Yggdrasil
#1
Die nordische Bezeichnung für die Weltenesche, Yggdrasil, wird offiziell mit "Pferd des Odin" bzw. "Ross des Schrecklichen" übersetzt, wobei man davon ausgeht, dass nord. yggr = "Furcht, Schrecken, Schrecklicher" und nord. drasill = "Pferd, Ross" bedeutet.

Meiner Ansicht nach bedeutet Yggdrasil jedoch etwas ganz anderes. Ygg steht (ähnlich dem lat. iugum, dem as. / got. juk) für "Joch", nord. dra-sil[l] hat die Bedeutung "Dreh-Säule".

Damit ist die "Weltenesche" ein Symbol für die Irminsul, die Weltensäule, deren Joch das Verbindungselemt zwischen Säule und den (vom ruhenden Nordpol aus betrachtet) um die Säule rotierenden Sternenhimmel ist. Dazu passt, dass die Weltenesche Yggdrasil der Mythologie nach die verschiedenen "Welten" trägt, so wie die Himmels- und Weltallsäule die Gestirne zu tragen scheint. Nach germanischer Vorstellung wurde diese "Weltensäule" demnach mit einem Baum assoziiert, vgl. auch nord. mjotvidr (Maßbaum). Im Wort Maßbaum klingt noch die alte Funktion der "Weltallsäule" als astronomischer und geodätischer Vermessungsfixpunkt an, hier spiegelt sich die ursprüngliche Bedeutung der Weltallsäule als "Maß kosmischer Gestirnslaufsordnung", als Maß von Raum und Zeit, wider.

Aus astronomischen Gründen kann der "Weltsäulenkult" nur im hohen Norden entstanden sein, denn nur hier, am Nordpol, kann die Weltensäule senkrecht in den Himmel emporragen. Dieser astronomische Befund deckt sich mit der schriftlichen Überlieferung der Alten. So ist z.B. in einer Inschrift Thutmosis' III. von den Säulen des Himmels im Norden die Rede. Bei Ramses II. heißt es in einer Schrift, dass seine Macht und sein Ruhm "von den südlichen Negerländern bis an die Marschländer an den Grenzen der Finsternis, wo die vier Himmelssäulen stehen, reiche" (die Finsternis war ein Synonym für den Norden). Auch die Atlassäulen der Griechen standen ursprünglich im Norden, wo König Atlas von Atlantis als erster die Bewegung der Gestirne errechnet und den Menschen offenbart hat. Auch die Säulen des Herakles standen einst im Norden, bevor sie symbolisch an die Meerenge von Gibralter verlegt wurden.

Dass z.B. die Römer ihre Verbrecher an Tau-Kreuzen, deren Querbalken dem ausladenden, voluntenförmigen Joch und deren Senkrechtbalken der Firstsäule der Weltallsäule gleichen, kreuzigten, ist kein Zufall: Als zentrales Symbol für Recht und Ordnung ("das Gesetz des Kosmos") wurden gegen die Ordnung Verstoßende an genau diesem Symbol gerichtet.

Auch Odin hing sich in die Weltenesche wie an einen Galgen. Hier schließt sich auch der Kreis zum "Ross des Schrecklichen": Im mittel- und nordeuropäischen Kulturkreis wurde der Galgen oftmals als "Ross" und der Gehängte als "Reiter" bezeichnet. So war die Weltenesche tatsächlich Odins "Ross".
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#2
Klingt vernünftig.

Nur beim Nord vs. Südpol muß man evtl. etwas aufpassen, ich würde mich da nicht vorschnell auf den heutigen Norden konzentrieren.

Gruß




Erst wissen, dann denken. Erst denken, dann reden.
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#3
Hallo Sonnenfinsternis,

Der Text ist perfekt.
In jeder Hinsicht nachvollziehbar.

Im Zusammenhang mit meinem letzten Beitrag zum Erdgeist, würde mich interessieren, ob man auch die Schlange als da hängend betrachten soll oder eher nicht?
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#4
Hallo Evelin,

vielen Dank für deine Resonanz. Meinst du mit der Schlange Nidhöggr?


