20.07.12006, 17:03
Fingerhut
Digitalis sp.
Mythen/Volksglaube:
Im inselketischen Raum wurde die schöne Pflanze häufig mit dem kleinen Volk, den Elfen, in Verbindung gebracht.
In Irland ist sie bekannt als fairy muffe (Feen-Fingerhut) und in Wales als Menyg-Ellyllon (Handschuh der Elfen). Sowohl in Irland als auch in Wales war es Volksglaube, daß der Fingerhut in enger Beziehung zur Geisterwelt stehe, und jedes vorübergehende überirdische Wesen mit dem anerkennenden Neigen seines hohen Stengels grüße.
Weitere Bezeichnungen in Wales waren llwynog des menyg y (Handschuh des Fuchses), byseddcochion (Rote Finger) und cwn des bysedd y (Finger des Hundes). Hier zeigen sich deutlich Übereinstimmungen mit dem britischen Foxglove und auch die Schotten nannten die Pflanze u. a. 'Blutige Finger'.
In der griechischen Mythologie wird sie als eine der Pflanzen genannt, die dem tropfenden Geifer des hadesbewachenden Kerberos entsprungen sein sollen.
Die römische Mythologie des Fingerhutes zeichnet z.B. Louis Liger 1716 in dem historischen Blumen-Gärtner auf:
>>Als Juno eines Tages nicht wußte, womit sie sich sollte eine beliebte Zeit-Verkürzung machen, fienge sie Tapeten an zu nähen und nahm nach Art der Näherinnen einen Fingerhuth, damit sie sich die Finger mit der Nähnadel nicht möchte verletzen.
Man weiß aber nicht eigentlich, durch was vor eine lustige Begebenheit sie den Fingerhuth auf die Erde verschüttete; einige sagen, daß Jupiter bey der Lust ihr selben genommen und weggeworffen; andere wollen behaupten, Momus habe so lächerliche Begebenheiten erzehlet, daß Juno in dem allzu starcken Lachen die Arme und Hände so starck bewegt, daß er abgefallen.
Es mag aber sein, wie es will, der Fingerhuth lag auf der Erde. (Der Satz gefällt mir besonders gut )
Juno wurde über den abgefallenen Fingerhuth ganz verdrüßlich und so unwillig, daß alle anwesenden G*ttheiten sie verliessen. Jupiter aber versprach ihr, damit er sie einigermassen zufrieden stelle, diesen vom Himmel auf die Erde gefallenen Fingerhuth in eine Blume zu verwandeln, welches er auch zu Werck richtete und der Blume sowohl die Gestalt, als den Namen eines Fingerhuths gab.<<
Bestimmungsmerkmale und Biologie:
Digitalis gehört zur Familie der Rachenblütler (Scrophulariaceae).
Der lateinische wie auch der deutsche Name beschreibt die besondere Blütenform dieser Pflanze. Die lateinische Wortschöpfung stammt von Leonard Fuchs 1542.
Der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea) ist eine zweijährige Pflanze, die im ersten Jahr als große Blattrosette mit gestauchter Achse erscheint und erst im zweiten Jahr einen meist unverzweigten, bis zwei Meter hohen, graufilzigen Stengel austreibt. Während die eilanzettlichen, gekerbten Basisblätter bis zu 30 cm lang werden können und mit einem geflügelten Stiel am Stengel ansitzen, werden die oberen, alternierend stehenden Laubblätter immer kleiner. Sie sind eiförmig und ganzrandig. Alle Laubblätter sind oberseits fein flaumig behaart und auf der Unterseite, die durch hervortretende Blattnerven stark strukturiert ist, angedrückt graufilzig.
Der Blütenstand bildet eine lockere einseitswendige Traube. In den Achseln breitlanzettlicher oder eiförmiger, zugespitzter Tragblätter entspringen die 10 bis 15 mm langen Stiele der hängenden Blüten.
Der Kelch ist ungleich fünfteilig, die röhrig-glockige Blütenkrone schwach zweilippig. Ihre Oberlippe ist meist kurz aufgebogen und steht hinter der länger vorgezogenen, dreispaltigen Unterlippe zurück. Die 5cm langen Blüten leuchten hellpurpurn, seltener weiß, und sind außen kahl. Das behaarte Innere zeigt auf der Unterlippe dunkelrote, weißumrandete Flecken. Vier paarig verschieden lange Staubblätter umstehen den langen Griffel, der noch eine Zeitlang an der im Herbst reifenden behaarten und zweiklappigen Kapselfrucht verbleibt. Nach dem Aufspringen der Kapsel werden die vielen kleinen braunen Samen vom Wind verbreitet.
