Über die Zivilisation
#1
How Kola!

Ich will Euch eine Geschichte erzählen. Ich hörte sie von meinem Freund Tahca Ushte, welcher von den Weißen Lame Deer genannt wird. Tahca Ushte ist ein Soiux und hat am eigenen Leib die Segnungen der weißen Zivilisation erfahren.

Über die Zivilisation

Bevor unsere weißen Brüder kamen, um zivilisierte Menschen aus uns zu machen, hatten wir keine Gefängnisse. Aus diesem Grund hatten wir auch keine Verbrecher. Ohne ein Gefängnis kann es keine Verbrecher geben. Wir hatten weder Schlösser noch Schlüssel, und deshalb gab es bei uns keine Diebe.

Wenn jemand so arm war, daß er kein Pferd besaß, kein Zelt oder keine Decke, so bekam er all dies geschenkt. Wir waren viel zu unzivilisiert, um großen Wert auf persönlichen Besitz zu legen. Wir strebten Besitz nur an, um ihn weitergeben zu können.

Wir kannten kein Geld, und daher wurde der Wert eines Menschen nicht nach seinem Reichtum gemessen. Wir hatten keine schriftlich niedergelegten Gesetze, keine Rechtsanwälte und keine Politiker, daher konnten wir einander nicht betrügen.

Es stand wirklich schlecht um uns, bevor die Weißen kamen, und ich kann es mir nicht erklären, wie wir ohne die grundlegenden Dinge auskommen konnten, die - wie man sagt - für eine zivilisierte Gesellschaft so notwendig sind."
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#2
Hallo Daphnee!

Deine Geschichte hat mich zum Nachdenken bewegt. Wegen dieser Einfachheit werden die Naturvölker als "primitiv" bezeichnet. Dabei liegt es auf der Hand: Kriminalität erzeugt sich selbst und zwar durch Gefängnisse, durch Angst und durch Armut. Menschen einzusperren heißt nicht die Ursachen zu bekämpfen. Warum gab es vor 10 Jahren weniger Kriminalität als heute? Warum gab es vor 50 Jahren weniger Kriminalität als vor 10 Jahren? Warum gab es vor 100 Jahren weniger Kriminalität als vor 50 Jahren? Obwohl immer alle die Kriminalität bekämpfen? Warum gibt es bei Naturvölkern und Urgesellschaften so gut wie keine Kriminalität? Und das obwohl sie dort niemand bekämpft!

...oder gerade deswegen?



Anubis
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#3
Sei gegrüßt Daphnee
Eine wirklich schöne Geschichte und ich schenke dieser meinen Glauben.

Ich selbst habe auch schon oft mit Menschen um mich herum darüber disskutiert warum wir all diese Maßregeln überhaupt brauchen und ob es nicht ohne viel besser ginge. Ich habe dann die Natur als Beispiel genommen.

Tiere haben keine Gesetzbücher, keine Verkehrsregeln keine Gefängnisse und all diese Dinge die eine Hochkultur wie die der Menschen braucht.... In der Natur regelt sich alles selbst in einem uralten Kreislauf und früher war es bei den Menschen wohl auch so. Wann es begann das Menschen Gefühle wie Neid, Eifersucht, Hass usw. zu fühlen und zu leben vermag ich nicht zu sagen doch wohin es führt können wir alle täglich sehen....
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#4
Tiere haben keine Gesetzbücher, keine Verkehrsregeln keine Gefängnisse und all diese Dinge die eine Hochkultur wie die der Menschen braucht.... In der Natur regelt sich alles selbst in einem uralten Kreislauf und früher war es bei den Menschen wohl auch so. Wann es begann das Menschen Gefühle wie Neid, Eifersucht, Hass usw. zu fühlen und zu leben vermag ich nicht zu sagen doch wohin es führt können wir alle täglich sehen....

...und trotzdem gibt es Gestalten, die einem ins Gesicht sagen, sie wollen auf ihre Emotionen (also all den Haß, Neid, Eifersucht, Aggression) nicht verzichten. Dabei sind es nicht mal "ihre" Emotionen.
Sei!
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#5
Wobei man fairerweise dazu erstmal die unterschiedlichen Definitionen des Wortes Emotionen klären sollte. Nicht jeder asoziiert damit automatisch nur, was aus der Harmonie rausfällt Blinzeln . Oft scheitern Dinge einfach daran, daß man nicht dieselbe Sprache spricht, obschon sich der Inhalt eigentlich decken würde. Davon kann ich Lieder singen *schräg trällert* Lol ...
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#6
Zitat:...und trotzdem gibt es Gestalten, die einem ins Gesicht sagen, sie wollen auf ihre Emotionen (also all den Haß, Neid, Eifersucht, Aggression) nicht verzichten. Dabei sind es nicht mal "ihre" Emotionen.

Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufuegen. Danke fuer diese Worte. Lächeln

Gruesse vom

Ritter
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#7
Das dümmste, was man wohl behaupten kann, ist, dass Naturvölker unzivilisiert sind.
Den besten Beweis liefert die Fernsehserie "Naked and Afraid". Diese Kandidaten sind wirklich unzivilisiert, in dem Sinne, dass ihre westlichen Kenntnisse in der Wildnis, wo man sie loslässt, nichtig sind. Sie sind völlig ahnungslos, wie man dort überlebt und müssen vor der Kamera viel zu viel leiden.
Jetzt habe mal das Glück, in das Reservat eines Indianerstammes zu kommen, der so gut wie keinen Kontakt mit unserer Welt hat: kein TV, wie heute im brasilianischen Xingu-Reservat, keine tiefen Brunnen mit elektrischen Trinkwasserpumpen, keine westliche Krankenstation, keine westliche Kleidung, keine Feuerwaffen. Kommst du dort als Besucher hin, lebst du, im Vergleich zu "Naked and Afraid" geradezu ein luxuriöses Leben. Es gibt jemanden der dir zeigt, wie du sachgerecht aus Knochen oder Feuerstein ein Messer, ein Beil oder eine Pfeilspitze macht. Es gibt jemand, der dich leeren kann, einen Bogen, einen Speer oder ein Blasrohr zu machen, mit dem man wirklich treffen kann. Du musst keine rohen Insekten und Würmer verschlingen. Die haben aus Wildbret oder Fisch hochwertiges Fleisch, dass außerdem korrekt und oft noch gewürzt (wenn auch salzarm) gegart wird. Es gibt jemanden, der dir zeigen kann, wie man Fährten ließt , um zum Schuss zu kommen.
Irgendjemand kennt die Naturapotheke, die nur bei von uns eingeschleppten Krankheiten nicht wirksam ist.
Insektenstiche: man kenn Pflanzensäfte, die die Bister abschrecken.
Sonnenbrand: dagegen hilft die korrekte Körperbemalung, funktioniert sogar bei hellhäutigen ganz gut.
Langeweile: die traditionellen Feste, Spiele und Riten sind nicht nur religiös motiviert. es gibt viele, viele.
Bei Naked uns Afraid läufst du Lebensgefahr, bei einem Stamm nicht, weil deren Kowhow dich schützt.

Sind Naturvölker primitiv? Wenn man primitiv mit "auf geniale Weise einfach" übersetzt, bin ich einverstanden. Wenn man damit rückständig mein, nicht. In sozialen Wissenschaften (wie Menschen mit einander umgehen sollten) sind viele, leider nicht alle, Naturvölker der abendländischen Kultur sogar weit voraus.

Wenn ich die Wahl hätte: ich wäre lieber ein zivilisierter Waldindianer mit einer seelisch gesunden Familie, als einer jener Ignoranten in unserer Gesellschaft, für die Geld das wichtigste im Leben ist. Solche Leute sind meiner Meinung nach die eigentlichen Unzivilisierten.

Grüße: Dr. Toivo Willmann
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#8
Ah, ein Querleser Lächeln

Hier denke ich, liegt ein kleines Kommunikationsproblem vor.

Zitat:Das dümmste, was man wohl behaupten kann, ist, dass Naturvölker unzivilisiert sind.

Das behauptet weder Daphnee in ihrem Eröffnungsbeitrag, noch einer der folgenden. Man kann sogar sagen, dass der Ihre sich mit deinem in dem Punkt deckt, die Naturvölker hätten es ohne die "Errungenschaften" der westlichen Welt wesentlich besser als mit ihnen.


Zitat:Es stand wirklich schlecht um uns, bevor die Weißen kamen, und ich kann es mir nicht erklären, wie wir ohne die grundlegenden Dinge auskommen konnten, die - wie man sagt - für eine zivilisierte Gesellschaft so notwendig sind."

... liest sich für mich wie pure Ironie.

Grüße aus dem Wald
Der Erfolg ist mit den Mutigen!
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