30.03.12002, 08:44
Sieht dies nach freier Entscheidung und selbstbestimmten Leben der Gläubigen aus? Wenn man sich sowas freiwillig *kopfschüttel* antun läßt, dann ist es mit der Freiheit nicht weit her.
Die katholische Kirche in den Vereinigten Staaten erlebt den größten Skandal Mißbrauch und Vertuschung: Die katholische Kirche in Amerika hat ihren größten Skandal
SAN FRANCISCO, im März
Unlängst hat der römisch-katholische Bischof von Palm Beach, Florida, sein Amt niedergelegt, nachdem er unzüchtige Kontakte mit Minderjährigen eingestehen mußte. Bischof Anthony O Connell bestätigte Berichte einer Lokalzeitung, er habe in den siebziger Jahren einen Jungen in einem Priesterseminar im amerikanischen Bundesstaat Missouri "gestreichelt". Einen Jungen ausgerechnet, der sich hilfesuchend an ihn gewandt habe, nachdem er von zwei anderen Priestern mißbraucht worden war. Er sei "wahrhaftig und tief traurig" über "den Schmerz und die Konfusion", die er verursacht habe, sagte O Connell während einer hastig einberufenen Pressekonferenz und bat den Betroffenen, einen heute Vierzigjährigen, um Vergebung für die "fehlgegangene Hilfe".
Bischof O Connells Amtsverzicht ist, vorerst jedenfalls, der düstere Höhepunkt eines Skandals in der katholischen Kirche der Vereinigten Staaten, der mehr und mehr albtraumhafte Züge annimmt. Seit Wochen werden in Gemeinden im ganzen Land immer neue Fälle von Kindesmißbrauch, Pädophilie, sexueller Nötigung bekannt. Mehr als fünfzig Priester sind seit Januar aus ihren Ämtern entfernt worden, und täglich kommt mehr von der widerwärtigen Wahrheit ans Licht. Ehemalige Meßdiener, die von Priestern vergewaltigt wurden, melden sich zu Wort; Kinder, die einst der Obhut der Kirche anvertraut und von Geistlichen zu Oralverkehr, Sodomie und pornografischen Handlungen vor laufender Kamera gezwungen worden waren, brechen nach Jahren ihr Schweigen. Manche erhoffen sich Erleichterung davon, endlich reden zu können, andere wollen weiteres Unheil verhindern helfen, wieder andere genießen womöglich auch ein wenig die Aufmerksamkeit, die ihnen derzeit zuteil wird. Was auch immer aber die Motive der Opfer sein mögen: Sie finden Gehör. Und jeder weitere Fall, der offenbar wird, stürzt die Kirche tiefer in einen Abgrund von Mißtrauen und Schmerz.
Unter Generalverdacht
Daß auch O Connells Vorgänger wegen sexueller Verfehlungen aus dem Amt scheiden mußte, mag nur ein merkwürdiger Zufall sein. Im gegenwärtigen Klima jedoch wirkt das wie die Bestätigung eines Generalverdachts, der sich ausnahmslos gegen alle geistlichen Würdenträger richtet, vom einfachen Mönch bis hinauf zum Bischof. So zahlreich sind die Vorkommnisse, so viele Geistliche sind darin verwickelt, daß es schwer ist, nur mehr an Einzelfälle und Ausnahmen zu glauben. Fast scheint es, als verberge sich hinter den Kirchentüren ein Stauraum unterdrückter Gefühle, als herrsche hinter den Klostermauern ein spezifisches Klima der sexuellen Verklemmung, in der sich Gewalt, Lust und Lüge auf ebenso tragische wie bizarre Weise mit der routinierten Geheimniskrämerei einer zweitausend Jahre alten Bürokratie verbinden.
