Geschichten zum Julfest
#3
Und das ist von Bragi zur Sommersonnenwende '06:


Zur Geschichte der Sommersonnenwende

Einleitung

Als vor vielen tausend Jahren das natürliche Bewußtsein noch eine Säule des Lebens bildete, stellten sich die Menschen wohl kaum die Frage nach dem „Woher“ und „Warum“ ihres Daseins auf der Welt. Das Leben der Menschen war naturgemäß sehr eng verbunden mit den natürlichen Abläufen wie den Jahreszeiten, der Sonnenwende, der Erntezeit, der Sonne, dem Regen, dem Schnee, der Kälte und der Wärme. Es waren natürliche Ereignisse, die von den Menschen mit besonderer Aufmerksamkeit betrachtet wurden. Hinter diesen Ereignissen stand für die Menschen eine besondere spirituelle Energie, die zum damals noch ganzheitlichen Verständnis der Natur gehörte. Weitab von den modernen Erkenntnissen der Naturwissenschaften gab diese spirituelle Energie den Menschen Halt und Struktur in ihrem Leben. Ein Leben ganz im Einklang mit den Gesetzmäßigkeiten der Natur.

Mehr und mehr wurden besondere Ereignisse im Leben auch auf besondere Weise gefeiert. Hinzu kamen Beschwörungen, Danksagungen oder andere Feierlichkeiten zu gesellschaftlichen Ereignissen wie Geburt, Tod, Hochzeit, Beginn der Fruchtbarkeit oder auch zum Übergang von der Kindheit in das Erwachsenenleben. Über viele hundert Generationen hinweg entwickelten sich diese aus dem natürlichen Bewußtsein der Menschheit geborenen Feiern zu feststehenden Ritualen. Oft waren Rituale mit besonderen Geschenken, Mutproben oder anderen Aufgaben verbunden.


Die Sonnenverehrung

Die Sonnenverehrung gehört zum wichtigsten Kulturgut der Menschen, sie stellt den wichtigsten Kult, den wichtigsten Mythos überhaupt dar. Die Verehrung der Sonne findet sich in allen Hochkulturen. Es läßt sich feststellen, daß die damit verbundenen Götter und Sinnbilder große Ähnlichkeit miteinander aufweisen. Desto mehr man Götter wie Apoll und Baldr oder Sinnbilder wie Sonnenräder und Spiralen versteht, um so mehr nähert man sich dem eigentlichen Kern des Sonnenkultes.

Man wußte um die zeugende Kraft der Sonne und die gebärende Kraft der Erde. Auch wenn in unserer Sprache „die“ Sonne weiblich erscheint, wies man ihr im Ursprung männliche Eigenschaften zu. Sind es nicht die Strahlen der Sonne, die unzählig wie Samenzellen sich vergeuden? Aber dennoch treffen sie ihr Ziel, die mütterliche Erde und befruchten sie. Aus dieser Verbindung zwischen der väterlichen Sonne und Mutter Erde entsteht alles Leben auf unserem Planeten. So ist es nicht verwunderlich, daß in der Urreligion der Völker die Sonne, als das herrschende Gestirn, mit dem Mond im Gefolge, die allerhöchste Verehrung zuteil wurde.

Das Sinnbild der Sonne und ihres Laufes ist der Kreis. Daß die ursprüngliche geometrische Festlegung der Sonnenwendpunkte am Polarkreis stattfand, ergibt sich aus der Teilung des Jahreskreises in die Nord-Süd-Achse. Nur am Polarkreis geht die Sonne im Winter im Süden und im Sommer im Norden auf und unter. Diese Besonderheit des arktischen Sonnenlaufs ist im Sinnbild der Trojaburg überliefert und gelangte später bis in den Mittelmeerraum. Mit Polarstern und dem großen Bären wird der Nordpunkt zum Drehpunkt der Himmels- und Weltachse, um die sich scheinbar alles dreht. Ihr Sinnbild ist die Atlassäule – die Irminsul, die ebenfalls in den Mittelmeerraum getragen wurde. Somit ergibt sich aus der Sichtweise der nördlichen Halbkugel der Norden als die heilige Himmelsrichtung.

Geschichte

Aus der Wintersonnenwende, der Wiederkehr und Neugeburt der Sonne, machte die Kirche einst die Geburt des Jes*s. Aber was ist mit der Sommersonnenwende? Wie erklärt die Kirche das?

In der Nacht vom 21. Juni brennen seit Urzeiten die Sonnwendfeuer, die den längsten Tag und die kürzeste Nacht des Jahres auf der nördlichen Halbkugel markieren.

Die Feuer zur Sommersonnenwende weisen klar erkennbare heidnische Wurzeln auf, was die Ch**sten allerdings nicht daran hinderte, auch dieses heidnisch-naturreligiöse Fest umzudefinieren. Gerade im Mittelalter waren die Feiern zur Sommersonnenwende noch sehr verbreitet und haben sich über die Verbote der Aufklärung hinweg vielerorts bis in unsere heutige Zeit erhalten. Der Brauch der Sommersonnenwende wurde also, wie auch alle anderen wichtigen Feste der heidnischen Kultur, in die Ch**stliche Religion aufgenommen.

