Freydis Nehelenia
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Saxorior schrieb:So habe ich die Zeilen verstanden. Es ist ein Wertegedicht, wie in der Überschrift geschrieben.
Die Formulierungen "... sollst du haben ..." ist für einige sicher antößig. Das übt Druck aus, wirkt belehrend und missionierend.
Nun liegt es aber an jedem selbst, ob er sich der Zeilen annimmt oder nicht.
Für mich ist heute erstmal Feierabend... Danke erstmal wegen der Kritik.Du hast Recht,das mit dem "sollst du tun","sollst du haben" könnte missverstanden werden.Es soll aber keine Belehrung im Sinne von "du musst dies und das" sein,sondern eher ein Wegweiser,wie man die Werte des Asatru leben kann.Vielleicht wäre es besser gewesen,wenn ich geschrieben hätte "Kühn solltest du sein...etc".Neja,wie das Gedicht verstanden wird liegt im Auge des Betrachters und wer es falsch verstehen will,wird es falsch verstehen.Über konstruktive Kritik und Anmerkungen,wie von dir würde ich weiterhin sehr freuen.Alles andere lasse ich demnächst einfach von mir abprallen.Mehr gibts dazu nicht zusagen...
MFG,Freydis
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Ja, wenn man der Meute etwas hinwirft, besteht die Möglichkeit, daß sie es zerreißt.
Ich bin kein Poet oder Schreiberling, daher habe ich auch meine Kommentare eher dem Inhalt gewidmet.
Inwieweit man nun die einen Worte mit anderen ersetzen könnte, ohne den Sinn zu verändern, liegt beim Schreiber selbst.
Mir fällt noch eine besser klingende Redewendung anstatt "sollst Du haben..." ein.
Wenn man einfach "Sei ..." verwendet, klingt es nicht ganz so schroff.
Du wirst sicherlich verstehen, daß sich hier bei vielen Lesern die Nackenhaare aufstellen, wenn sie "Du sollst nicht..." lesen. Eine Anlehnung an die Gebote der Balkenseppbewegung liegt da nahe.
Ich habe auch nicht gleich daran gedacht, weil ich nicht so erzogen wurde. 8-)
Im Grunde wollte ich aber mit meinen Anmerkungen auch eine Brücke zu all unseren anderen Themen hier im Forum schlagen.
Aber vielleicht siehst Du Dich hier erstmal in Ruhe um, und wir reden später darüber.
Lebe für Deine Ideale!
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Freydis Nehelenia:
Zitat:Du hast Recht,das mit dem "sollst du tun","sollst du haben" könnte missverstanden werden.
Es wird mißverstanden.
Aber es ist nicht nur ein Mißverständnis, sondern m.M. auch ein Spiegel Deiner Einstellung. Namentlich das (als eigen wahrgenommene) Werturteilsgebilde der Asatru zu reproduzieren. Das ist der ausgeführte Befehl.
Ausführer von Befehlen treten üblicherweise nach Pflichterfüllung weg.
Das meine ich jetzt im Sinne einer Motivation, vielleicht noch mehr zu machen als nur das hier. und nicht nach "Pflichterfüllung" einfach wieder wegzutreten.
Immerhin sind ja einige nette Themen eingepackt, und Wolf hat sogar noch ein schönes Gedicht beigesteuert. Rentiert hat sichs also schon mal.
Gruß und willkommen.
Erst wissen, dann denken. Erst denken, dann reden.
Geza
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Ich frage mich, was der Sinn so eines Gedichtes ist. Es erinnert mich ein wenig an die Liste der "neun edelen Tugenden" von modernen Neoheiden, wo ich mich auch immer fragte, warum man so eine Liste mühevoll aufstellt, anstatt in die heiligen Lieder zu sehen und die dort erhaltenen Lebensregeln zu befolgen.
