Das Chaos-Prinzip
#1
Die Chaos-Theorie behandelt Probleme nicht-berechenbarer Abläufe. Ein Ablauf gilt als nicht berechenbar, wenn minimal andere Anfangsbedingungen zu einem vollkommen anderen Ergebnis führen. Wenn man einen Gummiball auf den Boden fallen läßt, kann man bestimmen, wie hoch er hüpfen wird. Wenn man diesen Versuch beliebig oft wiederholt, kommt immer das gleiche Ergebnis mit nur minimalen Unterschieden. Läßt man hingegen den Gummiball eine Treppe hinunterkullern, so ist die Bahn des Gummiballs nicht mehr bestimmbar, denn minimale Unterschiede bei der Startgeschwindigkeit führen zu einem völlig anderen Ergebnis bezüglich der Bahnkurve des Gummiballs.
Chaos-Theoretiker versuchen in chaotischen Abläufen Strukturen zu erkennen. Auch Menschen in Ihrer Gesamtheit verhalten sich nicht berechenbar und somit chaotisch. Es mag zwar durchaus interessant sein, hinter dem Verhalten von Menschen Strukturen zu suchen, für den Manipulator zählt hingegen eine andere Fragestellungen:
Wie beeinflußt man chaotische Vorgänge? Wie kann man chaotische Vorgänge für eigene Ziele nutzen?


These 1: Chaotische Systeme lassen sich ausrichten.
Ein einfaches chaotisches System ist ein vibrierendes Tablett mit Erbsen. Die Erbsen tanzen darauf wild umher und ihre Bahn ist unbestimmbar. Wenn man das Tablett nur minimal schräg stellt und weiterhin vibrieren läßt, werden zwar die Erbsen weiterhin wild umherhüpfen und die Bahn einer Erbse wird weiterhin unbestimmbar sein, aber die Summe aller Bewegungen aller Erbsen wird eindeutig auf das Gefälle hinzeigen. Die Bewegung der Erbsen in Richtung des Gefälles würde geringer, sofern man die Vibration oder die Neigung verringert. Das heißt jedoch nicht, daß durch eine beliebige Erhöhung der Vibration die Bewegung sich beliebig steigern läßt. Ab einem bestimmten Wert würden die Erbsen vom Tablett hüpfen.


These 2: Chaotische System lassen sich steuern
Chaotische Systeme lassen sich möglicherweise sogar sehr gut steuern. Die Summengeschwindigkeit aller Erbsen steht im Zusammenhang mit Frequenz und Amplitude der Vibration und der Neigung des Tabletts, sofern sich alle Werte in einem begrenzten Wertebereich befinden. Die Variation eines Wertes erzeugt eine bestimmbare Änderung der Geschwindigkeit.