Im Zuge der Ch**stianisierung ersetzte die Kirche das Fest der Sommersonnenwende durch jenes der Geburt Johannes des Täufers am 24.6. Aus den Sonnenwendfeuern mir ihrer ureigenen Feuermagie wurden somit die Johannesfeuer, welche in den Alpenländern am Tage Johannes’ des Täufers entzündet werden. Es sind auf Bergen oder hoch gelegenen Plätzen angezündete große Holzfeuer, sowie die in manchen Teilen Deutschlands üblichen Bräuche des Scheibenschlagens oder das Anzünden von Feuerrädern. So werden in der Nacht des 24. Juni in Tirol, Nieder- und Oberösterreich, Bayern, Baden-Württemberg und Mitteldeutschland (Harz) die Johannesfeuer entzündet. Also auch 3 Tage später, genau wie zur Wintersonnenwende die am 21.12. ihr Datum trägt. Weihnachten wird erst am 24.12. gefeiert, um durch diese Datumsverschiebung den Ch**stlichen Charakter des Festes zu unterstreichen. Damit ersuchen die Ch**sten auch um ein Abmildern des Heidenzaubers vom 21.6. bzw. 21.12.

Der 24. Juni ist der Geburtstag Johannes des Täufers. Er geht dem Geburtsfest Ch**sti um sechs Monate voraus und galt ursprünglich als Fest erster Klasse. Die Kirche versuchte bereits im Mittelalter die viel älteren Sonnwendfeuer durch die Johannesfeuer zu ersetzen. Das Entzünden von Johannisfeuern ist seit dem 12. Jahrhundert bekannt und seit dem 14. Jahrhundert häufig belegt. Im Mittelalter führte man vor allem Tänze rund um die “Johannesfeuer” auf. Da das Fest des heiligen Johannes in die Zeit der Sommersonnenwende fällt, war es im Volksglauben mit vielen Bräuchen – besonders Reinigungs- und Fruchtbarkeitsriten – verbunden. Der Sprung über das Johannesfeuer bzw. Sonnenwendfeuer sollte sowohl baldige Heirat als auch Schutz vor bösen Geistern versprechen. In Wirklichkeit versprachen sich die über das Feuer springenden Paare die Lebensgemeinschaft, die ewige Gefährtenschaft. Angebrannte Holzstücke steckte man in Felder und Äcker, um diese vor Ungeziefer zu schützen.
Die Nacht zum 21. Juni ist die kürzeste Nacht des Jahres und markiert den Beginn des Sommers. Vielerorts finden Feiern statt, die den Sommer und die Sonne, die nun ihren höchsten Stand erreicht hat, mit Feuern begrüßen. Solche Feste waren in Europa bei Kelten, Germanen und Slawen bekannt.

Die Sonnenwendfeiern finden nicht unbedingt zum astronomischen Zeitpunkt statt, vielfach sind sie mit den Feierlichkeiten der Johannesnacht zum 24. Juni, dem mutmaßlichen Festtag Johannes des Täufers, verbunden. Symbol des Johannestages ist eine teilweise geschälte, mit Blumen bekränzte Fichte. Um diesen Johannesbaum werden Reigen getanzt, dem Lauf der Sonne
entsprechend.

Andere mittelalterliche Bräuche sind aus Eichenlaub geflochtene Johanneskronen an Türen und Dächer gebunden. Ein Anklang an den G*tt Thor, dem die Eiche heilig ist und der mit seinen gewaltigen Blitzen das so geschmückte Bauwerk verschonen sollte.

Die Sommersonnenwende markiert im Mythos einen Höhe- und Wendepunkt. Die germanische Sage weiß von Siegfried zu berichten, der von Hagen zur Sonnenwende getötet wird. Siegfried ist der strahlende Sonnenheld, der tagsüber unüberwindlich ist. Mit der Sonnenwende verliert er Macht und Leben.
Damit ist aber kein Tod im eigentlichen Sinne gemeint, vielmehr darf auf eine Wiederkehr gehofft werden und tatsächlich zeigt der Jahreslauf, daß dem Absterben im Herbst und der toten Zeit des Winters im Frühjahr neue Fruchtbarkeit folgt, die sich im Sommer zur ganzen Pracht entfaltet und somit der Zyklus immerwehrend weitergeht.

Es ist die Vermählung der Erdgöttin in Heiliger Hochzeit mit dem Sonnenheros, wie es in Mythen vielfach überliefert ist, z. B. die Isis und sterbende Osiris. Ich erwähne dies, weil es einen Zusammenhang zwischen Osiris und Johannes dem Täufer gibt.

Die Gebrüder Grimm führen z. B. an, daß an die Stelle des nordischen G*ttes Baldr/Baldur, dem die Mitsommerzeit heilig war, in Ch**stlicher Zeit der Johannes getreten sei. Die Johannesfeuer sind also Erinnerungen an Baldurs Leichenbrand!


Brauchtum und Aberglaube zur Sommersonnenwende in der mittelalterlichen Zeit des 12-16 Jh.

Am Tage der Sommersonnenwende pflücken Jungfern stillschweigend (das heißt Schweigen in Gedanken) in der Stunde nach Mittag neunerlei Blumen, darunter Storchschnabel, Weide und Feldraute. Mit einem zur gleichen Stunde gesponnenen Faden wird daraus ein Kranz gebunden und rückwärts in einen Baum geworfen. So viele Würfe es bedarf, ehe der Kranz im Baum hängenbleibt, so viele Jahre wird es dauern, bis die Jungfer heiraten wird.

Natürlich gibt es noch viele andere Bräuche, diese sollen aber nur für jeden zum Nachlesen von mir aufgeführt sein, da es sonst den zeitlichen Rahmen übersteigen würde. Zum Abschluß soll ein kurzes Gedicht auf weitere Vorträge und Ausarbeitungen am heutigen Abend neugierig machen.

Wo Nordlands weiße Schwäne ziehn,
in Eis und Schnee ein ewig Grün,
wo klar der Tag nach kurzer Nacht,
im Sonnenlichte hell erwacht,
wo einst der Ahnen Wiege stand,
dort ist des Glückes Unterpfand.
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
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