12.12.12002, 21:45
und hier geht es weiter mit dem Gewürz ABC
Kapern Capparis spinosa L.
Der dornige Kapernstrauch wird etwa 1m hoch, er wächst oft wild in seiner Heimat, dem Mittelmeergebiet. In großen Plantagen wird der Kapernstrauch sorgfältig kultiviert, vor allem in der Türkei, in Marokko, bei Murcia in Spanien und auf Mallorca. Geerntet werden die unreifen, noch geschlossenen Blütenknospen des Kapern- strauches. Die Blütenknospen läßt man trocknen, leicht welken und legt sie in Öl oder Salzwasser, in Essig oder in eine Mixtur aus Essig und Salz ein - so können wir sie als Kapern kaufen. Die graugrünen Kapern haben einen schärflich-beißenden, aber aromatischen Geruch und einen herb-würzigen, angenehm bitteren, leicht scharfen Geschmack. Von alters her schätzt man die Kapern nicht nur als Gewürz, sondern auch als Arznei gegen Milzbeschwerden.
Kerbel Anthriscus cerefolium (L.) Hoffm.
Das einjährige Doldengewächs hat auf den ersten Blick Ähnlichkeit mit Petersilie. Aber wer genauer hinschaut, erkennt den Unterschied an den zierlichen, gefederten Blättern. Das leicht süßlich duftende Kerbelkraut wird 25 bis 60 Zentimeter hoch. Es wird heute hauptsächlich in Holland und den Balkanstaaten angebaut und exportiert. Kerbel stammt ursprünglich aus Westasien und dem südöstlichen Rußland. Geschmacklich erinnert Kerbel etwas an Anis und Fenchel. Mit Kerbel wurden schon vor Jahrtausenden die Speisen gewürzt - auch zur Heilung von allerlei Krankheiten verwendete man ihn. Er sollte helfen gegen Frühjahrs- müdigkeit, Kreislaufstörungen, gegen Gelbsucht, Appetitmangel, Blasenleiden und vieles andere mehr. Übrigens spielt Kerbel in der Volksmedizin noch eine kleine Gesundheitsrolle: Er wird als blutreinigendes und harntreibendes Mittel angewendet.
Knoblauch Allium sativum L.
Der Knoblauch ist eine ungefähr 70 cm hohe Pflanze aus der Familie der Liliengewächse und hat flache, breite, graugrüne oder bläulichgrüne Blätter. Der runde Stengel wird im Alter zäh und holzig. Er trägt zahlreiche, in einer kugeligen Scheindolde zusammengefaßte rote Blüten, aus denen sich bis zu 1 cm große Brutzwiebeln entwickeln. Die im Erdreich verborgene Knolle besteht aus mehreren, zusammengesetzten einzelnen Zehen. Die Heimat des Knoblauch ist Innerasien, heute wird die Pflanze in der ganzen Welt angebaut. Frischgeerntete Knoblauchzwiebeln werden an ihren Strängen zusammengebunden oder geflochten und kommen als Knollenbündel auf den Markt. Vor allem auf dem Balkan schätzt man den Knoblauch als Würze und als Sinnbild für Gesundheit und Fruchtbarkeit - und natürlich im Aberglauben als Abschreckungsmittel gegen Vampire. Knoblauch riecht scharf und durchdringend, leicht schwefelartig und schmeckt leicht brennend-lauchartig. Außer seiner geschmacksgebenden Wirkung in den Speisen hat Knoblauch noch medizinisch große Bedeutung. Hier werden Wirkstoffe aus den Knollen vielseitig eingesetzt, insbesondere für die Blutdrucksenkung und zur Linderung bronchialer Leiden.
Koriander Coriandrum sativum L.
Koriander ist ein Doldengewächs aus dem Mittelmeer- gebiet. Die Pflanze ist einjährig und wird bis zu 60 cm hoch. Die Früchte (Spaltfrüchte) sind die getrockneten, gelblichbraunen Korianderkügelchen. Der Name Koriander stammt vom griechischen Koris - Wanze. Das kommt vom unangenehmen Geruch des frischen Korianderkrautes. Deshalb auch der weitverbreitete Koriander-Beiname: Wanzendill. Die getrockneten Gewürzkörner dagegen haben einen angenehmen, milden und aromatisch- würzigen Geschmack. Heute wird Koriander in vielen europäischen Ländern angebaut - auch in Deutschland und der Sowjetunion. Haupt-Exporteure sind Marokko, Argentinien und Polen.
Koriander war schon in alter Zeit bekannt. Er wird in altindischen Sanskrit-Schriften ebenso erwähnt wie im Alten Testament und wurde in altägyptischen Gräbern gefunden. Sein Geschmack wird mit Manna, dem Himmelsbrot, verglichen. Die Griechen und Römer benutzten Koriander auch als Medizin. Karl der Große empfahl ihn als Arznei gegen die verschiedensten Gebrechen. Koriander sollte unter anderem auch gegen Pest und Cholera schützen. Koriander gilt heute noch als Arznei gegen Magen- und Darmbeschwerden. Früher überzog man die Korianderkörner mit buntem Zuckerguß für den Kinder-Kaufmannsladen oder warf sie bei festlichen Gelegenheiten unter das Volk, wie man heute mit Konfetti wirft.
