Das Wendland
#1
Das Wendland

Viele Namen von Bergen, Seen, Flüssen, Orten oder Landstrichen verbergen Hinweise auf alte heidnische Orte und Kulturen. Vor kurzem stellte ich mir die Frage, ob wohl der Name "Wendland" auf den ostgermanischen Stamm der Wenden (Slawen) zurückzuführen sei.
Ein wenig Recherche Besen hat bereits interessante Ergebnisse gebracht, welche ich mit Euch teilen möchte... Lächeln

Der Name
Im Jahre 1705 n.d.Z. wurde der Name Wendland von einem Pfaffen Chr*stian Hennigs aus Wustrow geprägt. Dieser forschte in Bezug auf Sitten, Gebräuche, Sprache und Gewohnheiten der Bewohner. Die zuvor weitverbreitete wendische Kultur verblühte immer mehr, und er war einer der ersten, der sich damit intensiv "beschäftigte". Er kam zu dem Ergebnis, dass die dortigen Bewohner von den Polaben abstammen, dem westlichsten wendischen (slawischen) Stamm, und nannte diesen Landstrich "Wendland". Der Name hat sich bis heute gehalten.

Das Gebiet
Das Wendland umfasste damals nicht nur den heutigen kleinen Teil zwischen Dannenberg und Lüchow. Das Siedlungsgebiet der namensgebenden Wenden erstreckte sich vom heutigen Landkreis Lüchow-Dannenberg über weitere Teile Niedersachsens und auch auf Teile der heutigen Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.

       

Spricht man vom heutigen Wendland, wäre "Hannoversches Wendland" treffender, denn es ist nur der damals im hannoverschen Staatsgebiet liegende Teil. Landschaftlich umfasst das heutige Wendland  den Höhenzug "Drawehn" und einen Teil des Urstromtals der Elbe, die Elbtalauen. Es grenzt an die Lüneburger Heide im Westen und die Altmark im Osten.
Die Polaben lebten in dem Gebiet zwischen Trave und Elbe sowie an den Ufern der Jeetzel.


Die Siedlungsformen
Typisch für das Wendland sind die "Rundlingsdörfer". Bei dieser Siedlungsform werden alle Bauernhöfe erst hufeisenförmig, später kreisrund um einen zentralen Platz gebaut. Lediglich ein Zufahrtsweg führt in das Dorf. Die Grundstücke sind keilförmig angelegt und die typischen Hallenhäuser mit dem Giebel zum Dorfplatz ausgerichtet. Wächst das Dorf noch weiter entlang des Zufahrtweges, entsteht ein sogenanntes Sackgassendorf.
Die Dörfer sind auf einem Landstück gegründet, welches erhöht über den Niederungen liegt, die fruchtbaren und wasserreichen Marschlande umschließen das Dorf. Es ist wissenschaftlich "nicht bewiesen", woher diese Art zu bauen stammt.

Ich finde es aber sehr heidnisch und harmonisch, wenn sich alle Häuser kreisförmig um einen zentralen Mittelpunkt anordnen. Auch heute findet man diesen Dorfplatz unbebaut, häufig stehen Bäume in der Mitte, und die Chr*sten mussten ihre Kirchen außerhalb des Kreises bauen. *g*
Diese Art zu bauen wurde im Mittelalter populär, so dass sich auch Rundlinge in Ostholstein, Westmecklenburg und der Altmark fanden.

       
   

Die Kultur
Das Wendland war nachweislich seit dem Mittelalter von heidnischen Wenden besiedelt, und deren Kultur und Glaube sollen sich bis in das 18 Jahrhundert nachweisen lassen. (Quelle: Informationsbroschüre "Wendland in Sicht")

Die Sprache hat sich bis 1756 gehalten, aber in diesem Jahr starb die letzte wendländische Muttersprachlerin im Alter von 88 Jahren. Zuvor war das Wendland das westlichste Gebiet mit einer slawischen Sprache, und das Drawänopolabische (bezogen auf den Höhenzug Drawehn) lebte somit am längsten von den westslawischen/polabischen Sprachen.
Die Kenntnisse, die man heute über diese Sprache hat, sind einem Bauern zu verdanken. Er hatte erkannt, dass seine Sprache und Kultur aussterben und legte seiner Hofchronik eine Liste mit Begriffen und Wörtern bei.

Johann Parum Schultze schrieb in seiner Chronik: "Wenn mit mir und denn noch drey Personen es vorbey ist in unserem Dorf, alsdann wird wohl niemand recht wissen, wie ein Hund auf Wendisch genannt wirdt."

