26.12.12006, 22:59
Zwei Eimer sieht man ab und auf
In einem Brunnen steigen,
Und schwebt der eine voll herauf,
Muß sich der andre neigen.
Sie wandern rastlos hin und her,
Abwechselnd voll und wieder leer,
Und bringst du diesen an den Mund,
Hängt jener in dem tiefsten Grund;
Nie können sie mit ihren Gaben
In gleichem Augenblick dich laben.
Unter allen Schlangen ist eine,
Auf Erden nicht gezeugt,
Mit der an Schnelle keine,
An Wuth sich keine vergleicht.
Sie stürzt mit furchtbarer Stimme
Auf ihren Raub sich los,
Vertilgt in einem Grimme
Den Reiter und sein Roß.
Sie liebt die höchsten Spitzen;
Nicht Schloß, nicht Riegel kann
Vor ihrem Anfall schützen;
Der Harnisch - lockt sie an.
Sie bricht wie dünne Halmen
Den stärksten Baum entzwei:
Sie kann das Erz zermalmen,
Wie dicht und fest es sei.
Und dieses Ungeheuer
Hat zweimal nie gedroht -
Es stirbt im eignen Feuer;
Wie's tödtet, ist es todt!
Wie heißt das Ding, das Wen'ge schätzen?
Doch ziert's des größten Kaisers Hand;
Es ist gemacht, um zu verletzen;
Am nächsten ist's dem Schwert verwandt.
Kein Blut vergießt's und macht doch tausend Wunden,
Niemand beraubt's und macht doch reich;
Es hat den Erdkreis überwunden,
Es macht das Leben sanft und gleich.
Die größten Reiche hat's gegründet,
Die ältsten Städte hat's erbaut;
Doch niemals hat es Krieg entzündet,
Und Heil dem Volk, das ihm vertraut!
Ich wohne in einem steinernen Haus,
Da lieg' ich verborgen und schlafe;
Doch ich trete hervor, ich eile heraus,
Gefordert mit eiserner Waffe.
Erst bin ich unscheinbar und schwach und klein,
Mich kann dein Athem bezwingen,
Ein Regentropfen schon saugt mich ein;
Doch mir wachsen im Siege die Schwingen.
Wenn die mächtige Schwester sich zu mir gesellt,
Erwachs' ich zum furchtbarn Gebieter der Welt.
von Friedrich Schiller
In einem Brunnen steigen,
Und schwebt der eine voll herauf,
Muß sich der andre neigen.
Sie wandern rastlos hin und her,
Abwechselnd voll und wieder leer,
Und bringst du diesen an den Mund,
Hängt jener in dem tiefsten Grund;
Nie können sie mit ihren Gaben
In gleichem Augenblick dich laben.
Unter allen Schlangen ist eine,
Auf Erden nicht gezeugt,
Mit der an Schnelle keine,
An Wuth sich keine vergleicht.
Sie stürzt mit furchtbarer Stimme
Auf ihren Raub sich los,
Vertilgt in einem Grimme
Den Reiter und sein Roß.
Sie liebt die höchsten Spitzen;
Nicht Schloß, nicht Riegel kann
Vor ihrem Anfall schützen;
Der Harnisch - lockt sie an.
Sie bricht wie dünne Halmen
Den stärksten Baum entzwei:
Sie kann das Erz zermalmen,
Wie dicht und fest es sei.
Und dieses Ungeheuer
Hat zweimal nie gedroht -
Es stirbt im eignen Feuer;
Wie's tödtet, ist es todt!
Wie heißt das Ding, das Wen'ge schätzen?
Doch ziert's des größten Kaisers Hand;
Es ist gemacht, um zu verletzen;
Am nächsten ist's dem Schwert verwandt.
Kein Blut vergießt's und macht doch tausend Wunden,
Niemand beraubt's und macht doch reich;
Es hat den Erdkreis überwunden,
Es macht das Leben sanft und gleich.
Die größten Reiche hat's gegründet,
Die ältsten Städte hat's erbaut;
Doch niemals hat es Krieg entzündet,
Und Heil dem Volk, das ihm vertraut!
Ich wohne in einem steinernen Haus,
Da lieg' ich verborgen und schlafe;
Doch ich trete hervor, ich eile heraus,
Gefordert mit eiserner Waffe.
Erst bin ich unscheinbar und schwach und klein,
Mich kann dein Athem bezwingen,
Ein Regentropfen schon saugt mich ein;
Doch mir wachsen im Siege die Schwingen.
Wenn die mächtige Schwester sich zu mir gesellt,
Erwachs' ich zum furchtbarn Gebieter der Welt.
von Friedrich Schiller