Kreuzkümmel Cuminum cyminum
Diese uralte Kulturpflanze wird heute in den meisten heißen Ländern angebaut. Die Staude hat bis zu 30 cm lange, am Boden kriechende Stengel und lila oder weiße Blütendolden. Zum Würzen nimmt man die Samen, graugrüne 5-6 cm lange sichelförmige Körner, die wie unser Kümmel aussehen.
Den Namen und die Sichelform ihrer Samen haben sie zwar gemeinsam, und darum werden sie auch immer wieder miteinander verwechselt: Trotzdem sind Kümmel und Kreuzkümmel grundverschieden. Unser Kümmel ist ein typisch mitteleuropäisches Gewürz, Kreuzkümmel ist dagegen seit jeher in den heißen Zonen beheimatet und als Gewürz geschätzt. Man fand Kreuzkümmelsamen u.a. schon in altägyptischen Mumiengräbern, und im alten Rom schätzte man ihn nicht nur als Würze, sondern auch als Mittel, eine vornehme Blässe zu bekommen.
Mit eifrigem Kreuzkümmelgenuß erlistete sich der reiche Römer C. Julius Vinder die Stelle eines Proprätors in Gallien, so berichtet der römische Gelehrte Plinius: Julius Vinder habe so lange Kreuzkümmelwasser getrunken, bis er totenbleich ausgesehen habe. Dann sei er zu Kaiser Nero gegangen und habe versprochen, ihn zum Erben seiner Güter einzusetzen, wenn der Kaiser ihm den Posten gäbe. Natürlich erhielt er den Posten sofort - und der geldgierige Kaiser wartete vergeblich auf den Tod seines kerngesunden "Erbonkels". Kreuzkümmel wirkt darüber hinaus magen- stärkend und spielt vor allem in der Tiermedizin eine wichtige Rolle.
Zwischen Kümmel und Kreuzkümmel besteht aber noch ein anderer wesentlicher Unterschied: Kümmel paßt sich schlecht anderen Gewürzen an, Kreuzkümmel ist dagegen ein ausgesprochenes Mischgewürz, das in Curry, in viele indonesische und latein- amerikanische Gewürzmischungen paßt. Man kauft ihn meistens gemahlen, sollte ihn dann aber höchstens ein Jahr aufheben.
Kümmel Carum Carvi L.
Der Kümmel wächst seit Jahrtausenden in ganz Europa: von der nordischen Baumgrenze bis in den tiefen Orient. Die ein- bis zweijährige Pflanze aus der Familie der Doldengewächse mit den feingefiederten Blättern wird bis 1m hoch. Ausgesät wird der Kümmel im Frühjahr. Im Herbst des ersten Jahres wird die Pflanze abgeschnitten und verfüttert. Im Jahr darauf beginnt die Ernte, sobald die Früchte der obersten Dolde reifen. Die Garben werden getrocknet, bis die Samen reif sind. Dann wird der Kümmel ausgedroschen und häufig umgewälzt. Den besten Kümmel liefert heute Holland. Das Zeichen "Amsterdamer Qualität" ist zu einem Gütezeichen für den Weltmarkt geworden. Auch aus Polen wird Kümmel eingeführt, und guter Kümmel kommt auch aus Ostfriesland.
Die kugeligen Kümmelfrüchte zerfallen in die kleinen sichelförmigen Körnchen, deren wirksamster Bestandteil das ätherische Kümmelöl (3-5%) ist. Kümmel riecht angenehm süßlich und gibt den Speisen einen etwas derb-würzigen Geschmack. Der Kümmel entwickelt beim Kochen eine besonders verdauungsfördernde Wirkung, die schwere Speisen auch für empfindliche Mägen bekömmlich macht.
Kümmel ist wohl das älteste Gewürz, das als Würze und Heilmittel in Europa verwendet wurde. Man hat Speisereste mit Kümmelkörnern in Pfahlbauten aus der Stein- und Bronzezeit gefunden. Die Ägypter schätzten ihn sehr und gaben ihn mit als Totengabe in die Mumiengräber. In den medizinischen Papyrusrollen und den Ostrakas (Aufzeichnungen auf Ton- und Kalksteinscherben) wird der Kümmel unter dem Namen Tapnen erwähnt. In Kleinasien läßt sich die Kultur der Pflanze ebenfalls schon sehr früh nachweisen. Der Prophet Jesaias (740-700 v. Chr.) berichtet in seinen Schriften schon über den Kümmel und seinen Anbau. Von Nordafrika, wo ihn hauptsächlich die Marokkaner kultivierten, war der Kümmelanbau im 8. Jahrhundert n. Chr. bis Mitteleuropa vorgedrungen, und er wurde um diese Zeit von den Karolingern in ihr Reich eingeführt. Von da breitete er sich allmählich über ganz Europa bis nach Sibirien aus.
Geheime Kräfte wurden dem Kümmel im Mittelalter zugeschrieben. So stellte man im Erzgebirge, wenn ein Kind unruhig war und - wie man glaubte - von Dämonen geplagt wurde, ein Gefäß mit gekochten Kümmelkörnern unter die Wiege. In Norddeutschland trug man in dieser Zeit einen Beutel mit Kümmelkörnern auf der Brust, um sich gegen Hexerei zu schützen, und neugeborene Kinder legte man auf ein Kissen, das mit Kümmel gefüllt war.