Meine Grüße
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#5


Hallo Sonnenfinsternis,


Das ist ein psychischer Name....

Er klingt, von dir kommend, so ansprechend, so s e l b s t verständlich, dass ich ihn gemeint haben muss.
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#6
Der Göttin zum Gruße,

Zitat:Der Text ist perfekt.

Ohne SFs Aussage/Recherche schmälern zu wollen:

Es gibt keinen perfekten Text!
(erst recht nicht heutzutage mit einer verkümmerten Sprache)

Das ist m.M. ganz wichtig und keine Spitzfindigkeit.
Die logische Annahme, daß ein bestimmter Text perfekt sei, löst unkontrollierte "Begeisterungsemotionen" aus, die die Intuition vernebeln und Fettnäpfchen sind dann garantiert.
Begeisterung ist eine wichtige Schubkraft, solange sie nicht zu einer Befangenheit führt.

Wink
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#7
Hallo,

Zitat:Im Zusammenhang mit meinem letzten Beitrag zum Erdgeist, würde mich interessieren, ob man auch die Schlange als da hängend betrachten soll oder eher nicht?

Meiner Meinung nach sollte man nicht alle schlangenartigen Wesen in einen Topf werfen.
Nidhöggr ist eine gehörnte Schlange bzw. ein Drache und eher der Erde zugeordnet. Er nagt ja auch von unten an den Wurzeln.
Schlangen haben hingegen im allg. einen Wassercharakter.
Ich erinnere an ein sehr schönes Konstrukt, den Caduceus:
Um das "T" schlingen sich 2 Schlangen in Form einer Doppelhelix.
Natürliche, feinstoffliche Energien vollziehen kreisende Bewegungen bzw. Schlangenbewegungen wenn mit männlichem Prinzip (Baumstamm) kombiniert.
Bäume ziehen sich das Wasser auch außen unter der Rinde hoch.

Ein sehr altes Bild zum Thema Caduceus und Lebensbaum ist die Darstellung eines "G*ttes" aus Sumer: Ningizzida, der Herr des Baumes. Manchmal auch einer Göttin zugeordnet.

http://en.wikipedia.org/wiki/Ningizzida

Man beachte den wellenartigen Oberstrich des "T"s, m.M. ein Hinweis auf die Form der Frequenzauspulsung aus dem Stamm. Ähnlich wie bei der Runenkombination SIG-TYR. Sig ("S") und Tyr ("T"). Alles auch von der Lautschwingung stimmig. Siehe Worte wie "säuseln", die säuselnde, hauchende ISIS etc.
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#8
Es gibt auch die Ansicht, der germanische Weltbaum sei keine Esche sondern vielmehr eine Eibe.

Anders als die Esche ist die Eibe ein immergrüner Baum und kann ein enormes Alter erreichen, was sie für diese Rolle geeignet scheinen läßt.
Die entsprechende Stelle in den Schriften der Edda sei demnach auf eine Verwechslung zurückzuführen. Blink

Andererseits streicht das Immergrün dieser Esche das Wunderbare an Yggdrasil heraus.


Wacko ...ich bin leicht verwirrt...


celestine
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#9
Der Göttin zum Gruße,

der Weltenbaum ist der Weltenbaum, ob nun als Esche, Eibe, Mammut etc. ist eher nachrangig bzw. eine Detailfrage, die nicht zu sehr verwirren sollte. Das Prinzip des Weltenbaumes gilt überall auf der Welt, auch dort wo es gar keine Eschen gibt. ;-)
So sehe ich das zumindest.

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#10
Man lasse sich mal den Namen "Weltenbaum" durch den Kopf gehen. Ich finde, er sagt alles über sich selbst aus, warum also darüber spekulieren, ob nun Esche, Eibe usw.
Kein besserer Freund – kein schlimmerer Feind!
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