Das Prinzip "Reagieren statt autonom handeln"
#1
"Zuerst möchte ich die Begriffe klären. Eine Reaktion ist eine Handlung als Folge eines Reizes. Ein solcher Reiz kann von außen über die Sinnesorgane kommen oder von innen durch Hunger, Durst, Sodbrennen, Müdigkeit. Es gibt dabei noch eine wichtige Mischform von Reizen: solche, auf die wir konditioniert werden.
Als Beispiel für diese Mischform möchte ich den Anblick einer Radarfalle nennen, die an sich nicht sonderlich bedrohlich wirkt, einem trotzdem einen Schreck einjagen kann. Die Wahrnehmung der Radarfalle ist zwar ein äußerlicher Reiz, da wir sie über unsere Augen wahrnehmen, jedoch der Schrecken kommt erst durch die Verbindung des Anblicks einer Radarfalle mit einer möglichen Strafe. Der angstauslösende Reiz kommt somit vom Gehirn.

Im Gegensatz dazu ist autonomes Handeln nicht die Folge eines Reizes, sondern die Folge einer Überlegung, also nicht fremdbestimmt.

Das Hauptproblem bei der Abgrenzug des Begriffs sind dabei die durch Erziehung und Manipulation verankerten Verhaltensweisen. Im Moment des Handelns liegt zwar kein unmittelbarer Einfluß von außen vor, dennoch kann man dieses Handeln nicht als wirklich autonom bezeichnen. Schon dieses Problem der Abgrenzung macht deutlich, wie selten wirklich autonomes Handeln vorliegt. Aber auch dann, wenn es wirklich autonomes Handeln kaum gibt, so gibt es doch Handlungen, die weniger fremdbestimmt sind als reine Reaktionen auf diverse Reize. Ein weiteres Problem der Abgrenzung ist die Tatsache, daß kaum einer in der Lage ist, anerzogene Werte, Bedürfnisse und Verhaltensweisen von seinen eigenen zu unterscheiden. Vieles, was man für seine eigene Meinung hält, ist fremdbestimmt. Im Kapitel "Wie man Meinung macht" wird intensiver auf dieses Thema eingegangen. Für den Manipulator hat autonomes Handeln der Opfer gegenüber Reaktionen einen entscheidenden Nachteil: Autonomes Handeln ist nicht vorhersagbar. Reaktionen sind hingegen sehr wohl vorhersagbar. Wenn man jemand anspricht, wird dieser einen daraufhin wahrscheinlich anblicken. Es ist unwahrscheinlich, daß der angesprochene wegläuft, gähnt oder anfängt zu jodeln. Der äußere Reiz, angesprochen zu werden, hat die vorhersagbare Folge, daß einem etwas Aufmerksamkeit geschenkt wird. Wenn der Manipulator nun keine weiteren Reize parat hat, so wird sich der Angesprochene wieder seinen eigenen Zielen widmen. Was muß der Manipulator also tun? Er muß sein Opfer so heftig mit Reizen überhäufen, daß dieses ständig reagiert. Würde er nachlassen, so würde sein Opfer wieder seine eigenen Ziele verfolgen. Ein einfaches Beispiel hierfür ist der pausenlos redende Vertreter an der Haustür. Sofern der Manipulator ein guter Rhethoriker ist, kann er das Opfer durch das Gespräch führen. Die Reizüberflutung in der Fernsehwerbung hat das gleiche Ziel. Der Zuschauer wird mit so vielen Reizen überlastet, daß er nur noch reagieren kann. Solange er nur reagiert, kann sein Verhalten gesteuert werden. Und nun kommt der wichtigste Punkt: Für den Manipulator ist jede Form der Reizüberflutung seines Opfers nützlich. Es spielt dabei keine Rolle, ob nun alle Reize unmittelbar seinen Zielen dienen oder nicht. Wirklich wichtig ist für ihn nur, daß das Opfer nicht zum autonomen Handeln zurückkehrt. Daher soll das Opfer möglichst ständig beschäftigt sein. Durch unterschiedliche Aktivitäten kommt das Opfer nicht zur Ruhe:

