Auf dem Schlachtfeld
#1
Ich habe mich bei diesem Gedicht oder vielmehr Lied, von einem anderen in seiner Rhythmik leiten lassen, daher ist es etwas Gewöhnungsbedürftig.

<span style='color:red'><span style='font-size:14pt;line-height:100%'>Auf dem Schlachtfeld</span></span>

Weit das Feld vor lauter Kriegern,
die in, der Abendsonne stehn,
ein Gebrülle, in der Fülle,
man hört, den Wind, gar leise wehn,
dort die Pferde, mit den Reitern,
und ihren immertreu’n Begleitern,
ein Gewitter, leichter Regen,
so mancher hebt, das Schwert verwegen!

Dies kenn ich aus hundert Schlachten,
ruf’s zum Feind, im letzten Licht,
es ist, unnütz, nach mir zu trachten,
ich kämpfe, bis das Schwert zerbricht!

Des Feindes Rede, naht dem Ende,
ich kann, die ersten kommen sehn,
das gar stolz verzierte Banner,
sieht man stark im Winde wehn,
zornerfüllt, erscheint der Gegner,
zu mir die Schritte, hin bewegt er,
und der Schütze fern im Blick,
spannt den Bogen mit Geschick,

Dies kenn ich aus hundert Schlachten,
ruf’s zum Feind, im letzten Licht,
es ist, unnütz, nach mir zu trachten,
ich kämpfe, bis das Schwert zerbricht!


Es graut die Stund, der Feind holt aus,
um mir den Rest zu geben,
ich werde siegen, denn ich weiß,
mein Wille wird weiterleben.

Auch nach hundert harten Schlachten,
ruf ich’s dem Feind, in sein Gesicht,
es ist, unnütz, nach mir zu trachten,
denn mein Wille, mein Wille lebt ewig!

© Anubis

Laut §6 der neuen RdfP nenne ich die Intention dieses Gedichtes:

Ich hatte lediglich beabsichtigt ein altes Lied, das mir Mut in alten Zeiten brachte mit einem neuen Text zu versehen der keinen Fluch enthält.
Es ist ein Spott gegen alles feindliche und unnatürliche dieser Welt, das immer wieder versucht so manche Kämpfernatur kleinzukriegen.

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#2
Habe eben im Thread "Die Tristesse der Nutzlosen" etwas über die Kriegsgräberfürsorge geschrieben und erlaube mir, folgenden Text, an den ich wieder dachte, hier anzuhängen.

Nachlass

Der grosse Raum mit dem Vorbau war vom Maler weiss getüncht worden, und dann war er nochmal mit der Rolle darübergegangen - hellgrün, frühlingshaft, besänftigend.
Doch verstärkte dies nur den Eindruck von Sonnenlosigkeit. Er ging zum Norden hnaus und wurde nie richtig warm und gemütlich.
So kam es eines Tages, am Vorabend eines Feiertages, dass umgeräumt wurde. Die gute Stube kam einfach in das kleine elterliche Schlafzimmer nebenan und dem Vater wurde im wohlig warmen Kinderzimmer ein Arbeitszimmer eingerichtet.

Der Rest - die Betten eben - kamen alle vier in diesen grossen, kühlen Raum. Das musste reichen - Federbett, saubere Wäsche und sonst so gut wie nichts.
Die Mutter träumte zeitweise von Wäsche und das war immer ein schlechtes Zeichen.
Der Vater lag wach in den frühen Morgenstunden, wie er sagte. Er grübelte.
Er machte dann am Morgen im Küchenherd Feuer und sein Feuerchen, das brannte dann doch immer schön, jeden Morgen.

Eigentümlich war nur hin und wieder die Winterszeit, wenn man festlag wegen Erkältung. Eisblumen, frostiger Atem, das Federbett bis zur Nasenspitze - da kam es langsam auf, dieses Gefühl der Verlassenheit.
Man durfte schon mal "Mutti, Mutti!" rufen, aber nicht zu oft.

Sonst blieb nichts anderes übrig, als umherzuirren mit den Augen, nach einem Halt, einem Anhaltspunkt, einem Stützpunkt suchend.
Und eher teilnahmslos glitt der Blick immer wieder über ein Bild an der gegenüberliegenden Wand. Kein Bild eigentlich, sondern ein richtiges Gemälde, in Oel, im schweren vergoldeten Rahmen.

Es war da noch hängengeblieben, vom Onkel Paul, der im Krieg gefallen war, in Frankreich, in den letzten Tagen des ersten Weltkrieges.
Er hatte da irgendeine in einem Park liegende Villa mit Tor und Weg ganz tadellos auf die Leinwand gebracht, aber nicht den dunkelgekleideten Herrn auf dem Weg zur Villa.
Doch gerade dieses armselige Menschlein gab überhaupt nur Anlass, mal eine Bemerkung zu machen zu dem Kunstwerk.
Es sei völlig mißlungen, so gut er sonst auch habe malen können, Menschen habe er nie hingekriegt, der gute Onkel Paul.
Doch wäre nicht eben dies gewesen, wer hätte seines Namens überhaupt noch gedacht. Vor Augen stand der eben zu Ende gegangene zweite Weltkrieg, und stehen zu alldem, das überstieg wohl die Kraft und auch das Fassungsvermögen der im lieblichen Thüringen ansässigen Menschen.

