zum Nachdenken
#1
Als ich heute so unter Bäumen sinnierend dasaß, da kam mir eine alte Fabel in den Sinn.
Ich denke mal sie ist von Äsop, kann es aber nicht wirklich behaupten.

Egal wie, sie ging so:

Ein Skorpion mit weit verzweigter Verwandtschaft erhielt die Nachricht, das er zu einer Hochzeit eines Verwandten eingeladen sei und er möge doch bitte kommen.
Der Skorpion, ein Familienmensch, machte sich also auf die beschwerliche und lange Reise.

Irgendwann kam er an einen breiten reißenden Strom den er nicht überqueren konnte.
Also begann er am dieseitigen Ufer hin und herzulaufen um eine Möglichkeit zum überqueren zu finden.
Dabei stieß er auf einen Frosch der im Schilf saß.
Er sprach ihn an, ob er ihn nicht übersetzen würde.
Indes, der Frosch lachte nur einmal kurz und sprach:“ Ich müsste ein schöner Narr sein, wenn ich dich auf meinem Rücken ließe, du stichst mich mit deinem Stachel und ich bin hinüber.“

Der Skorpion jedoch entgegnete:“ Der Narr wäre dann wohl ich. Denn wenn ich dich steche und du stirbst, so sterbe ich mit dir, da ich nicht schwimmen kann.“

So nahm denn der Frosch den Skorpion auf den Rücken und begann über den Fluss zu schwimmen.
In der Mitte des Stromes jedoch stach der Skorpion den Frosch in den Rücken.
Der Frosch, sterbend sah den Skorpion an und fragte ihn:“ Warum hast du das getan? Nun werden wir beide sterben.“

Der Skorpion antwortete bevor er in den Fluten versank:“ Ich kann nichts dafür, es ist meine Natur“.

Warum ich diese Fabel erzähl?

Nun, gibt es nicht auch in jedem von unseren Lebensläufen Menschen die uns eine Zeitlang begleitet haben, die sich manchmal wie der Skorpion verhalten.
Sicherlich mag uns eine Mitschuld treffen, wenn uns solche Menschen überraschen, da wir uns übertölpeln ließen.

Sicher kommen die meisten dieser Menschen am nächsten Tag mit einer Entschuldigung oder mit einer angemessenen Erklärung für ihr Verhalten.

Die Frage die sich jedoch stellt ist doch folgende:

Soll ich weiterhin mit jemand Umgang pflegen, der mir mit seinem Verhalten schon gezeigt hat, das er charakterliche Eigenarten besitzt die mir nicht behagen?
Mit jemandem der mir als Vater, Bruder, Mann, Freund Schaden zugefügt hat?

Ist es nicht besser, zu solchen Menschen einen sauberen chirurgischen Cut zu vollziehen?

Wenn mir die Eigenarten eines solchen Charakters bekannt sind, muss ich mich dann auf die Mitte des Stromes mit ihm begeben?

Ich meine, verzeihen und vergessen ist die eine Sache, die man auch machen sollte um nicht selbst Schaden zu nehmen.

Nur, sollten wir die Skorpione auf unserem Rücken sitzen lassen?

Bevor nun gut gemeinte Ratschläge kommen.

Nein, ich bin von keinem Menschen enttäuscht worden.
Nein ich habe kein zwischenmenschliches Problem.
Nein, ich habe keine Beziehungsprobleme.
Es ist ein reines Gedankenspiel

Bin gespannt auf eure Antworten.
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#2
Neowulf, du schreibst: "Soll ich weiterhin mit jemand Umgang pflegen, der mir mit seinem Verhalten schon gezeigt hat, das er charakterliche Eigenarten besitzt die mir nicht behagen?
Mit jemandem der mir als Vater, Bruder, Mann, Freund Schaden zugefügt hat?"

Wenn du auf dein Innerstes hörst, dann solltest du doch spüren, ob du das noch kannst oder willst.

