04.09.12021, 20:34
Small Cells jetzt als eigene Rubrik in der Standortkarte der Bundesnetzagentur
Die Standortkarte für Mobilfunksendeanlagen der Bundesnetzagentur ist baubiologischen Messtechnikern und Bürgerinitiativen seit langem bekannt. Anfang des Jahres kam zur "EMF-Karte" noch ein weiterer Reiter für "Small Cells" hinzu. Diese "kleinen Zellen" verbergen Funksender in hoch frequentieren Lagen der Innenstädte. Vorwiegend ist die neue Technik in bestehenden Einrichtungen untergebracht. Das Beispiel aus Bayreuth (Foto links oben) zeigt sechs Standorte mit Small Cells an. Wer sich mit einem Hochfrequenzmessgerät auf die Suche nach den Standorten macht, findet die Punkte in den Telefonsäulen der Telekom vor. Auch in anderen nordbayerischen Städten nutzt die Telekom ehemals analoge Telefoneinrichtungen in den Innenstädten. Für den Laien sind die Stationen nur durch den Hinweis "Hotspot" zu erkennen.
Hohe Messwerte im Nahbereich von Small Cells
Die Bundesnetzagentur stellt Small Cells als harmlos dar. Auf ihrer Webseite schreibt die Behörde: "In Fußgängerzonen, an Bus- und Bahnhaltestellen, im Messgelände, an Sportstätten und überall dort, wo mehr Netzkapazitäten nötig sind, können Small Cells die bestehenden Kommunikationsnetze unterstützen. Sie sind teilweise so klein, dass sie in Litfaßsäulen, Laternen oder Ampeln integriert werden können und das Stadtbild nicht stören. Für die Bürger sind diese Anlagen gesundheitlich unbedenklich". Harmlos sind die die kleinen Funkstationen in den Innenstädten keineswegs. Denn darin steckt ein Mobilfunksender mit einer relativ großen Sendeleistung im Frequenzbereich von 2.650 Megahertz. Im Abstand von fünfzig Zentimetern sind mit einem Hochfrequenz-Spektrumanalysator mehr als 500.000 Mikrowatt je Quadratmeter zu messen. Derart hohe Werte übersteigen die Kapazität von Breitbandmessgeräten bei weitem. Wird das Messergebnis in die Einheit "Volt je Meter" umgerechnet, ergibt sich ein Wert von 14 V/m. Bei einem Grenzwert von 61 V/m bedeutet dies eine Grenzwertausschöpfung von 23 Prozent. Zum Vergleich: in durchschnittlichen Wohnungen ohne WLAN-Router erreicht man maximal 1 bis 2 % Grenzwertausschöpfung.
Unendliche Grenzwertdiskussionen in Deutschland
Seit die Bundesrepublik in den neunziger Jahren die Grenzwerte der ICNIRPP übernommen hat, entbrennt sich eine Diskussion um die Höhe dieser Werte. Der Gesetzgeber hält daran fest, obwohl zahlreiche wissenschaftliche Studien starke Hinweise auf biologische Effekte unterhalb der Grenzwerte nachgewiesen haben. Eine mögliche Ursache für die Beibehaltung der Grenzwerte liegt in der Lobbyarbeit der Industrie weltweit. Eine Studie der Europaabgeordneten Klaus Buchner and Michèle Rivasi legt Verflechtungen der ICNIRPP mit Industrievertretern nahe (siehe Link unten). Die ICNIRP ist eine private Organisation (NGO) mit Sitz in München. Die Abkürzung bezieht sich auf die englische Bezeichnung "International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection". Im Zuge der Einführung des neuen Funkstandards 5G wurden die Grenzwerte durch die ICNIRP überprüft und für ausreichend befunden. Der finnische Forscher Dariusz Leszczyński sieht die Rolle der ICNIRP ebenfalls kritisch: "Diese Grenzwerte dienen statt den Menschen vor allem den Bedürfnissen der Telekommunikationsindustrie. Deren Ziel ist es, Grenzwerte festzulegen, die keine Menschen töten, aber garantieren, dass ihre Technologie eingesetzt werden kann."