Mir selbst gelangen Menschen und Gesichter damals beinahe hervorragend - eine zeitlang. Als ich dann beinahe fluchtartig das Elternhaus verliess, liess ich Begabung, wohlgeordnetes Wissen und Leben zurück. Ich war in die Welt des Klassenfeindes, des Bürgertums hineingeglitten. Eine ganz anständige erste grosse Liebe, aber auf jeder Elternseite schärfste, vernichtendste Ablehnung.
Statt Studium tauchte ich in die echte, unbeschönigte Arbeiterwelt ein, und da kam sie rasch über mich, die Dunkelheit.
Auf's Krankenlager darf ich nochmal dahin zurück.
Sicher hing das Bild noch da, damals. Aber ich sah es nicht mehr.
Später auch nicht.
Und meine Sachen, mein Nachlass, ich weiss nicht, wo er blieb. Sicher weggeworfen im Zorn.
Ein Bild war noch dageblieben, mit Sonnenblumen darauf. Es soll von mir gemalt worden sein, wurde mir später immer wieder versichert.

Ich meine gegen die groben Irrtümer des Regimes zeitweise angehen zu müssen, es ist doch auch meine Welt, die meines Mannes und meiner beiden Kinder.
Es dauert nicht lange, da fliehen wir von Tunesien aus, wo wir für den Aussenhandel tätig sind, in Richtung Frankreich. Die Begleitumstände lassen uns erzittern und setzten uns unter Strom - bis zum Ende des Regimes - sobald davon die Rede ist.

Und es ist davon die Rede.
Ich unterrichte Deutsch, Einzelunterricht für Erwachsene und ziehe die Verleugnung meiner Herkunft nie in Betracht. Die Familie zerbricht an diesen und anderen zersetzenden Einflüssen, denen wir mangels Erfahrung nicht gewachsen sind.

Es hatte eine Zeit gegeben, wo ich auf die Deutschen nicht sehr gut zu sprechen war, denn die Gründlichkeit wird eben leider in allen Dingen bis zum Aeussersten getrieben und führt zu dieser Härte sich selbst und anderen gegenüber. So kam es mir recht, eine andere Sprache zu sprechen, andere Laute zu vernehmen.
Dazwischen gibt es Momente, wo mir Artikel deutscher Tageszeitungen eine einzigartige Klarheit vermitteln und ich beginne etwas zu erfassen und zu lieben, was über dem täglichen Leben, über Schuld und Sühne liegt, etwas wie das Jenseits.
Und ich stehe abseits hier.
Auch nach der Wende läßt man mich nicht mehr richtig ein, es fehlt ein Stück.

Und dann fällt mir eines Tages in der Süddeutschen Zeitung eine Anzeige des Volksbundes in die Hände. Ich kenne ihn nicht.
Aber Fürsorge, für hier und dort, das kann ich erfassen, ermessen aus meiner Not heraus.
E war zu dieser Zeit erneut eine Dunkelheit über mich gekommen und meine Sehkraft liess rasch nach.
In der Nähe der deutschen Kirche fiel mir ein recht ungewöhnlicher Optiker auf. Und eine Marke, sehr eigenwillig, stilvoll, nennt sich sehr selbstbewusst, Paul Smith.
Es geht nicht so weit, dass ich meine Brille darunter wähle, doch soll die Wahl des Modells für mich verhängnisvoll werden. Es kommt zu einer frappierenden Aehnlichkeit zwischen mir und der Grossmutter, so dass meine Mutter innerlich irgendwie entsetzt ist. Sie verkraftet das nicht, nie mehr. Weist mich ab, weist mich aus.
Ich verkörpere eine andere Welt. Es ist, als habe mich die Grossmutter mit der Suche nach dem Grab von Paul Schmidt, ihrem Sohn, betraut.

Vom Volksbund kann seine letzte Ruhestätte nicht ermittelt werden, denn eigenartigerweise ist nicht einmal sein Todestag beigeschrieben.
Etwas muss an der Grossmutter in diesem Zusammenhang immer unheimlich gewirkt haben, etwas wie ein Wahn, in dem sie verharrte.
Kurz bevor Pauls Truppenteil nach Frankreich ging, hatte er auf der Durchfahrt noch eine lange Zeit auf dem Bahnhof unserer Stadt gestanden. Die Soldaten hatten nicht rausgedurft und die Mutter hatte es natürlich nicht gewusst.

Aber vielleicht hat sie doch das Gefühl gehabt, sie müsse zum Bahnhof.
Der Tod ist dann wohl gar nicht richtig in ihr Bewusstsein gedrungen, denn sie wusste nur, dass sie ihren Jungen nochmal gesehen hätte, wäre sie der Eingebung nachgegangen.

Der Kriegsgräberfriedhöfe bei Reims sind es unzählige. Mein Blick irrt auf der Karte umher. Ich meine, ich müsste es doch fühlen können.
Drei Jahre vergehen.

Es ist in Frankreich der Tag für die Jungfrau Maria, ein Feiertag. Nicht so in Deutschland, und ich muss auf dem Standesamt nachfragen wegen der Beischreibung meiner Scheidung, was sich auch furchtbar lange hingezogen hat.
Vom Vortag liegt noch eine englische Enzyclopaedie aufgeschlagen vor mir.
Ich hatte über die Augen nachgelesen.
Beim Telephonieren fällt mein Blick auf das sich darunter befindliche Wort "eyebright euphrasia", eine Augenheilpflanze.
Und da nehme ich auch sofort die Kriegsgräberkarte in die Hand.
Mein erster und einziger Blick fällt auf die Nr. 112.
Der Ort heißt E U P H R A S I A.


e.r.

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#3
Sich den Schweiß von der Stirn zu wischen kann echt anstrengend sein.
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