Medizinisch wirkt Kümmel magen- und darmanregend, appetitfördernd und krampflösend. Industriell braucht man Kümmelöl für Branntweine und Kräuterliköre, in der Parfüm- und Seifenbranche. Ein naher Kümmelverwandter ist der Römische oder Kreuzkümmel. Auch er ist eine alte Kulturpflanze, die sich durch längere Kümmelkörnchen von unserem Kümmel unterscheidet. Kreuzkümmel wird in der Türkei, auf Sizilien, in Nordafrika, Spanien, Amerika und sogar in Ostindien angebaut.
Liebstöckel Levisticum officinale
Der Liebstöckel gedeiht in ganz Europa. Die bis zu 2 m hohe Staude hat dicke, röhrige Stengel, dunkelgrüne, gefiederte, glänzende Blätter und dicke Dolden aus blaßgelben Blüten. Zum Würzen verwendet man die frischen und getrockneten Blätter.
Der Name verpflichtet. Dafür ist Liebstöckel der beste Beweis. Ursprünglich hatte das "lieb" in seinem Namen nichts mit Liebe zu tun. Es ist nichts anderes als eine Eindeutschung des Wortes "Ligusticum", also "ligurisch". Denn in der Antike und im Mittelalter war Liebstöckel eines der beliebtesten Würzkräuter der Provinz Ligurien in Norditalien. Daran erinnerte sich aber bald niemand mehr: Wer Liebstöckel heißt, der muß auch Liebeszauberkräfte haben, meinte man. Und so trugen z.B. die Bauernmädchen in Franken ein Sträußchen unterm Mieder, um ihren Liebsten zu becircen.
Liebstöckel mit seinem etwas derben Geschmack paßt vor allem an deftige Gerichte. Nicht zuletzt darum gehörte er früher in jeden Bauerngarten. Darüber hinaus hilft dieses Kraut gegen Magen- und Verdauungsbeschwerden.
Lorbeerblätter Laurus nobilis L.
Die Lorbeerblätter stammen vom immergrünen Lorbeerbaum, der im ganzen Mittelmeergebiet wild wächst, aber auch in großen Plantagen kultiviert wird. Selbst in Irland und Schottland gedeiht heute Lorbeer. Der Hauptlieferant für den Weltmarkt ist die Türkei, welche die traditionellen Lorbeer-Märkte Jugoslawien und Italien dank ihrer Spitzenqualität abgelöst hat.
Je nach Standort erreicht der Lorbeerbaum eine Höhe von 6 bis 18 m. Die länglichen Blätter werden nach der Ernte getrocknet. Gute Qualität erkennt man an stiellosen, grünen, trockenen und heilen Blättern. Zerbrochene Lorbeerblätter verlieren schnell ihr Aroma. Lorbeerblätter schmecken streng-bitter und stark aromatisch, sie enthalten ätherisches Öl und Gerbstoffe.
Vor seinem großen Küchenruf war der Lorbeer ein Symbol für Sieg und Ruhm. Auch heute noch ist ein Lorbeerkranz - versilbert oder vergoldet - der Ehrenpreis für sportliche Leistungen. Im Altertum war Lorbeer dem G*tt Apoll geweiht, bei den Olympischen Spielen war der Lorbeerkranz der heißersehnte Preis, deshalb heißt Lorbeer wohl auch Laurus nobilis - der Edle, Immergrüne. Die römischen Triumphatoren trugen als höchste Auszeichnung bei ihrer siegreichen Heimkehr den Lorbeerkranz, die corona triumphalis. Lorbeeren umkränzten die Köpfe gefeierter Dichter und Sänger. Die Griechen weihten den Lorbeerbaum den Göttern. Der Duft seiner Blätter und Zweige vertrieb nach ihrem Glauben Seuchen und Verwesung, und Apollo zog, als er den Drachen Python getötet hatte und der Sühne bedurfte, mit einem Lorbeerzweig in der Hand in Delphi ein. Als Orest den Muttermord an Klythemnestra durch Reinigungsopfer gesühnt hatte, wuchs daraus ein Lorbeerbaum empor. Der Lorbeer verlieh den Sehern geheime Kräfte und half ihnen, das Verborgene zu sehen.
Karl der Große empfahl den Lorbeeranbau in Deutschland, damit er als Arznei und Gewürz mehr verwendet würde. Viele Kräuterexperten des Mittelalters schrieben dem Lorbeer eine magen- und nierenstärkende Wirkung zu. Lorbeeren nennt man die reifen und getrockneten Beeren des Lorbeerbaumes, aus denen man heute noch ein starkwürziges Öl gewinnt, das als Insektenschutzmittel angewandt wird.
Majoran Majorana hortensis Moench
Die Majoranpflanze wird 30 bis 50 cm hoch. Sie ist leicht zu erkennen an ihrer graufilzigen Behaarung und den weiß-lila Blüten. Majoran ist in unseren Breiten ein einjähriges Gewächs, in den warmen Mittelmeerländern gedeiht er als ausdauernder Halbstrauch. Der Majoran wird frisch und getrocknet verwendet; die zum Trocknen bestimmte Ware wird vor der Blüte geerntet. Die Majoranblätter und -knospen schmecken stark würzig und aromatisch. Man muß mit Majoran sparsam dosieren, weil er leicht aus den Speisen hervorschmeckt. Die ursprüngliche Majoran-Heimat ist Nordafrika und der Vordere Orient. Seit Jahrhunderten gedeiht Majoran auch bei uns.