Zweihundert Litfaßsäulen in Berlin als Antennenstandorte für Small Cells
Wie heise-online Ende März berichtete, steckt die Antenne immer im Deckel der Säule. Es handelt sich hauptsächlich um Rundstrahler, welche die gesamte Umgebung der Werbesäule kreisförmig mit Mobilfunk versorgen. Die Berliner Landesregierung sitzt mit den Betreibern im Boot und plant, dass bis Ende 2021 alle zweihundert Standorte betriebsbreit sind. Die Säulen werden aus Betonfertigteilen gebaut und vorab mit der kompletten Technik ausgestattet. Der Platz im Hohlraum reicht aus für Stromzähler, Sicherungskasten, Glasfaseranschluss, Funktechnik und Antenne. Berlin will noch weitere "Stadtmöbel" mit Funktechnik ausstatten. Möglichkeiten bieten sich reichlich. Unter anderem haben die Betreiber ehemalige Verteilerkästen, Laternenmasten oder Wartehäuschen im Auge. Die Anwendungen sollen kostengünstig umgesetzt werden und möglichst viele Nutzer erreichen. Ein wichtiger, aber ausdrücklich nicht kommunizierter Nebeneffekt besteht darin, dass der Normalbürger die versteckten Sendeanlagen nicht sehen kann. Denn Unruhe und unliebsame Fragen wollen sich Betreiber und Kommunen gerne ersparen.
Weitere Informationen
https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Vportal/TK/Funktechnik/EMF/start.html
https://kompetenzinitiative.com/wp-content/uploads/2020/07/ICNIRP-report-FINAL-19-JUNE-2020.pdf
https://www.heise.de/news/Small-Cells-Berliner-Litfasssaeulen-bekommen-LTE-von-der-Telekom-6003406.html
https://www.baubiologie-regional.de/news/small-cells-jetzt-als-eigene-rubrik-in-der-standortkarte-der-bundesnetzagentur-1002.html
Die Standortkarte für Mobilfunksendeanlagen der Bundesnetzagentur ist baubiologischen Messtechnikern und Bürgerinitiativen seit langem bekannt. Anfang des Jahres kam zur "EMF-Karte" noch ein weiterer Reiter für "Small Cells" hinzu. Diese "kleinen Zellen" verbergen Funksender in hoch frequentieren Lagen der Innenstädte. Vorwiegend ist die neue Technik in bestehenden Einrichtungen untergebracht. Das Beispiel aus Bayreuth (Foto links oben) zeigt sechs Standorte mit Small Cells an. Wer sich mit einem Hochfrequenzmessgerät auf die Suche nach den Standorten macht, findet die Punkte in den Telefonsäulen der Telekom vor. Auch in anderen nordbayerischen Städten nutzt die Telekom ehemals analoge Telefoneinrichtungen in den Innenstädten. Für den Laien sind die Stationen nur durch den Hinweis "Hotspot" zu erkennen.
Hohe Messwerte im Nahbereich von Small Cells
Die Bundesnetzagentur stellt Small Cells als harmlos dar. Auf ihrer Webseite schreibt die Behörde: "In Fußgängerzonen, an Bus- und Bahnhaltestellen, im Messgelände, an Sportstätten und überall dort, wo mehr Netzkapazitäten nötig sind, können Small Cells die bestehenden Kommunikationsnetze unterstützen. Sie sind teilweise so klein, dass sie in Litfaßsäulen, Laternen oder Ampeln integriert werden können und das Stadtbild nicht stören. Für die Bürger sind diese Anlagen gesundheitlich unbedenklich". Harmlos sind die die kleinen Funkstationen in den Innenstädten keineswegs. Denn darin steckt ein Mobilfunksender mit einer relativ großen Sendeleistung im Frequenzbereich von 2.650 Megahertz. Im Abstand von fünfzig Zentimetern sind mit einem Hochfrequenz-Spektrumanalysator mehr als 500.000 Mikrowatt je Quadratmeter zu messen. Derart hohe Werte übersteigen die Kapazität von Breitbandmessgeräten bei weitem. Wird das Messergebnis in die Einheit "Volt je Meter" umgerechnet, ergibt sich ein Wert von 14 V/m. Bei einem Grenzwert von 61 V/m bedeutet dies eine Grenzwertausschöpfung von 23 Prozent. Zum Vergleich: in durchschnittlichen Wohnungen ohne WLAN-Router erreicht man maximal 1 bis 2 % Grenzwertausschöpfung.
