Die Tanfanastätte auf dem Stoppenberg (Tamfana)
Im nordöstlichen Gebiet der Stadt Essen liegt der Stoppenberg, der steil aus der Ebene ansteigt. Dort stand in alter Zeit ein heidnisches Heiligtum. Auf dem Gipfel des Berges erhob sich der kräftige Unterbau aus Balken und Gestein, von dem aus eine riesengroße Säule bis ins Gewölk vorstieß. Das war der Tempel der Tanfana. Die Marsen hatten ihn erbaut. Sie waren ein germanisches Volk, das mit und nach dem Stamme der Sigambrer unsere Gegend hier bewohnte und wegen seiner Tapferkeit gefürchtet und berühmt war. Besonders mit den Römern lagen sie allzeit in Krieg und Fehde. Darum griffen sie auch freudig zu den Waffen, als Hermann zur Befreiung rief. Im Dunkel des Teutoburger Waldes erprobten sie am Römerheere ihre Kraft und kehrten als ehrenvolle Sieger heim. Sie brachten reiche Beute mit, darunter einen Adler, den die Römer ihrem Zug voranzutragen pflegten. Mit Stolz und Jubel legten sie ihn vor Tanfana nieder und vergruben ihn später dann in einem Haine ihres Gaues.
Die Römer aber konnten ihre Schmach und Niederlage nicht vergessen und sannen auf Rache. Zu Xanten am Niederrhein hatten sie ihr festes Lager, und schon nach wenigen Jahren brach ein Heer von hier aus auf, von Germanicus geführt. Um ungesehen zu bleiben, vermied er die große gut gebaut Römerstraße, die vom Rheine aus durch unser Gebiet zur Weser führte. Statt dessen wählte er sich einen weiten unwirtlichen Weg durch dichte, unbewohnte Wälder. Eilboten wurden vorausgeschickt, jedes Hindernis hinwegzuräumen und das Verhalten des Feindes zu erforschen. Sie brachten gute Kunde, denn die Marsen ahnten keine Gefahr. Sorglos lagerten sie die ganze Nacht hindurch im großen Kreise um den Stoppenberg und feierten hier zu Ehren ihrer Götter bei Met, Gesang und Spiel ein fröhliches Fest. Damit rechneten die Römer und beschleunigten ihren Marsch. Das Wetter war günstig und der Himmel sternenhell. Schon bei Tagesanbruch standen sie am Ziel und fanden ihre Feinde schlafend und ohne Waffen. Mit Feuer und Schwert fielen sie über die wehrlosen Opfer her. Niemand fand Erbarmen, nicht Mann noch Weib, nicht Greis und Kind. Die Erde ward gerötet von ihrem Blute und der Himmel von dem Feuerschein, der auf ihren Dächern stand. Auch der Tempel der Tanfana mußte fallen und wurde von Feindeshand der Erde gleichgemacht. Sterbenden Auges sahen es die Marsen, und dieser Anblick war ihnen als der Tod.
Im Jahre 1073 erbaute Schwanehild, Äbtissin von Essen, an Stelle der Tanfanastätte eine kleine Kirche, deren graues Gemäuer noch jetzt den Hügel krönt.
Quelle: sagenhaftes-ruhrgebiet.de