Veleda, Priesterin der Brukterer
#1
   
Die hochgewachsene Jungfrau namens Veleda, die verehrt wird bei den Rheinwassertrinkern.

Veleda (Velleda, Velléda, Velēda, Weleda) wurde um 30 n. d. Z. als Tochter eines Lippe-Brukterer-Fürsten am Stammsitz der Lippe-Brukterer im heutigen Lippstadt geboren. Veleda wurde als Heranwachsende zur Ausbildung nach Rom gegeben, wo sie entsprechend hochgebildet wurde. Sie hat in Rom nicht nur die römische Kultur und Geschichte kennengelernt, sondern auch das römische Militärwesen und die Sprache der Römer perfekt beherrscht. Nach ihrer Ausbildung in Rom kehrte Veleda über Köln nach Lippstadt zurück, um dort als geistliches und politisches Oberhaupt des freien Germaniens zu wirken.

Veleda hat nach ihrem Romaufenthalt eine Priesterinnenlaufbahn eingeschlagen, die mit sakralen Tätigkeiten an den verschiedenen Kultplätzen der westfälischen Germanenstämme einherging. Dabei soll sie auch zeitweise zurückgezogen in einer Höhle bei Bestwig unweit des ehemaligen Tamfana-Tempels auf dem Istenberg in Olsberg-Bruchhausen (Bruchhauser Steine) gelebt haben. Germanicus hatte wahrscheinlich diesen Tempel 14 n. d. Z. zerstört, als er während des Erntedankfestes am 23.09.14 mordend und brandschatzend vor allem die Dörfer der Marser südlich der Lippe verwüstete.

Im September 63 wurde (wie alle neun Jahre) das kultische Opfer-Höchstfest der Istävonen und ihr höchster Gerichtstag abgehalten. An dieser Volksversammlung (Thing) nahmen wie gewöhnlich die Schicksalsfrauen, Seherinnen oder Priesterinnen der vertretenen Stämme teil. Veleda von den Lippe-Brukterern wurde vom Thing als höchstes geistiges Oberhaupt aller Istävonen (Westgermanen, siehe Mannus, als Stammvater der Germanen) gewählt.      

Veleda wurde am ehesten zugetraut, Vorzeichen zu deuten und politische Ratschläge zu erteilen. Deshalb erhielt sie den höchsten Rang unter allen Priesterinnen. Ob ihre Gestalt (sie soll eine hochgewachsene Jungfrau gewesen sein) oder ihre Bildung oder ihr geschicktes Auftreten im Kreis der Stammesführer oder alles zusammen ihre Wahl begünstigt haben, ist nicht bekannt.

Damit stand Veleda hierarchisch auch den Seherinnen der anderen Germanenstämme vor, z. B. den Seherinnen der Ems-Brukterer mit ihrem Kultplatz in Floethe (Brochterbeck, Dörenther Klippen), der Cherusker mit der Teutoburg (Externsteine), der Marser mit den Bruchhauser Steinen auf dem Istenberg südlich Brilon (südwestlich Marsberg) oder der Chatten in Hettenhain im Taunus.

Sie war über 15 Jahre (von 63 bis 77 n. d. Z.) das geistliche und politische Oberhaupt des freien Germaniens östlich der Rheingrenze und eine Anführerin im Kampf gegen die römische Besatzungsmacht am Rhein.

Im Jahr 69 ging Veleda mit Civilis (dem Anführer der Bataver) ein Bündnis gegen Rom ein, welches als einer der großen Freiheitskämpfe der Germanen gegen die römischen Besatzer in die Geschichte eingegangen ist.

   
Julius Civilis (germanischer Name unbekannt) war ein germanischer Militärkommandant in römischen Diensten. Eine Gedenktafel für ihn fand Aufnahme in die Walhalla in Regensburg.

Es gibt kaum zwei (im Kampf vereinte) gegensätzlichere Charaktere als Veleda und Civilis. Veleda, hoch gebildet, eine groß gewachsene, intelligente, diplomatische und machtbewußte Frau auf der einen Seite, und Civilis der Haudegen, seit 25 Jahren in römischen Diensten, vom Kampf gezeichnet, ein Auge verloren, verwegen, tapfer und etwas größenwahnsinnig, der sich öffentlich gerne mit Hannibal verglich, als er das römische Weltreich herausforderte.

