Die Antike und Kinder
#1
Im Alten Rom begab es sich so, daß das Familienoberhaupt, der pater familias, bald nach der Geburt eines Neugeborenen in seiner Familie entscheiden mußte, was mit dem Kind geschehen sollte. Die offizielle Begrüßung in der Familie war mit dem Akt des in die Arme schließen des Kindes durch den pater familias erledigt.

Wies er das Kind zurück, wurde es von einem Sklaven irgendwo ausgesetzt, wo es dann starb.

Anmerkung: Geschichtsschreiber können heute nicht mit Gewißheit sagen, wie verbreitet die Praxis des Aussetzens war bzw. darf das nicht offiziell bekanntgegeben werden. Man geht allerdings davon aus, daß sie bei behinderten Neugeborenen allgemein gebräuchlich war.
Was damals gebräuchlich war, steht heute unter Strafe!



Angesichts hoher Kindersterblichkeit war diese Art der Praxis vermutlich auch weniger ein Problem in reichen Gesellschaftsschichten als vielmehr bei armen Familien, die die Kinder nicht ernähren konnten und oft nur keine andere Wahl hatten und Möglichkeit sahen, als das Kind zu verstoßen!

War das Kind allerdings in der Familie angenommen, feierte man seine Geburt acht Tage lang mit Festessen, Gebeten und Besuchen im Tempel. Während der Feierlichkeiten bekam das Kind einen Namen und einen Glücksbringer, der es vor bösen Geistern bzw. Flüchen schützen sollte.

Anmerkung: Man erkennt hier deutlich eine Spiritualität, die heute vielerorts als Aberglaube abgetan wird.
Allein die Tatsache, daß jedem Kind ein Talisman geschenkt wurde, der es sicher durch die Kindheit geleiten sollte, spricht im weiterführenden Sinne für die innewohnende Spiritualität. An zweiter Stelle erst stellt sich die Frage, ob als Brauchtum und Tradition weitergeführt oder ob diese Handlung mit dem entsprechenden Hintergrundwissen vollzogen wurde?
Ob die Plebs vor über 2000 Jahren die tatsächlichen Hintergründe kannten, bleibt offen. Fakt ist jedoch, daß das Wissen von damals zu heute in vielerlei Hinsicht abhanden gekommen ist!

Ich kann mich nicht erinnern, einen Glücksbringer bekommen zu haben ...
Aber in zukünftigen Generationen legt man der Wiege wahrscheinlich ein 'Smartphone' bei ...



Geschichtsschreiber sind der Auffassung, daß die Säuglingssterblichkeit in der Antike extrem hoch war, weshalb Ehepaare versuchten, möglichst viele Kinder zu bekommen, damit mindestens eines oder gar mehrere überlebten.

Anmerkung: Man behauptet heute auch, daß die Menschen damals nicht sehr alt geworden seien ...
Tatsache ist, daß es schon damals eine Überbevölkerung gab!
Mit Sicherheit nicht in heutigem Ausmaß, dennoch zu viele!



Im Alter von sieben Jahren wurden die Kinder in eine Art Grundschule geschickt. Davor verbrachten sie die meiste Zeit zu Hause. Bezugspunkt der Kinder waren also die Eltern bzw. Kindermädchen usw. Alles in heimischer Atmosphäre, nicht etwa in einem zentralen Sammellager namens Kindergarten!

Anmerkung: Ich kann mir vorstellen, daß genau dieser Aspekt enorme Auswirkungen auf die soziale Entwicklung der Kinder hatte.
Kein besserer Freund – kein schlimmerer Feind!
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#2
Volljährigkeit

Ein römischer Junge wurde mit 14 Jahren volljährig und als Bürger eingetragen. Zu diesem Zeitpunkt lag schon eine lange Vorbereitung auf das Erwachsenenleben hinter ihm. Man erwartete von einem Vater, daß er sich der Erziehung seines Sohnes annahm und ihm Benehmen sowie Führung der Familiengeschäfte beibrachte.

Um den Schritt ins Erwachsenenleben zu markieren, opferte der Junge den Glücksbringer aus seiner Kinderzeit und bekam die Toga eines erwachsenen Mannes. Dann ging er zum Forum, um seinen Namen auf die Liste der Bürger zu setzen, und besuchte anschließend den Tempel. Bei diesem Gang begleiteten ihn möglichst viele Männer aus der Familie und dem Bekanntenkreis, um nach außen den starken Rückhalt für den Neubürger zu demonstrieren. Die Feiern zogen sich mit einem großen Bankett bis weit in den Abend hin.

