26.11.12017, 16:46
Das Wendland
Viele Namen von Bergen, Seen, Flüssen, Orten oder Landstrichen verbergen Hinweise auf alte heidnische Orte und Kulturen. Vor kurzem stellte ich mir die Frage, ob wohl der Name "Wendland" auf den ostgermanischen Stamm der Wenden (Slawen) zurückzuführen sei.
Ein wenig Recherche hat bereits interessante Ergebnisse gebracht, welche ich mit Euch teilen möchte...
Der Name
Im Jahre 1705 n.d.Z. wurde der Name Wendland von einem Pfaffen Chr*stian Hennigs aus Wustrow geprägt. Dieser forschte in Bezug auf Sitten, Gebräuche, Sprache und Gewohnheiten der Bewohner. Die zuvor weitverbreitete wendische Kultur verblühte immer mehr, und er war einer der ersten, der sich damit intensiv "beschäftigte". Er kam zu dem Ergebnis, dass die dortigen Bewohner von den Polaben abstammen, dem westlichsten wendischen (slawischen) Stamm, und nannte diesen Landstrich "Wendland". Der Name hat sich bis heute gehalten.
Das Gebiet
Das Wendland umfasste damals nicht nur den heutigen kleinen Teil zwischen Dannenberg und Lüchow. Das Siedlungsgebiet der namensgebenden Wenden erstreckte sich vom heutigen Landkreis Lüchow-Dannenberg über weitere Teile Niedersachsens und auch auf Teile der heutigen Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.
Spricht man vom heutigen Wendland, wäre "Hannoversches Wendland" treffender, denn es ist nur der damals im hannoverschen Staatsgebiet liegende Teil. Landschaftlich umfasst das heutige Wendland den Höhenzug "Drawehn" und einen Teil des Urstromtals der Elbe, die Elbtalauen. Es grenzt an die Lüneburger Heide im Westen und die Altmark im Osten.
Die Polaben lebten in dem Gebiet zwischen Trave und Elbe sowie an den Ufern der Jeetzel.
Die Siedlungsformen
Typisch für das Wendland sind die "Rundlingsdörfer". Bei dieser Siedlungsform werden alle Bauernhöfe erst hufeisenförmig, später kreisrund um einen zentralen Platz gebaut. Lediglich ein Zufahrtsweg führt in das Dorf. Die Grundstücke sind keilförmig angelegt und die typischen Hallenhäuser mit dem Giebel zum Dorfplatz ausgerichtet. Wächst das Dorf noch weiter entlang des Zufahrtweges, entsteht ein sogenanntes Sackgassendorf.
Die Dörfer sind auf einem Landstück gegründet, welches erhöht über den Niederungen liegt, die fruchtbaren und wasserreichen Marschlande umschließen das Dorf. Es ist wissenschaftlich "nicht bewiesen", woher diese Art zu bauen stammt.
Ich finde es aber sehr heidnisch und harmonisch, wenn sich alle Häuser kreisförmig um einen zentralen Mittelpunkt anordnen. Auch heute findet man diesen Dorfplatz unbebaut, häufig stehen Bäume in der Mitte, und die Chr*sten mussten ihre Kirchen außerhalb des Kreises bauen. *g*
Diese Art zu bauen wurde im Mittelalter populär, so dass sich auch Rundlinge in Ostholstein, Westmecklenburg und der Altmark fanden.
Die Kultur
Das Wendland war nachweislich seit dem Mittelalter von heidnischen Wenden besiedelt, und deren Kultur und Glaube sollen sich bis in das 18 Jahrhundert nachweisen lassen. (Quelle: Informationsbroschüre "Wendland in Sicht")
Die Sprache hat sich bis 1756 gehalten, aber in diesem Jahr starb die letzte wendländische Muttersprachlerin im Alter von 88 Jahren. Zuvor war das Wendland das westlichste Gebiet mit einer slawischen Sprache, und das Drawänopolabische (bezogen auf den Höhenzug Drawehn) lebte somit am längsten von den westslawischen/polabischen Sprachen.
Die Kenntnisse, die man heute über diese Sprache hat, sind einem Bauern zu verdanken. Er hatte erkannt, dass seine Sprache und Kultur aussterben und legte seiner Hofchronik eine Liste mit Begriffen und Wörtern bei.
Johann Parum Schultze schrieb in seiner Chronik: "Wenn mit mir und denn noch drey Personen es vorbey ist in unserem Dorf, alsdann wird wohl niemand recht wissen, wie ein Hund auf Wendisch genannt wirdt."