Der Großblütige Fingerhut (Digitalis grandiflora) liebt warme Lichtungen und wächst in Bergwäldern auf Kalk.
Die 25 Arten der Gattung Digitalis finden sich von den kanarischen Inseln bis nach Mittelasien. Für Mitteleuropa werden 6 Arten angegeben, von denen der Rote, der Gelbe (Digitalis lutea) und Großblütige Fingerhut (Digitalis grandiflora) von jeher bei uns heimisch sind.
Die anderen Arten stammen aus Südeuropa und sind als Gartenflüchtlinge teilweise verwildert.
Der häufigste Vertreter ist immer noch der rote Fingerhut. Er findet sich zerstreut aber gesellig auf frischen, kalkarmen, locker-humosen oder steinig-sandigen Lehmböden vor allem im Bereich der Buchenwälder. Oft sieht man ihn als typische Pflanze auf Kahlschlägen in Silikatgebieten. Die Standortansprüche der anderen Arten sind sehr ähnlich, wenn sie auch z. T. gegenüber Kalk im Boden toleranter sind. Die Bestäubung der Röhrenblüten erfolgt fast ausschließlich durch Hummeln.
Eine Besonderheit des Fingerhuts ist die Neigung, an der Stengelspitze eine große aufrechte und schalenartige Blüte hervorzubringen. Diese Erscheinung, bei der Pflanzen mit normalerweise zygomorphen Blüten eine radiär symmetrische Blüte ausbilden, nennt man Pelorie. Dieser Ausdruck stammt von Linné, der eine ähnliche Mißbildung an einer Linariapflanze als Wunder (griechisch 'pelor') bezeichnete. Bei Gartenformen des Fingerhuts bilden sich solche Pelorien, bei denen mehrere Einzelblüten verwachsen sind, öfter.
Die netten Hummeln finden die giftige Schöhnheit dieses Gelben Fingerhuts (Digitalis lutea) ausgesprochen lecker.
Gelber Fingerhut. Die Pflanze ist in allen Teilen hochgradig giftig
Anwendung in der Heilkunde:
Digitalis ist heute wohl das bekannteste Herzmittel überhaupt. Dabei ist diese besondere Wirkung der Pflanze offiziell erst seit 1786 durch W. Withering bekannt, obwohl sie bereits seit dem 7. Jahrhundert in Irland und seit dem 11. Jahrhundert in England benutzt wurde. Die chemische Erforschung der Wirkstoffe begann erst 1914.
Im 19. Jahrhundert diente Digitalis auch als Heilmittel bei Epilepsie, Delirium tremens, als Brechmittel und Diurecticum. Erst nachdem es gelungen war, aus der Gesamtdroge die herzwirksamen Bestandteile zu isolieren und in gereinigtem, ballastfreien Zustand herzustellen (kristallisiertes Digitoxin) kam es zur weiten Verbreitung der Digitalispräparate.
Die Digitalisglykoside werden schnell resorbiert, aber nur in geringem Prozentsatz ausgeschieden. Das Digitoxin wird z. b. zu 100% resorbiert, aber nur zu 7% täglich eliminiert. Noch zwei Wochen nach der Behandlung liegt ein großer Teil des Digitoxins im Herzmuskel unverändert vor. Darauf beruht die kumulierende Wirkung. Der Vorteil ist zwar, daß der Arzt bei fortgesetzter Behandlung nur eine geringe Erhaltungsdosis braucht, um den einmal erreichten Vollwirkspiegel zu erhalten, aber die Therapie ist schlecht steuerbar. Ein Arzt bewegt sich mit Digitalis-Drogen auf einem schmalen Grat zwischen therapeutisch nötiger Präparatmenge und der Gefahr der medizinalen Vergiftung.
Darauf begründet sich auch der Versuch, besser zu steuernde Cardiaca, wie die schneller eliminierbaren Lanatoside aus Digitalis lanata oder die schlechter resorbierbaren Strophantin- oder Convallatoxin-Präparate zu verwenden.
In der Homöopathie wird die Blattessenz ebenfalls bei Herzbeschwerden, aber auch bei Gastritis, Augenentzündungen u. a. verwendet.
<span style='color:red'>Vergiftung - Wirkung, Symptome und Therapie:
In allen Organen, besonders in den Blättern, finden sich die nach dem Fingerhut, Digitalis, benannten Digitalisglykoside. Je nach Standort, Jahres- Tageszeit schwankt der Gehalt zwischen 0,1 und 1%.