Um Veleda zu imponieren, kaperte Civilis kurzerhand das Admiralsschiff (praetoriam navem) der römischen Rheinflotte, ließ die Trieme die Lippe aufwärts rudern und brachte sie Veleda als Geschenk. Ein Mann der großen Gesten. Auch den mitgefangene Befehlshaber der XV. Legion (Lupercus) aus dem eroberten Xanten (Castra Vetera) wollte Civilis Veleda als Geschenk übersenden. Leider kam Lupercus nicht bei Veleda an, er wurde auf dem Weg zu ihr nach Lippstadt ermordet.

Der etwas rauhere Charakter von Civilis zeigt sich auch in der Episode mit den römischen Gefangenen in Köln. Angeblich stellte Civilis in seinem Kölner Haus seinem kleinen Sohn einige römische Gefangene als Zielscheibe für dessen erste Schießübungen zur Verfügung.

   

"Der Rheinkrieg 69/70 n. d. Z. war keine spontane Erhebung römisch-germanischer Truppenteile im römischen Heerlager in Mainz, sondern ein von Civilis und Veleda geplanter Angriffskrieg Germaniens gegen Rom, einer "der entsetzlichsten aller Zeiten"." (Mommsen)

Der Abfall von Rom wurde erst dann einstimmig beschlossen, nachdem die Hohepriesterin Veleda dem zugestimmt hatte.

   
Veleda stimmt durch Handzeichen dem Krieg gegen die Römer zu.

Im Laufe des Rheinkrieges 69/70 wurden von der germanischen Rebellenarmee alle rheinischen römischen Militärstützpunkte zwischen Mainz und der Nordsee erobert und zerstört. Auch die römischen Truppen in Xanten kapitulierten. Und im April 70 übergaben die Römer schließlich auch Köln an Civilis und Veleda.

   
Kaiser Vespasian, dessen Büste auch in Potsdam (Sanssouci) zu sehen ist.

Kaiser Vespasian mußte die römischen Truppen am Rhein neu organisieren. Er schickte nun Quintus Petillius Cerialis als Feldherr und Nachfolger des bisherigen Kommandanten nach Mainz. Cerialis war Ehemann der Flavia Domitilla (Tochter Vespasians) und damit des Kaisers Schwiegersohn. Tacitus sagt, er sei eher ein kühner Soldat als ein vorsichtiger General gewesen, der es vorzog, für ein bestimmtes Ziel alles auf eine Karte zu setzen. Er besaß eine natürliche Beredsamkeit, die bei seinen Soldaten schnell wirkte. Seine Loyalität seinen Vorgesetzten gegenüber war unerschütterlich.

   
Cerialis landet bei Antwerpen am Rhein. Cerialis hatte bereits in Britannien bei der Niederschlagung des Boudicca-Aufstandes militärische Erfahrung gesammelt und hatte in Italien gekämpft.

Die germanischen Truppen unter Civilis griffen das römische Heer in Trier an. Sie konnten zwar die Moselbrücke erobern, wurden dann jedoch in harten Kämpfen von Cerialis zurückgeworfen und mußten sich wieder zurückziehen.    

Civilis eilte nun zurück nach Köln und von da weiter in die Niederlande, da Cerialis die römische XIV. Legion von Britannien aus in Marsch gesetzt hatte. Hier konnte Civilis (mit Unterstützung der Canninefaten) einen großen Teil der römischen Britannienflotte vernichten.

Nach diesem heftigen Schlagabtausch mußten sowohl Cerialis als auch Civilis ihre Kräfte sammeln und trafen mit jeweils einem großen Heer bei Xanten aufeinander. Ceralis führte die II. Legion, die XI. Legion und die XIV. Legion an. (Die XIV. Legion tauschte er später gegen die X. Legion (die aus Spanien eintraf) aus.)