Ich habe vor Kurzem einen harten Schnitt zu jemandem vollzogen, der ein langjähriger Freund war, jedoch etwas getan hat, dass ich absolut gar nicht akzeptieren konnte. Mein Verstand hätte diese Tat vielleicht noch "schöngeredet" - aber mein Gefühl dazu war so eindeutig, dass ich seitdem keinen Kontakt mehr haben kann und will!

Es gibt Dinge, die tut man einfach nicht; unmoralische, ekelhafte, dumme Taten.
Ich maße mir nicht an, moralisch überlegen oder perfekt zu sein, aber ich habe in mir und für mich gewisse Prinzipien - und mehr noch: Ein Gewissen (wobei so etwas sehr manipulierbar ist)

Leute, die ständig alles vergeben und hinnehmen, die sich mit menschlichem Abschaum abgeben, der sich eigentlich schon zu viele Chancen verspielt hat, sind für mich Idioten. Die opfern sich selbst für Leute auf, die es längst nicht mehr verdient haben.

Es gibt einen Unterschied zwischen Helfen und sich aufopfern, einen Unterschied zwischen Vergebung und Dummheit.
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#3
Zitat:Soll ich weiterhin mit jemand Umgang pflegen, der mir mit seinem Verhalten schon gezeigt hat, das er charakterliche Eigenarten besitzt die mir nicht behagen?
Mit jemandem der mir als Vater, Bruder, Mann, Freund Schaden zugefügt hat?

Ist es nicht besser, zu solchen Menschen einen sauberen chirurgischen Cut zu vollziehen?

Menschen fügen sich immer mal wieder gegenseitig Schaden zu, jedenfalls kann das schon mal vorkommen. Mir ist dabei wichtig, dass derjenige wenigstens hinterher diesen angerichteten Schaden ehrlich bedauert, vielleicht sogar wiedergutzumachen sucht. Wenn dem nicht so ist, dann ist der Schaden für den anderen wirklich gewollt gewesen oder bewusst in Kauf genommen worden und nicht „nur“ aus Schwäche oder Unwissenheit geschehen, und in diesem Fall ist dann ein „sauberer chirurgischer Cut“, wie Du es nennst, meiner Meinung nach das Richtige.

Zitat:Wenn mir die Eigenarten eines solchen Charakters bekannt sind, muss ich mich dann auf die Mitte des Stromes mit ihm begeben?

Wenn einem jemand nicht wohlgesonnen ist, sondern sogar übel, und man begibt sich in dessen Abhängigkeit, na ja, das ist dann nicht sonderlich klug gehandelt. Also meine Antwort ist daher: Nein.


Zitat:Ich meine, verzeihen und vergessen ist die eine Sache, die man auch machen sollte um nicht selbst Schaden zu nehmen.

Vergessen sollte man keinesfalls, meine ich, man sollte es so lange deutlich erinnern, bis man von demjenigen eindeutige Zeichen erhält, dass er sein Handeln ehrlich bedauert. Nur dann kann man davon ausgehen, dass es nicht wiederholt werden wird, und dann kann man den Vorfall, die Vorfälle vergessen. Andernfalls begibt man sich darein, dass man das Gleiche mit dieser Person immer wieder erleben kann. Auch Verzeihen muß man m.E. nicht, wenn keine Zeichen des ehrlichen Bedauerns kommen. Man sollte allerdings nicht mit Wut oder gar Haß im Herzen umhergehen, sondern für sich selbst diese Angelegenheit abschließen und seine Schlüsse, die man daraus zieht, auch umsetzen, z.B. durch Kontaktabbruch. Verzeihen kann und sollte man, wenn der andere wie gesagt sein Handeln ehrlich bedauert. Bedauern aus Selbstmitleid, weil derjenige nun die Folgen seines Handelns tragen muß, dies allerdings genügt nicht.