Heute sind einige Ortsnamen oder einzelne Begriffe in der Alltagsprache ein Relikt davon.
Zum Beispiel kommt der Ortsname "Breese" von dem slawischen Wort "breza" für "Birke", oder der Ortsname Dollgow lässt sich auf das Wort "dolgyi" für "lang" zurückführen.
Ein anderes Beispiel aus dem südlichen Wendland:
Bergen an der Dumme wurde im Jahr 1203 in einem Lehnsvertrag zwischen den Söhnen Heinrichs des Löwen erstmals urkundlich erwähnt.
Namensgebend für die Ortschaft war der Fluss Wustrower Dumme, auch nur Dumme genannt, der sie auf der östlichen Ortsseite durchfließt. Der Flussname bedeutet soviel wie Eichenbach, da sich Dumme auf das alt-slawische Wort dabu für Eiche zurückführen lässt. Der polabische Name für Bergen ist Tjörska (geschrieben als Tÿörska in älteren deutschen Quellen), wahrscheinlich von tjöra (< slawisch *goră) ‘Berg’.
(Quelle: "Wikipedia: Bergen an der Dumme")
Letzte Reste der wendischen Kultur und Religion haben auch überlebt, wie dieses Beispiel zeigt:
Ein im Landkreis beliebtes Fest, das an rheinische Karnevalsumzüge erinnert, ist das Böseler "Buerbeerfest". Tatsächlich ist dieser Festumzug, der jedes Frühjahr mit großem vorbereitenden Einsatz der Dorfbewohner übers ganze Jahr hinweg begangen wird, kein folkloristischer Import, sondern geht zurück auf einen alten heidnischen Fruchtbarkeitsritus, der seit Jahrhunderten begangen wird. Jedes Jahr ist seit jeher ein verkleidetes Brautpaar mit dabei, ein weiterer Hinweis auf ein Fruchtbarkeitsfest.
Als die Bewohner einstmals auf das Fest und die damit einhergehende Opferfeier verzichteten, wurde prompt die ganze Saat durch Hagel zerstört. Seit damals kann sich die Region zuverlässig jedes Frühjahr an den frechen Umzugswagen, phantasievollen Kostümen und opulenten Bieropfern erfreuen.
(Quelle: "willkommen-im-wendland.de")
(Quelle: "wendland-net.de - Buerbeerumzug I2014")
Viele Namen von Bergen, Seen, Flüssen, Orten oder Landstrichen verbergen Hinweise auf alte heidnische Orte und Kulturen. Vor kurzem stellte ich mir die Frage, ob wohl der Name "Wendland" auf den ostgermanischen Stamm der Wenden (Slawen) zurückzuführen sei.
Ein wenig Recherche hat bereits interessante Ergebnisse gebracht, welche ich mit Euch teilen möchte...
Der Name
Im Jahre 1705 n.d.Z. wurde der Name Wendland von einem Pfaffen Chr*stian Hennigs aus Wustrow geprägt. Dieser forschte in Bezug auf Sitten, Gebräuche, Sprache und Gewohnheiten der Bewohner. Die zuvor weitverbreitete wendische Kultur verblühte immer mehr, und er war einer der ersten, der sich damit intensiv "beschäftigte". Er kam zu dem Ergebnis, dass die dortigen Bewohner von den Polaben abstammen, dem westlichsten wendischen (slawischen) Stamm, und nannte diesen Landstrich "Wendland". Der Name hat sich bis heute gehalten.
Das Gebiet
Das Wendland umfasste damals nicht nur den heutigen kleinen Teil zwischen Dannenberg und Lüchow. Das Siedlungsgebiet der namensgebenden Wenden erstreckte sich vom heutigen Landkreis Lüchow-Dannenberg über weitere Teile Niedersachsens und auch auf Teile der heutigen Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.
Spricht man vom heutigen Wendland, wäre "Hannoversches Wendland" treffender, denn es ist nur der damals im hannoverschen Staatsgebiet liegende Teil. Landschaftlich umfasst das heutige Wendland den Höhenzug "Drawehn" und einen Teil des Urstromtals der Elbe, die Elbtalauen. Es grenzt an die Lüneburger Heide im Westen und die Altmark im Osten.
Die Polaben lebten in dem Gebiet zwischen Trave und Elbe sowie an den Ufern der Jeetzel.
Die Siedlungsformen
Typisch für das Wendland sind die "Rundlingsdörfer". Bei dieser Siedlungsform werden alle Bauernhöfe erst hufeisenförmig, später kreisrund um einen zentralen Platz gebaut. Lediglich ein Zufahrtsweg führt in das Dorf. Die Grundstücke sind keilförmig angelegt und die typischen Hallenhäuser mit dem Giebel zum Dorfplatz ausgerichtet. Wächst das Dorf noch weiter entlang des Zufahrtweges, entsteht ein sogenanntes Sackgassendorf.