Die Enthüllungen begannen im Januar in der Erzdiözese Boston, als der sechsundsechzig Jahre alte Priester John Geoghan angeklagt wurde, in den vergangenen dreißig Jahren mehr als hundertdreißig Kinder mißbraucht zu haben. Während der Gerichtsverhandlungen stellten die Anwälte der Opfer sowie Reporter der Tageszeitung "Boston Globe" zu ihrem Entsetzen fest, daß die bischöfliche Verwaltung unter Leitung von Kardinal Bernard Law schon Jahre vor der Anklageerhebung über Geoghans Taten informiert war. Statt den augenscheinlich kranken Mann aus der Gemeindearbeit zu entfernen oder ihm wenigstens therapeutische Hilfe zu gewähren, suchte die Kirchenadministration die Vorfälle zu vertuschen, zahlte den betroffenen Familien teils erhebliche Schweigegelder und versetzte Vater Geoghan, wann immer der sich wieder an kleinen Jungen vergangen hatte, aufgrund eines merkwürdigen Verständnisses von Barmherzigkeit von einer Gemeinde in die nächste, ohne die Gläubigen dort über die Neigungen ihres neuen Priesters zu unterrichten. Die recherchierenden Journalisten haben zudem mehrfach von vorsätzlicher Behinderung ihrer Arbeit berichtet, von Drohungen gegen ihren Verlag und versuchter Einflußnahme auf die Anzeigenkunden des "Boston Globe".
Dieser Umgang mit der Wahrheit hat sich nicht auf Boston beschränkt. Am vergangenen Mittwoch etwa mußte der ehemalige Bischof des nordkalifornischen Santa Rosa einräumen, er habe drei Jahre lang von Vorwürfen gegen einen Priester gewußt, der mindestens sechs Mädchen mißbraucht haben soll, ehe er ihn vom Dienst suspendiert habe. Und Bischof O Connell hatte noch einen Tag vor seinem erzwungenen Rücktritt in einer gemeinsamen Erklärung seiner Amtskollegen aus Florida die sexuelle Nötigung von Minderjährigen durch Geistliche als "gleichermaßen sündig wie kriminell" bezeichnet. Erst dieses systematische Leugnen, Vertuschen, Verschweigen hat aus den Fehltritten von Individuen eine Krise der Institution erwachsen lassen.
Ersten Schätzungen zufolge kommen auf die nordamerikanischen Bistümer Schadensersatzzahlungen in Höhe von etwa einer Milliarde Dollar zu. Allein im Fall von Vater Geoghan hat sich die Erzdiözese Boston zur Zahlung von mehr als dreißig Millionen Dollar an die Opfer verpflichtet, zuzüglich weiterer fünfzehn Millionen, die nach Berichten des "Boston Globe" bereits überwiesen worden sind. Längst haben im ganzen Land zudem Polizei und Staatsanwaltschaft mit der Untersuchung der Vorfälle begonnen, meist nur sehr zögerlich vom Klerus unterstützt, der sich immer noch vorzugsweise auf das Beichtgeheimnis und die verfassungsrechtlich geschützte Freiheit der Religionsausübung zu berufen versucht. Mehrere amerikanische Bundesstaaten erwägen deshalb, Geistliche - ähnlich wie Ärzte, Sozialarbeiter und Lehrer - gesetzlich zu verpflichten, staatlichen Stellen alle Fälle von Kindesmißbrauch zu melden, die ihnen bekannt werden.
Weit fataler jedoch als die finanziellen und juristischen Folgen ist der verheerende Vertrauensverlust. Was geschieht mit der Herde, wenn sich einige der Schäfer an den Schwächsten, den Jüngsten unter ihren Schutzbefohlenen, vergehen? In einer vorösterlichen Botschaft, in der Johannes Paul II. jetzt zum ersten Mal zu den Vorgängen in den Vereinigten Staaten Stellung genommen hat, sprach der Papst von einem "bedrohlichen Skandal", der einen "dunklen Schatten" über alle Geistlichen werfe. Tatsächlich zögern jetzt selbst unbescholtene Priester, Kindern beim Segen die Hand auf den Kopf zu legen, um nur ja keinen Verdacht keimen zu lassen, und tief verstörte Eltern wagen es nicht mehr, ihre Söhne und Töchter in katholische Kindergärten zu schicken.
Die verbreitete Furcht ist um so bedrängender, als es nicht selten ausgerechnet die aktivsten Gemeindemitglieder waren, deren Kinder zu Opfern wurden. Jungen und Mädchen, deren Familien tief religiös lebten und jeden Besuch des Priesters als Ehre betrachteten. Die noch zögerten, gegen die Kirche vorzugehen, als die Seelenqualen der Mißbrauchten nicht mehr zu übersehen waren.