Problematisch wird es meiner Meinung nach, wenn dann eine solche „persona non grata“ der Hilfe bedarf, und man selbst diese Hilfe leisten könnte und jemand anderer in deren Umfeld womöglich aber nicht. Soll man dann Hilfe leisten? Ich meine, ja, auch um nicht selbst eine (vielleicht auch nur gefühlte) Schuld auf sich zu laden. Allerdings gerät man dabei auch leicht in den Sog des Mitleids, und die klaren sinnvollen Grenzen können sich wieder verwaschen. Das ist eine Gratwanderung, und da muß man abwägen, sehen und erkennen, und dann entsprechend handeln, wie man am besten zurechtkommt mit der Situation.
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#4
Neowulf schrieb:Nun, gibt es nicht auch in jedem von unseren Lebensläufen Menschen die uns eine Zeitlang begleitet haben, die sich manchmal wie der Skorpion verhalten.

Es sind immer dieselben Menschen, ob Freund, ob Feind.

Zitat:Sicherlich mag uns eine Mitschuld treffen, wenn uns solche Menschen überraschen, da wir uns übertölpeln ließen.

Vielleicht Ursachen aus anderen Zeiten, die nun ihrer Wirkung entgegensehen.

Zitat:Sicher kommen die meisten dieser Menschen am nächsten Tag mit einer Entschuldigung oder mit einer angemessenen Erklärung für ihr Verhalten.

Reine Logik, die das Gesamte nicht zu erfassen in der Lage ist. Beim Fehlverhalten stand das Unterbewußtsein desjenigen für einen Augenblick am Ruder und somit der Feind, wenn man es mal so ausdrücken möchte. Danach stellt sich die Logik des Besagten wieder ein und meint, daß aus emotionalen Zwängen ein solches Verhalten nicht richtig war. Das führt dann zu den Entschuldigungen, Ausreden usw.

Zitat:Die Frage die sich jedoch stellt ist doch folgende:
Soll ich weiterhin mit jemand Umgang pflegen, der mir mit seinem Verhalten schon gezeigt hat, das er charakterliche Eigenarten besitzt die mir nicht behagen?
Mit jemandem der mir als Vater, Bruder, Mann, Freund Schaden zugefügt hat?
Ist es nicht besser, zu solchen Menschen einen sauberen chirurgischen Cut zu vollziehen?

Es ist die menschliche Logik, die uns einreden möchte, dieser oder jener ist doch mein Vater, meine Mutter, was auch immer, und muß uns doch lieben. Vielleicht ist aber eben Mutter, Vater oder ... in diesem Dasein eben nur der Erzeuger und uns eigentlich nicht wohlgesonnen.

Zitat:Manchmal lassen solche Menschen sich nicht so leicht aus dem eigenen Umfeld entfernen, gerade wenn es sich dabei um die eigene Verwandtschaft handelt.


Man hat die Wahl, ob man Puppe oder Puppenspieler sein möchte.Sobald man das emotionale Kartenhaus dieser Welt einmal durchschaut hat, ist es mehr oder weniger einfach zu erkennen, wie man sein Umfeld entsprechend lenken kann.

Zitat:Wenn mir die Eigenarten eines solchen Charakters bekannt sind, muss ich mich dann auf die Mitte des Stromes mit ihm begeben?

Du kennst seine Verhaltensweisen, also kannst Du das entsprechend beeinflussen und nutzen.
Füttere den wilden Hund, aber denke nicht daran ihn streicheln zu wollen oder das er Dir deshalb wohlgesonnen ist.

Zitat:Ich meine, verzeihen und vergessen ist die eine Sache, die man auch machen sollte um nicht selbst Schaden zu nehmen.

Verzeihen und die andere Wange wieder und wieder hinhalten = chr. Wertevorstellung und widernatürlich.
Ein Tier, das in die Enge getrieben wird, verteidigt sich und läßt die Schmach nicht über sich ergehen.
Das handhaben Chr*sten so, denn die wollen das so.

Zitat:Nur, sollten wir die Skorpione auf unserem Rücken sitzen lassen?

Der Frosch hätte auf seinen ersten Gedanken hören sollen (Instinkt), dann würde er noch heute im Schilf sitzen Blinzeln

Zitat:Bevor nun gut gemeinte Ratschläge kommen.