Die Dörfer sind auf einem Landstück gegründet, welches erhöht über den Niederungen liegt, die fruchtbaren und wasserreichen Marschlande umschließen das Dorf. Es ist wissenschaftlich "nicht bewiesen", woher diese Art zu bauen stammt.
Ich finde es aber sehr heidnisch und harmonisch, wenn sich alle Häuser kreisförmig um einen zentralen Mittelpunkt anordnen. Auch heute findet man diesen Dorfplatz unbebaut, häufig stehen Bäume in der Mitte, und die Chr*sten mussten ihre Kirchen außerhalb des Kreises bauen. *g*
Diese Art zu bauen wurde im Mittelalter populär, so dass sich auch Rundlinge in Ostholstein, Westmecklenburg und der Altmark fanden.
Die Kultur
Das Wendland war nachweislich seit dem Mittelalter von heidnischen Wenden besiedelt, und deren Kultur und Glaube sollen sich bis in das 18 Jahrhundert nachweisen lassen. (Quelle: Informationsbroschüre "Wendland in Sicht")
Die Sprache hat sich bis 1756 gehalten, aber in diesem Jahr starb die letzte wendländische Muttersprachlerin im Alter von 88 Jahren. Zuvor war das Wendland das westlichste Gebiet mit einer slawischen Sprache, und das Drawänopolabische (bezogen auf den Höhenzug Drawehn) lebte somit am längsten von den westslawischen/polabischen Sprachen.
Die Kenntnisse, die man heute über diese Sprache hat, sind einem Bauern zu verdanken. Er hatte erkannt, dass seine Sprache und Kultur aussterben und legte seiner Hofchronik eine Liste mit Begriffen und Wörtern bei.
Johann Parum Schultze schrieb in seiner Chronik: "Wenn mit mir und denn noch drey Personen es vorbey ist in unserem Dorf, alsdann wird wohl niemand recht wissen, wie ein Hund auf Wendisch genannt wirdt."
Heute sind einige Ortsnamen oder einzelne Begriffe in der Alltagsprache ein Relikt davon.
Zum Beispiel kommt der Ortsname "Breese" von dem slawischen Wort "breza" für "Birke", oder der Ortsname Dollgow lässt sich auf das Wort "dolgyi" für "lang" zurückführen.
Ein anderes Beispiel aus dem südlichen Wendland:
Bergen an der Dumme wurde im Jahr 1203 in einem Lehnsvertrag zwischen den Söhnen Heinrichs des Löwen erstmals urkundlich erwähnt.
Namensgebend für die Ortschaft war der Fluss Wustrower Dumme, auch nur Dumme genannt, der sie auf der östlichen Ortsseite durchfließt. Der Flussname bedeutet soviel wie Eichenbach, da sich Dumme auf das alt-slawische Wort dabu für Eiche zurückführen lässt. Der polabische Name für Bergen ist Tjörska (geschrieben als Tÿörska in älteren deutschen Quellen), wahrscheinlich von tjöra (< slawisch *goră) ‘Berg’.
(Quelle: "Wikipedia: Bergen an der Dumme")
Letzte Reste der wendischen Kultur und Religion haben auch überlebt, wie dieses Beispiel zeigt:
Ein im Landkreis beliebtes Fest, das an rheinische Karnevalsumzüge erinnert, ist das Böseler "Buerbeerfest". Tatsächlich ist dieser Festumzug, der jedes Frühjahr mit großem vorbereitenden Einsatz der Dorfbewohner übers ganze Jahr hinweg begangen wird, kein folkloristischer Import, sondern geht zurück auf einen alten heidnischen Fruchtbarkeitsritus, der seit Jahrhunderten begangen wird. Jedes Jahr ist seit jeher ein verkleidetes Brautpaar mit dabei, ein weiterer Hinweis auf ein Fruchtbarkeitsfest.
Als die Bewohner einstmals auf das Fest und die damit einhergehende Opferfeier verzichteten, wurde prompt die ganze Saat durch Hagel zerstört. Seit damals kann sich die Region zuverlässig jedes Frühjahr an den frechen Umzugswagen, phantasievollen Kostümen und opulenten Bieropfern erfreuen.
(Quelle: "willkommen-im-wendland.de")
(Quelle: "wendland-net.de - Buerbeerumzug I2014")