Die beste Ernte kommt heute aus Thüringen. Die "Ascherslebener Qualität" hat Weltgeltung. Auch aus den Balkanstaaten wird Majoran eingeführt, besonders aus Ungarn. Er enthält im ätherischen Öl Kampfer und Borneol.
Majoran war bereits im Altertum eine geschätzte Würz- und Heilpflanze. Mythologische Bedeutung hatte Majoran bei kultischen Handlungen und bei Opferungen, er wurde der Göttin Aphrodite zugeschrieben. Bei den Griechen und Römern gab es kaum ein Fleischgericht ohne Majoran - und bei den Kräuterkundigen des Mittelalters kaum eine Krankheit, die nicht mit Majoran behandelt wurde: von Augenringen und Asthma über Leibschmerzen, Schwind- sucht bis zum Zipperlein. Heute noch gilt Majoran als magenstärkendes und krampfstillendes Mittel, das Kraut ersetzt Salz in der Diätkost.
Muskatnuß und Muskatblüte
Myristica fragans Houtt.
Von den Molukken, den Gewürzinseln, stammt der Muskatbaum, der bis zu 100 Jahre alt werden kann. Er wird wildwachsend in riesigen Wäldern bis zu 15 m hoch. In den Muskatbaum-Kulturen hält man die Bäume auf etwa 6 m Höhe, um sie wirtschaftlicher abernten zu können. Erst vom achten Lebensjahr an trägt ein Baum Früchte, dann steigert sich sein Ertrag, bis er vom fünfzehnten Jahr an die ertragreichste Ernte liefert.
Die Muskatnuß ist nicht die Frucht des Muskatbaumes, es sind die Samenkerne der Früchte, die Ähnlichkeit mit unseren Aprikosen haben. Neun Monate dauert die Reifezeit von der Blüte bis zur Ernte, dann springen die Früchte auf. In den Wäldern schlägt man sie mit langen Stangen von den Bäumen, in den Plantagen werden sie abgepflückt. Das Fruchtfleisch und der rote Samen- mantel (das ist Macis oder Muskatblüte) werden entfernt und die Schalen getrocknet. Sind sie ganz trocken schlägt man die harten Schalen auf und siebt die Muskatnüsse heraus. Nach Qualität und Größen werden Muskatnüsse gehandelt: Runde, kugelige Nüsse sind die besten, weil sie das würzigste Aroma haben. Erste Qualität kommt heute aus Westindien, aus dem Gebiet um Grenada. Ostindische Muskatnüsse enthalten weniger ätherische Öle. Muskatnüsse würzen mit einer feurig-süßen und stark aromatischen Schärfe. Dieses Gewürz ist besonders geeignet, fade schmeckenden Speisen einen lebhaften Geschmack zu geben. Der deutsche Name Muskatnuß entstand aus der lateinischen Bezeichnung nuces moschatae = moschusduftende Nüsse. Die Streitfrage, ob die Muskatnuß schon im Altertum in Europa bekannt war, ist schwer zu entscheiden. Der Naturforscher und Weltreisende von Martius (1 794- 1868) sucht nachzuweisen, daß die Macis schon dem römischen Komödiendichter Plautus (um 200 v. Chr.) und die Muskatnuß dem Gelehrten Plinius, etwa 50 n. Chr., bekannt gewesen sei. Jedenfalls hat man in altägyptischen Mumiengräbern Muskatnüsse gefunden. Das beweist, daß dieses Gewürz längst vor der Zeitenwende von den Gewürzinseln her - über arabische Zwischenhändler - in die Mittelmeerländer gelangte.
Wahrscheinlich wurde Muskat damals mehr als Medizin und als Kultmittel gebraucht. Muskatnuß und Muskatblüte sind beide seit Ende des 12. Jahrhunderts in Nordeuropa bekannt und beliebt. Nach Entdeckung des Seeweges nach Indien über das Kap der guten Hoffnung durch Vasco da Gama waren die Portugiesen die ersten, die einen schwunghaften Muskathandel anfingen - und sich eine Gewürzinsel nach der anderen unterwarfen. Ihre Nachfolger, die Holländer, beschränkten den Muskat-Anbau auf die Banda-Inselgruppe und hielten durch ein grausames Regime die Ernten niedrig und die Preise hoch. Ganze Inseln wurden kahlgeschlagen, die Eingeborenen ausgerottet. Die holländische Ostindische Kompagnie hatte jedoch nicht mit den Waldtauben gerechnet, welche die Nüsse fraßen und auf den anderen Inseln wieder zur Aussaat brachten. Mehrfach schritten die Holländer zur Vernichtung ganzer Ernten. So wurden im Jahre 1760 in Amsterdam Lagerhäuser voll Zimt und Muskatnüssen verbrannt, so daß tagelang ganz Holland danach duftete, und 15 Jahre später wurden in Batavia 250000 Pfund Muskatnüsse vernichtet. Auf die Dauer erwies sich diese Politik der Kompagnie als Fehlschlag. Vertrieben wurden die Holländer durch die Engländer, die flugs Muskat auch in Indien und Sumatra anbauten. Dadurch zerfiel das Muskat-Monopol, bis 1863 der Anbau gänzlich freigegeben wurde. Industriell wird Muskat genutzt für die Parfümerie-, Seifen- und Salbenherstellung, bei der Wurstbereitung und in der Likörfabrikation. Auch in der Homöopathie spielt Muskat noch eine Rolle.