Wenn nun jemand so ein Gedicht eigens aufstellt, dann scheint es nur vordergründig darum zu gehen, die alten Lebensregeln irgendwie zusammenzufassen und in neuem Gewande zu präsentieren. Tatsächlich geht es darum, moderne Regeln der heutigen, wertelosen Gesellschaft unauffällig mit einzufügen und unter dem Mantel "Ásatrú" zu verkaufen. Wenn ich da etwas etwas von dem Umgang mit dem "Andersartigen" lese, dann ist da eben nicht mehr nur der Fremde Wanderer des eigenen Stammes gemeint (der ist zwar ein Fremder, aber kein Andersartiger, von "anderer Art"), sondern der Einwanderer aus einem anderen Erdteil. Unsere Gesellschaft billigt ja Menschen Asyl zu oder nimmt sogar Hochqualifizierte (Greencard) auf, auch "Gastarbeiter" gehören in unsere Zeit. Aber diese Leute werden nicht aufgenommen, weil das Volk das wünscht, sondern weil die Großkonzerne billige Arbeitskräfte brauchen und längst die Völker nur noch als Zulieferer von Menschenmaterial für sich betrachten. Die Asylgesetzgebung entstand in Folge des verlorenen Weltkrieges; ohne diesen hätte niemand eine Notwendigkeit dafür gesehen. Gut, das ist "heute" und wer will, kann so etwas gut oder schlecht finden, je nach eigenem Gutdünkn.
Aber wie war es früher, im germ. Heidentum? Da hatte man als Mensch einer anderen Kultur hierzulande keine Rechte, im Gegenteil man galt als Eindringling. Die Germanen haben ihre Abstammung auf die Götter zurückgeführt (Germania) und waren der Meinung, daß z. B. Römer nicht von den Göttern abstammten und daher auch nicht dieselben Rechte bekommen sollten. Jede Einwanderung von größeren Mengen von Fremden wurde als der Versuch, uns das eigene Land streitig zu machen und als kriegerische Handlung angesehen. Denn Naturvölker denken nicht im Chr*stlichen Sinne, daß man "seinem Nächsten (aus einem andern Volk) auch noch 'die andere Wange hinhalten' oder sein eigenes Land bereiwillig hingeben sollte, damit man für diese 'gute' Tat im Himmel belohnt wird", Naturvölker trachten vielmehr, sich das Eroberte zu erhalten. Man kämpft für sein eigenes Volk und es interessiert einen nicht, was andere Völker machen oder wie es diesen geht. Wenn ein Volk zu dekadent ist und sein Land nicht mehr verteidigt, dann kann man diese Schwäche nutzen und das Land für den eigenen Stamm gewinnen. Der andere Stamm geht dabei eventuell unter - pech gehabt.
Der andere Wert in diesem Gedicht, bei dem ich arge Zweifel bekomme, ist die Gleichberechtigung. Die gibt es heute und soll auch so sein, aber bei unsern Vorfahren gab es die nicht - gerade vorgestern wurde in der recht mäßigen Sendung "Die Chr*stianisierung der Wikinger" (Arte) klar gesagt, daß Frauen auf dem Thing kein Stimmrecht hatten. Die Frage, warum das so war, will ich hier gar nicht diskutieren, das wäre ein eigenes Thema. Tatsache ist aber, daß es so war. Dann kann man diese Lebensweise, die sicher auch religiös bedingt war, nicht einfach abtun zu Gunsten der heutigen Lebensweise der Gesellschaft. Man muß sich entscheiden: Will man die heute gültigen Gesetze und Regeln der modernen, unreligiösen, materialistischen Gesellschaft, oder ist man bereit, sich den Werten unserer Vorfahren, der spirituellen und naturverbundenen Menschen, zu öffnen, ohne dabei Gerümpel der modernen Welt ihnen im Nachhinein aufzubürden?
Und dann der Wert der Freiheit. Auch hier ganz modern: Sie endet da, wo einem Anderen Leid geschieht. Das Freiheitsideal unserer Vorfahren sah allerdings ganz anders aus. Da war die individuelle Freiheit in die Sippe gebunden. Die Sippe und ihre Ehre kommt zuerst, und dafür muß auf eigene Freiheit und Selbstverwirklichung verzichtet werden. Heute finden wir diese Haltung noch bei Hindus oder Moslems, auch bei vielen Naturvölkern. Deswegen paßt der Satz, daß man "anderen nicht nachstreben" solle, überhaupt nicht. Man hatte die Sippe als Vorbild, hatte die Helden als Vorbilder und natürlich die Götter. Diesen strebte man sehr wohl nach, und jeder, der mal eine Heldensaga gelesen hat, kann das überall sehen. Sogar noch in Texten späterer Zeiten, wo Parzival die Ritter mit ihren strahlenden Rüstungen sieht und sofort auch Ritter werden will - seine Mutter Herzeloyde hatte ihn extra im Verborgenen aufgezogen, damit das nicht passiert.
