Hexenverfolgung
#29
Oft verschwiegene Fakten

   

Im Namen der Sekte und des chr*tichen Gottes galt selbst Schweigen als Geständnis. Verweigerten Hexen die Aussage, so wurden sie verurteilt: "Der Hexerei überführt durch Schweigen der Angeklagten."

Die Ungerechtigkeit der kirchlichen Prozeßordnung führt in allen Fällen dazu, daß Frauen, welche als Hexen angeklagt wurden, auch als Hexen verurteilt werden. So gab es beispielsweise ein Gesetz, nach dem das Zeugnis eines Mannes vor Gericht auch dann für wahr gilt, wenn mehrere Frauen das Gegenteil ausgesagt haben.

Im Mittelalter wurde die Folter zur allgemeinen Begleiterscheinung der Rechtsfälle, die mit Glaubensdingen zu tun hatten. Die überlieferte vorChr*stliche Rechtsprechung lehnte den Gebrauch der Folter ab und erachtete einen Angeklagten so lange für unschuldig, bis seine Schuld durch die Strafverfolgung zweifelsfrei erwiesen war. Chr*stliche Kreuzritter und Inquisitoren kehrten das alte heidnische Rechtsverfahren um. Der Gebrauch der Folter durch die Inquisition machte jeden Beweis der Unschuld unmöglich. "Keine Macht der Welt konnte den Gefangenen retten, er war verdammt."

Die Berichte der wenigen Überlebenden malen ein grausiges Bild der Aktivitäten der Inquisitoren. Diese Grausamkeiten waren derart unvorstellbar, daß ihnen mitunter nicht einmal die Zeitgenossen Glauben schenkten. Eine Frau, die 1637 in Eichstädt arrestiert wurde, "lachte herzlich", als man ihr am ersten Tag ihres Prozesses vorwarf, sie hätte Umgang mit dem Teufel gepflegt. Sie sagte: "Sie würde lieber sterben, als sich selbst solcher Dinge zu bezichtigen. Sie hätte mit ihrem Mann und ihren acht Kindern zwanzig Jahre ein unbescholtenes Leben geführt." Drei Wochen später starb sie unter der Folter, nachdem sie eingestanden hatte, daß sie den Teufel liebte und auf seinen Wunsch eines ihrer Kinder getötet hätte, und daß mindesten 45 ihrer Nachbarinnen gleichfalls Satansanbeterinnen wären.

   

Der Grundsatz der Inquisitoren war, so lange mit der Folter fortzufahren, bis das Opfer viele "Komplizen" genannt hatte. Diese wurden dann ebenfalls verhaftet und gefoltert, bis weitere Namen genannt wurden.

Der Jesuit und Beichtvater der Inquisition Friedrich von Spee, der in den Gefängnissen arbeitete, schrieb: "Jeder Widerruf ist vergeblich. Wenn sie nicht bekennt, wird die Folter wiederholt, zweimal, dreimal, viermal. Bei "außergewöhnlichen" Verbrechen wird die Folter mit grenzenloser Dauer, Härte und Häufigkeit eingesetzt. ... Eine Hexe kann sich niemals reinwaschen. Die Untersuchungsbeamten werden sich beschämt fühlen, wenn sie eine Frau, die einmal verhaftet und in Ketten gelegt war, freilassen müßten; sie muß schuldig sein, ob zu Recht oder zu Unrecht."

Die Mutterschaft war eine deutliche Belastung für Frauen, die in die Hände der Inquisition fielen. Es wurde empfohlen, Kinder durch "geschickte Behandlung" zu Aussagen gegen ihre Mütter zu bringen. Weil Kinder sehr empfindlich auf die Folter reagierten, wurde es zur Regel, sie unverzüglich und ohne vorherige Wartezeit zu foltern. Derartige hervorgelockte Aussagen von Kindern (und das bedeutete Kinder unter zehn Jahren) wurden von der Inquisition ohne weiters anerkannt. Obgleich solche Aussagen in anderen Prozessen nicht zulässig waren, konnten Mütter in Inquisitionsprozessen auf diese Weise der Hexerei überführt werden.

   
Weise Männer und Frauen als Ketzer und Hexen verbrannt.

Die Gesetze der Hexenverfolgung erlaubten keine Widerruf des Geständnisses nach der Folter. Diejenigen, die versuchten, ihre Bekenntnisse zu widerrufen, wurden wiederum in die Folterkammer gebracht und erneut gefoltert. Zum einen, um sie von ihrem Widerruf zu reinigen und zum anderen, um ihnen erneut ein "wahres Geständnis" abzupressen. Jedes Anzeichen von Angst galt (ebenso wie die Denunziation durch ein anderes Opfer der Folter) als Schuldbeweis.

Als der Kurfürst Johann Sigismund im Jahr 1617 die Stadt Bernau (bei Berlin) besucht, brechen die Kutschpferde des Kurfürsten tot zusammen. Da schrie der Kutscher: "Hexen hätten die Pferde umgebracht!" Der Rat der Stadt ließ sofort einige Frauen verhaften.

Der Fall der angeblichen Hexe Dorothea Meermann (genannt: Orthie) aus Bernau wurde ausführlich dokumentiert. Schon einige Jahre zuvor waren Großmutter und Mutter von Dorothea Meermann wegen Hexerei hingerichtet worden. Wenn eine Familienangehörige in der Vergangenheit wegen Hexerei verdächtigt oder angeklagt worden war, wurde gemutmaßt, die Mutter hätte die Zauberkunst an die Tochter weitergegeben, und der Teufel hätte in der Familie leichtes Spiel. So stand Dorothea Meermann die Hälfte ihres Lebens unter Verdacht. 1617 wurde sie öffentlich von Gertrud Mühlenbeck beschuldigt, die zum Zeitpunkt dieser Aussage selbst der Zauberei angeklagt war. (Unter der Folter benannte Gertrud Mühlenbeck einen Großteil der später Angeklagten. Auf diesem Weg kam es wie in vielen Orten zu einer Prozeßkette.)

