Geld als Schuld
#21
Aus aktuellem Anlass hole ich das hier wieder hervor.

Der Anlass sind 2 Gespräche mit Hrn. Franz Hörmann, Wirtschaftsprofessor an der Wirtschaftsuni Wien.
Das erste stammt aus der Tageszeitung "Der Standard" (http://derstandard.at/1285200656759/derStandardat-Interview-Banken-erfinden-Geld-aus-Luft) vom 13. Oktober dieses Jahres, und das heute ins Netz gestellte auf Telepolis im Heise-Verlag (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33666/1.html).

Bezeichnend sind die dabei die Überschriften:
derStandard.at: Banken erfinden Geld aus Luft
Telepolis: Finale Krise des Finanzsystems im nächsten Jahr?

Auszugsweise ein paar Zitate:
derStandard.at schrieb:Der Staat verschuldet sich bei den Banken, um die Zinsen der Schulden, die er bei den Banken hat, zu begleichen oder um die Banken zu retten, bei denen er selber Schulden hat. Da versteht ja keiner mehr, wer eigentlich bei wem Schulden hat und was Schulden eigentlich sind.
derStandard.at schrieb:1969 hat ein amerikanischer Architekt einen Prozess gewonnen, weil er seinen Hypothekenkredit nicht zurückzahlen wollte. Er hat sich auf den Rechtsgrundsatz berufen, dass in einer Leihe, wo ein Gegenstand erst entsteht, der vorher noch nicht vorhanden war, dieser Gegenstand auch nicht zurückgegeben werden muss. Da also in der Kreditschöpfung das Geld erst erzeugt wird, gibt es keinen Grund, diesen Kredit zurückzuzahlen.
derStandard.at schrieb:Der chinesische Wirtschaftswissenschafter Wu hat bei einem Vortrag an einer amerikanischen Universität gesagt: Er werde oft gefragt, warum es in China so viele Unternehmensgründungen gegeben hat. Die chinesische Staatsbank habe Gründungskredite hergegeben, die waren unverzinst und mussten nicht zurückgezahlt werden. Das kann man natürlich nur als Zentralbank machen, wenn man einseitig bucht und nicht gleichzeitig Schulden erzeugt. Und wenn man dann sagt: Um Gottes Willen, dann gibt's ja Inflation! Das haben die Chinesen über eine Preisregulierung gesteuert und waren damit wieder die Schlaueren. Das will aber bei uns keiner hören, weil das geht gegen das Dogma der freien Märkte, die Blasenmaschinen zum Missbrauch für die Eliten sind.
derStandard.at schrieb:derStandard.at: In welchem Zeithorizont denken Sie an diese neue Gesellschaftsordnung?
Hörmann: Drei Jahre. Die Frage ist nämlich, schafft es die Menschheit, in drei Jahren dieses Konzept umzusetzen oder wird sie gar nicht mehr bestehen. Wir haben nämlich massenhaft ökologische und soziale Probleme, in vielen Ländern stehen wir kurz vor der Revolution.
derStandard.at: Sie reden also vom ultimativen Crash?
Hörmann: Richtig. ...

Telepolis schrieb:Die Wirtschaftswissenschaften bieten diese Grundlagen nicht, wären eigentlich ein "Riesenbetrug" und ein Machtinstrument der Herrschaft?
Franz Hörmann: Die Wirtschaftswissenschaften wurden leider schon mehrmals als mathematisch fehlerhaft und damit als unwissenschaftlich und reines Propagandainstrument der Finanzeliten entlarvt, unter anderem vor bereits über 50 Jahren vom Nobelpreisträger George Stigler (die Details dazu können übrigens in dem Werk "Debunking Economics: the naked emperor of the social sciences" von Steve Keen nachgelesen werden). Alle diese kompetenten Widerlegungen wurden einfach unterdrückt bzw. totgeschwiegen, inhaltliche Konsequenzen wurden nie gezogen, weil dies das Ende ganzer politisch sehr einflussreicher Berufsstände bedeutet hätte.
Telepolis schrieb:Da die gesellschaftliche Macht in den freien Marktwirtschaften traditionell vor allem vom Geldbesitz abhängt, versuchen die finanziellen Eliten verzweifelt, den Schein der Notwendigkeit der Geldexistenz aufrechtzuerhalten – im äußersten Falle eben auch dadurch, dass sein bisheriger Fortbestand durch eine "globale Krise" weltweit sichtbar in Frage gestellt wird.
Telepolis schrieb:Ein System, in welchem Gewinne ausschließlich aus Informationsasymmetrien geschöpft werden können, ist aber eben schon aufgrund seiner Konstruktion ein reines Betrugssystem!
Telepolis schrieb:Sie erwarten den ultimativen Crash schon für nächstes Jahr, was wird geschehen?
Franz Hörmann: Wenn der US-Dollar seine Funktion nicht mehr erfüllen kann (übrigens ebenso wie der Euro), bedeutet das, dass die USA in Einzelstaaten zerfallen werden, so wie seinerzeit die Sowjetunion, die wieder versuchen werden, lokale Währungen einzuführen. Wenn Sie ausreichend lange im Internet recherchieren, werden Sie auch herausfinden, dass angeblich die Deutsche Bundesbank bereits Vorkehrungen zum Drucken einer neuen D-Mark trifft, was einige Vertreter von Politik und Wirtschaft dort auch schon offen gefordert haben. Ob die Rückkehr zum alten System (nämlich einzelstaatliche Währungen, die wieder als Schuld von Privatbanken geschöpft werden) dann aber besser ist (immerhin hatten wir das vor der Euro-Einführung auch schon), oder wir uns da einfach im Kreis drehen, mag jeder für sich selbst beantworten.

Die vollständigen Artikel können auf den obigen Links nachgelesen werden.
Von meiner Seite erübrigt sich jeglicher Kommentar.

Grüße vom Ritter
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Geld als Schuld - von Kirthan - 24.02.12010, 03:56
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