Kapern Capparis spinosa L.
Der dornige Kapernstrauch wird etwa 1m hoch, er wächst oft wild in seiner Heimat, dem Mittelmeergebiet. In großen Plantagen wird der Kapernstrauch sorgfältig kultiviert, vor allem in der Türkei, in Marokko, bei Murcia in Spanien und auf Mallorca. Geerntet werden die unreifen, noch geschlossenen Blütenknospen des Kapern- strauches. Die Blütenknospen läßt man trocknen, leicht welken und legt sie in Öl oder Salzwasser, in Essig oder in eine Mixtur aus Essig und Salz ein - so können wir sie als Kapern kaufen. Die graugrünen Kapern haben einen schärflich-beißenden, aber aromatischen Geruch und einen herb-würzigen, angenehm bitteren, leicht scharfen Geschmack. Von alters her schätzt man die Kapern nicht nur als Gewürz, sondern auch als Arznei gegen Milzbeschwerden.
Kerbel Anthriscus cerefolium (L.) Hoffm.
Das einjährige Doldengewächs hat auf den ersten Blick Ähnlichkeit mit Petersilie. Aber wer genauer hinschaut, erkennt den Unterschied an den zierlichen, gefederten Blättern. Das leicht süßlich duftende Kerbelkraut wird 25 bis 60 Zentimeter hoch. Es wird heute hauptsächlich in Holland und den Balkanstaaten angebaut und exportiert. Kerbel stammt ursprünglich aus Westasien und dem südöstlichen Rußland. Geschmacklich erinnert Kerbel etwas an Anis und Fenchel. Mit Kerbel wurden schon vor Jahrtausenden die Speisen gewürzt - auch zur Heilung von allerlei Krankheiten verwendete man ihn. Er sollte helfen gegen Frühjahrs- müdigkeit, Kreislaufstörungen, gegen Gelbsucht, Appetitmangel, Blasenleiden und vieles andere mehr. Übrigens spielt Kerbel in der Volksmedizin noch eine kleine Gesundheitsrolle: Er wird als blutreinigendes und harntreibendes Mittel angewendet.
Knoblauch Allium sativum L.
Der Knoblauch ist eine ungefähr 70 cm hohe Pflanze aus der Familie der Liliengewächse und hat flache, breite, graugrüne oder bläulichgrüne Blätter. Der runde Stengel wird im Alter zäh und holzig. Er trägt zahlreiche, in einer kugeligen Scheindolde zusammengefaßte rote Blüten, aus denen sich bis zu 1 cm große Brutzwiebeln entwickeln. Die im Erdreich verborgene Knolle besteht aus mehreren, zusammengesetzten einzelnen Zehen. Die Heimat des Knoblauch ist Innerasien, heute wird die Pflanze in der ganzen Welt angebaut. Frischgeerntete Knoblauchzwiebeln werden an ihren Strängen zusammengebunden oder geflochten und kommen als Knollenbündel auf den Markt. Vor allem auf dem Balkan schätzt man den Knoblauch als Würze und als Sinnbild für Gesundheit und Fruchtbarkeit - und natürlich im Aberglauben als Abschreckungsmittel gegen Vampire. Knoblauch riecht scharf und durchdringend, leicht schwefelartig und schmeckt leicht brennend-lauchartig. Außer seiner geschmacksgebenden Wirkung in den Speisen hat Knoblauch noch medizinisch große Bedeutung. Hier werden Wirkstoffe aus den Knollen vielseitig eingesetzt, insbesondere für die Blutdrucksenkung und zur Linderung bronchialer Leiden.
Koriander Coriandrum sativum L.
Koriander ist ein Doldengewächs aus dem Mittelmeer- gebiet. Die Pflanze ist einjährig und wird bis zu 60 cm hoch. Die Früchte (Spaltfrüchte) sind die getrockneten, gelblichbraunen Korianderkügelchen. Der Name Koriander stammt vom griechischen Koris - Wanze. Das kommt vom unangenehmen Geruch des frischen Korianderkrautes. Deshalb auch der weitverbreitete Koriander-Beiname: Wanzendill. Die getrockneten Gewürzkörner dagegen haben einen angenehmen, milden und aromatisch- würzigen Geschmack. Heute wird Koriander in vielen europäischen Ländern angebaut - auch in Deutschland und der Sowjetunion. Haupt-Exporteure sind Marokko, Argentinien und Polen.
Koriander war schon in alter Zeit bekannt. Er wird in altindischen Sanskrit-Schriften ebenso erwähnt wie im Alten Testament und wurde in altägyptischen Gräbern gefunden. Sein Geschmack wird mit Manna, dem Himmelsbrot, verglichen. Die Griechen und Römer benutzten Koriander auch als Medizin. Karl der Große empfahl ihn als Arznei gegen die verschiedensten Gebrechen. Koriander sollte unter anderem auch gegen Pest und Cholera schützen. Koriander gilt heute noch als Arznei gegen Magen- und Darmbeschwerden. Früher überzog man die Korianderkörner mit buntem Zuckerguß für den Kinder-Kaufmannsladen oder warf sie bei festlichen Gelegenheiten unter das Volk, wie man heute mit Konfetti wirft.