Heute sind einige Ortsnamen oder einzelne Begriffe in der Alltagsprache ein Relikt davon.
Zum Beispiel kommt der Ortsname "Breese" von dem slawischen Wort "breza" für "Birke", oder der Ortsname Dollgow lässt sich auf das Wort "dolgyi" für "lang" zurückführen.

Ein anderes Beispiel aus dem südlichen Wendland:
Bergen an der Dumme wurde im Jahr 1203 in einem Lehnsvertrag zwischen den Söhnen Heinrichs des Löwen erstmals urkundlich erwähnt.
Namensgebend für die Ortschaft war der Fluss Wustrower Dumme, auch nur Dumme genannt, der sie auf der östlichen Ortsseite durchfließt. Der Flussname bedeutet soviel wie Eichenbach, da sich Dumme auf das alt-slawische Wort dabu für Eiche zurückführen lässt. Der polabische Name für Bergen ist Tjörska (geschrieben als Tÿörska in älteren deutschen Quellen), wahrscheinlich von tjöra (< slawisch *goră) ‘Berg’.
(Quelle: "Wikipedia: Bergen an der Dumme")

Letzte Reste der wendischen Kultur und Religion haben auch überlebt, wie dieses Beispiel zeigt:

Ein im Landkreis beliebtes Fest, das an rheinische Karnevalsumzüge erinnert, ist das Böseler "Buerbeerfest". Tatsächlich ist dieser Festumzug, der jedes Frühjahr mit großem vorbereitenden Einsatz der Dorfbewohner übers ganze Jahr hinweg begangen wird, kein folkloristischer Import, sondern geht zurück auf einen alten heidnischen Fruchtbarkeitsritus, der seit Jahrhunderten begangen wird. Jedes Jahr ist seit jeher ein verkleidetes Brautpaar mit dabei, ein weiterer Hinweis auf ein Fruchtbarkeitsfest.

Als die Bewohner einstmals auf das Fest und die damit einhergehende Opferfeier verzichteten, wurde prompt die ganze Saat durch Hagel zerstört. Seit damals kann sich die Region zuverlässig jedes Frühjahr an den frechen Umzugswagen, phantasievollen Kostümen und opulenten Bieropfern erfreuen.

(Quelle: "willkommen-im-wendland.de")

   
(Quelle: "wendland-net.de - Buerbeerumzug I2014")
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Es bedanken sich: Paganlord , Cnejna , Munin
#2
Die Polaben

Der Name der wendischen Stammes der Polaben leitet sich aus zwei slawischen Wörtern her:

po = an, bei
Labe = Elbe (bis zur deutschen Grenze heißt die Elbe in Böhmen auf tschechisch: Labe)

Die Polaben sind des westlichste Stamm der Wenden, welche an der Elbe (nördlich und südlich) sowie an der Jeetzel verbreitet waren.
Man spricht auch von den Elbslawen. Das Siedlungsgebiet umfasste die heutigen Landkreise Herzogtum Lauenburg (Schleswig-Holstein), Lüchow-Dannenberg (Niedersachsen), Nordwestmecklenburg und Ludwigslust (Mecklenburg) sowie Teile des Altmarkkreises Salzwedel (Sachsen-Anhalt) und des Landkreises Prignitz (Brandenburg).
In der archäologischen Forschung wird das weite Gebiet Mittel- und Ostdeutschlands, das jahrhundertelang von Slawen besiedelt war, „Germania Slavica“ genannt. Es ist zumeist nicht geläufig, dass die Slawen so weiträumig gesiedelt haben...

Als im vierten Jahrhundert n.d.Z. die Völkerwanderung ihren Lauf nahm, zogen slawische Stämme aus dem Osten in Richtung Westen. Im siebten Jahrhundert besiedelten diese Stämme den Norden des heutigen Deutschlands. Die Siedlungen entstanden vor allem in der Nähe von frühen Wallburgen, aber auch im freien Gelände.
In der Region des heutigen Wendlandes siedelte der Stamm der Drewanen (auch Drawehner oder Drawänopolaben genannt) deren Name sich von der bewaldeten Region ableitet, in der sie lebten.

Der Name „Drawehn“ wurde schon im Mittelalter benutzt und wird erstmals in Verbindung mit dem Ort Clenze im Jahre 1004 als Drevani genannt. Drawehn bedeutet wohl „Waldland“ (vgl. sorbisch drjewo, „Holz“). Als „Drawey“ bezeichneten die slawischen Siedler vom Stamm der Polaben (umgangssprachlich auch Wenden) ihren dortigen Bezirk. Zeitgenössische deutsche Quellen sprechen vom Land der „Drevener“ (auch „Drawänen“ oder „Drewjanen“). Die Landschaft ist Grenz- und Überlappungsgebiet zwischen Germanen (Sachsen) und Slawen (vgl. mit der obigen Landkarte).