Diese drei Beispiele zeigen klar auf, wo uns "Werte" als heidnisch untergeschoben werden sollen, die es in Wahrheit gar nicht sind. Das erklärt dann auch, warum ein neues Gedicht gemacht wurde, anstatt auf die eddischen Spruchsammlungen zu verweisen. Man stelle sich einen frommen Hindu vor, der die Lehren der Vedas durch ein eigenes Gedicht ersetzen will.
Ich will dabei nichts gegen moderne Werte gesagt haben, sie haben sicher auch ihre Berechtigung und sind vielleicht nötig, damit die Gesellschaft funktioniert. Aber man soll sie uns nicht in einen heidnischen Mantel packen und als "ásatrú" verkaufen. Das ist nämlich ein Etikettenschwindel. Und offenbar haben das die meisten Schreiber hier auch schon gemerkt, wie anders sind die ablehnenden Reaktionen sonst zu erklären? Man merkt beim Lesen, daß da irgendetwas ist, was einem - warum auch immer - nicht heimelig vorkommt, und man sucht nun rational nach den Gründen.
Lichtgruß,
Geza
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Hallo Geza:
Zitat:Frauen...Thing kein Stimmrecht
Vielleicht brauchten die das gar nicht, die Männer sollten nur das dort abstimmen, was zu Hause besprochen wurde. Frau=innen, Mann=außen.
Das ist vielleicht nur der moderne Blickwinkel, daß das eine Minderberechtigung dargestellt haben soll. Dabei war es lediglich eine zweckmäßige Rollenverteilung.
Wobei man sich natürlich immer fragen muß, von welcher "Epoche" des germanischen Heidentums man spricht. Die "neumodischen Stümper" gab es auch vor über tausend Jahren...
In Ägypten z.B. war damals so eine moderne Fehlströmung auch dieser übertriebene Sonnengottkult (RA/RE), der dann regelrecht monotheistische Züge annahm.
Zitat:Das ist nämlich ein Etikettenschwindel. Und offenbar haben das die meisten Schreiber hier auch schon gemerkt, wie anders sind die ablehnenden Reaktionen sonst zu erklären?
Etikettenschwindel kam mir auch in den Sinn.
Empfinde ich auch so, auch wenn ich mich im Detail bei Asatru nicht auskenne.
Allerdings ist die "ablehnenede Haltung" m.M. noch mehr durch den Sprachstil bedingt, das wurde nun ja genügend ausdiskutiert.
Zitat:Wenn ein Volk zu dekadent ist und sein Land nicht mehr verteidigt, dann kann man diese Schwäche nutzen und das Land für den eigenen Stamm gewinnen. Der andere Stamm geht dabei eventuell unter - pech gehabt.
Genau.
Gruß
Erst wissen, dann denken. Erst denken, dann reden.
Hekaterina
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Die Frauen hatten ihre eigene Versammlung, das sogenannte "Mál", auf dem sie sich untereinander berieten.
Geza
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Cat schrieb:Die Frauen hatten ihre eigene Versammlung, das sogenannte "Mál", auf dem sie sich untereinander berieten. Weiß ich doch (bzw. ist meine Theorie, der noch niemand gefolgt ist). Dennoch: Getrennte Ratssitzungen mit unterschiedlichen Zuständigkeiten sprechen nicht gerade für eine völlige Gleichberechtigung. Auch daß die Frau von der Munt (vgl. "Vormundschaft") des Vaters in die des Ehemannes übergeht spricht nicht für Gleichberechtigung.
Aber wenn man das System der Germanen mit dem anderer Völker vergleicht, dann waren sie sicher auf diesem Gebiet viel liberaler.
Das aber ist eine eigene Diskussion, und moderne Heiden mögen moderne Werte leben, wenn sie es wollen. Aber bintte nicht uns in das alte Heidentum diese Werte hineinmogeln. Ein Wert ist nicht deswegen gut oder gültig, weil er modern ist oder von einer heutigen, unreligiösen Gesellschaft vertreten wird. Ein Wert ist nicht deswegen schlecht oder falsch, weil er heute in Mitteleuropa nicht mehr gelebt wird (in andern Teilen der Welt sieht es eh anders aus). Weiter ausformuliert: Können wir uns die Werte, die wir als heidnisch ansehen und aktiv propagieren wollen, sozusagen von der unreligiösen Gesellschaft vorschreiben lassen? Dann müßten wir doch zuersteinmal fragen, woher diese Gesellschaft sie hat, wer für die Aufstellung dieser Werte verantwortlich ist. Was wären wir aber für eine nutzlose und angepaßte Religion, wenn wir als Religion nicht unsere eigenen Werte hätten und diese der Gesellschaft mitteilen würden. Die Religionen müssenm doch die Werte der Gesellschaft vorgeben, nicht umgekehrt. Denn die Gesellschaft hat keine Ethik.
