Naturkatastrophen weltweit
#54
Neuer Ozean entsteht
Ein Kontinent zerbricht – schneller als gedacht

   
Am Vulkan Suswa verläuft der Große Afrikanische Grabenbruch. An seinem Verlauf driften zwei Erdplatten auseinander.

Der afrikanische Kontinent erlebt eine dramatische Transformation. Zwei Erdplatten driften auseinander. An der Bruchstelle entsteht ein neuer Ozean.

15 Meter tief, 20 Meter breit und drei Kilometer lang: Im März 2018 zerriß in der Nähe des Vulkans Suswa plötzlich die Erde. Anwohner mußten ihre Häuser verlassen. Die viel befahrene Mai-Mahiu-Narok-Straße wurde schwer beschädigt. Der Erdriß in Kenia ist aber nur einer von vielen, die sich in den vergangenen Jahren in ostafrikanischen Ländern aufgetan haben. In der äthiopischen Wüste erstreckt sich mittlerweile ein solcher Riß über 60 Kilometer. Bis zu zehn Meter tief gräbt er sich in den Wüstenboden.

Die Erdrisse sind die Vorboten einer dramatischen Transformation des afrikanischen Kontinents. Dort spaltet sich eine tektonische Platte von der Afrikanischen Platte ab. Der Große Afrikanische Grabenbruch steht im Zentrum dieser geologischen Entwicklung. Er erstreckt sich von Mosambik bis zum Roten Meer. Von seinem nördlichen bis zu seinem südlichen Ende mißt der Graben, der auch als Great Rift Valley bekannt ist, rund 6.000 Kilometer. Die Breite des Tals variiert zwischen 30 und 100 Kilometern. An manchen Stellen ist der Graben nur wenige Hundert Meter tief, an anderen sind es mehrere Kilometer.

Am Verlauf dieses Grabens bricht der Kontinent Afrika auseinander: Die in Entstehung begriffene Somalische Platte, auch Somaliaplatte genannt, bewegt sich dabei nach Osten. Die Afrikanische Platte driftet unterdessen nach Westen. "Geologisch ist es so, daß man einen Kontinent hat, der zerbricht", erklärte Sascha Staubach vom Dekanat des Fachbereichs Geowissenschaften und Geographie der Goethe-Universität in Frankfurt. "Man kann sich das vorstellen, wie wenn man Knete auseinanderzieht. Im Fall des Kontinents geschieht die Dehnung allerdings nicht gleichmäßig, weil es sich, im Gegensatz zu Knete, um festes, sprödes Gestein handelt."

   
Der Verlauf des Großen Afrikanischen Grabenbruchs

Dramatische Veränderungen in Afrikas Geographie

Doch welche Kräfte stecken hinter dem Prozeß? In den tieferen Schichten des Erdmantels fließt ein gigantischer Magmastrom, der sich unter dem Großen Afrikanischen Grabenbruch von Südafrika zur arabischen Halbinsel bewegt. Geologen gehen davon aus, daß sich daraus immer wieder Magma löst und nach oben zur Erdoberfläche drückt. Die Erdkruste wölbt sich infolgedessen nach oben und wird dünner. Schließlich bricht sie, wie die Geologin Lucía Pérez Díaz von der Royal Holloway University of London in einem Beitrag erklärt.

Kommt es zum Bruch, wird Wasser die Bruchstellen füllen. Es würde ein neuer Ozean entstehen. Dies würde Afrikas Geographie dramatisch verändern. Binnenländer wie Sambia und Uganda könnten Küstenlinien gewinnen. Im Indischen Ozean würde eine große Insel entstehen, die aus Teilen des heutigen Äthiopiens und Somalias bestehen würde. Der Nil könnte seinen Lauf ändern. Ein neuer Arm an seinem Oberlauf würde sich dann in den Indischen Ozean statt ins Mittelmeer ergießen.

   

500.000 bis 1.000.000 Jahre

Wissenschaftler gingen bislang davon aus, daß die Abspaltung der beiden Erdplatten 20 bis 60 Millionen Jahre andauern könnte. Doch nun gibt es neue Erkenntnisse. "Wir haben den Zeitrahmen auf etwa eine Million Jahre reduziert, möglicherweise sogar auf die Hälfte", erklärte Cynthia Ebinger Geowissenschaftlerin von der Tulane University.

Um etwa 0,8 Zentimeter pro Jahr driften die afrikanische und somalische Platte momentan auseinander. Große seismische Ereignisse wie Erdbeben könnten den Prozeß weiter beschleunigen. Die genaue Vorhersage solcher Ereignisse bleibt aber weiterhin eine Herausforderung, betont Ebinger.

Rotes Meer ebenso durch Trennung zweier Erdplatten entstanden

Gemessen an einem menschlichen Leben erscheinen 500.000 oder eine Million Jahre unvorstellbar lang. Doch für geologische Prozesse ist es eine kurze Zeitspanne. Auf dieselbe Art und Weise entstand vor ungefähr 25 Millionen Jahren auch das Rote Meer. Aus erdgeschichtlicher Perspektive ist das Gewässer noch vergleichsweise jung. Es entstand durch die Trennung der afrikanischen und asiatischen Kontinentalplatte. Durch die Trennung entstand eine "Lücke", die sich mit Wasser füllte. Diese dehnt sich Jahr für Jahr weiter aus.
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
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