Niobe in Sipylos
Niobe, Schwester des Pelops, war stolz. Stolz war sie auf ihre Klugheit, stolz auf ihre Schönheit, stolz auf ihren Vater, Tantalos - den Sohn des Göttervaters Zeus - den Freund der Götter, der an ihren Gastmählern teilnahm. Stolz war sie auf ihren Gemahl Amphion, den König, der von den Musen die zauberkräftige Harfe erhalten hatte, durch deren Spiel die Mauern der Königsburg von Theben aufgebaut worden waren. Am stolzesten aber war sie auf ihre vierzehn Kinder - sieben Söhne und sieben Töchter.
Eines Tages riefen die thebäischen Frauen zur öffentlichen Verehrung der Titanin Leto und ihrer Zwillingskinder (von Zeus) Apollon und Artemis auf. Sie schmückten ihr Haar mit Lorbeerkränzen und zogen betend durch die Straßen, um den Göttlichen ein Weihrauchopfer darzubringen. Da begegneten sie Niobe mit ihrem Gefolge. Prunkvoll war ihr Kleid, Geschmeide zierte Hals und Arme. Voll Zorn brachte sie den Zug zum stehen und sprach: "Was ehrt ihr Götter, die ihr nie gesehen habt und von denen ihr nichts wißt. Warum ehrt ihr mich nicht, die ich unter euch bin? Mein Vater ist der Götterfreund Tantalos, meine Mutter Dione. Der Vater meines Vaters ist Zeus. Mein Gemahl Amphion ist euer König, dem selbst Steine gehorchen. Unermeßlich ist mein Reichtum, ohnegleichen meine Schönheit. Keine Mutter hat eine solche große Zahl von herrlichen Söhnen und schönen Töchtern. Wollt ihr Leto, die nur zwei Kinder besitzt, mir vorziehen, mir, einer Mutter von vierzehn Kindern... Nehmt die Kränze aus euren Haaren, laßt Opfer und Gebete sein und geht nach Hause. Ich will euer törichtes Tun nicht mehr sehen." Die Frauen erschraken über die frevelnden Worte, nahmen widerwillig die Kränze aus den Haaren und gingen still betend davon.
Die Göttin Leto, die ihre Verhöhnung sah, sprach zornentbrannt zu ihren Zwillingen: "Meine Kinder, wollt ihr es dulden, daß wir von einer Sterblichen beschimpft und der Ehre, die uns gebührt, beraubt werden?" Artemis und Apollon hüllten sich sogleich in eine Wolke und stürmten durch die Lüfte nach Theben. Apollon tötete mit seinen Pfeilen die sieben Söhne der Niobe.
Die Schreckensnachricht vom Tod der Königssöhne verbreitete sich rasch in der Stadt und drang auch in den Königspalast. Amphion stieß sich vor Schmerz das Schwert in die Brust. Niobe eilte wie eine Irre mit aufgelöstem Haar zu ihren Söhnen, so daß sie selbst ihre Feinde bemitleideten, küßte bald diesen, bald jenen Sohn, konnte aber keinen zum Leben erwecken. Da hob sie in unermeßlichem Haß die Arme gegen den Himmel und rief: "Weide dich an meinem Leid, Leto, du unersättliche, triumphiere als Siegerin."
Doch als sich ihr ihre Töchter im Trauergewande näherten, bäumte sich ihr alter Stolz auf. "Sieben Söhne hast du mir genommen, doch ich habe noch sieben Töchter. Was sind deine beiden gegen sie? Mir bleibt im Unglück mehr als dir im Glück." Kaum waren die Worte gesprochen, schwirrten die Pfeile der Artemis, und alle Töchter wurden ein Raub ihrer unbarmherzigen Rache.
Einsam und tiefgebeugt saß die einst so stolze Niobe zwischen den Leichen ihrer Kinder. Ihr Leid war zu groß und ließ sie erstarren. Sie wurde zu Stein. Ein Sturmstoß hob den Fels in die Lüfte und entführte ihn in Niobes Heimat auf das Gebirge von Lydien. Dort am Berg Sipylos bei Manisa ist Niobe an den Klippen als Marmorfels mit menschlichem Antlitz noch zu sehen.