Kreuzkümmel Cuminum cyminum
Diese uralte Kulturpflanze wird heute in den meisten heißen Ländern angebaut. Die Staude hat bis zu 30 cm lange, am Boden kriechende Stengel und lila oder weiße Blütendolden. Zum Würzen nimmt man die Samen, graugrüne 5-6 cm lange sichelförmige Körner, die wie unser Kümmel aussehen.
Den Namen und die Sichelform ihrer Samen haben sie zwar gemeinsam, und darum werden sie auch immer wieder miteinander verwechselt: Trotzdem sind Kümmel und Kreuzkümmel grundverschieden. Unser Kümmel ist ein typisch mitteleuropäisches Gewürz, Kreuzkümmel ist dagegen seit jeher in den heißen Zonen beheimatet und als Gewürz geschätzt. Man fand Kreuzkümmelsamen u.a. schon in altägyptischen Mumiengräbern, und im alten Rom schätzte man ihn nicht nur als Würze, sondern auch als Mittel, eine vornehme Blässe zu bekommen.
Mit eifrigem Kreuzkümmelgenuß erlistete sich der reiche Römer C. Julius Vinder die Stelle eines Proprätors in Gallien, so berichtet der römische Gelehrte Plinius: Julius Vinder habe so lange Kreuzkümmelwasser getrunken, bis er totenbleich ausgesehen habe. Dann sei er zu Kaiser Nero gegangen und habe versprochen, ihn zum Erben seiner Güter einzusetzen, wenn der Kaiser ihm den Posten gäbe. Natürlich erhielt er den Posten sofort - und der geldgierige Kaiser wartete vergeblich auf den Tod seines kerngesunden "Erbonkels". Kreuzkümmel wirkt darüber hinaus magen- stärkend und spielt vor allem in der Tiermedizin eine wichtige Rolle.
Zwischen Kümmel und Kreuzkümmel besteht aber noch ein anderer wesentlicher Unterschied: Kümmel paßt sich schlecht anderen Gewürzen an, Kreuzkümmel ist dagegen ein ausgesprochenes Mischgewürz, das in Curry, in viele indonesische und latein- amerikanische Gewürzmischungen paßt. Man kauft ihn meistens gemahlen, sollte ihn dann aber höchstens ein Jahr aufheben.
Kümmel Carum Carvi L.
Der Kümmel wächst seit Jahrtausenden in ganz Europa: von der nordischen Baumgrenze bis in den tiefen Orient. Die ein- bis zweijährige Pflanze aus der Familie der Doldengewächse mit den feingefiederten Blättern wird bis 1m hoch. Ausgesät wird der Kümmel im Frühjahr. Im Herbst des ersten Jahres wird die Pflanze abgeschnitten und verfüttert. Im Jahr darauf beginnt die Ernte, sobald die Früchte der obersten Dolde reifen. Die Garben werden getrocknet, bis die Samen reif sind. Dann wird der Kümmel ausgedroschen und häufig umgewälzt. Den besten Kümmel liefert heute Holland. Das Zeichen "Amsterdamer Qualität" ist zu einem Gütezeichen für den Weltmarkt geworden. Auch aus Polen wird Kümmel eingeführt, und guter Kümmel kommt auch aus Ostfriesland.
Die kugeligen Kümmelfrüchte zerfallen in die kleinen sichelförmigen Körnchen, deren wirksamster Bestandteil das ätherische Kümmelöl (3-5%) ist. Kümmel riecht angenehm süßlich und gibt den Speisen einen etwas derb-würzigen Geschmack. Der Kümmel entwickelt beim Kochen eine besonders verdauungsfördernde Wirkung, die schwere Speisen auch für empfindliche Mägen bekömmlich macht.
Kümmel ist wohl das älteste Gewürz, das als Würze und Heilmittel in Europa verwendet wurde. Man hat Speisereste mit Kümmelkörnern in Pfahlbauten aus der Stein- und Bronzezeit gefunden. Die Ägypter schätzten ihn sehr und gaben ihn mit als Totengabe in die Mumiengräber. In den medizinischen Papyrusrollen und den Ostrakas (Aufzeichnungen auf Ton- und Kalksteinscherben) wird der Kümmel unter dem Namen Tapnen erwähnt. In Kleinasien läßt sich die Kultur der Pflanze ebenfalls schon sehr früh nachweisen. Der Prophet Jesaias (740-700 v. Chr.) berichtet in seinen Schriften schon über den Kümmel und seinen Anbau. Von Nordafrika, wo ihn hauptsächlich die Marokkaner kultivierten, war der Kümmelanbau im 8. Jahrhundert n. Chr. bis Mitteleuropa vorgedrungen, und er wurde um diese Zeit von den Karolingern in ihr Reich eingeführt. Von da breitete er sich allmählich über ganz Europa bis nach Sibirien aus.
Geheime Kräfte wurden dem Kümmel im Mittelalter zugeschrieben. So stellte man im Erzgebirge, wenn ein Kind unruhig war und - wie man glaubte - von Dämonen geplagt wurde, ein Gefäß mit gekochten Kümmelkörnern unter die Wiege. In Norddeutschland trug man in dieser Zeit einen Beutel mit Kümmelkörnern auf der Brust, um sich gegen Hexerei zu schützen, und neugeborene Kinder legte man auf ein Kissen, das mit Kümmel gefüllt war.
