23.01.12013, 15:31
Leck in Chemiefabrik: Stinkende Gaswolke zieht über Nordfrankreich
In der Luft hängt ein beißender Gestank, Menschen leiden unter Kopfschmerzen, Übelkeit und Hautirritationen: Eine Gaswolke ist aus einem Leck in einer Chemiefabrik in Nordfrankreich mehr als 100 Kilometer weit bis Paris gezogen. Inzwischen hat sie sich sogar bis nach England ausgebreitet.
Paris - Hunderte Anrufe erreichten am frühen Morgen die Rettungsdienste in Nordfrankreich und Paris. Besorgte Bürger berichteten von einem unglaublichen Gestank - wie von verfaulten Eiern oder einer Stinkbombe. In Internetforen klagten Franzosen über einen "unausstehlichen Geruch".
Zahlreiche Menschen meldeten sogar körperliche Beschwerden. Von Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen berichteten Bewohner der betroffenen Regionen dem Sender Europe1. Andere Lokalmedien meldeten auch Fälle von Hautirritationen. "Selbst im Haus (gut isoliert) stinkt es nach Gas … und ich habe unglaubliche Kopfschmerzen", schrieb ein User auf Twitter.
Der Gestank ist laut französischem Innenministerium auf das Gas Methanthiol, das auch Methylmercaptan genannt wird, zurückzuführen. Es entweicht aus einem Leck in einer Fabrik bei Rouen, rund 120 Kilometer nordwestlich von Paris. Der Wind trug das Gas zunächst nach Süden. Der Geruch war demnach am Dienstag in mehreren Départements der Regionen Haute-Normandie und im Großraum Paris "sehr präsent". Im Laufes des Tages erreichte die Wolke eine Ausdehnung von rund 350 Kilometern.
Das Innenministerium bemühte sich zu beruhigen: Das Gas sei harmlos. Es bestehe "keine Gefahr für die Gesundheit" von Menschen.
Das faulig riechende Methanthiol wird normalerweise geruchlosem Erdgas zugesetzt, damit Lecks leichter bemerkt werden können. Doch ganz harmlos ist es offenbar nicht: In schwachen Konzentrationen kann das Gas Augen, Atemwege und Haut reizen. Bei Personen, die dem Gas direkt ausgesetzt sind, kann es nach Angaben des französischen Instituts für Forschung und Sicherheit (INRS) zu Lungenproblemen, Schwindel, Übelkeit und Bewusstseinsstörungen kommen. In sehr hohen Konzentrationen kann Methanthiol tödlich sein.
Gaswolke erreicht England
Bis zum Nachmittag war der Gestank über den Ärmelkanal gezogen und erreichte England. Die Feuerwehr der Grafschaft Kent riet den Anwohnern, Türen und Fenster geschlossen zu lassen. Bei der Londoner Polizei gingen aus dem Südosten der Metropole erste Meldung über einen beißenden Gestank ein.
Der Austritt des Gases hatte Vertretern der französischen Rettungsdienste zufolge bereits am Montagvormittag in einer Anlage des Chemiekonzerns Lubrizol in Rouen begonnen. Grund war demnach eine "Reaktion" in einem Ofen. Laut Lubrizol war das Problem auch am Dienstagvormittag nicht beseitigt. "Wir sind noch in der Neutralisierungsphase", sagte ein Unternehmenssprecher und betonte: "Wir sind guter Dinge, dass es im Laufe des Tages aufhört."
Lubrizol ist eine Tochterfirma von Warren Buffetts Berkshire Hathaway und betreibt Produktionsstätten in 19 Ländern. Lubrizol Frankreich stellt Bestandteile für industrielle Schmierstoffe und Farben her.
Fußballverband sagt Spiel in Rouen ab
"Wir können verstehen, dass die Menschen beunruhigt sind", sagte Unternehmenssprecherin Nathalie Bakaev dem Sender Europe1. Es sei aber nur der Gestank, der Unannehmlichkeiten bereite, betonte sie.
Die Menschen in den betroffenen Regionen geben wenig auf derartige Beschwichtigungsversuche. "Alle sagen, wir sollen keine Angst haben, aber das Gleiche wurde auch über die Wolke von Tschernobyl erzählt", sagte eine Familienmutter mit Blick auf die Atomkatastrophe im Jahr 1986.
Ein Vertreter der Rettungsdienste sagte allerdings, es handele sich vermutlich in erster Linie um "psychologische Reaktionen". Die Behörden riefen die Bewohner der Normandie und des Großraums Paris ausdrücklich auf, nicht den Notruf zu wählen. Die Pariser Feuerwehr teilte mit, die Gaswolke werde sich selbst auflösen. Allerdings hänge dies vom Wetter ab.