Die schönsten Sagen des klassischen Altertums
aus der Ingolstädter Partnerstadt Manisa
von Dr. Treffer, Ingolstadt
Niobe, Schwester des Pelops, war stolz. Stolz war sie auf ihre Klugheit, stolz auf ihre Schönheit, stolz auf ihren Vater, Tantalos - den Sohn des Göttervaters Zeus - den Freund der Götter, der an ihren Gastmählern teilnahm. Stolz war sie auf ihren Gemahl Amphion, den König, der von den Musen die zauberkräftige Harfe erhalten hatte, durch deren Spiel die Mauern der Königsburg von Theben aufgebaut worden waren. Am stolzesten aber war sie auf ihre vierzehn Kinder - sieben Söhne und sieben Töchter.
Eines Tages riefen die thebäischen Frauen zur öffentlichen Verehrung der Titanin Leto und ihrer Zwillingskinder (von Zeus) Apollon und Artemis auf. Sie schmückten ihr Haar mit Lorbeerkränzen und zogen betend durch die Straßen, um den Göttlichen ein Weihrauchopfer darzubringen. Da begegneten sie Niobe mit ihrem Gefolge. Prunkvoll war ihr Kleid, Geschmeide zierte Hals und Arme. Voll Zorn brachte sie den Zug zum stehen und sprach: "Was ehrt ihr Götter, die ihr nie gesehen habt und von denen ihr nichts wißt. Warum ehrt ihr mich nicht, die ich unter euch bin? Mein Vater ist der Götterfreund Tantalos, meine Mutter Dione. Der Vater meines Vaters ist Zeus. Mein Gemahl Amphion ist euer König, dem selbst Steine gehorchen. Unermeßlich ist mein Reichtum, ohnegleichen meine Schönheit. Keine Mutter hat eine solche große Zahl von herrlichen Söhnen und schönen Töchtern. Wollt ihr Leto, die nur zwei Kinder besitzt, mir vorziehen, mir, einer Mutter von vierzehn Kindern... Nehmt die Kränze aus euren Haaren, laßt Opfer und Gebete sein und geht nach Hause. Ich will euer törichtes Tun nicht mehr sehen." Die Frauen erschraken über die frevelnden Worte, nahmen widerwillig die Kränze aus den Haaren und gingen still betend davon.
Die Göttin Leto, die ihre Verhöhnung sah, sprach zornentbrannt zu ihren Zwillingen: "Meine Kinder, wollt ihr es dulden, daß wir von einer Sterblichen beschimpft und der Ehre, die uns gebührt, beraubt werden?" Artemis und Apollon hüllten sich sogleich in eine Wolke und stürmten durch die Lüfte nach Theben. Apollon tötete mit seinen Pfeilen die sieben Söhne der Niobe.
Die Schreckensnachricht vom Tod der Königssöhne verbreitete sich rasch in der Stadt und drang auch in den Königspalast. Amphion stieß sich vor Schmerz das Schwert in die Brust. Niobe eilte wie eine Irre mit aufgelöstem Haar zu ihren Söhnen, so daß sie selbst ihre Feinde bemitleideten, küßte bald diesen, bald jenen Sohn, konnte aber keinen zum Leben erwecken. Da hob sie in unermeßlichem Haß die Arme gegen den Himmel und rief: "Weide dich an meinem Leid, Leto, du unersättliche, triumphiere als Siegerin."
Doch als sich ihr ihre Töchter im Trauergewande näherten, bäumte sich ihr alter Stolz auf. "Sieben Söhne hast du mir genommen, doch ich habe noch sieben Töchter. Was sind deine beiden gegen sie? Mir bleibt im Unglück mehr als dir im Glück." Kaum waren die Worte gesprochen, schwirrten die Pfeile der Artemis, und alle Töchter wurden ein Raub ihrer unbarmherzigen Rache.
Einsam und tiefgebeugt saß die einst so stolze Niobe zwischen den Leichen ihrer Kinder. Ihr Leid war zu groß und ließ sie erstarren. Sie wurde zu Stein. Ein Sturmstoß hob den Fels in die Lüfte und entführte ihn in Niobes Heimat auf das Gebirge von Lydien. Dort am Berg Sipylos bei Manisa ist Niobe an den Klippen als Marmorfels mit menschlichem Antlitz noch zu sehen.
Die schönsten Sagen des klassischen Altertums
aus der Ingolstädter Partnerstadt Manisa
von Dr. Treffer, Ingolstadt
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