Was wußte Rom?
Mit dem Wuchern des Mißtrauens einher geht der Zusammenbruch der kirchlichen Autorität. Wie könne eine Institution, die Homosexuellen und Geschiedenen bis heute Beichte und Abendmahl verweigert, ebendiese Sakramente wissentlich von überführten Päderasten austeilen lassen, fragen Gläubige und Kommentatoren gleichermaßen empört. Daß Anthony O Connell zum Bischof von Palm Beach werden konnte, obwohl seine Verfehlungen jedenfalls in amerikanischen Kirchenkreisen bekannt waren, verknüpft den gegenwärtigen Skandal zudem mit der undurchsichtigen Personalpolitik der katholischen Kirche. Lebhaft wird diskutiert, ob Rom von O Connells Fehltritt gewußt hat oder hätte wissen müssen, ehe ihm das Bistum anvertraut wurde.
Wie tief der Skandal die Kirche erschüttert hat, zeigt sich auch darin, daß mittlerweile selbst unantastbare Traditionsbestände angezweifelt werden. In der jüngsten Ausgabe der offiziellen Zeitung seiner Erzdiözese hat Kardinal Law, der höchste katholische Würdenträger in den Vereinigten Staaten, die Frage aufgeworfen, wie lange es sich die Kirche noch leisten könne, am Zölibat festzuhalten. Er hat bewußt keine Antwort gegeben. Aber die Debatte von höchster Stelle aus in Gang zu setzen bedeutet einen Tabubruch, der noch vor Wochen so ungeheuerlich erschienen wäre wie die Vorwürfe gegen Vater Geoghan, Bischof O Connell und all die anderen Sünder, die, mit den Worten des Papstes, den "Mysterien des Bösen" erlegen sind.
HEINRICH WEFING
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.03.2002, Nr. 70 / Seite 41
Was muß noch alles erst an den Tag kommen, bis die Gläubiger aufwachen bzw. sie zur Rechenschaft gezogen werden ?
Gruß
Lilith
Die katholische Kirche in den Vereinigten Staaten erlebt den größten Skandal Mißbrauch und Vertuschung: Die katholische Kirche in Amerika hat ihren größten Skandal
SAN FRANCISCO, im März
Unlängst hat der römisch-katholische Bischof von Palm Beach, Florida, sein Amt niedergelegt, nachdem er unzüchtige Kontakte mit Minderjährigen eingestehen mußte. Bischof Anthony O Connell bestätigte Berichte einer Lokalzeitung, er habe in den siebziger Jahren einen Jungen in einem Priesterseminar im amerikanischen Bundesstaat Missouri "gestreichelt". Einen Jungen ausgerechnet, der sich hilfesuchend an ihn gewandt habe, nachdem er von zwei anderen Priestern mißbraucht worden war. Er sei "wahrhaftig und tief traurig" über "den Schmerz und die Konfusion", die er verursacht habe, sagte O Connell während einer hastig einberufenen Pressekonferenz und bat den Betroffenen, einen heute Vierzigjährigen, um Vergebung für die "fehlgegangene Hilfe".
Bischof O Connells Amtsverzicht ist, vorerst jedenfalls, der düstere Höhepunkt eines Skandals in der katholischen Kirche der Vereinigten Staaten, der mehr und mehr albtraumhafte Züge annimmt. Seit Wochen werden in Gemeinden im ganzen Land immer neue Fälle von Kindesmißbrauch, Pädophilie, sexueller Nötigung bekannt. Mehr als fünfzig Priester sind seit Januar aus ihren Ämtern entfernt worden, und täglich kommt mehr von der widerwärtigen Wahrheit ans Licht. Ehemalige Meßdiener, die von Priestern vergewaltigt wurden, melden sich zu Wort; Kinder, die einst der Obhut der Kirche anvertraut und von Geistlichen zu Oralverkehr, Sodomie und pornografischen Handlungen vor laufender Kamera gezwungen worden waren, brechen nach Jahren ihr Schweigen. Manche erhoffen sich Erleichterung davon, endlich reden zu können, andere wollen weiteres Unheil verhindern helfen, wieder andere genießen womöglich auch ein wenig die Aufmerksamkeit, die ihnen derzeit zuteil wird. Was auch immer aber die Motive der Opfer sein mögen: Sie finden Gehör. Und jeder weitere Fall, der offenbar wird, stürzt die Kirche tiefer in einen Abgrund von Mißtrauen und Schmerz.
