Der Punkt ohne Wiederkehr
#1
Im Nahen Osten ist der »Point of no return« erreicht.

Gastkommentar (Uri Avnery ist israelischer Publizist und Träger des alternativen Nobelpreises)

Sollte es Ariel Scharon gelingen, Yassir Arafat zu ermorden - was er will -, wird der palästinensische Führer so im kollektiven Gedächtnis seines Volkes und der gesamten arabischen Welt bleiben wie Moses in der jüdischen Erinnerung.

In dem neuen Mythos, der gerade vor unseren Augen geboren wird, ist Scharon der Pharao, und wir sind die alten Ägypter. In der Geschichte das Auszugs aus Ägypten läßt die Bibel G*tt sagen: Ich habe sein (des Pharao) Herz und das seiner Diener hart gemacht. Bei jedem Unglück, das ihn heimsuchte, brach der Pharao sein Versprechen, die Israeliten freizulassen. Warum? Was war Gottes Absicht? Er wollte, daß die Israeliten durch Härte hart werden, bevor sie ihren langen Marsch begannen. Genau das geschieht gegenwärtig den Palästinensern.

Was wird passieren, wenn eine israelische Kugel Arafat jetzt tötet? Der Erbe Arafats wird nicht ein Abu-soundso sein, sondern Bruder Kalaschnikow. Es wird keinen palästinensischen Quisling geben - und sollte ein Kandidat gefunden werden, wäre er am nächsten Tag tot, wie Scharons libanesischer Quisling Bashir Jumail. Dutzende lokaler Guerillaführer werden auftauchen und sie werden eine viele Jahre andauernde Rachekampagne starten - im Land selbst und überall in der Welt. Das Leben jedes Israeli wird zur Hölle, keine israelische Botschaft, kein Flugzeug, kein Tourist wird sicher sein.

Der tote Arafat wird gefährlicher sein als der lebendige Arafat. Der lebendige Arafat ist in der Lage, Frieden zu schließen, und will es. Der tote Arafat kann das nicht. Er wird den Konflikt verewigen.

Heute wundern sich Historiker, welche Torheit das jüdische Volk vor 1930 Jahren veranlaßte, eine hoffnungslose Rebellion gegen das römische Kaiserreich zu beginnen und damit unmäßige Zerstörung über die jüdische Gemeinde in Palästina zu bringen. In hundert Jahren werden sich Historiker fragen, welche Verrücktheit dieses Volk dazu brachte, Scharon zu wählen, eine blutige Person, die nie etwas anderes tat als Blut zu vergießen und Siedlungen zu gründen. Welche Verrücktheit brachte dieses Volk dazu, Siedlungen und etwas Land Frieden und Versöhnung vorzuziehen? Und warum bleibt dieses Volk gleichgültig, wenn die gesamte arabische Welt - vielleicht zum letzten Mal! - ihm wirklichen Frieden und normale Beziehungen anbietet?

Die Geschichte wird an uns erinnern, an die wenigen, die das Volk vor dem Unheil warnten, das uns alle heimsuchen wird, wenn wir Scharon und seiner Gang folgen. Laßt uns hoffen, daß unsere Stimmen rechtzeitig gehört werden, so daß wir einen neuen Weg einschlagen können.

Wenn Arafat ermordet wird, ist das der Moment ohne Rückkehr.


http://www.jungewelt.de/2002/04-02/002.php
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
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#2
was für eine wirre botschaft ist das denn?
ich wußte nicht, daß solche menschen einen alternativen nobelpreis erhalten.

nun, ich muß zugeben, daß er einige richtige punkte in seinem text hervorbringt.
"der point of no return ist erreicht". meine meinung hierzu: nope, sir.
der point of no return ist noch nicht erreicht. scharon wird sich hüten, diesen punkt jemals zu erreichen. er weiß genau, daß er die lunte auf einem pulverfass ist, auf dem er selber sitzt.
und das ist mein zweiter kritikpunkt an den autor.
scharon weiß, daß er arafat nicht töten darf. ergo: er will es also auch nicht.
denn wenn er ihn umbringen läßt, brechen alle dämme, genau wie avnery schreibt.
nur eines möchte ich nicht einschätzen: kann arafat der schlüssel zum frieden sein, oder ist er nur eine puppe, die an den schnüren der extremen gruppen der palästinäser hängt. auch scharon ist in meinen augen nur eine puppe.

avnery hat in einem punkt aber recht. die schlüsselfiguren sind scharon & arafat, wenn arafat stirbt, wird es sehr schwer. Dies wäre aber eventuell eine chance, denn dann müßten die diversen arabische gruppen flagge bekennen und sich untereinander einig werden. denn nur wenn die beiden gruppen (palästinänser wie auch israeliten) sich einig sind, kann man einen friedensplan starten. denn zur zeit gibt es zu viele lager auf beiden seiten, die man nicht unter einen hut bringen kann.
sind sich die lager einig, gibt es immer eine point of return back to peace.

marcus

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#3
Financial Time Deutschland: USrael

"(...) Wegen ihrer Funktion als Schutzmacht Israels kommt den USA im Nahost-Konflikt eine Schlüsselrolle zu. Die weitere Eskalation der Gewalt würde zwar ein Eingreifen Washingtons erfordern - (...) "Ich glaube, er muss sich viel stärker einbringen", so der Senator Arlen Specter.

Auch der demokratische Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Senat, Joseph Biden, forderte am Wochenende: "Etwas Dramatisches muss passieren. Das heißt, der Präsident muss mehr Engagement zeigen". Bush selbst weist die Vorwürfe weit von sich: Er stehe in ständigem Kontakt mit den Führern in der Region.
Tatsache ist jedoch, dass es längst um weit mehr als die Forderung geht, dass Bush seine Zurückhaltung aufgibt. (...)