Was hat nun der Manipulator von beiden Thesen?
Er will Menschen zu einer Handlung bewegen. Würde er nun versuchen, Menschen zu beeinflussen, die feste Ansichten und Ziele haben, so wäre dieser Versuch bestimmt nicht erfolgreich. Die Beeinflußbarkeit ist um so höher, je mehr Verwirrung gestiftet wurde. Das Chaos im menschlichen Verhalten nutzt also dem Manipulator, sofern es sich in gewissen Grenzen abspielt.
Das Experiment mit dem Tablett und den Erbsen zeigt uns noch etwas sehr wichtiges:
Bereits eine sehr leichte Neigung des Tabletts reicht aus, um eine eindeutige Bewegung zu erzeugen. <span style="color:#FF0000">Für den Manipulator bedeutet das: Wenn das Chaos den optimalen Punkt erreicht hat, kann minimale Beeinflussung bereits zum Erfolg führen.</span>
Die Methode "Chaos mit geringer Beeinflussung" hat enorme Vorteile gegenüber der Methode "starke Beeinflussung ohne Chaos": Der Manipulator und sein Ziel sind schlechter erkennbar. Durch das Chaos fällt es gar nicht auf, daß ein klares Ziel überhaupt existiert. Die Handlungen wirken unkoordiniert. Das Prinzip ist fehlertolerant. Komplexe Planungen können an einem einzigen schwachen Punkt scheitern. Das Chaos-Prinzip nutzt die Fehler und Abweichungen zur Verschleierung des Ziels. Auch wenn viele einzelne Handlung das Ziel zu widerlegen scheinen, so wird es doch erreicht.
<span style="color:#FF0000">Wo kein Ziel erkennbar ist, gibt es keine Gegner, die das Ziel behindern können.</span>
Eine Variante des Chaos-Prinzips sind chaos-frei Gebiete im chaotischen Umfeld. In unserem Beispiel würde das bedeuten, daß wir aus dem Tablett ein Stück rausschneiden und fest anbringen, so daß dieses Stück im Gegensatz zum Rest des Tabletts nicht vibriert. Das Tablett sei in diesem Beispiel nicht geneigt. Die Erbsen würden auf dem Rest des Tabletts weiterhin wild umherhüpfen. Sobald aber eine Erbse auf dem nicht vibrierenden Stück landet, bleibt sie dort liegen. Die Folge daraus ist, daß sich dort durchschnittlich mehr Erbsen ansammeln als auf dem Rest des Tabletts. Gelegentlich würde aber eine landende Erbse andere Erbsen von diesem chaos-freiem Gebiet wegstoßen, was sich verhindern läßt, sofern man eine kleine Barriere um dieses Gebiet baut, über die Erbsen von der vibrierenden Seite aus gerade noch hüpfen können. Für den Manipulator bedeutet das, daß er in einem chaotischen Umfeld Aufgaben, Ziele, Einrichtungen schaffen kann, die den Menschen Halt geben. Radikale Parteien oder strenggläubige Sekten können solche Punkte sein, die den Menschen meistens durch vereinfachte Weltbilder ein geordnetes und somit ein nicht-chaotisches Umfeld geben. Ein solcher Ort der Ruhe kann aber auch der Drogenkonsum sein.
Das vereinfachte Weltbild heißt in diesem Fall: Glücksgefühl durch Drogenrausch.
Eine weitere Variante des Chaos-Prinzips möchte ich als "legislativer Darwinismus" bezeichnen. Darwins These besagt, daß sich die Vielfalt aller Lebewesen durch Mutation und Selektion entwickelte. Die Mutationen treten zufällig, also chaotisch, auf. Die Selektion bewirkt, daß nur die am besten angepaßten Arten überleben. Die gleiche Methode läßt sich auch auf die Gesetzgebung anwenden. Selbst dann, wenn ein Parlament unabhängig von den Interessen der Mächtigen wäre, würden die von ihm geschaffenen Gesetze gelegentlich den Zielen der Mächtigen entsprechen. Der Gesetzgeber übernimmt dabei die Funktion der Mutation. Nun müssen die Mächtigen nur noch die Selektion übernehmen, um die Gesetze abzuschaffen oder auszuhöhlen, die ihren Zielen zuwider laufen. Die Gesetze, die den Zielen der Mächtigen am besten entsprechen, überleben also. Es gibt genügend Methoden, Gesetze nachträglich abzuändern, beispielsweise eine Klage vor dem Verfassungsgericht. Natürlich könnten auch Normalbürger vor dem Verfassungsgericht klagen, doch sie sind aus unterschiedlichen Gründen unterlegen, schon alleine deshalb, weil sie im Gegensatz zu den Mächtigen keine Juristen ständig bezahlen können, die sich unentwegt für ihre Ziele einsetzen.

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und hier also Schmankerl Nummer drei.... und noch einmal der Hinweis, das jeder sich bei näherem Interesse für dieses Werk an mich wenden kann.
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#2
Chaos ist ja auch die "Zettelwirtschaft", die jüngst angesprochen wurde. Kennt das jemand und wie kriegt man das wieder in den Griff? Keine Neugier?
In (meiner) Lektion 1 ist es schön mit Gedankenkontrolle ("Ich bin"-Mantra). Die wenn man konsequent macht, dann fällt es einem immer leichter, das Denken. Hat jemand darüber Erfahrung? Wer kann mir da helfen?
Gruß, Sp.W.
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