Anmerkung: Man erkennt deutlich den natürlichen Rhythmus: Mit 7 eingeschult, mit 14 zum Mann usw.
Kein besserer Freund – kein schlimmerer Feind!
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#3
Ein sehr schönes Thema.

Zitat:Die offizielle Begrüßung in der Familie war mit dem Akt des in die Arme schließen des Kindes durch den pater familias erledigt.
Wies er das Kind zurück, wurde es von einem Sklaven irgendwo ausgesetzt, wo es dann starb.

In dem opulenten Film Cleopatra mit Liz Taylor gibt es eine Szene, in der Cäsar den kleinen Cäsarion von einer Amme überreicht bekommt und alle mit Spannung darauf warten, ob er das Kind annimmt, also in die Arme nimmt, oder nicht. Eine schöne Szene, in der dieser Brauch auch einmal im Film dargestellt wird.


Zitat:Ich kann mich nicht erinnern, einen Glücksbringer bekommen zu haben ... Aber in zukünftigen Generationen legt man der Wiege wahrscheinlich ein 'Smartphone' bei ...

... oder man pflanzt dem Säugling gleich einen Transponder unter die Haut. Jedenfalls eine gruselige Vorstellung, die da auf die nachfolgenden Generationen zukommt.


Zitat:Geschichtsschreiber sind der Auffassung, daß die Säuglingssterblichkeit in der Antike extrem hoch war, weshalb Ehepaare versuchten, möglichst viele Kinder zu bekommen, damit mindestens eines oder gar mehrere überlebten.

Ja, die Antike wird immer schlechter gemacht, als sie eigentlich war. Ich persönlich denke jedoch nicht, dass die Kindersterblichkeit in Rom in den höheren sozialen Schichten bedeutender war als heute. In der Antike gab es halt diese Brutwut noch nicht in dem Ausmaß wie heute. Im Verhältnis ist es wahrscheinlich sogar genau andersherum, dass nämlich sehr viel weniger Kinder gestorben sind als heute.
Im A & O das Geheimnis liegt - Omega siegt!
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#4
Zitat:Mit 7 eingeschult, mit 14 zum Mann usw.

Mit 21 zum Mann, vorher sind es nur Männer auf Probe... Biggrin
Erst wissen, dann denken. Erst denken, dann reden.
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#5
Zitat:Im Alter von sieben Jahren wurden die Kinder in eine Art Grundschule geschickt. Davor verbrachten sie die meiste Zeit zu Hause. Bezugspunkt der Kinder waren also die Eltern bzw. Kindermädchen usw. Alles in heimischer Atmosphäre ...

Im Kontrast dazu verhielt es sich zu Beginn der Republik so, daß die meisten Kinder zu Hause von ihren Eltern erzogen und ausgebildet wurden. Bis zum Alter von sieben Jahren war die Erziehung Aufgabe der Mutter, danach übernahm bei Söhnen der Vater die Ausbildung, um Töchter kümmerte sich weiterhin die Mutter.
Ein Vater brachte seinem Sohn alles bei, was für das tägliche Leben in der römischen Gesellschaft wichtig war. So konnte beispielsweise der Sohn eines Patrons schon früh zusammen mit dem Vater Klienten empfangen, um auf seine künftige Rolle vorbereitet zu werden. Während die Jungen in vielfältigen Bereichen unterrichtet wurden, lernten Mädchen in der Regel nur Haushaltstätigkeiten, die sie als verheiratete Frau beherrschen mußten.

Die Kinder der ärmsten Römer gingen nicht zur Schule, denn diese Familien konnten es sich nicht leisten, die Kinder in eine kostenpflichtige Schule zu schicken. Diese Kinder trugen zwangsläufig meist schon sehr früh zum Lebensunterhalt der Familien bei.

Reichere Familien zogen es dagegen oft vor, ihre Kinder nicht in der Schule, sondern zu Hause von einem Erzieher (paedagogus) unterrichten zu lassen. Diese Hauslehrer waren meist griechische Sklaven. Allerdings waren sie ausschließlich einer Familie verbunden und gehörten wie die anderen Sklaven zu deren Haushalt.
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