Medizinisch wirkt Kümmel magen- und darmanregend, appetitfördernd und krampflösend. Industriell braucht man Kümmelöl für Branntweine und Kräuterliköre, in der Parfüm- und Seifenbranche. Ein naher Kümmelverwandter ist der Römische oder Kreuzkümmel. Auch er ist eine alte Kulturpflanze, die sich durch längere Kümmelkörnchen von unserem Kümmel unterscheidet. Kreuzkümmel wird in der Türkei, auf Sizilien, in Nordafrika, Spanien, Amerika und sogar in Ostindien angebaut.
Liebstöckel Levisticum officinale
Der Liebstöckel gedeiht in ganz Europa. Die bis zu 2 m hohe Staude hat dicke, röhrige Stengel, dunkelgrüne, gefiederte, glänzende Blätter und dicke Dolden aus blaßgelben Blüten. Zum Würzen verwendet man die frischen und getrockneten Blätter.
Der Name verpflichtet. Dafür ist Liebstöckel der beste Beweis. Ursprünglich hatte das "lieb" in seinem Namen nichts mit Liebe zu tun. Es ist nichts anderes als eine Eindeutschung des Wortes "Ligusticum", also "ligurisch". Denn in der Antike und im Mittelalter war Liebstöckel eines der beliebtesten Würzkräuter der Provinz Ligurien in Norditalien. Daran erinnerte sich aber bald niemand mehr: Wer Liebstöckel heißt, der muß auch Liebeszauberkräfte haben, meinte man. Und so trugen z.B. die Bauernmädchen in Franken ein Sträußchen unterm Mieder, um ihren Liebsten zu becircen.
Liebstöckel mit seinem etwas derben Geschmack paßt vor allem an deftige Gerichte. Nicht zuletzt darum gehörte er früher in jeden Bauerngarten. Darüber hinaus hilft dieses Kraut gegen Magen- und Verdauungsbeschwerden.
Lorbeerblätter Laurus nobilis L.
Die Lorbeerblätter stammen vom immergrünen Lorbeerbaum, der im ganzen Mittelmeergebiet wild wächst, aber auch in großen Plantagen kultiviert wird. Selbst in Irland und Schottland gedeiht heute Lorbeer. Der Hauptlieferant für den Weltmarkt ist die Türkei, welche die traditionellen Lorbeer-Märkte Jugoslawien und Italien dank ihrer Spitzenqualität abgelöst hat.
Je nach Standort erreicht der Lorbeerbaum eine Höhe von 6 bis 18 m. Die länglichen Blätter werden nach der Ernte getrocknet. Gute Qualität erkennt man an stiellosen, grünen, trockenen und heilen Blättern. Zerbrochene Lorbeerblätter verlieren schnell ihr Aroma. Lorbeerblätter schmecken streng-bitter und stark aromatisch, sie enthalten ätherisches Öl und Gerbstoffe.
Vor seinem großen Küchenruf war der Lorbeer ein Symbol für Sieg und Ruhm. Auch heute noch ist ein Lorbeerkranz - versilbert oder vergoldet - der Ehrenpreis für sportliche Leistungen. Im Altertum war Lorbeer dem G*tt Apoll geweiht, bei den Olympischen Spielen war der Lorbeerkranz der heißersehnte Preis, deshalb heißt Lorbeer wohl auch Laurus nobilis - der Edle, Immergrüne. Die römischen Triumphatoren trugen als höchste Auszeichnung bei ihrer siegreichen Heimkehr den Lorbeerkranz, die corona triumphalis. Lorbeeren umkränzten die Köpfe gefeierter Dichter und Sänger. Die Griechen weihten den Lorbeerbaum den Göttern. Der Duft seiner Blätter und Zweige vertrieb nach ihrem Glauben Seuchen und Verwesung, und Apollo zog, als er den Drachen Python getötet hatte und der Sühne bedurfte, mit einem Lorbeerzweig in der Hand in Delphi ein. Als Orest den Muttermord an Klythemnestra durch Reinigungsopfer gesühnt hatte, wuchs daraus ein Lorbeerbaum empor. Der Lorbeer verlieh den Sehern geheime Kräfte und half ihnen, das Verborgene zu sehen.
Karl der Große empfahl den Lorbeeranbau in Deutschland, damit er als Arznei und Gewürz mehr verwendet würde. Viele Kräuterexperten des Mittelalters schrieben dem Lorbeer eine magen- und nierenstärkende Wirkung zu. Lorbeeren nennt man die reifen und getrockneten Beeren des Lorbeerbaumes, aus denen man heute noch ein starkwürziges Öl gewinnt, das als Insektenschutzmittel angewandt wird.
Majoran Majorana hortensis Moench
Die Majoranpflanze wird 30 bis 50 cm hoch. Sie ist leicht zu erkennen an ihrer graufilzigen Behaarung und den weiß-lila Blüten. Majoran ist in unseren Breiten ein einjähriges Gewächs, in den warmen Mittelmeerländern gedeiht er als ausdauernder Halbstrauch. Der Majoran wird frisch und getrocknet verwendet; die zum Trocknen bestimmte Ware wird vor der Blüte geerntet. Die Majoranblätter und -knospen schmecken stark würzig und aromatisch. Man muß mit Majoran sparsam dosieren, weil er leicht aus den Speisen hervorschmeckt. Die ursprüngliche Majoran-Heimat ist Nordafrika und der Vordere Orient. Seit Jahrhunderten gedeiht Majoran auch bei uns.
