29.03.12018, 14:48
Es sei besser, zwanzig Schuldige freizusprechen, als einen Unschuldigen zu verurteilen
Der spätere König von Preußen, Friedrich II (Der alte Fritz), hatte als Kronprinz vor seinem gewalttätigen Vater fliehen wollen. Jedoch wurde er gefaßt und eingesperrt. Sein eigener Vater drohte ihn zu foltern. Seinen besten Freund Katte ließ man vor seinen Augen hinrichten. Möglicherweise hat auch dieses Erlebnis Friedrich II. von Preußen dazu bewogen, nur drei Tage nach Regierungsantritt die Kabinettsorder vom 3. Juni 1740 zu erlassen, mit dem er die Folter und Hexenverfolgung in Preußen verbieten ließ. Das war ein einmaliger (und beispielgebender) Vorfall, weil Preußen als erster Staat diese Dinge verbot und abschaffen ließ.
Während in anderen Teilen Europas Frauen als Hexen verbrannt werden, Kritiker von Staat oder Kirche den Galgen fürchten müssen und Monarchen glauben, sie seien von Gottesgnaden eingesetzt, erklärt der Hohenzollern-Prinz öffentlich, der Herrscher sei nur "erster Diener des Staates". Er habe die Gesetze zu achten und solle sich vom "allgemeinen Besten" leiten lassen.
Die Juristen stellte die neue Order vor ein unlösbares Problem. Seit Jahrhunderten war die Folter zentraler Bestandteil des Strafprozesses. Die Anwendung von Daumenschrauben, die Streckfolter mit Seilwinde und das Verbrennen einzelner Hautpartien waren legale Mittel, um von einem beharrlich schweigenden Angeklagten ein Geständnis zu erzwingen.
Deswegen argumentierten die Juristen fast einhellig für die Beibehaltung der Folter. Gegen deren Widerstand und den seiner Berater zeigte der junge König erstaunliches Durchsetzungsvermögen. Leider umgingen viele Richter das neue Gesetz, indem sie die Folter - entgegen Friedrichs Anordnung - durch Schläge oder Essensreduktion ersetzten.
Das Folterverbot Friedrichs II. war also zunächst ein unausgegorenes Experiment, aber es wurde in den folgenden Jahrzehnten durch weitere Gesetze ergänzt. Wegweisend war hier die weitere Order von 1754. Das preußische Beispiel strahlte aus in ganz Europa. Zwar schränkten auch andere Staaten die Folter im 18. Jahrhundert ein. Doch daß Preußen entgegen der Warnungen nicht in Anarchie versank, sondern weiterhin den Ruf des geordneten Musterstaates genoss, überzeugte. Und wirkte richtungsweisend.
Noch rund 100 Jahre dauerte es, bis die Folter in allen deutschen Staaten endgültig abgeschafft war. Weltweit ist die Folter bis heute üblich, in zwei Drittel der Staaten wird sie immer noch angewendet.
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!