Nein, ich bin von keinem Menschen enttäuscht worden.
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Nein, ich habe keine Beziehungsprobleme.
Es ist ein reines Gedankenspiel

Bin gespannt auf eure Antworten.

Fragt sich also, wo dieses Gedankenspiel seinen Ursprung hat Blinzeln
Kein besserer Freund – kein schlimmerer Feind!
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#5
@ Inte

Zitat:Menschen fügen sich immer mal wieder gegenseitig Schaden zu, jedenfalls kann das schon mal vorkommen. Mir ist dabei wichtig, dass derjenige wenigstens hinterher diesen angerichteten Schaden ehrlich bedauert, vielleicht sogar wiedergutzumachen sucht. Wenn dem nicht so ist, dann ist der Schaden für den anderen wirklich gewollt gewesen oder bewusst in Kauf genommen worden und nicht „nur“ aus Schwäche oder Unwissenheit geschehen, und in diesem Fall ist dann ein „sauberer chirurgischer Cut“, wie Du es nennst, meiner Meinung nach das Richtige.

Das sehe ich anders.
Im Bezug auf die eigene Verwandtschaft kann es durchaus etwas umfassender sein.

Emotional lieben die Eltern ihre Kinder, unterbewußt sind sie aber in einigen Fällen ihre Feinde.
Aus diesem Zwiespalt der- oder desjenigen heraus geschehen dann entsprechende Dinge, die man nur so einordnen kann.

Wie ich oben schon schrieb. Das eine ist das Unterbewußtsein und dem gegenüber steht die Logik. Ein lebenslänglicher Kampf und Zwiespalt für den Betroffenen.

Ein Wegrennen ist zudem keine Lösung, weil es nichts nutzt wegzurennen. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben Blinzeln Die identischen Herausforderungen werden einem dann an anderer Stelle entsprechend begegnen! Solange, bis man sie gelöst hat.
Kein besserer Freund – kein schlimmerer Feind!
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#6
@ Kirthan

Zitat:Es gibt Dinge, die tut man einfach nicht; unmoralische, ekelhafte, dumme Taten.
Ich maße mir nicht an, moralisch überlegen oder perfekt zu sein, aber ich habe in mir und für mich gewisse Prinzipien - und mehr noch: Ein Gewissen (wobei so etwas sehr manipulierbar ist)

Gewissen und Skrupel sind manchmal gefährlich. Genau aus dem Grund, den Du anführst.
Lassen wir das einfach weg und folgen unserem Inneren. Ich bin nämlich der Ansicht, daß jeder Mensch, und die Betonung liegt auf Mensch, eine, ich nenne es einmal, "moralische Natürlichkeit" in sich trägt.

Zitat:Leute, die ständig alles vergeben und hinnehmen, die sich mit menschlichem Abschaum abgeben, der sich eigentlich schon zu viele Chancen verspielt hat, sind für mich Idioten.

... wahlweise auch Chr***ten Lol
Kein besserer Freund – kein schlimmerer Feind!
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#7
Hælvard schrieb:
Zitat:Fragt sich also, wo dieses Gedankenspiel seinen Ursprung hat

Nun, als mir diese Fabel wieder einfiel, da stellte ich Zusammenhänge zwischen dem Verhalten des Skorpiones und dem Verhalten mancher Menschen fest.

Der Frosch, so nehme ich an, würde den Skorpion nie wieder auf seinem Rücken tragen, da er dessen wahre Natur kennen gelernt hat.

Wenn sich ein Mensch mir gegenüber ungut und schädigend verhält, so sehe ich doch einen Teil seiner wahren Natur. Ich sehe Eigenschaften seines Charakters die wahrscheinlich unabänderlich sind.
Infolgedessen sind seine Entschuldigungen nicht glaubhaft und können es auch nie sein.
Auch das aufrichtige Bedauern seines Fehlers hilft doch nicht wirklich weiter, da er seine Natur an sich nicht ändern kann.

Infolgedessen muß ich immer damit rechnen, das er in ähnlicher Situation wieder so reagiert.

Daher eigentlich meine Frage nach dem sauberen Schnitt.


Neowulf
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