Lichtgruß,
Geza
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Da schreibt jemand ein sehr schönes Gedicht, und schon wird ein Haar in der Suppe gesucht. *kopfschüttel*
Was man will – nicht was man wünscht – empfängt man.
Cosima Wagner
Geza
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Zu dem Gedicht. Schon der Name ist völlig falsch, denn es handelt sich um "pseudo-nordisch". "Verdi" (eigentlich: "verðr") bedeutet "würdig, wert" ist also nur ein Adjektiv. Und den deutschen Begriff "Werte" (ethische, moralische Werte haben) gibt es erst seit dem 19. Jh. in Deutschland, im Norden gar nicht. "Tugenden" ist hier der richtige, historische Ausdruck.
"-mál" ist Bezeichnung für Merklieder in der Edda. Diese Lieder stehen alle im Versmaß des Ljóðaháttr (Spruchton), dabei wechseln sich Lang- und Kurzzilen gegenseitig ab, wie im folgenden Beispiel (Háv. 1):
>Der Ausgänge halber, bevor du eingehst,
Stelle dich sicher,
Denn ungewiß ist, wo Widersacher
Im Hause halten.<
Die ganze Strophe besteht also aus zwei Lang- und zwei Kurzzeilen im Wechsel. Die Kurzzeilen kann man auch Halbzeilen nennen, eine Langzeile besteht dann aus zwei Halbzeilen.
In dem hier nun in Rede stehenden Gedicht "Verdimal" hingegen stimmt das Versmaß gar nicht. Hier ein Beispiel:
>Treu sollst du sein und Vertrauenswürdig auch;
fest halten sollst du´s mit deinem Glauben,
welcher auch immer der Richtige für dich sei.
Lass dich nicht bekehren zu Dingen,
die dir fremd.<
Hier fehlt eine klare Form föllig; ich habe versucht, die Zeilen zu gliedern und man sieht, es sind 4 Langzeilen (= 8 Halbzeilen) und eine einzelne Kurzzeile. So ein Schema gab es nie in der altnordischen Literatur. Aber selbst dieses Schema ist nicht durchgehalten, sondern jede Strophe hat ein anderes.
Das einzige, was man positiv erwähnen kann, ist daß der Stabreim durchgezogen wurde, wobei er aber teils in der Halbzeile bleibt, teils zwei Halbzeilen verbindet. Z. B. in der 1. Zeile steht der Stabreim in der 1. Halbzeile (sollst-sein) und dann in der 2. Halbzeile ein eigener Stabreim (und-auch), in der 2. Zeile hingegen geht der Stabreim über die beiden Halbzeilen (du's-deinem), in der 3. Zeile sind die Stabreime wiederum nur auf ihre Hälften beschränkt (auch-immer) (der-dich), in der 4. Zeile dann wiederum ein über zwei Halbzeilen greifender Stabreim (dich-Dingen), in der 5. Zeile, der Halbzeile, noch ein kleiner Stabreim (die-dir).
Das alles ist chaotisch in der Form, und dann auch noch dekadent-modern im Inhalt. "Welcher Glaube auch immer der Richtige für Dich sei" - klingt wie von einem Esoterischen Treffen. Gibt es überhaupt mehrere "richtige" Glauben? Und kann es sinnvoll sein, daß jeder sich einen ganz bestimmten wählt? Der Naturgläubige wird dann Indianer, der Naturfrevler aber glaubt an die Erde als Jammertal, und alle sind glücklich? Wenn man indirekt behauptet, jeder Glaube sei wahr, dann ist doch in Wirklichkeit für einen gar keiner wahr. Man kann doch nur von einer Wahrheit überzeugt sein, dann vertritt man diese auch. Wenn man nichts vertritt, ist man auch von nichts überzeugt.
Lichtgruß,
Geza
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Au weia, ganz sympathisches Kerlchen...
Und die Moral von der Geschicht: manche fehlen, manche nicht.
“Seine Pflicht erkennen und tun, das ist die Hauptsache.” Friedrich der Große
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