Die derzeitige Nahost-Politik der USA zeigt auch ein grundsätzliches Problem: Der nach dem 11. September eingeschlagene Kurs, Außenpolitik vor allem an der Terrorbekämpfung zu orientieren, führt nun in eine Zwickmühle. Damals taktierte Scharon geschickt, in dem er sein hartes Vorgehen als israelische Version des Anti-Terror-Kampfes darstellte. Und tatsächlich bezeichnete Bush die radikale Hamas-Organisation als "unseren Feind" und ließ die palästinensischen al-Aksa-Brigaden auf die US-Liste terroristischer Gruppen setzen.

Andererseits - und das ist das Dilemma - sucht Bush für die geplante Entmachtung des irakischen Präsidenten Saddam Hussein (Hervorhebung von wb) die Unterstützung der arabischen Welt. (...)

Denn bei den Arabern stößt die harte Haltung der USA gegenüber den Palästinensern auf harsche Kritik. Der kühle Empfang, der Vizepräsident Dick Cheney jüngst bei seiner Nahostreise bereitet wurde, war bezeichnend. Zuerst das Palästinenserproblem, dann - vielleicht - Saddam, war die Botschaft der Araber. (...)"
Aus: Financial Times Deutschland, 3.4.2002

Anmerkung:

Erinnern wir uns, der Sonderbeauftragte des US-Präsidenten Zinni reiste tagelang durch die Gegend. Dann kommt noch der US-Außenminister Cheney hinzu, versuchte die arabischen Staaten zu Teilnahme am US-Krieg gegen den Irak zu bewegen, - ohne Erfolg. Er blitzte bei allen arabischen Regierungen ab. (Ein Hoch an die "rückständigen" arabischen Länder!!)

Dann parlierte Cheney mit Sharon und die beiden schienen sich prächtig zu verstehen. (Ihre Pressekonferenz gabs live zu sehen).
Cheney reiste aus dem Nahen Osten ab, und wenige Tage später dreht Israel weiter an der Kriegsschraube. Nach dem Motto, so lange zündeln, bis alle Welt schreit: USA greift ein! Helft den armen Palästinensern!.

Aber die US-Regierung ziert sich. Ist ja sooo eine gefährliche Gegend! Wir würden uns da ja lieber raushalten, aber wenn ihr wirklich wollt, dass wir uns engagieren, dann aber bitte mit Gegenleistung! Wir haben ja da noch unseren Erzfeind Saddam Hussein....

So oder ähnlich sieht die Taktik von USA und Israel aus.

Soll uns doch keiner erzählen, die jetzigen Aktionen von Israel seien nicht mit Cheney und Zinni abgesprochen worden! Die Teilmobilmachung der israelischen Armee, wurde ausgerufen, einige Stunden nachdem Cheney in seinen Flieger nach Hause gestiegen war.

Glauben die europäischen und arabischen Regierungen vielleicht, sie könnten von den Bush-Kriegern Zugeständnisse in der Palästina-Frage abpressen, so wird umgekehrt ein Schuh daraus:
Die USA erpressen mit ihrem Hilfssheriff Israel die Regierungen der Welt, indem sie solange nicht in Palästina schlichten und ihren Bluthund Israel an die Leine nehmen, so lange sie nicht ihren Krieg im Irak gegen Saddam Hussein kriegen.
Die USA sind die treibende Kraft hinter Israel und sie treiben nichts Gutes damit.

Wem diese Behauptung abenteuerlich vorkommt, der findet im `Economist´ (30.3.2002) genau diese erpresserische Drohung formuliert:

"none of the issuses ... - the fate of Israeli settlements and Palestinian refugees, the future of Jerusalem - can be resolved in a manner or a time-frame that avoids the need for hard decisions over Iraq."
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
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#4

Zitat:Anmerkung:

Erinnern wir uns, der Sonderbeauftragte des US-Präsidenten Zinni reiste tagelang durch die Gegend. Dann kommt noch der US-Außenminister Cheney hinzu, versuchte die arabischen Staaten zu Teilnahme am US-Krieg gegen den Irak zu bewegen, - ohne Erfolg. Er blitzte bei allen arabischen Regierungen ab. (Ein Hoch an die "rückständigen" arabischen Länder!!)

*schelmisch zwinkert*

Bragi<img src="http://www.forennet.org/pro/images/smilies/cwm11.gif" alt="" />
Kein besserer Freund – kein schlimmerer Feind!
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#5

Dazu fällt mir folgende Bild (Karikatur) ein, dass ich in der fraglichen Zeit in der Gulf News gesehen habe:
Die arabischen Regierungschefs im Kreis und Collin Powel irrt (wie im Suff) von einem zum anderen, wobei jeder der Araber sagt: Nein.<img src="http://www.forennet.org/pro/images/smilies/cwm17.gif" alt="" />

Ja es hat schon ganz gute Karikaturen gegeben in den arabischen Zeitungen.<img src="http://www.forennet.org/pro/images/smilies/cwm1.gif" alt="" />

Der Ritter
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#6
Dank der Globalisierung denken doch all die ach so weit entwickelten Wirtschaftsnationen, sie müßten offiziell den Erretter der Welten spielen. Verdeckte machtstrategische Kämpfe und das Volk denkt, warum unternimmt denn keiner was, wenn sich die armen rückständigen Völkchen gegenseitig den Schädel einschlagen.
Aber wie anders könnte man besser das Bevölkerungswachstum in den Griff bekommen.
Die Guten ins Töpfchen - die Schlechten ins Kröpfchen...

Gruß Lotte<img src="http://www.forennet.org/pro/images/smilies/cwm36.gif" alt="" />
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