Da der Rote Fingerhut als Giftpflanze bekannt ist, treten kaum Vergiftungen durch den Genuß frischer Pflanzenteile auf, zumal sie stark bitter schmecken. Viel häufiger sind medizinale Vergiftungen, auch schon bei therapeutischen Dosen, da die Wirkungsbreite der Digitalisglykoside gering ist.
Die ersten Anzeichen einer Vergiftung sind Übelkeit, Erbrechen, Ohrensausen, Schwindelanfälle und eine hochgradige Bradykardie, wobei die Pulsfrequenz oft unter 50 Schläge pro Minute absinkt. Nach diesem Übergangsstadium beginnt das eigentliche toxische Stadium. Die Pulsfrequenz sinkt weiter (bis unter 20!), der Blutdruck aber steigt infolge spastischer Gefäßkontraktionen. Die Herzschädigung wird stärker. Es kommt zum Vorhofflimmern und zur völlig unregelmäßigen Tätigkeit der einzelnen Herzmuskelpartien. Damit hört die normale Blutbewegung auf, was eine Cyanose zur Folge hat. Nun kommt es zu Kollapserscheinungen, zum irreversiblen Herzstillstand.
Ätiotrope Maßnahmen mit Magenspülungen, medizinischer Kohle, Abführmittel versprechen wenig Erfolg, da die Giftresorption zur Zeit des Auftretens der ersten Vergiftungserscheinungen schon stattgefunden hat.
Symptomatisch ist zunächst absolute Ruhe wichtig, um das Herz zu schonen. Sedativa unterstützen diese Maßnahme. Gegen vagale Herzsymptome in Stadium der Bradykardie wird Atropin empfohlen (womit sich der Kreis zur Tollkirsche schließt ). Bei Kollapserscheinungen können Analeptica, bei Cyanose Sauerstoffzufuhr, bei Angina pectoris-Anfällen Nitroglycerin, evtl. auch Morphin versucht werden.
Der Erfolg dieser Maßnahmen ist allerdings gering zu bewerten.
Nach nicht tödlichen Vergiftungen ist die Erholung sehr zögerlich und langwierig.
Als Dosis letalis gilt 2-5 mg Digoxin bzw. Digitoxin.
Dosis letalis von Folia Digitalis (Gesamtdroge) ist 2,5 g.</span>
Der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea) ist die bei uns am häufigsten vorkommende Fingerhut-Art.
Digitalis sp.
Mythen/Volksglaube:
Im inselketischen Raum wurde die schöne Pflanze häufig mit dem kleinen Volk, den Elfen, in Verbindung gebracht.
In Irland ist sie bekannt als fairy muffe (Feen-Fingerhut) und in Wales als Menyg-Ellyllon (Handschuh der Elfen). Sowohl in Irland als auch in Wales war es Volksglaube, daß der Fingerhut in enger Beziehung zur Geisterwelt stehe, und jedes vorübergehende überirdische Wesen mit dem anerkennenden Neigen seines hohen Stengels grüße.
Weitere Bezeichnungen in Wales waren llwynog des menyg y (Handschuh des Fuchses), byseddcochion (Rote Finger) und cwn des bysedd y (Finger des Hundes). Hier zeigen sich deutlich Übereinstimmungen mit dem britischen Foxglove und auch die Schotten nannten die Pflanze u. a. 'Blutige Finger'.
In der griechischen Mythologie wird sie als eine der Pflanzen genannt, die dem tropfenden Geifer des hadesbewachenden Kerberos entsprungen sein sollen.
Die römische Mythologie des Fingerhutes zeichnet z.B. Louis Liger 1716 in dem historischen Blumen-Gärtner auf:
>>Als Juno eines Tages nicht wußte, womit sie sich sollte eine beliebte Zeit-Verkürzung machen, fienge sie Tapeten an zu nähen und nahm nach Art der Näherinnen einen Fingerhuth, damit sie sich die Finger mit der Nähnadel nicht möchte verletzen.
Man weiß aber nicht eigentlich, durch was vor eine lustige Begebenheit sie den Fingerhuth auf die Erde verschüttete; einige sagen, daß Jupiter bey der Lust ihr selben genommen und weggeworffen; andere wollen behaupten, Momus habe so lächerliche Begebenheiten erzehlet, daß Juno in dem allzu starcken Lachen die Arme und Hände so starck bewegt, daß er abgefallen.