Polaben und Abodriten
Die Polaben waren eine Teil der Abodriten (auch Obodriten), ein elbslawischer Stammesverband, der vom 8. bis zum 12. Jahrhundert existierte. Trotz seiner exponierten geopolitischen Lage behauptete der Stammesverband der Abodriten seine politische, kulturelle und religiöse Eigenständigkeit gegenüber Franken, Sachsen und Dänen. Damit ist auch gemeint, dass sie sich der Chr*stianisierung und brutalen Missionierung widersetzten.

       
   

Gegen Ende des achten Jahrhunderts war das Frankenreich Karls des Sachsenschlächters soweit aufgebaut, dass es an die Elbe stieß. Das führte dazu, dass die slawischer Fürsten zu jener Zeit die ersten Burgen etwa in Dannenberg, Clenze, Hitzacker und anderswo zu bauen begannen (9./10. Jahrhundert.).
Erst mit der Machtübernahme Ottos I. (936) veränderte sich die Politik gegenüber den Elbslawen dahingehend, dass die Missionierung von Anfang an eine bedeutende Rolle in seinem Konzept spielte. Otto I. wollte ganz in der Tradition Karls des Sachsenschlächters, der die Sachsen brutal missionierte, seinen Glauben nun in den slawischen Gebieten verbreiten. Otto I. versuchte die Grenzen zu stabilisieren und auch die dortigen, slawischen Machthaber auszutauschen, was 983 in einen sog. "Slawenaufstand" mündete. Die Slawen verteidigten sich, beschützten ihre Identitäten und Traditionen und machten die ersten Ansätze der Chr*stianisierung wieder zunichte. Die Liutizen und Abodriten zerstörten dabei die Bischofssitze in Brandenburg und Havelberg, und bis ins 12. Jahrhundert hinein bestand eine kulturelle bzw. religiöse Trennung in Mitteleuropa.
Erst der Slawenkreuzzug im Jahre 1147 brach ihren Widerstand. Der wendische Adel, soweit er nicht zum Chr*stentum übertrat, wurde nach und nach ausgerottet. Systematisch wurde das Land kolonisiert.
Noch lange jedoch blieb die slawische Bevölkerung in ihren "Kiezen" (Hütten) weitgehend unter sich.

Das heutige Wendland blieb allerdings bei all diesen Vorgängen in einer Nebenlage. Es gibt kaum Anzeichen dafür, dass das Wendland Objekt oder Ort kriegerischer Handlungen war. Dichter Wald und dünne Besiedlung kennzeichneten die Region schon damals.
Dennoch kam es zu einer zweiten Einwanderungswelle, mit Beginn der planmäßigen Ostkolonisation um 1150, das war etwa zur gleichen Zeit wie die ersten Kreuzzüge. Dies waren, so vermutet man, ebenfalls Slawen, die aus anderen, bisher eher aufständischen Regionen (Wendenkriege) gleichsam deportiert wurden. Daneben gab es auch mittelhochdeutschsprachige Siedler. Erst zu dieser Zeit entstanden die Rundlingsdörfer, aber auch der Untergang der wendischen Kultur und des dortigen Heidentums, da die mittelhochdeutschen Siedler bereits *lich waren und immer mehr heidnische Kultplätze zerstört wurden.

Heute findet man dennoch in der Region ein paar Dolmen oder "Findlinge". Auch sehr alte Bäume sind zu finden, die heute als "Naturdenkmäler" geführt werden. Es sind meist Linden oder Eichen - die Lebensbäume, die bis heute überdauert haben. In Bergen (Dumme) sind z.B. gleich zwei alte Eichen zu finden: Die Friedenseiche und die Große Eiche.

Ein G*tt der Elbslawen war der wendische G*tt des Rechts: Prowe (vgl. englisch prove = beweisen) und ist mit dem Donnergott Donar, also auch mit Perun gleichzusetzen. Prowe hatte bei den Polaben seinen Tempel unter heiligen Eichen und wurde dort geehrt.
Die alten Götter wurden in heiligen Hainen verehrt und im Zuge der brutalen Chr*stianisierung wurden viele dieser Haine zerstört. Auch als die Menschen bereits den falschen Götzen anbeteten, blieb einige Zeit ein Rest Respekt und Achtung vor den wahren und alten Göttern bestehen:

Werner Meschkank erwähnt im Zusammenhang mit dem Prove-Hain die Entweihung der heidnischen Gerichtsstätte "Banneick" - also eines Eichenhains, um den ein Bann lag - zwischen Bösel und Wustrow im Lüneburger Wendland, bei der eine alte Eiche von Zisterziensermönchen gefällt wurde. Da ihr Holz aus Ehrfurcht niemand als Bauholz verwenden wollte, diente sie bis 1866, bis zur Zollunion, als Zoll- und Grenzbaum an der Grenze zwischen den Gebieten der Askanier und der Welfen. Selbst danach wollte sie niemand haben, und man verwendete sie schließlich als Sitzgelegenheit in der alten Steinkapelle des Dorfes Lübbow (siehe Meschkank, S. 34f.).

