05.08.12011, 09:16
Hallo Aglaia, werte Forengemeinde!
Ich habe in Bayreuth sämtliche Inszenierungen der letzten 25 Jahre gesehen und bislang war für mich der Arlaud-Tannhäuser die schlechteste "Inszenierung" (allerdings musikalisch u. a. wegen Gould ein Highlight), an die ich mich erinnern kann. Ich hätte nie vermutet, dass diese Baumgarten-Inszenierung jetzt mit Abstand die Schlusslichtposition in meiner persönlichen Rangliste einnehmen würde.
Grundsätzlich halte ich es für möglich, dass die Tannhäusergeschichte auch in einer Biogas- oder Äthanolfabrik schlüssig erzählt werden kann, genauso wie man Parsifal mit großem Erfolg im ersten Deutschen Bundestag zum Gralskönig gekrönt hat. Aber man muss dann in der Lage sein, diese Grundidee dem Publikum zu vermitteln, möglichst ohne weitschweifende Erklärungen im Vorfeld oder in bemühtem Dramaturgen-deutsch im Programmheft. Diese Inszenierung ist dem Publikum m. E. nicht vermittelbar, weil Baumgarten absolut nicht in der Lage ist, seine Idee durch eine mit dem Bühnenbild korrespondierende Personenregie umzusetzen. Die Personenführung hätte zu 90 Prozent genauso gut und 1:1 in ein Mittelalter-Bühnenbild gepasst. Ich fürchte, dass dieser inszenatorische Super-Gau auch in den kommenden Werkstattjahren nicht zu reparieren sein wird.
Besonders hirnrissig empfand ich z. B. die eingeblendeten online-Belehrungen während des Sängerwettstreits. Bei Wolfram liest man in übergroßen Lettern "Liebe = ewiges Begehren" bei Walther "Liebe = Kunst durch Sublimation", bei Biterolf "Liebe = Lynchjustiz" und bei Tannhäuser "Liebe = grenzenloser Genuss jenseits von Gut und Böse". Herzlichen Dank für diese Belehrungen und die vielen anderen schönen "Übertitel"!
Grauenhaft dilettantisch und ohne dramaturgisches Konzept erschienen mir auch die Kostüme; angefangen bei den kopulierenden Zottelaffen im Venusbergkäfig, über die 3 lustigen Spermien, die mich mehr an Kaulquappen erinnerten bis hin zu den pseudohistorischen Kostümen bei Elisabeth und Landgraf.
Ein Mitwirkender hat mir erzählt - was ich nicht glauben will - dass Baumgarten ein Betriebsfest in der Äthanolfabrik ("Mitarbeiter geben den Tannhäuser zum Besten") vorschwebte. Vom Dilletantismus-Niveau könnte das hinkommen, aber als Konzept für einen Tannhäuser in Bayreuth...??? Unglaublich...
Musikalisch war ich anfangs durchaus bereit, meine Hörgewohnheiten zu "vergessen" und mich auf diese "unromantische Hörweise" einzulassen. Die Lust hat mich aber schnell verlassen und insbesondere diese wahnwitzigen Striche im 1. und 2. Aufzug haben mir dann vollends den Rest gegeben. Leider können ein guter Landgraf, Hirtenjunge und Wolfram den Abend dann auch nicht mehr retten.
Ich habe in Bayreuth sämtliche Inszenierungen der letzten 25 Jahre gesehen und bislang war für mich der Arlaud-Tannhäuser die schlechteste "Inszenierung" (allerdings musikalisch u. a. wegen Gould ein Highlight), an die ich mich erinnern kann. Ich hätte nie vermutet, dass diese Baumgarten-Inszenierung jetzt mit Abstand die Schlusslichtposition in meiner persönlichen Rangliste einnehmen würde.
Grundsätzlich halte ich es für möglich, dass die Tannhäusergeschichte auch in einer Biogas- oder Äthanolfabrik schlüssig erzählt werden kann, genauso wie man Parsifal mit großem Erfolg im ersten Deutschen Bundestag zum Gralskönig gekrönt hat. Aber man muss dann in der Lage sein, diese Grundidee dem Publikum zu vermitteln, möglichst ohne weitschweifende Erklärungen im Vorfeld oder in bemühtem Dramaturgen-deutsch im Programmheft. Diese Inszenierung ist dem Publikum m. E. nicht vermittelbar, weil Baumgarten absolut nicht in der Lage ist, seine Idee durch eine mit dem Bühnenbild korrespondierende Personenregie umzusetzen. Die Personenführung hätte zu 90 Prozent genauso gut und 1:1 in ein Mittelalter-Bühnenbild gepasst. Ich fürchte, dass dieser inszenatorische Super-Gau auch in den kommenden Werkstattjahren nicht zu reparieren sein wird.
Besonders hirnrissig empfand ich z. B. die eingeblendeten online-Belehrungen während des Sängerwettstreits. Bei Wolfram liest man in übergroßen Lettern "Liebe = ewiges Begehren" bei Walther "Liebe = Kunst durch Sublimation", bei Biterolf "Liebe = Lynchjustiz" und bei Tannhäuser "Liebe = grenzenloser Genuss jenseits von Gut und Böse". Herzlichen Dank für diese Belehrungen und die vielen anderen schönen "Übertitel"!
Grauenhaft dilettantisch und ohne dramaturgisches Konzept erschienen mir auch die Kostüme; angefangen bei den kopulierenden Zottelaffen im Venusbergkäfig, über die 3 lustigen Spermien, die mich mehr an Kaulquappen erinnerten bis hin zu den pseudohistorischen Kostümen bei Elisabeth und Landgraf.
Ein Mitwirkender hat mir erzählt - was ich nicht glauben will - dass Baumgarten ein Betriebsfest in der Äthanolfabrik ("Mitarbeiter geben den Tannhäuser zum Besten") vorschwebte. Vom Dilletantismus-Niveau könnte das hinkommen, aber als Konzept für einen Tannhäuser in Bayreuth...??? Unglaublich...
Musikalisch war ich anfangs durchaus bereit, meine Hörgewohnheiten zu "vergessen" und mich auf diese "unromantische Hörweise" einzulassen. Die Lust hat mich aber schnell verlassen und insbesondere diese wahnwitzigen Striche im 1. und 2. Aufzug haben mir dann vollends den Rest gegeben. Leider können ein guter Landgraf, Hirtenjunge und Wolfram den Abend dann auch nicht mehr retten.