Es mag aber sein, wie es will, der Fingerhuth lag auf der Erde. (Der Satz gefällt mir besonders gut )
Juno wurde über den abgefallenen Fingerhuth ganz verdrüßlich und so unwillig, daß alle anwesenden G*ttheiten sie verliessen. Jupiter aber versprach ihr, damit er sie einigermassen zufrieden stelle, diesen vom Himmel auf die Erde gefallenen Fingerhuth in eine Blume zu verwandeln, welches er auch zu Werck richtete und der Blume sowohl die Gestalt, als den Namen eines Fingerhuths gab.<<
Bestimmungsmerkmale und Biologie:
Digitalis gehört zur Familie der Rachenblütler (Scrophulariaceae).
Der lateinische wie auch der deutsche Name beschreibt die besondere Blütenform dieser Pflanze. Die lateinische Wortschöpfung stammt von Leonard Fuchs 1542.
Der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea) ist eine zweijährige Pflanze, die im ersten Jahr als große Blattrosette mit gestauchter Achse erscheint und erst im zweiten Jahr einen meist unverzweigten, bis zwei Meter hohen, graufilzigen Stengel austreibt. Während die eilanzettlichen, gekerbten Basisblätter bis zu 30 cm lang werden können und mit einem geflügelten Stiel am Stengel ansitzen, werden die oberen, alternierend stehenden Laubblätter immer kleiner. Sie sind eiförmig und ganzrandig. Alle Laubblätter sind oberseits fein flaumig behaart und auf der Unterseite, die durch hervortretende Blattnerven stark strukturiert ist, angedrückt graufilzig.
Der Blütenstand bildet eine lockere einseitswendige Traube. In den Achseln breitlanzettlicher oder eiförmiger, zugespitzter Tragblätter entspringen die 10 bis 15 mm langen Stiele der hängenden Blüten.
Der Kelch ist ungleich fünfteilig, die röhrig-glockige Blütenkrone schwach zweilippig. Ihre Oberlippe ist meist kurz aufgebogen und steht hinter der länger vorgezogenen, dreispaltigen Unterlippe zurück. Die 5cm langen Blüten leuchten hellpurpurn, seltener weiß, und sind außen kahl. Das behaarte Innere zeigt auf der Unterlippe dunkelrote, weißumrandete Flecken. Vier paarig verschieden lange Staubblätter umstehen den langen Griffel, der noch eine Zeitlang an der im Herbst reifenden behaarten und zweiklappigen Kapselfrucht verbleibt. Nach dem Aufspringen der Kapsel werden die vielen kleinen braunen Samen vom Wind verbreitet.
Der Großblütige Fingerhut (Digitalis grandiflora) liebt warme Lichtungen und wächst in Bergwäldern auf Kalk.
Die 25 Arten der Gattung Digitalis finden sich von den kanarischen Inseln bis nach Mittelasien. Für Mitteleuropa werden 6 Arten angegeben, von denen der Rote, der Gelbe (Digitalis lutea) und Großblütige Fingerhut (Digitalis grandiflora) von jeher bei uns heimisch sind.
Die anderen Arten stammen aus Südeuropa und sind als Gartenflüchtlinge teilweise verwildert.
Der häufigste Vertreter ist immer noch der rote Fingerhut. Er findet sich zerstreut aber gesellig auf frischen, kalkarmen, locker-humosen oder steinig-sandigen Lehmböden vor allem im Bereich der Buchenwälder. Oft sieht man ihn als typische Pflanze auf Kahlschlägen in Silikatgebieten. Die Standortansprüche der anderen Arten sind sehr ähnlich, wenn sie auch z. T. gegenüber Kalk im Boden toleranter sind. Die Bestäubung der Röhrenblüten erfolgt fast ausschließlich durch Hummeln.
Eine Besonderheit des Fingerhuts ist die Neigung, an der Stengelspitze eine große aufrechte und schalenartige Blüte hervorzubringen. Diese Erscheinung, bei der Pflanzen mit normalerweise zygomorphen Blüten eine radiär symmetrische Blüte ausbilden, nennt man Pelorie. Dieser Ausdruck stammt von Linné, der eine ähnliche Mißbildung an einer Linariapflanze als Wunder (griechisch 'pelor') bezeichnete. Bei Gartenformen des Fingerhuts bilden sich solche Pelorien, bei denen mehrere Einzelblüten verwachsen sind, öfter.
Die netten Hummeln finden die giftige Schöhnheit dieses Gelben Fingerhuts (Digitalis lutea) ausgesprochen lecker.
Gelber Fingerhut. Die Pflanze ist in allen Teilen hochgradig giftig
Anwendung in der Heilkunde:
Digitalis ist heute wohl das bekannteste Herzmittel überhaupt. Dabei ist diese besondere Wirkung der Pflanze offiziell erst seit 1786 durch W. Withering bekannt, obwohl sie bereits seit dem 7. Jahrhundert in Irland und seit dem 11. Jahrhundert in England benutzt wurde. Die chemische Erforschung der Wirkstoffe begann erst 1914.
