Das Märchen vom Tränenkrüglein
#1
Ludwig Bechstein
Deutsches Märchenbuch, 1847
Das Tränenkrüglein

           

Es waren einmal eine Mutter und ein Kind, und die Mutter hatte das Kind, ihr einziges, lieb von ganzem Herzen, und konnte ohne das Kind nicht leben und nicht sein. Aber da sandte der Herr eine große Krankheit, die wüthete unter den Kindern und erfaßte auch jenes Kind, daß es auf sein Lager sank und zum Tod erkrankte. Drei Tage und drei Nächte wachte, weinte und betete die Mutter bei ihrem geliebten Kinde, aber es starb. Da erfaßte die Mutter, die nun allein war auf der ganzen Gotteserde, ein gewaltiger und namenloser Schmerz, und sie aß nicht und trank nicht und weinte weinte weinte wieder drei Tage lang und drei Nächte lang ohne Aufhören, und rief nach ihrem Kinde. Wie sie nun so voll tiefen Leides in der dritten Nacht saß, an der Stelle, wo ihr Kind gestorben war, tränenmüde und schmerzensmatt bis zur Ohnmacht, da ging leise die Türe auf, und die Mutter schrak zusammen, denn vor ihr stand ihr gestorbenes Kind. Das war ein seliges Englein geworden und lächelte süß wie die Unschuld und schön wie Verklärung. Es trug aber in seinen Händchen ein Krüglein, das war schier übervoll. Und das Kind sprach: "O lieb Mütterlein, weine nicht mehr um mich! Siehe, in diesem Krüglein sind Deine Tränen, die Du um mich vergossen hast; der Engel der Trauer hat sie in dieses Gefäß gesammelt. Wenn Du nur noch eine Träne um mich weinest, so wird das Krüglein überfließen, und ich werde dann keine Ruhe haben im Grabe und keine Seligkeit im Himmel. Darum, o lieb Mütterlein, weine nicht mehr um Dein Kind, denn Dein Kind ist wohl aufgehoben, ist glücklich, und Engel sind seine Gespielen." Damit verschwand das tote Kind und die Mutter weinte hinfort keine Träne mehr. Um des Kindes Grabesruhe und Himmelsfrieden nicht zu stören, um des Kindes Seligkeit willen weinte sie keine Träne mehr, bezwang sie ihren ungeheuern tiefen Seelenschmerz. So stark und mächtig ist Mutterliebe!

Ludwig Bechstein (1801-1860)
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
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#2
In diesem Märchen wird die aus den Edden bekannte Geschichte von Helgi und Sigrun in chr*stlicher Variante erzählt.

Helgi:
44 Du Sigrun von Sewafiöll bist schuld,
Daß Helgi trieft von tauendem Harm,
Du vergießest, goldziere, grimme Zähren,
Sonnige, südliche eh du schlafen gehst,
Jede fiel blutig auf die Brust dem Helden,
Grub sich eiskalt in die angstbeklommene.

Zähren = altes Wort für Tränen
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
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#3
Hallo. Dieses Märchen habe ich meinem Sohn gelesen.
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