Der französische Fußballverband FFF sah sich wegen des Gestanks gezwungen, das für Mittwochabend geplante Pokalspiel zwischen dem Drittligisten FC Rouen und Olympique Marseille zu verschieben.
siu/ala/AFP/Reuters
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/stinkende-gaswolke-zieht-aus-leck-in-chemiefabrik-ueber-nordfrankreich-a-879014.html
In der Luft hängt ein beißender Gestank, Menschen leiden unter Kopfschmerzen, Übelkeit und Hautirritationen: Eine Gaswolke ist aus einem Leck in einer Chemiefabrik in Nordfrankreich mehr als 100 Kilometer weit bis Paris gezogen. Inzwischen hat sie sich sogar bis nach England ausgebreitet.
Paris - Hunderte Anrufe erreichten am frühen Morgen die Rettungsdienste in Nordfrankreich und Paris. Besorgte Bürger berichteten von einem unglaublichen Gestank - wie von verfaulten Eiern oder einer Stinkbombe. In Internetforen klagten Franzosen über einen "unausstehlichen Geruch".
Zahlreiche Menschen meldeten sogar körperliche Beschwerden. Von Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen berichteten Bewohner der betroffenen Regionen dem Sender Europe1. Andere Lokalmedien meldeten auch Fälle von Hautirritationen. "Selbst im Haus (gut isoliert) stinkt es nach Gas … und ich habe unglaubliche Kopfschmerzen", schrieb ein User auf Twitter.
Der Gestank ist laut französischem Innenministerium auf das Gas Methanthiol, das auch Methylmercaptan genannt wird, zurückzuführen. Es entweicht aus einem Leck in einer Fabrik bei Rouen, rund 120 Kilometer nordwestlich von Paris. Der Wind trug das Gas zunächst nach Süden. Der Geruch war demnach am Dienstag in mehreren Départements der Regionen Haute-Normandie und im Großraum Paris "sehr präsent". Im Laufes des Tages erreichte die Wolke eine Ausdehnung von rund 350 Kilometern.
Das Innenministerium bemühte sich zu beruhigen: Das Gas sei harmlos. Es bestehe "keine Gefahr für die Gesundheit" von Menschen.
Das faulig riechende Methanthiol wird normalerweise geruchlosem Erdgas zugesetzt, damit Lecks leichter bemerkt werden können. Doch ganz harmlos ist es offenbar nicht: In schwachen Konzentrationen kann das Gas Augen, Atemwege und Haut reizen. Bei Personen, die dem Gas direkt ausgesetzt sind, kann es nach Angaben des französischen Instituts für Forschung und Sicherheit (INRS) zu Lungenproblemen, Schwindel, Übelkeit und Bewusstseinsstörungen kommen. In sehr hohen Konzentrationen kann Methanthiol tödlich sein.
Gaswolke erreicht England
Bis zum Nachmittag war der Gestank über den Ärmelkanal gezogen und erreichte England. Die Feuerwehr der Grafschaft Kent riet den Anwohnern, Türen und Fenster geschlossen zu lassen. Bei der Londoner Polizei gingen aus dem Südosten der Metropole erste Meldung über einen beißenden Gestank ein.
Der Austritt des Gases hatte Vertretern der französischen Rettungsdienste zufolge bereits am Montagvormittag in einer Anlage des Chemiekonzerns Lubrizol in Rouen begonnen. Grund war demnach eine "Reaktion" in einem Ofen. Laut Lubrizol war das Problem auch am Dienstagvormittag nicht beseitigt. "Wir sind noch in der Neutralisierungsphase", sagte ein Unternehmenssprecher und betonte: "Wir sind guter Dinge, dass es im Laufe des Tages aufhört."
Lubrizol ist eine Tochterfirma von Warren Buffetts Berkshire Hathaway und betreibt Produktionsstätten in 19 Ländern. Lubrizol Frankreich stellt Bestandteile für industrielle Schmierstoffe und Farben her.
Fußballverband sagt Spiel in Rouen ab
"Wir können verstehen, dass die Menschen beunruhigt sind", sagte Unternehmenssprecherin Nathalie Bakaev dem Sender Europe1. Es sei aber nur der Gestank, der Unannehmlichkeiten bereite, betonte sie.
Die Menschen in den betroffenen Regionen geben wenig auf derartige Beschwichtigungsversuche. "Alle sagen, wir sollen keine Angst haben, aber das Gleiche wurde auch über die Wolke von Tschernobyl erzählt", sagte eine Familienmutter mit Blick auf die Atomkatastrophe im Jahr 1986.
Ein Vertreter der Rettungsdienste sagte allerdings, es handele sich vermutlich in erster Linie um "psychologische Reaktionen". Die Behörden riefen die Bewohner der Normandie und des Großraums Paris ausdrücklich auf, nicht den Notruf zu wählen. Die Pariser Feuerwehr teilte mit, die Gaswolke werde sich selbst auflösen. Allerdings hänge dies vom Wetter ab.
Der französische Fußballverband FFF sah sich wegen des Gestanks gezwungen, das für Mittwochabend geplante Pokalspiel zwischen dem Drittligisten FC Rouen und Olympique Marseille zu verschieben.
siu/ala/AFP/Reuters
Quelle: http://www.spiegel.de/panorama/stinkende-gaswolke-zieht-aus-leck-in-chemiefabrik-ueber-nordfrankreich-a-879014.html