Ständige Musikberieselung: Supermarkt, Autoradio Fernsehen, Kino, Theater, Museen, Volksfeste, Stammtisch, Sportveranstaltungen Weihnachtsrummel, Kaufrausch, Konsum Hobbys, Lesen, Sport, Reisen, Vereine Verpflichtungen: Familie, Wohnung, Kirche Gelderwerb, Arbeit, Kurse, Weiterbildung, Arbeitsweg Der Manipulator braucht nur noch diese Aktivitäten zu fördern durch: Förderung von Vereinen, Sportveranstaltungen, Volksfesten Schaffung weiterer Fernsehkanäle Werbung zur Steigerung des Kaufrauschs Schaffung von Jugendzentren, Discos, Sportgelände Schaffung neuer Verpflichtungen, Steuern Schaffung neuer Bedürfnisse (CD-Player, Walkman, Gameboy) Die Römer hatten den Begriff "Brot und Spiele". Die Bedeutung ist: Das Volk ist dann ruhig, wenn die elementaren Bedürfnisse gestillt sind (Brot) und es beschäftigt ist (Spiele). Wenn jemand erst einmal daran gewöhnt ist, nur noch zu reagieren, so wird er auch dann nicht autonom handeln, wenn er kurzfristig dafür Zeit hätte. Wie ein Süchtiger wird er nach neuen Reizen suchen, auf die er dann wieder reagieren kann. Wenn im Fernsehen nichts kommt, dann geht man halt ins Kino anstatt über seine wirklichen Ziele nachzudenken und entsprechend seinen Zielen zu handeln. In manchen Fällen werden vom Manipulator noch weitere Maßnahmen ergriffen, die zum Ziel haben, daß autonome Handeln auszuschalten: Das Militär setzt hauptsächlich auf Begriffe wie Befehl, Gehorsam, Autorität, Pflicht und auf ein stark hierarchisches Konzept. Der Untergebene hat zu regieren und zu funktionieren. Selbständiges Handeln ist nicht erwünscht. Ähnliche Methoden findet man ebenfalls in der katholischen Kirche und in autoritär geführten Firmen. Durch Sachzwänge, Bürokratie und Gesetze kann dem Bürger eigenes Handeln als aussichtslos erscheinen. Hier wirkt das Frustrations-Prinzip. Religiöse Gemeinschaften können das selbständige Handeln der Mitglieder und Angestellten (Laien und Priester) beschränken, indem sie auf den göttlichen Ursprung ihrer Regeln verweisen. Jedes autonome Handeln ist somit gegen G*tt. Sofern sich das Opfer für unfähig oder unwürdig hält, ist es bereit, Experten, Vorgesetzte und Autoritäten anzuerkennen, anstatt sich auf seinen eigenen Verstand zu verlassen und entsprechend zu handeln. Es ist somit Ziel des Manipulators, das Opfer in Unwissenheit zu halten, den eigenen Wissensvorsprung zu betonen, sich durch ein entsprechendes Fachchinesisch (oder Latein) vom Opfer abzuheben und dem Opfer seine Minderwertigkeit und diverse Schuldgefühle einzureden. Das kirchliche Sündenbekenntnis und die Beichte verstärken diese Schuldgefühle. Durch Erziehung und Schule lernt man bereits frühzeitig, nicht aus der Reihe zu tanzen, brav zu sein und sich der Gemeinschaft anzupassen. Bei Verhandlungen kann man seinen Gegenüber durch Fragen dirigieren. Das ist eine der Botschaften, die Vorgesetzte auf Managementkursen lernen. Der Untergebene stellt oftmals nach einem Gespräch mit seinem Chef fest, daß das Gespräch nicht so lief, wie er es geplant hatte. Alle zurechtgelegten Sätze konnten nicht so angewendet werden. Schon damit, daß der Chef fragte "Was wünschen Sie?" wird der Untergebene in die Position des Reagierenden gebracht. Und Vorgesetzte haben ein großes Repertoire an solchen kurzen Fragen, mit denen sie ihre Untergebenen in einem Gespräch pausenlos beschäftigen können: "Was schlagen Sie vor?", "Wie haben Sie das festgestellt?" Der Untergeben ist so damit beschäftigt, die Fragen zu beantworten, daß er sein eigenes Ziel nicht verfolgen kann. Mit jeder Antwort gibt er dem Vorgesetzten neue Möglichkeiten für weitere Fragen. Nun braucht der Vorgesetzte nur noch den Untergebenen durch Fragen auf ein Thema dirigieren, das den Zielen des Untergebenen entgegensteht. Auf jeden Fall ist aber das vom Untergebenen zurechtgelegte Konzept dahin."

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hier noch einmal etwas zum nachdenken und gerne auch rege diskutieren.
Der Text ist ein Auszug aus einem Buch, das einst online zu finden war (inzwischen ist der Link aber -welche Überraschung!- inaktiv). Wer also Interesse an näherer Lektüre hat möge sich bei mir melden
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#2
Nicht geizen mit den reizen sag ich mal.
Hat das auch etwas mit einer negativen Assoziation zu tun?
Wenn ich eine sehe gehe ich auf die Bremse.
Vielleicht reagiere ich schnell genug.
Mir machen eher die Laserpistolen Angst die sieht man nicht.


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