   
Hedwig Rösemann wird am 6. Juni 1665 in Niemegk als Hexe verbrannt. Verschleiert wird die gebürtige Niemegkerin zur Richtstätte vor dem „Wittenberger Thore“ auf den so genannten Hexenberg gefahren, wo alsbald Flammen lodern. Am 27.10.2011 wird Hedwig Rösemann durch Beschlußfassung der Stadtverordnetenversammlung in Niemegk rehabilitiert.

Nach Mühlenbecks Aussage wurde Dorothea Meermann in Haft genommen, und ihre Nachbarn und Angehörigen wurden als Zeugen unter Eid am 2. Dezember 1617 in der Bernauer Ratsversammlung vernommen. Die Chronik nennt folgende gravamina (Vorwürfe): Der Nagelschmiedgeselle Conrad Tiechel sagte, ein gräulich schwarzes Ungeheuer habe auf dem Dach der Meermann gesessen. Sie füttere den Drachen. Der Drache wäre in ihrem Haus aus- und einfliegen gesehen worden. Sie hätte sich tagelang in ihrem Haus eingesperrt, als Frau Grunow ins Gefängnis eingezogen wurde. Dann wäre sie von einem Ort zum anderen in der Stadt gelaufen und hätte nachgeforscht, was dieselbe über sie ausgesagt hätte. Die Kröchelin schwor, Orthie habe ihr einen Eierkuchen geschenkt, in dem Haare und Blut eingebacken waren. Ihr Nachbar Matthes Kröchel klagte, daß sein Korn verschimmelt sei.

Thomas Belling, der Stadtsekretär, erinnert das Gericht daran, daß bereits Mutter und Großmutter der Meermann der Zauberei überführt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden waren. Das reichte als Beweis für den Beschluß des Rates, sie foltern zu lassen. Die Anklage lautete: Zauberey halber.

(Es konnte vorkommen, daß selbst Familienmitglieder in den Chor der Ankläger einstimmten, um Verdacht von sich zu weisen. In der Seiler-Chronik findet sich der Fall Anna Mund. Als sie aus der Folter entfliehen konnte, übergab der eigene Ehemann die Angeklagte wieder dem Gericht.)

Die Familie von Dorothea Meermann jedoch hielt zu ihr. Ihr Schwiegersohn Hans Becker war ihr Verteidiger vor Gericht und verfaßte im Mai 1619 ein Schreiben an den Kurfürsten Johann Sigismund, um den Abschluß des Prozesses zu bewirken. Darin wird deutlich, daß sie keine weiteren Kosten tragen könnten und sich dem Urteil beugen würden. Nun setzte der Rat seinerseits ebenfalls ein Schreiben an den Landesherren auf.

Auch unter der Folter bekannte sich Orthie zu keinem der Vorwürfe gegen sie. Doch blieb sie in Haft und wurde immer schwächer. Der Kurfürst entschied nicht, sondern leitete den Fall an die Juristische Fakultät zu Frankfurt weiter.

   
Anna Schwägelin wird 1775 in Kempten enthauptet und anschließend verbrannt. Hatte die Hexe einen "gnädigen" Henker, wurde sie vor Entzünden der Flammen hinterrücks mit einem Dolch erstochen, um ihr die Leiden zu ersparen. Von alledem durfte aber das aufgehetzte Volk nichts bemerken, zumal der Henker nämlich dann Gefahr lief, selbst Opfer der Massen zu werden. Der Nachrichter verlas nochmals alle Anklagepunkte und das Urteil. Anschließend wurde der Scheiterhaufen unter den Jubelschreien der johlenden Menge entzündet ...

Dann sollte Orthie von einem anderen Scharfrichter einer schärferen Folter unterworfen werden. Aber die Bürgerschaft hatte Angst vor der Rache der Hexenmeister und hinderte den Rat zunächst an einer erneuten Folter der Beschuldigten. Es kam zunächst zu einem Volksaufstand gegen das weitere Foltern der Angeklagten Dorothea Meermann genannt Orthie.

Für ein Todesurteil war ein Geständnis der Angeklagten notwendig. Deswegen kam es zu dem Beschluß, die Folter fortzusetzen. Dorothea Meermann wurde mit glühenden Zangen an den Brüsten gezogen. Seiler schreibt in seiner Chronik: Da nun die Tortur mit dieser Orthie Meermann abermals aufs härteste vorgenommen ist, geschieht es, daß dieselbe unvermutet in der custodie (Gewahrsam) stirbt. Zwei Jahre lang zog sich das Verfahren hin, bis Dorothea Meermann unter der Folter verstarb. Am Morgen des 18. August 1619 brachte ein Wächter Dorothea auf seinem Rücken ins Freie, damit sie ihre Notdurft verrichten konnte. Als der Wärter sie wieder hineinbringen wollte, lag ihr Körper leblos am Boden. Der Rat samt dem Scharfrichter besichtigten die Leiche. Sie gaben zu Protokoll, daß ihr Genick gebrochen war. Ihr Körper wurde am Hochgericht in ungeweihter Erde verscharrt.

       
Die Stadt Bernau will Opfern ihre Ehre zurückgeben.

https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2017/04/Bernau-Opfer-Hexenverfolgung-Beschluss-Stadtverordneten.html
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!
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Hexenverfolgung - von Abnoba - 27.04.12005, 21:39
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