Der germanische Anführer Civilis versuchte die große Feldschlacht zu vermeiden, plante einen Partisanenkampf. Dazu baute er einen Damm über den Rhein, um das Sumpfgebiet bei Xanten weithin zu überfluten. Bei ersten Auseinandersetzungen im Sumpf waren Civilis Truppen durchaus erfolgreich. Auch die Lippe-Brukterer kamen schwimmend über den Rhein und griffen am Damm die Römer an.

   
Germanen kommen über den Rhein und greifen die Römer an

Es wendete sich das Blatt zugunsten Cerialis, als ein batavischer Verräter mit Ortskenntnis Cerialis eine Umzingelungsstrategie verriet. Civilis Truppen flohen über den Rhein in den freien Teil Germaniens, wurden von Cerialis auch nicht verfolgt, weil die römische Rheinflotte noch nicht eingetroffen war. Civilis, Classicus und Tutor sammelten ihre Truppen auf Batavergebiet und griffen die Römer im August 70 erneut an, gleich vier Läger an einem einzigen Tag (Kleve/Harenatium mit der X. Legion, Batavorum mit der II. Legion, Grinnes und Vada mit Kohortenverbänden). Als Cerialis auch die Niederlande besetzte, zog Civilis sich wiederum ins Linksrheinische zurück.

Civilis wurde von den Römern nie geschlagen, jedoch militärisch geschwächt. An eine Fortführung der anti-römischen Offensive war nicht mehr zu denken. Statt dessen wurde das Germanen-Heer am Rhein abwartend positioniert. Auch die Römer waren militärisch geschwächt und konnten keinen Angriff auf das große germanische Heer wagen.

Wiederum war es die Hohepriesterin Veleda, die sich im September 70 in die Verhandlungen mit Cerialis, Civilis und weiteren Germanenfürsten einschaltete. Der römische Anführer, General Cerialis versuchte, Veleda zu einer Einstellung der Kampfhandlungen zu bewegen, indem er sich direkt an sie wandte. Veleda erreichte in den Friedensgesprächen, daß der gemanische Anführer Civilis dem römischen General Cerialis im Oktober 70 die von dem Römer geforderte wichtige Brücke über die Nabilia (in den Niederlanden) überreichte.

   
Der Römer erhält seine Brücke und Germanien den Frieden.

Tacitus' Bericht über die eigentlichen Friedensverhandlungen Veledas in Rom sind verschollen.

Rom mußte ein Drittel seiner weltweit eingesetzten Streitkräfte aufwenden, um die Erhebung der Germanen in den Griff zu bekommen. Gewonnen hat Rom den letzten großen Germanenkrieg 69/70 aber nicht.

Veleda, wurde in dieser Pattsituation als Verhandlungsführerin des freien Germaniens zu Friedensverhandlungen nach Rom gebeten und beendete die Kampfhandlungen mit einem politisch geschickt ausgehandelten Friedensvertrag.

Auch in den Jahren nach dem Rheinkrieg führte Veleda von ihrem hohen Sitz (Veleda-Turm oder einer der Externsteine) am Lippstädter Fürstenhof aus die politischen Geschäfte der freien Germanen. Als es um 71 n. d. Z. zwischen Ubiern und Tenkterern zu einer Auseinandersetzung um den freien Zugang in die Stadt Köln und um die Nähe der Ubier zu den Römern ging, reiste eine hochrangige ubische Delegation von Köln nach Lippstadt. Auch die Tenkterer schickten ihre Verhandlungsführer. Veledas Schiedsspruch (den beide Verhandlungsparteien akzeptierten) rettete die Stadt Köln vor der Zerstörung durch die Tenkterer.

77 n. d. Z. wurde Veleda von Gallicus (der damalige Oberbefehlshaber des besetzten Germaniens westlich des Rheins) nach einem neuen Aufstand der Brukterer gefangengenommen und nach Rom gebracht.

Dort traf Veleda auf ihren damaligen Gegner, den römischen Kaiser Vespasian (regierte 69-79). Kaiser Vespasian bat die germanische Priesterin, auch für ihn als Ratgeberin tätig zu werden. Kaiser Vespasian unterstütze Veleda in tiefer Achtung und Ehrfurcht bis zu seinem überraschenden Tod im Juni 79. Auch sein Sohn und Nachfolger Kaiser Titus unterstützte die germanische Priesterin finanziell und achtete stets ihre Integrität.