Eine andere Aufzeichnung (von dem zu Beginn erwähnten Chr. Hennigs) zeigt, dass Teile des alten Kults um Prowe/Perun bis in das 18 Jahrhundert im Wendland gepflegt wurden:

Creutzbaum Krautzo, ist ein gewisser sogenannter Baum bei ihren Bauerstuben, welches ein allgemeines Gebäude mitten im Dorfe, da sie pflegen ihre Versammlung und Sauffeste zu haben; oben ist der Baum mit einem Wetterhahn geziert; der Baum selbst aber besteht aus Eichenholz. Bei demselben hat man aber viel Aberglauben getrieben, und hätte sich Niemand um aller Welt Wunder nicht an ihm vergriffen, so heilig ward er gehalten. Noch weniger erkühnte sich Jemand, das Geld wegzunehmen, welches die im Dorfe heirathenden Bräute pflegten hineinzustecken.

Die Göttin der Polaben

Die Hauptburg und damit das kulturelle Zentrum der Polaben, lag zunächst im Hammer auf dem Timmermansberg und später in Ratzeburg genau an der Stelle, wo heute der Dom steht.
Ganz in der Nähe der alten Slawenburg in Hammer waren wir in unserer Jugendzeit zelten. Von der relativ kleinen Burg ist lediglich im Wald noch ein Wall zu erkennen, der heute Steinburg genannt wird.

         

Hammer, damals noch Panten, wurde urkundlich erstmalig im Jahr 1158 n.d.Z. erwähnt.
Ein Jahr später, 1159 n.d.Z., wird in Ratzeburg, genau an der Stelle, wo der Tempel der Siva oder Ziva (Hauptgöttin der Pobanen und Fruchtbarkeitsgöttin) mit dem Bau des Ratzeburger Doms begonnen...
Dennoch, die Wenden in Ratzeburg wehrten sich: Einst wurden ein Mönch namens Answer und seine Begleiter im Jahr 1066 n.d.Z. bei Ratzeburg gesteinigt, und später brauchte es drei Anläufe, bis das Chr*stenpack Ratzeburg erobern konnte.

   
Siwa (1740 gemalt)

Siwa, auch Siva, Ziwa oder Živa ist eine Fruchtbarkeitsgöttin der wendischen Polaben, deren Name die "Lebende" oder "Lebenskraft" heißen soll.
Ihre Attribute sind ihr langes, güldenes, wallendes Haar mit einem Kranz, ein Apfel und Weintrauben, wobei manchmal auch Kornähren oder Erdbeeren genannt werden. Wobei diese Attribute erst späteren Bildnissen von Siwa entnommen wurden.

Das Heiligtum, der Tempel der Siwa befand sich auf einem Hügel, welcher auf einer (Halb)Insel zwischen zwei Seen lag. Der Hügel hieß später noch Polaben-Berg, woraus später Palmberg wurde. Auch ein großer Steinkreis soll sich dort befunden haben. Nach dem Abriß des Tempels hat man an dieser Stelle den Ratzeburger Dom errichtet. Heiligtümer der Göttin hat es auch in Rethra und womöglich an weiteren Orten gegeben.
Eine andere Quelle sagt: "Der heilige Hain der Göttin Siwa soll sich auf der Nordseite der Ratzeburger Insel befunden haben."

   

Ziwa wurde wohl auch in anderen slawischen/wendischen Siedlungsgebieten verehrt, und so soll ein weiterer Tempel an einem Ort namens Saybusch oder Seipusch, älter: Saubusch (polnisch "Żywiec"; tschechisch "Živec") in Schlesien gewesen sein. Der Name Saubusch passt gut in den Zusammenhang mit einer Fruchtbarkeitsgöttin.

   
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Es bedanken sich: Munin , Paganlord , Inara
#3
Götter der Wenden

   

Götzenbilder der alten Wenden
Verfasser: Teichgräber, Heinrich Wilhelm
Erschienen: Eduard Pietzsch, Dresden, 1842

Quelle: http://www.blog.pommerscher-greif.de/wendische-gotter/
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