Hauchdünne Elektro-Pelle
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Hauchdünne Elektro-Pelle

Forscher präsentieren Fortschritte bei der Entwicklung einer elektronischen Haut - Von Frank Grotelüschen

Informationstechnologie. - Die Haut ist bekanntlich das größte Organ des Menschen - ein multifunktionales Wunderwerk, mit dem man zum Beispiel fühlen und Temperaturen erspüren kann. Schon seit einiger Zeit versuchen Wissenschaftler, dieses Konzept in die Technik zu übertragen: Sie tüfteln an der elektronischen Haut - eine Art Folie, die mit unterschiedlichsten Sensoren gespickt ist. Diese Woche präsentieren im Fachmagazin "Nature" gleich zwei Forscherteams bemerkenswerte Fortschritte.


"Aus der Sicht des Ingenieurs ist die menschliche Haut ein Interface zwischen dem Körper und der Außenwelt. Wir bauen etwas Ähnliches, um dadurch eine neue Art von Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine zu schaffen."


Im Prinzip ist die Schnittstelle, die Ali Javey von der kalifornischen Berkeley-Universität erwähnt, vergleichbar mit einem Touchscreen - ein Material, das höchst empfindlich auf Berührung reagiert. Doch die Touchscreens von heute, wie man sie von Smartphones und Tablet-Computern kennt, sind buchstäblich unflexibel: Sie lassen sich weder biegen noch falten und schon gar nicht zusammenknüllen wie ein Stück Papier. Genau das soll mit jener Technik möglich sein, an der Javey und seine Kollegen arbeiten - der elektronischen Haut.

"Die elektronische Haut basiert auf einer dünnen Plastikfolie. In diese Folie sind unterschiedliche Sensoren integriert. Manche messen den Druck einer Berührung, andere die Temperatur, und wieder andere reagieren auf Licht."

Das Problem dabei: Sensoren, die auf Siliziumchips basieren, sind im Wesentlichen untauglich, sie lassen sich kaum biegen. Also müssen die Forscher auf eine andere Technik ausweichen - auf Sensoren aus elektronisch aktivem Kunststoff. Das Team von Ali Javey hat es nun geschafft, relativ viele und komplexe Sensoren auf einmal auf eine Plastikfolie aufzubringen, und zwar mit Methoden, wie sie die Industrie zur Herstellung von Computerchips nutzt.

"In unseren Prototypen haben wir Drucksensoren und organische LEDs integriert. Drückt man irgendwo mit dem Finger auf unsere elektronische Haut, fängt sie an dieser Stelle an zu leuchten - und zwar umso heller, je stärker man drückt."

Doch das sei erst der Anfang, sagt Javey - und stellt sich alle möglichen Anwendungen für seine Technik vor: Touchscreens, extrem dünn und biegsam. Eine berührungsempfindliche Haut für den Roboter der Zukunft. Oder eine intelligente Leucht-Tapete, die wahlweise als Fernsehbildschirm, Computertastatur oder Lampe fungiert und sich durch Handauflegen bedienen lässt oder sogar mit Gesten. Der Prototyp aus Kalifornien ist zwar nur 20 Mikrometer dünn, etwa wie ein Blatt Papier. Noch dünner allerdings ist die Elektrofolie, die der Österreicher Martin Kaltenbrunner präsentiert. Er arbeitet in einem Forscherteam an der Universität Tokio.

"Das ist nur 1,2 Mikrometer dick. Die normale Frischhaltefolie ist ungefähr 20 Mal dicker als das, was wir als Substrat nehmen."


Kaltenbrunner und seine Leute haben es geschafft, auf diese Folie berührungsempfindliche Schaltkreise so aufzudampfen, dass sie stabil und zuverlässig arbeiten. Das Ergebnis ist eine Sensorfolie zart und leicht wie eine Feder. Die Schaltkreise sind nicht ganz so komplex wie beim Patent aus Kalifornien. Aber die Folie aus Tokio ist deutlich dünner und lässt sich deshalb besser aufrollen, falten und sogar zusammenknüllen. Und das bedeutet:

"Du kannst das auf die Haut machen. Du kannst das um jedes Objekt herumwickeln, das Du gerne haben möchtest. Im Prinzip so wie Frischhaltefolie."


Nun will Kaltenbrunner seine Sensorfolie zu einer elektronischen Haut weiterentwickeln, etwa um Roboter mit ihr auszustatten. Denkbar sind aber auch hauchdünne, intelligente Pflaster, die Puls, Blutdruck oder Körpertemperatur messen.

"Und das soll möglichst dünn und komfortabel sein, damit man das auch wirklich gerne auf der Haut tragen kann, ohne dass es einen stört."

Dazu aber müssen die Forscher das Verfahren industrietauglich machen - im Labor kriegen sie bislang nur kleine Muster hin. Doch im Prinzip, meint Martin Kaltenbrunner, sollten sich die federleichten Sensorfolien mit ähnlichen Verfahren produzieren lassen, wie man derzeit in großem Maßstab Frischhaltefolien herstellt.


Ein weiterer Schritt zur Menschmaschine...

Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/forschak/2191358/
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