Helgakvidha Hundingsbana önnur
#7
Die Wölsungen
Die Schlacht an den Frekasteinen

   

Kampfmüde ruhte Helgi nach der Schlacht; Abend wars, er saß am Wald auf einem Stein. Da brach Lichtglanz am Himmel hervor, und aus dem Glanz schossen Wetterstrahlen, und aus den Wolken nieder ritten Walküren in Helmen und Brünnen, blutbespritzt, und Flammen standen auf den Spitzen ihrer Speere. In frohem Übermut rief der König sie an, ob sie mit ihm und seiner Schar die Nacht heimfahren wollten zum Schmaus? Zorniges Speerrasseln scholl durch die Luft, und vom Roß herunter rief die erste ihm Antwort: "Ein ander Geschäft, als Met trinken, hat Sigrun, Högnis Tochter, mit König Helgi."

   
Die Walküre Sigrun erscheint dem Helgi und bittet ihn um Hilfe gegen ihre Zwangsverheiratung

Sie ging zu ihm, ergriff seine Hand, grüßte und küßte ihn; da wuchs ihm Liebe zu dem Weibe unter dem Helm. "Mein Vater," erzählte sie, "hat mich Hödbrod, Granmars Sohn, verheißen. Ich schalt ihn ‘Katzensohn und schwur, daß ich ihn nicht mehr lieben würde als eine junge Krähe. Denn einen andern Helden will ich zum Mann. In wenig Nächten aber kommt Hödbrod zur Vermählung, wenn du ihn nicht zuvor zur Walstatt entbietest oder Högnis Tochter entführst." Helgi antwortete: "Fürchte nicht deines Vaters Zorn und nicht Hödbrods Gewalt; du sollst, junge Maid, mit mir leben." Darauf schieden sie. Helgi sandte nun Boten aus, die warben für vieles Geld starke Scharen. In Brandeiland, am Meeresstrand, erwartete sie der König. Sie kamen über die Wellen zu vielen Hunderten. Die goldgeschmückten Schiffe lagen dichtgedrängt in der Warinsbucht.

Helgi fragte seinen Steuermann, wie viele ihrer gekommen seien?

   

"Nur schwer konnt’ ich die Schiffe vom Strand aus überblicken, zwölfhundert Männer hab’ ich gezählt; – doch sind wohl noch halbmal mehr." Bei Tagesanbruch wurden die Schilde von den Schiffborden weggenommen und die Segel aufgezogen. Da hub sich ungestümer Lärm. Sie schlugen Schwerter und Schilde aneinander, und mit rauschenden Segeln und Ruderschlägen fuhr die Flotte aus der Bucht nach Frekastein in Hödbrods Land. Inmitten segelte Helgis Schiff. Auf offenem Meer traf sie ein gewaltiges Unwetter; Blitze fuhren über sie hin und schlugen ein. Die Wogen umdrängten die Drachenborde, als ob Berge zusammenstießen. Helgi befahl, das Hochsegel noch höher aufzuziehen; aber gegen die Wellen war kein Schutz mehr; denn Ran, die Haffrau, legte ihre Hand auf Helgis Schiff, um es hinabzuziehen. Da ritten neun Walküren oben in der Luft, Helgi erkannte Sigrun; unerschrocken riß die Walküre der Haffrau das Schiff aus der Hand. Das war bei Gnipawald; abends legte sich der Sturm, und sie kamen glücklich ans Land.

Hödbrods Brüder standen auf einem Hügel und sahen die Schiffe heranfahren; eilig sprang einer, Gudmund mit Namen, auf seinen Hengst, ritt hinunter ans Meer und rief mit lauter Stimme: "Wer ist der König, der über das Meer gebietet und solch feindliche Scharen ans Land führt?" Sinfiötli schwang seinen roten Schild mit goldenem Rand an der Segelstange hinauf und gab ihm Bescheid.

"Erzähl’s heut Abend, wenn du Schweine und Hündinnen zum Futter lockst, daß Wölsunge kampfbegierig nach Gnipawald gekommen seien. Hier wird Hödbrod Helgi finden, der zum Kampfe eilt, dieweil du Mägde küssest."

"Wenig weißt du von edler Sitte, da du mir Unwahres vorwirfst. Du haustest als Werwolf, schlichst, allen verhaßt, im Wald einher, und mordetest deine Brüder."

"Ein diebischer Knecht warst du!" – Und in immer heftigeren Schmähreden haderten sie miteinander, bis Helgi ihnen wehrte: "Es wär’ euch geziemender, in den Kampf zu eilen, als euch mit unnützen Worten zu zanken. Gar wenig gefallen mir Granmars Söhne, aber kriegsmutig sind sie doch." –

Gudmund wandte sein Roß und brachte Hödbrod, den er in seiner Burg fand, die böse Nachricht. Der sprach "Laßt Boten durchs Land reiten; kein Mann, der ein Schwert schwingen kann, bleibe daheim; entbietet Högni und seine Söhne, unsre Freunde, sie sind alle begierig des Kampfes."

Bei Frekastein trafen die Feinde zur Schlacht zusammen. Helgi, Hundingstöter, war stets der Vorderste, wo gekämpft wurde; wie fester Kern war sein mutiges Herz. Da gewahrten sie, hoch in den Wolken, eine Schar von Schildmädchen, als ob man in Flammen sähe; – Helgi erkannte Sigrun, Högnis Tochter. Und nun wuchs der Gere Getös. Helgi erschlug König Hödbrod unter seinem Banner, auch Högni tötete er; alle Brüder Hödbrods und alle Häuptlinge des Heeres fielen; nur Dag, Högnis Sohn, erhielt Frieden und leistete den Wölsungen Eide. Sigrun ging über die Walstatt, bis sie Helgi fand. Sie begrüßte ihn als Sieger: "Glücklich sollst du sein, König, und deines Sieges genießen."