Unter Generalverdacht
Daß auch O Connells Vorgänger wegen sexueller Verfehlungen aus dem Amt scheiden mußte, mag nur ein merkwürdiger Zufall sein. Im gegenwärtigen Klima jedoch wirkt das wie die Bestätigung eines Generalverdachts, der sich ausnahmslos gegen alle geistlichen Würdenträger richtet, vom einfachen Mönch bis hinauf zum Bischof. So zahlreich sind die Vorkommnisse, so viele Geistliche sind darin verwickelt, daß es schwer ist, nur mehr an Einzelfälle und Ausnahmen zu glauben. Fast scheint es, als verberge sich hinter den Kirchentüren ein Stauraum unterdrückter Gefühle, als herrsche hinter den Klostermauern ein spezifisches Klima der sexuellen Verklemmung, in der sich Gewalt, Lust und Lüge auf ebenso tragische wie bizarre Weise mit der routinierten Geheimniskrämerei einer zweitausend Jahre alten Bürokratie verbinden.
Die Enthüllungen begannen im Januar in der Erzdiözese Boston, als der sechsundsechzig Jahre alte Priester John Geoghan angeklagt wurde, in den vergangenen dreißig Jahren mehr als hundertdreißig Kinder mißbraucht zu haben. Während der Gerichtsverhandlungen stellten die Anwälte der Opfer sowie Reporter der Tageszeitung "Boston Globe" zu ihrem Entsetzen fest, daß die bischöfliche Verwaltung unter Leitung von Kardinal Bernard Law schon Jahre vor der Anklageerhebung über Geoghans Taten informiert war. Statt den augenscheinlich kranken Mann aus der Gemeindearbeit zu entfernen oder ihm wenigstens therapeutische Hilfe zu gewähren, suchte die Kirchenadministration die Vorfälle zu vertuschen, zahlte den betroffenen Familien teils erhebliche Schweigegelder und versetzte Vater Geoghan, wann immer der sich wieder an kleinen Jungen vergangen hatte, aufgrund eines merkwürdigen Verständnisses von Barmherzigkeit von einer Gemeinde in die nächste, ohne die Gläubigen dort über die Neigungen ihres neuen Priesters zu unterrichten. Die recherchierenden Journalisten haben zudem mehrfach von vorsätzlicher Behinderung ihrer Arbeit berichtet, von Drohungen gegen ihren Verlag und versuchter Einflußnahme auf die Anzeigenkunden des "Boston Globe".
Dieser Umgang mit der Wahrheit hat sich nicht auf Boston beschränkt. Am vergangenen Mittwoch etwa mußte der ehemalige Bischof des nordkalifornischen Santa Rosa einräumen, er habe drei Jahre lang von Vorwürfen gegen einen Priester gewußt, der mindestens sechs Mädchen mißbraucht haben soll, ehe er ihn vom Dienst suspendiert habe. Und Bischof O Connell hatte noch einen Tag vor seinem erzwungenen Rücktritt in einer gemeinsamen Erklärung seiner Amtskollegen aus Florida die sexuelle Nötigung von Minderjährigen durch Geistliche als "gleichermaßen sündig wie kriminell" bezeichnet. Erst dieses systematische Leugnen, Vertuschen, Verschweigen hat aus den Fehltritten von Individuen eine Krise der Institution erwachsen lassen.
