Die Göttinnen der Ostgermanen
#3
Morena

(10.04.12018, 22:52)Hælvard schrieb: https://www.pagan-forum.de/post-53368.html#pid53368Die ostgermanischen Entsprechungen des Namens Marzanna sind: Marzana, Mora, Morena, Mamurien, Mařena, Mar, Mařoska, Marinka, Moran und Marena.

Mythologie der alten Teutschen und Slaven, Anton Tkány, Znaim 1827 schrieb:Morana oder Morena (unschwer erinnert man sich hier an das Lateinische morior, mori) singt und schläfert den Menschen zum Tode ein, der in Bezug auf den Schlaf die schwarze Nacht (noc cerna) genannt wird. Die Seele befindet sich der Überlieferung nach im Blute und fliegt beim Sterben als Vogel aus dem Munde, setzt sich dann auf die nahen Bäume und verscheucht durch ihr unstetes Herumirren die anderen Vögel und Tiere, bis der Leib verbrannt ist, wonach sie endlich zur Ruhe gelangt.

   
Morena

Morana ist mit Marzena einerlei, und kann als Gegensatz der Frühlings-Göttin Wesna folgerecht auch den Herbst oder Winter bedeuten, so wie überhaupt die Ideen dieser Jahreszeiten mit jener des Todes nahe verbunden erscheinen. In dem Namen dieser Göttin liegt nicht bloß der Begriff des Todes, sondern auch des Dunkeln, Schwarzen, Schmutzigen, wie wir es an der Erde sehen. So aufgefaßt und in ihrer Identität mit Marzena ist sie Erde, Geburt und Tod zugleich, wodurch die empirische Wahrheit, daß der Mensch und was ihn ernährt von Erde kommt und zu Erde wird.

Wie Morana dem Frühling entgegensteht, so wird andrerseits ihr Fest hier und da noch bis jetzt im Frühling gefeiert, besonders in Schlesien und in der südlichen Lausitz. Es ist das Totenfest, wobei das Bild des Todes mit allerlei sinnvollen Gebräuchen hinausgetragen, und in das Wasser geworfen wird. Bei dieser fröhlichen Feier ist sie eigentlich das Wesen der Marzena, die auftauende, frei gewordene Erde, und der Tod ist der Winter, der im Wasser untergehen muß, zur Strafe, daß er es früher zu Eis erstarrt, und damit auch die Erde gefesselt hat.

   
Morenas Schwester Wesna


Anmerkung:
Der Tod wird sinnbildlich ins Wasser geworfen. Hier wird der ewige Kreislauf des Lebens, werden – sein – vergehen, aufgezeigt. Das hat also weniger etwas mit Strafe zu tun, sondern mit dem niemals endenden Lebenszyklus.

Man kann auch sagen: das Eis taut und wird wieder zu Wasser.



Mythologie der alten Teutschen und Slaven, Anton Tkány, Znaim 1827 schrieb:In Mähren fand und findet zum Teil noch jetzt diese Sitte am fünften Sonntag Quadragesimä (in andern Ländern am Sonntag Lätare) statt, der auch deshalb in der Volkssprache der Totensonntag genannt wird. Eine weibliche, an einer Stange befestigte Puppe, den Tod oder die Marzena vorstellend, wird von kleinen Mädchen unter mancherlei lächerlichen Verwünschungen und Gesängen in einen Fluß oder Sumpf geworfen oder auch an einen Baum gehängt. Darauf tragen sie einen grünenden Zweig, der mit gefärbten Eierschalen, Bändern, Flittergold usw. geziert ist, wie zum Triumph des besiegten Todes, durch das Dorf und in die nahe gelegenen Orte, bitten die Insassen um kleine Geschenke und singen dabei eine, schon vor Jahrhunderten übliche Weise, die so beginnt:

Den Tod tragen wir aus der Stadt,
Den Sommer in die Stadt.

   

Stredowsky glaubt wohl irrig, daß diese Volksfeier zum Andenken der am Sonntag Lätare im Jahre 965 vollzogenen Taufe des polnischen Herzogs Miecislaus eingeführt wurde, gleichsam als sey durch das Chr*stentum der ewige Tod oder die Verdammnis vernichtet worden; sie ist vielmehr ein Fest, dessen Ursprung in das früheste Heidentum fällt und das zu den Jahresfesten gehört.


Anmerkung:
Wie in allen Kulturen vereinnahmen die Chr*sten auch hier die alten Götter und stülpen ihre erfundenen Geschichten darüber, wie man deutlich am oben genannten Beispiel erkennen kann. Es ist unumstritten, daß das Fest der Morana weitaus älter ist als die chr. Religion.
Ebenso erkennt man leicht den symbolischen Charakter des durch die Göttin Morana dargestellten Jahreszeitenwechsels und ihre Funktion als Göttin des Winters und damit des Todes bzw. dem Ende eines Jahreskreislaufes. Alles (Materielle) kommt aus der Erde, alles geht zurück zur Erde.


Die Tradition des Todaustreibens (und damit das Fest der Göttin Morena) finden wir auch heute noch in den verschiedensten Regionen Mitteleuropas wieder. Wenn man sich umsieht findet man solche Feste sogar vor der eigenen Haustüre. So gibt es beispielsweise hier in Nürnberg alljährlich im Frühjahr ein Schauspiel des Winteraustreibens; auch hier steht eine Strohpuppe stellvertretend für den Winter/Tod und wird am Schluß verbrannt:
Das hast Du Dir so gedacht!
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Es bedanken sich: Paganlord , Sirona


Nachrichten in diesem Thema
Die Göttinnen der Ostgermanen - von Wilder Mann - 05.04.12018, 21:23
RE: Die ostgermanischen Göttinnen - von Hælvard - 10.04.12018, 22:52
RE: Die Göttinnen der Ostgermanen - von Wilder Mann - 14.04.12018, 20:59
RE: Die Göttinnen der Ostgermanen - von Hælvard - 17.04.12018, 12:08

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