"Nicht alles ist nach deinem Wunsch geschehen; Vater und Brüder hab’ ich dir getötet, und erschlagen auf der Erde liegen die meisten deiner Gesippen. Durch blutigen Streit wurdest du mir gewonnen; – das schufen die Nornen."

   

Da Sigrun weinte, tröstete er sie: "Hilde, die Walküre bist du mir gewesen, und das Schicksal können selbst Helden nicht besiegen." Da sprach Sigrun: "Die Heimgegangenen möcht’ ich nun ins Leben zurückrufen und dennoch mich dir am Herzen bergen."

Helgi nahm Sigrun zur Gattin und wohnte mit ihr in Sevafiöll.

Dag opferte Odin, auf daß er ihn Vaterrache gewähre, und der G*tt lieh ihn seinen Speer Gungnir Dag suchte Helgi und fand ihn, als der einsam durch einen Wald ging, und durchbohrte ihn mit Odins Speer. Dann ritt er nach Sevafiöll und sagte Sigrun die Tat. Da sprach Sigrun: "Dich sollen alle Eide brennen, die du Helgi geschworen hast! Nicht schreite das Schiff, das dich trägt, weht auch erwünschter Wind dahinter! Nicht renne das Roß, das dich trägt, wenn du vor deinen Feinden fliehen mußt! Nicht schneide das Schwert, das du schwingst, es sause dir denn selber ums Haupt; wie ein Wolf im Walde sollst du friedlos leben!"

Dag bot ihr zur Sühne Gold und das halbe Reich ihres Vaters Högni; aber Sigrun antwortete: "Nicht selig kann ich fürder sitzen in Sevafiöll, es bräche denn ein Glanz aus der Pforte des Königsgrabes und Helgi ritte daher und ich könnte den Herrscher umfangen. Wie edelgewachsene Esche über niedrige Dornen, so ragte Helgi empor über alle Helden."

Es ward nun Helgi ein Hügel errichtet; als er aber nach Walhall kam, stand Odin auf von seinem Sitz, ging ihm entgegen und bot ihm an, über alles mit ihm zu herrschen.

Am Abend des Bestattungstages ging Sigruns Magd an des Königs Totenhügel und sah Helgi mit vielen Männern in den Hügel reiten; sie lief zur Königin und sagte ihr, was sie gesehen. "Eile hinaus, wenn’s dich gelüstet, den König wiederzufinden. Aufgetan ist der Hügel und Helgi gekommen; der König bat, dass du die tropfenden Wunden ihm stillen möchtest."

Sigrun ging in den Totenhügel zu Helgi, küßte ihn, trocknete seine Wunden und sprach zu ihm: "Dein Haar ist durchreift, mit Blut bist du bedeckt, deine Hände sind feuchtkalt; – wie soll ich dir dafür Abhilfe schaffen?"

   

"Du allein bist schuld, Sigrun," antwortete er, "daß Helgi mit Blut bedeckt ist; du weintest viele Zähren, ehe du schlafen gingst; eine jede fiel blutig auf Helgis Brust." Sigrun bereitete ihm ein Lager und sagte: "Ich will dir am Herzen ruhn, wie ich es dem lebenden König tat." Da jauchzte Helgi: "Nun weilst du, Sigrun, im Hügel bei Helgi, dem Entseelten, im Arm, und bist doch lebendig."

Wie der Morgen nahte, brach Helgi auf: "Westlich vor Bifröst muß ich sein, ehe der Haushahn die Einherjar weckt." Und Helgi und sein Gefolge ritten die Wolkenwege.

Sigrun aber kehrte heim mit ihren Frauen, die sie begleitet hatten. Sie ließ am folgenden Abend die Magd am Hügel Wache halten; als die Königin nach Sonnenuntergang dorthin kam, sprach die Magd: "Gekommen wäre nun – wenn er zu kommen gedächte – Sigmunds Sohn aus den Sälen Odins. Hoffe nicht mehr auf Helgis Heimkehr. Sei nicht so rasend, allein in den Totenhügel zu gehen; gewaltiger werden in der Nacht, als am lichten Tag, alle toten Krieger."

   
Sigrun wartet auf Helgis Wiederkehr

Sigrun lebte nicht lange mehr, vor Harm und Leid. Aber die Sage singt von Helgi und Sigrun, daß sie wiedergeboren seien; er ein siegreicher Held und sie seine Walküre. In dieser Verjüngung heißt er Helgi Hundingstöter, sie Kara (Hilde), Halfdans Tochter.
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
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Helgakvidha Hundingsbana önnur - von Paganlord - 07.07.12024, 13:54
Helgakvidha Hundingsbana önnur - von Paganlord - 07.07.12024, 14:17
Helgakvidha Hundingsbana önnur - von Paganlord - 07.07.12024, 14:24
Helgakvidha Hundingsbana önnur - von Paganlord - 07.07.12024, 14:47
Helgakvidha Hundingsbana önnur - von Paganlord - 07.07.12024, 15:32
Helgakvidha Hundingsbana önnur - von Paganlord - 07.07.12024, 16:10
Die Schlacht an den Frekasteinen - von Paganlord - 07.07.12024, 16:12
Helgakvidha Hundingsbana önnur - von Paganlord - 07.07.12024, 18:17
RE: Helgakvidha Hundingsbana önnur - von Cnejna - 15.07.12024, 13:08
Helgakvidha Hundingsbana önnur - von Paganlord - 10.07.12024, 10:16
Das Kara-Lied - von Paganlord - 22.07.12024, 14:16

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