat auch das einen echten Hintergrund. Fast jeden Winter treiben Eisbären mit Eisschollen nach Island und werden hier abgeknallt. Also stellt es sich für den früheren Umweltaktivisten Gnarr (war bei Greenpeace in jungen Jahren) als bessere Alternative dar, die Bären einzufangen und in den Reykjaviker Zoo zu verfrachten.
Zur Information werde ich hier noch ein Interview mit Jon Gnarr einbringen, allerdings erst irgendwann die kommende Woche.
Bis dahin,
schöne Grüße aus einem sehr sonnigen und um diese Zeit immer noch hellen Island
Euer
Ritter auf Reisen
weil ich grade wieder mal in Reykjavik bin und das hier vor Ort miterleben konnte:
Die vor ca. 6 Monaten aus der Taufe gehobene Partei Besti Flokurinn um den isländischen Komiker Jon Gnarr (Jon Gunnar Kristinsson) hat am vergangenen Sonntag die Reykjaviker Stadtratswahl mit einem Erdrutschsieg gewonnen (knapp 35% aus dem Stand, nach Vorhersagen von 44 % (!) ... die Fehlenden 9 % waren dann doch ungültige Wähler). An sich wäre uns das ja kaum eine Meldung wert, aber ... wenn man dabei bedenkt, dass die Partei ursprünglich nur als Parodie gegründet wurde ("Besti Flokurinn" heißt auf deutsch schlicht "Die Beste Partei"), kein wirkliches Wahlprogramm bietet ("Korruption muss transparent werden", "Freie Handtücher in allen Schwimbädern und bei allen Bademöglichkeiten (heißt soviel wie auch bei diversen heißen Quellen, wo baden erlaubt ist, sich aber keine Badeanstalt befindet)", "Einen Eisbären für den Reykjaviker Zoo", usw.) und die alteingesessenen Parteien das Land an den Rand des Ruins gebracht hatten, schaut die Sache schon anders aus. Da ich wie gesagt nicht daheim bin, kann ich nicht beurteilen, wie sehr das wirklich bei uns Wellen in den Print- und Rundfunkmedien geschlagen hat, aber die Onlinemedien behandeln das Thema zum Teil zeimlich ausführlich (auch wenn sich sowohl "Der Standard" mit der Verbindung Reykjavik/Helsinki (was das miteinander zu tun hat!?) und andere Onlinemedien mit Reykjavik/Kopenhagen (halbwegs geschichtlich - Island war bis ins 20. Jhd. hinein Teil Dänemarks - noch nachvollziehbar in der Presse) als Ortsangaben nicht mit Ruhm bekleckert haben):
http://www.spiegel.de/politik/ausland/a-697585.html
http://derstandard.at/1271377680600/Gemeinderatswahlen-in-Reykjavik-Komiker-Gnarr-gewinnt-Kommunalwahl
http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/570152/index.do
http://www.zeit.de/2010/22/WOS-Island-Spasspartei
http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/569811/index.do
Und zum Abschluss noch das Wahlvideo:
http://www.youtube.com/watch?v=neJFIjwJsaU (irgendwo hatte ich auch den Text übersetzt gelesen gestern ... find ich bestimmt wieder)
Dazu noch etwas Hintergrundwissen:
In Island ist die Politik nur ein Weg, um sich eine gute Pension zu sichern. Dort finden sich Lehrer als Finanzminister (vor allem Sportlehrer), Leute aus dem Bankenwesen als Gesundheitsminister, usw. usf. und der Posten des Zentralbankvorstandes ist die letzte Station dazu ... Somit hat keiner echte Ahnung von dem was er oder sie da tut. Also warum nicht Komiker und Künstler zu Bürgermeistern und Stadträten machen ...
Den einzigen 'Parteipunkt', wenn man ihn denn so bezeichnen will, dem ich nichts abgewinnen kann ist die Sache mit dem Eisbären ... allerdings hat auch das einen echten Hintergrund. Fast jeden Winter treiben Eisbären mit Eisschollen nach Island und werden hier abgeknallt. Also stellt es sich für den früheren Umweltaktivisten Gnarr (war bei Greenpeace in jungen Jahren) als bessere Alternative dar, die Bären einzufangen und in den Reykjaviker Zoo zu verfrachten.
Zur Information werde ich hier noch ein Interview mit Jon Gnarr einbringen, allerdings erst irgendwann die kommende Woche.
Bis dahin,
schöne Grüße aus einem sehr sonnigen und um diese Zeit immer noch hellen Island
Euer
Ritter auf Reisen