Veleda starb in den 80er Jahren im südlich von Rom gelegenen Ardea. Eine 1926 gefundene Marmortafel aus Ardea ist ihr letztes Lebenszeichen. Inschrift: "Der hochgewachsenen Vestalin namens Veleda, die verehrt wird bei den Rheinwassertrinkern".

   
Veleda ist eine deutsche Nationalheldin und wird deshalb in der Regensburger Walhalla bis heute verehrt. Man kann sie mit der französischen Jeanne d'Arc vergleichen.
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
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#2
Noch ein paar Bilder:


   
Veleda, Hohepriesterin der Istwäonen (Westgermanen)


   
Die Hohepriesterin Veleda wird noch heute in Köln verehrt, weil sie die Stadt vor der Zerstörung bewahrte.


   
Julius Civilis, Anführer der Bataver.


   
Civilis läßt seinen Sohn zu Übungszwecken auf gefangene Römer schießen.


   
Civilis übergibt die Brücke an Cerialis.
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
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#3
Hallo,

ich lebe in dieser Gegend, Veleda war eine sehr interessante Frau, Erzählungen und Geschriebenes über sie sind mir nicht neu, dennnoch immer wieder gerne gelesen.
Die Bruchhauser Steine sind übrigens ein sehr interessanter Ort, wozu ich mal etwas schreiben werde.
Ich bin gerne dort, man hat seine Ruhe, ab und zu mal Wanderer, man findet hier und dort einen Platz zum Verweilen, ohne plattgelatscht zu werden, es nicht so überlaufen wie bei den Externsteinen, kein direkter Ausflugsmagnet.
(Die Zombies müssten sich einen steilen Weg hoch bemühen, und zu Saufen gibt es auch nichts Lol)

Vielen Dank für den Beitrag

Winken

Lohe
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#4
(06.06.12017, 15:10)Paganlord schrieb: https://www.pagan-forum.de/post-52294.html#pid52294Veleda (Velleda, Velléda, Velēda, Weleda) wurde um 30 n. d. Z. als Tochter eines Lippe-Brukterer-Fürsten am Stammsitz der Lippe-Brukterer im heutigen Lippstadt geboren.

An der Lippe »op de Hummborg« soll sie gelebt haben.
Man sagt, sie habe in einem hohen Turm am Fluss gewohnt und Ratsuchenden die Antwort nur durch die Vermittlung Auserwählter gegeben. Der Veleda-Turm soll auf der bis auf einen kümmerlichen Erdhügel verschwundenen Humburg bei Herringen an der Lippe gestanden haben.
Die Hohenburg = Homburg = Hummborg stand größtenteils auf dem Gelände des jetzigen Hafens Gersteinwerk des RWE-Gerstein-Kraftwerks in Hamm-Nordherringen nördlich vom Torkweg

Die Homburg war eine große mittelalterliche Burg am Südufer der Lippe. Im zwölften Jahrhundert diente sie als Sitz der Grafen von Berg (siehe Burg Berge im Odenthal und nachfolgend Schloss Burg an der Wupper). Sie lag rund 1,5 km nordwestlich des heutigen Stadtbezirks Hamm-Herringen. Einstmals eine der größten Burgen der Region, ist von ihr heute so gut wie nichts mehr erhalten.

Bei der Homburg handelte es sich um eine (hölzerne) Motte bzw. Turmhügelburg, eine der größten in Norddeutschland. Angesichts ihrer Größe muss die Homburg eine bedeutende Burg gewesen sein. Es erstaunt daher, dass es in den zeitgenössischen mittelalterlichen Quellen keinerlei Anhaltspunkte für ihre Existenz oder Geschichte gibt.

Ehemalige Homburg (WGS 84: 51° 40' 09.11" 7° 43' 13.49")

In NRW gibt es einige Hinweise auf Veleda. Einmal soll sie in einer Höhle bei Hardenberg (Velbert-Neviges) verehrt worden sein sowie an der Stelle der Spillenburg in Essen. Hiervon wird berichtet, daß auch dort die Veleda in einer Höhle verehrt wurde, mit Spielen, Tanzen und Gesang.

Die Lohe
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