Die Bürger müssen und sollen gefälligst dies und das ...
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In meiner Heimatstadt finden jetzt regelmäßig Demonstrationen für Grundgesetz und Redefreiheit statt. Ich habe mir das mal angesehen. Was mir daran besonders gefällt ist, daß jeder der möchte, ans Mikrofon treten darf, um ein paar Worte zu sagen:

Sehr verschieden sind diejenigen, die das Wort ergreifen. Da ist die junge Mutter von drei Kindern oder eine Frau, die vor mehr als 30 Jahren bei den Montagsdemonstrationen mitgemacht hat, neben dem Diplomkaufmann und einem ehemaligen Mitarbeiter des Arbeitsamtes.

Auch das Gesagte ist sehr unterschiedlich. Von den einen werden Zusammenhänge hergestellt, die andere nicht überbetont wissen wollen. Nur in einem sind sich alle einig: Die „Corona-Maßnahmen“ betrachten alle Demonstranten als Zumutung. Eine Deutschlandfahne ist am Rednerpult aufgemalt und mit den Worten: "Grundgesetz, Freiheit, Demokratie" beschriftet.

Die nächste Rednerin exerziert die ersten Verfassungsartikel durch – um zu zeigen, wie viele davon gebrochen worden seien. Eine andere Frau schildert die sinnfreie Sperrung der Spielplätze aus der Sicht ihrer kleinen Tochter und sagt, sie möchte ihren Kindern gern sagen: "Ihr könnt euch frei entfalten, in einem Land, das für euch ist. Doch das ist leider unmöglich."

Andere Redner verweisen darauf, dass jeden Tag in Deutschland durchschnittlich 2.500 Menschen sterben und es vor zwei Jahren 25.000 Grippetote gegeben habe, die für die Regierung nicht von Interesse gewesen seien – woran sich die Frage anschließe, wie man die Verhältnismäßigkeit der massiven Einschränkungen angesichts der Verlaufs und der „Opfer“ von „Corona“ erklären wolle.

Ein Redner meint, der noch immer anhaltende Glaube an diejenigen, die von Anfang an mit allen Einschätzungen falsch lagen, sei nur noch mit Verzweiflung zu erklären und fordert den Rücktritt der Regierung. Dafür gibt es viel Zustimmung. Die Impfpflicht und der Einfluss von Bill Gates, etwa durch die Finanzierung der WHO, spielen in mehreren Beiträgen eine Rolle. Stets ist hier in L. ein Redner präsent, der mittels eines Transparents die Folgen des Reichstagsbrandes von 1933 mit denen von Covid-19 vergleicht. Das Wort „Staatsstreich“ fällt. Er fordert dazu auf, anstatt der verordneten Maske, die er mit einem Knebel assoziiert, lediglich ein Tuch vorzubinden, um zu zeigen, was man von den Anweisungen halte. Man gewöhne sich zu schnell an die Dinge. Meinungsfreiheit, die bedeute, alles sei sagbar, gebe es hierzulande nicht.

Der bundesweit bekannte Wirrologe Chr*stian Drosten von der Berliner Charité hat unter den Versammelten keine Freunde. Viel Beifall finden Beiträge wie „Macht die Fernseher aus – und zwar dauerhaft!“ Es wird auch gelästert: Hamstern von Toilettenpapier zeige, dass einige Menschen die anale Phase noch nicht überwunden hätten. Teilnehmer prangern die Aussagen von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) an, Geld sei unbegrenzt verfügbar, und von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), um die Inflation kümmere man sich später.

Ein junger Antifa-Aktivist darf ebenfalls sprechen. Er verfehlt jedoch das Thema und fordert die Aufnahme der „Flüchtlinge“ von den griechischen Inseln, und überhaupt solle niemand herrschen. Er ist der Einzige, der vor dem Mikrofon sein Gesicht bedeckt lässt – was auffällt, da in dem abgegrenzten Veranstalterbereich strengste Mundschutzpflicht herrscht, der jeweilige Redner davon jedoch ausgenommen ist.

Die Polizei ist selbstredend anwesend, sichtlich lustlos fordert sie ab und an zur Abstandsvergrößerung auf. Die Veranstaltung ist auch nicht frei von esoterischen Anklängen, eine Frau lädt zu einer regelmäßigen „Tanzdemo“ ein, die sei zwar neulich noch verboten, aber trotzdem nett gewesen. Die Teilnehmerzahl dieser dritten Kundgebung lag bei ca. 1.000 Personen, was bemerkenswert ist, da nirgendwo dafür geworben wird.

„Die Gedanken sind frei“ ist stets das Schlusslied, die allgemeine Textsicherheit lässt allerdings zu wünschen übrig. Ausweislich des Beifalls finden sich wohl die weitaus meisten Teilnehmer in einer der kürzesten Ansprachen wieder: Erinnert wird lediglich an zwei markante Sätze der Revolution von 1989: „Wir sind das Volk“ und „Keine Gewalt“.
Ein schwacher Verstand ist wie ein Mikroskop, das Kleinigkeiten vergrößert und große Dinge nicht erfaßt.
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RE: Die Bürger müssen und sollen gefälligst dies und das ... - von Slaskia - 15.05.12020, 10:45

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