Unendliche Grenzwertdiskussionen in Deutschland
Seit die Bundesrepublik in den neunziger Jahren die Grenzwerte der ICNIRPP übernommen hat, entbrennt sich eine Diskussion um die Höhe dieser Werte. Der Gesetzgeber hält daran fest, obwohl zahlreiche wissenschaftliche Studien starke Hinweise auf biologische Effekte unterhalb der Grenzwerte nachgewiesen haben. Eine mögliche Ursache für die Beibehaltung der Grenzwerte liegt in der Lobbyarbeit der Industrie weltweit. Eine Studie der Europaabgeordneten Klaus Buchner and Michèle Rivasi legt Verflechtungen der ICNIRPP mit Industrievertretern nahe (siehe Link unten). Die ICNIRP ist eine private Organisation (NGO) mit Sitz in München. Die Abkürzung bezieht sich auf die englische Bezeichnung "International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection". Im Zuge der Einführung des neuen Funkstandards 5G wurden die Grenzwerte durch die ICNIRP überprüft und für ausreichend befunden. Der finnische Forscher Dariusz Leszczyński sieht die Rolle der ICNIRP ebenfalls kritisch: "Diese Grenzwerte dienen statt den Menschen vor allem den Bedürfnissen der Telekommunikationsindustrie. Deren Ziel ist es, Grenzwerte festzulegen, die keine Menschen töten, aber garantieren, dass ihre Technologie eingesetzt werden kann."
Zweihundert Litfaßsäulen in Berlin als Antennenstandorte für Small Cells
Wie heise-online Ende März berichtete, steckt die Antenne immer im Deckel der Säule. Es handelt sich hauptsächlich um Rundstrahler, welche die gesamte Umgebung der Werbesäule kreisförmig mit Mobilfunk versorgen. Die Berliner Landesregierung sitzt mit den Betreibern im Boot und plant, dass bis Ende 2021 alle zweihundert Standorte betriebsbreit sind. Die Säulen werden aus Betonfertigteilen gebaut und vorab mit der kompletten Technik ausgestattet. Der Platz im Hohlraum reicht aus für Stromzähler, Sicherungskasten, Glasfaseranschluss, Funktechnik und Antenne. Berlin will noch weitere "Stadtmöbel" mit Funktechnik ausstatten. Möglichkeiten bieten sich reichlich. Unter anderem haben die Betreiber ehemalige Verteilerkästen, Laternenmasten oder Wartehäuschen im Auge. Die Anwendungen sollen kostengünstig umgesetzt werden und möglichst viele Nutzer erreichen. Ein wichtiger, aber ausdrücklich nicht kommunizierter Nebeneffekt besteht darin, dass der Normalbürger die versteckten Sendeanlagen nicht sehen kann. Denn Unruhe und unliebsame Fragen wollen sich Betreiber und Kommunen gerne ersparen.
Weitere Informationen
https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Vportal/TK/Funktechnik/EMF/start.html
https://kompetenzinitiative.com/wp-content/uploads/2020/07/ICNIRP-report-FINAL-19-JUNE-2020.pdf
https://www.heise.de/news/Small-Cells-Berliner-Litfasssaeulen-bekommen-LTE-von-der-Telekom-6003406.html
https://www.baubiologie-regional.de/news/small-cells-jetzt-als-eigene-rubrik-in-der-standortkarte-der-bundesnetzagentur-1002.html
Dem Schlechten mag der Tag gehören - dem Wahren und Guten gehört die Ewigkeit. (F. v. Schiller)