Die beste Ernte kommt heute aus Thüringen. Die "Ascherslebener Qualität" hat Weltgeltung. Auch aus den Balkanstaaten wird Majoran eingeführt, besonders aus Ungarn. Er enthält im ätherischen Öl Kampfer und Borneol.
Majoran war bereits im Altertum eine geschätzte Würz- und Heilpflanze. Mythologische Bedeutung hatte Majoran bei kultischen Handlungen und bei Opferungen, er wurde der Göttin Aphrodite zugeschrieben. Bei den Griechen und Römern gab es kaum ein Fleischgericht ohne Majoran - und bei den Kräuterkundigen des Mittelalters kaum eine Krankheit, die nicht mit Majoran behandelt wurde: von Augenringen und Asthma über Leibschmerzen, Schwind- sucht bis zum Zipperlein. Heute noch gilt Majoran als magenstärkendes und krampfstillendes Mittel, das Kraut ersetzt Salz in der Diätkost.
Muskatnuß und Muskatblüte
Myristica fragans Houtt.
Von den Molukken, den Gewürzinseln, stammt der Muskatbaum, der bis zu 100 Jahre alt werden kann. Er wird wildwachsend in riesigen Wäldern bis zu 15 m hoch. In den Muskatbaum-Kulturen hält man die Bäume auf etwa 6 m Höhe, um sie wirtschaftlicher abernten zu können. Erst vom achten Lebensjahr an trägt ein Baum Früchte, dann steigert sich sein Ertrag, bis er vom fünfzehnten Jahr an die ertragreichste Ernte liefert.
Die Muskatnuß ist nicht die Frucht des Muskatbaumes, es sind die Samenkerne der Früchte, die Ähnlichkeit mit unseren Aprikosen haben. Neun Monate dauert die Reifezeit von der Blüte bis zur Ernte, dann springen die Früchte auf. In den Wäldern schlägt man sie mit langen Stangen von den Bäumen, in den Plantagen werden sie abgepflückt. Das Fruchtfleisch und der rote Samen- mantel (das ist Macis oder Muskatblüte) werden entfernt und die Schalen getrocknet. Sind sie ganz trocken schlägt man die harten Schalen auf und siebt die Muskatnüsse heraus. Nach Qualität und Größen werden Muskatnüsse gehandelt: Runde, kugelige Nüsse sind die besten, weil sie das würzigste Aroma haben. Erste Qualität kommt heute aus Westindien, aus dem Gebiet um Grenada. Ostindische Muskatnüsse enthalten weniger ätherische Öle. Muskatnüsse würzen mit einer feurig-süßen und stark aromatischen Schärfe. Dieses Gewürz ist besonders geeignet, fade schmeckenden Speisen einen lebhaften Geschmack zu geben. Der deutsche Name Muskatnuß entstand aus der lateinischen Bezeichnung nuces moschatae = moschusduftende Nüsse. Die Streitfrage, ob die Muskatnuß schon im Altertum in Europa bekannt war, ist schwer zu entscheiden. Der Naturforscher und Weltreisende von Martius (1 794- 1868) sucht nachzuweisen, daß die Macis schon dem römischen Komödiendichter Plautus (um 200 v. Chr.) und die Muskatnuß dem Gelehrten Plinius, etwa 50 n. Chr., bekannt gewesen sei. Jedenfalls hat man in altägyptischen Mumiengräbern Muskatnüsse gefunden. Das beweist, daß dieses Gewürz längst vor der Zeitenwende von den Gewürzinseln her - über arabische Zwischenhändler - in die Mittelmeerländer gelangte.
Wahrscheinlich wurde Muskat damals mehr als Medizin und als Kultmittel gebraucht. Muskatnuß und Muskatblüte sind beide seit Ende des 12. Jahrhunderts in Nordeuropa bekannt und beliebt. Nach Entdeckung des Seeweges nach Indien über das Kap der guten Hoffnung durch Vasco da Gama waren die Portugiesen die ersten, die einen schwunghaften Muskathandel anfingen - und sich eine Gewürzinsel nach der anderen unterwarfen. Ihre Nachfolger, die Holländer, beschränkten den Muskat-Anbau auf die Banda-Inselgruppe und hielten durch ein grausames Regime die Ernten niedrig und die Preise hoch. Ganze Inseln wurden kahlgeschlagen, die Eingeborenen ausgerottet. Die holländische Ostindische Kompagnie hatte jedoch nicht mit den Waldtauben gerechnet, welche die Nüsse fraßen und auf den anderen Inseln wieder zur Aussaat brachten. Mehrfach schritten die Holländer zur Vernichtung ganzer Ernten. So wurden im Jahre 1760 in Amsterdam Lagerhäuser voll Zimt und Muskatnüssen verbrannt, so daß tagelang ganz Holland danach duftete, und 15 Jahre später wurden in Batavia 250000 Pfund Muskatnüsse vernichtet. Auf die Dauer erwies sich diese Politik der Kompagnie als Fehlschlag. Vertrieben wurden die Holländer durch die Engländer, die flugs Muskat auch in Indien und Sumatra anbauten. Dadurch zerfiel das Muskat-Monopol, bis 1863 der Anbau gänzlich freigegeben wurde. Industriell wird Muskat genutzt für die Parfümerie-, Seifen- und Salbenherstellung, bei der Wurstbereitung und in der Likörfabrikation. Auch in der Homöopathie spielt Muskat noch eine Rolle.