Im 19. Jahrhundert diente Digitalis auch als Heilmittel bei Epilepsie, Delirium tremens, als Brechmittel und Diurecticum. Erst nachdem es gelungen war, aus der Gesamtdroge die herzwirksamen Bestandteile zu isolieren und in gereinigtem, ballastfreien Zustand herzustellen (kristallisiertes Digitoxin) kam es zur weiten Verbreitung der Digitalispräparate.
Die Digitalisglykoside werden schnell resorbiert, aber nur in geringem Prozentsatz ausgeschieden. Das Digitoxin wird z. b. zu 100% resorbiert, aber nur zu 7% täglich eliminiert. Noch zwei Wochen nach der Behandlung liegt ein großer Teil des Digitoxins im Herzmuskel unverändert vor. Darauf beruht die kumulierende Wirkung. Der Vorteil ist zwar, daß der Arzt bei fortgesetzter Behandlung nur eine geringe Erhaltungsdosis braucht, um den einmal erreichten Vollwirkspiegel zu erhalten, aber die Therapie ist schlecht steuerbar. Ein Arzt bewegt sich mit Digitalis-Drogen auf einem schmalen Grat zwischen therapeutisch nötiger Präparatmenge und der Gefahr der medizinalen Vergiftung.
Darauf begründet sich auch der Versuch, besser zu steuernde Cardiaca, wie die schneller eliminierbaren Lanatoside aus Digitalis lanata oder die schlechter resorbierbaren Strophantin- oder Convallatoxin-Präparate zu verwenden.
In der Homöopathie wird die Blattessenz ebenfalls bei Herzbeschwerden, aber auch bei Gastritis, Augenentzündungen u. a. verwendet.
<span style='color:red'>Vergiftung - Wirkung, Symptome und Therapie:
In allen Organen, besonders in den Blättern, finden sich die nach dem Fingerhut, Digitalis, benannten Digitalisglykoside. Je nach Standort, Jahres- Tageszeit schwankt der Gehalt zwischen 0,1 und 1%.
Da der Rote Fingerhut als Giftpflanze bekannt ist, treten kaum Vergiftungen durch den Genuß frischer Pflanzenteile auf, zumal sie stark bitter schmecken. Viel häufiger sind medizinale Vergiftungen, auch schon bei therapeutischen Dosen, da die Wirkungsbreite der Digitalisglykoside gering ist.
Die ersten Anzeichen einer Vergiftung sind Übelkeit, Erbrechen, Ohrensausen, Schwindelanfälle und eine hochgradige Bradykardie, wobei die Pulsfrequenz oft unter 50 Schläge pro Minute absinkt. Nach diesem Übergangsstadium beginnt das eigentliche toxische Stadium. Die Pulsfrequenz sinkt weiter (bis unter 20!), der Blutdruck aber steigt infolge spastischer Gefäßkontraktionen. Die Herzschädigung wird stärker. Es kommt zum Vorhofflimmern und zur völlig unregelmäßigen Tätigkeit der einzelnen Herzmuskelpartien. Damit hört die normale Blutbewegung auf, was eine Cyanose zur Folge hat. Nun kommt es zu Kollapserscheinungen, zum irreversiblen Herzstillstand.
Ätiotrope Maßnahmen mit Magenspülungen, medizinischer Kohle, Abführmittel versprechen wenig Erfolg, da die Giftresorption zur Zeit des Auftretens der ersten Vergiftungserscheinungen schon stattgefunden hat.
Symptomatisch ist zunächst absolute Ruhe wichtig, um das Herz zu schonen. Sedativa unterstützen diese Maßnahme. Gegen vagale Herzsymptome in Stadium der Bradykardie wird Atropin empfohlen (womit sich der Kreis zur Tollkirsche schließt ). Bei Kollapserscheinungen können Analeptica, bei Cyanose Sauerstoffzufuhr, bei Angina pectoris-Anfällen Nitroglycerin, evtl. auch Morphin versucht werden.
Der Erfolg dieser Maßnahmen ist allerdings gering zu bewerten.
Nach nicht tödlichen Vergiftungen ist die Erholung sehr zögerlich und langwierig.
Als Dosis letalis gilt 2-5 mg Digoxin bzw. Digitoxin.
Dosis letalis von Folia Digitalis (Gesamtdroge) ist 2,5 g.</span>
Der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea) ist die bei uns am häufigsten vorkommende Fingerhut-Art.