Ersten Schätzungen zufolge kommen auf die nordamerikanischen Bistümer Schadensersatzzahlungen in Höhe von etwa einer Milliarde Dollar zu. Allein im Fall von Vater Geoghan hat sich die Erzdiözese Boston zur Zahlung von mehr als dreißig Millionen Dollar an die Opfer verpflichtet, zuzüglich weiterer fünfzehn Millionen, die nach Berichten des "Boston Globe" bereits überwiesen worden sind. Längst haben im ganzen Land zudem Polizei und Staatsanwaltschaft mit der Untersuchung der Vorfälle begonnen, meist nur sehr zögerlich vom Klerus unterstützt, der sich immer noch vorzugsweise auf das Beichtgeheimnis und die verfassungsrechtlich geschützte Freiheit der Religionsausübung zu berufen versucht. Mehrere amerikanische Bundesstaaten erwägen deshalb, Geistliche - ähnlich wie Ärzte, Sozialarbeiter und Lehrer - gesetzlich zu verpflichten, staatlichen Stellen alle Fälle von Kindesmißbrauch zu melden, die ihnen bekannt werden.
Weit fataler jedoch als die finanziellen und juristischen Folgen ist der verheerende Vertrauensverlust. Was geschieht mit der Herde, wenn sich einige der Schäfer an den Schwächsten, den Jüngsten unter ihren Schutzbefohlenen, vergehen? In einer vorösterlichen Botschaft, in der Johannes Paul II. jetzt zum ersten Mal zu den Vorgängen in den Vereinigten Staaten Stellung genommen hat, sprach der Papst von einem "bedrohlichen Skandal", der einen "dunklen Schatten" über alle Geistlichen werfe. Tatsächlich zögern jetzt selbst unbescholtene Priester, Kindern beim Segen die Hand auf den Kopf zu legen, um nur ja keinen Verdacht keimen zu lassen, und tief verstörte Eltern wagen es nicht mehr, ihre Söhne und Töchter in katholische Kindergärten zu schicken.
Die verbreitete Furcht ist um so bedrängender, als es nicht selten ausgerechnet die aktivsten Gemeindemitglieder waren, deren Kinder zu Opfern wurden. Jungen und Mädchen, deren Familien tief religiös lebten und jeden Besuch des Priesters als Ehre betrachteten. Die noch zögerten, gegen die Kirche vorzugehen, als die Seelenqualen der Mißbrauchten nicht mehr zu übersehen waren.
Was wußte Rom?
Mit dem Wuchern des Mißtrauens einher geht der Zusammenbruch der kirchlichen Autorität. Wie könne eine Institution, die Homosexuellen und Geschiedenen bis heute Beichte und Abendmahl verweigert, ebendiese Sakramente wissentlich von überführten Päderasten austeilen lassen, fragen Gläubige und Kommentatoren gleichermaßen empört. Daß Anthony O Connell zum Bischof von Palm Beach werden konnte, obwohl seine Verfehlungen jedenfalls in amerikanischen Kirchenkreisen bekannt waren, verknüpft den gegenwärtigen Skandal zudem mit der undurchsichtigen Personalpolitik der katholischen Kirche. Lebhaft wird diskutiert, ob Rom von O Connells Fehltritt gewußt hat oder hätte wissen müssen, ehe ihm das Bistum anvertraut wurde.
Wie tief der Skandal die Kirche erschüttert hat, zeigt sich auch darin, daß mittlerweile selbst unantastbare Traditionsbestände angezweifelt werden. In der jüngsten Ausgabe der offiziellen Zeitung seiner Erzdiözese hat Kardinal Law, der höchste katholische Würdenträger in den Vereinigten Staaten, die Frage aufgeworfen, wie lange es sich die Kirche noch leisten könne, am Zölibat festzuhalten. Er hat bewußt keine Antwort gegeben. Aber die Debatte von höchster Stelle aus in Gang zu setzen bedeutet einen Tabubruch, der noch vor Wochen so ungeheuerlich erschienen wäre wie die Vorwürfe gegen Vater Geoghan, Bischof O Connell und all die anderen Sünder, die, mit den Worten des Papstes, den "Mysterien des Bösen" erlegen sind.
HEINRICH WEFING
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.03.2002, Nr. 70 / Seite 41
Was muß noch alles erst an den Tag kommen, bis die Gläubiger aufwachen bzw. sie zur Rechenschaft gezogen werden ?
Gruß
Lilith