25.08.12010, 20:18
«Irgendwann ist die Mülltonne voll»
Kein deutscher Popstar vor ihr hat es so weit gebracht: Nena eroberte in den achtziger Jahren sogar die US-Hitparaden. Die vierfache Mutter über die Tiefe ihrer Songs, reale Engel und warum sie nur Rohkost isst.
Nena, vor zwanzig Jahren haben Sie gesagt, alt seien Sie in dem Moment, in dem Sie keine Lust mehr hätten, Sandburgen zu bauen. Bauen Sie noch Sandburgen?
Nena: Ja, aber natürlich. Jetzt gerade wieder auf Sardinien – und das trotz Blasenentzündung. Sandburgen haben eine bestimmte Symbolik. Ich habe nämlich nie versucht, krampfhaft erwachsen zu werden oder mir eine gewisse Reife anzueignen. Ich habe dieses Kind in mir, diese kleine Nena, nie verlassen. Ich hatte sie mal eine Weile verloren. Das hat mich dann sehr unglücklich gemacht.
Sie haben die kleine Nena verloren?
Nena: Ja, ich glaube, dass ich mich noch kannte, als ich ein Kind war. Auch als Teenager habe ich mich auch hin und wieder getroffen und gesagt: Okay, das fühlt sich gut an. Aber irgendwann hatte ich dieses Gefühl verloren. Es ging mir echt Scheisse.
Sie waren depressiv?
Nena: Nein, gar nicht. Ich war mir selbst nur nicht mehr nah. Das ist aber irgendwann bei den meisten Menschen so. Man fragt sich nicht mehr: Wer bin ich eigentlich?
Und jetzt fühlen Sie sich wieder?
Nena: Danke, es geht mir derzeit sehr gut. Die kleine Nena ist zurückgekommen.
Wer oder was hat Ihnen denn dabei geholfen? Ein Guru?
Nena: Das sage ich Ihnen nicht (lacht). Das ist mein ganz persönliches Geheimnis. Alle müssen das für sich selbst herausfinden. Ich denke aber, dass jeder so weit kommen kann.
Trotzdem ist Ihr Revival ein Phänomen. Wie erklären Sie sich Ihren erneuten Durchbruch?
Nena:Ach wissen Sie, ich erkläre mir das nicht. Ich geniesse das einfach nur. Ich habe vier Kinder zu Hause. Der Älteste ist gerade in die Schule gekommen. Ich habe einen Fulltime-Job und eine Firma. Ich habe so viele Ideen, dass mir fast das Gehirn platzt. Da bleibt fürs Erklären keine Zeit.
Könnte es sein, dass es mit dem Revival der achtziger Jahre zusammenhängt?
Nena:Das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun. Natürlich hatte ich in den Achtzigern mal einen Riesenerfolg. Doch das ist vorbei. Ich lebe hier und jetzt.
Haben Sie keine Angst, irgendwann wieder in einer Turnhalle vor ein paar hundert Leuten zu spielen?
Nena:Überhaupt nicht. Das wäre ein neuer Lebensabschnitt.
Vielleicht honorieren die Leute Ihre Hartnäckigkeit. Die No Angels haben sich nach drei Jahren im Popgeschäft aufgelöst – wegen unerträglicher «Müdigkeit», wie es offiziell heisst.
Nena:Ich denke mal, das ist ein Teil vom Deal. Demnächst läuft die nächste Staffel von «Deutschland sucht den Superstar». Es gibt mittlerweile unglaublich viele Formate, die alle den gleichen Quatsch machen. Meine Theorie dazu lautet: Die No Angels mussten aufhören, um Platz für die nächsten Casting-Stars zu schaffen. Ausserdem haben die Mädchen wirklich bis zum Umfallen geackert. Ich habe die manchmal am Flughafen getroffen. Mein G*tt, waren die fertig! Mein Weg ist das nicht.
Sondern?
Nena:Ich will Spass haben. Ich will das alles mit Liebe tun und mit Herz. Man kann das nicht mehr mit Liebe tun, wenn man jeden Tag in der Maschinerie steckt.
Hat Sie die Pop-Industrie denn nicht am Wickel?
Nena:Doch. Obwohl ich das ja noch von früher kannte, hatte ich bereits in den letzten Wochen wieder einen mittelschweren Zusammenbruch. Diese Maschinerie, die sich gerade wieder um mich aufbaute, die hat mich echt gestresst. Ich habe mich nicht mehr um meine Kinder gekümmert. Ich habe gedacht: Was machst du hier eigentlich? Du wolltest vor allem Musik machen, du wolltest Spass. Doch plötzlich war ich wieder mittendrin in der Mühle.
Wie schützt sich ein Star vor der Pop-Maschine?
Nena:Aussteigen. Ich bin sofort ausgestiegen. Ich habe in einer Nacht und am nächsten Morgen Klarheit geschaffen. Das heisst ganz viele Sachen abgesagt. Ich habe meinen Kalender genommen und alle unwichtigen Termine gestrichen und dafür die Zeit mit meinen Kindern fest eingeplant. Ich mache den Ausverkauf nicht mit.
In den Achtzigern wurde Nena, das Mädchen aus Hagen, über Nacht zum Weltstar...
Nena:Ganz so einfach war das nicht. Das Mädchen aus Hagen hat mit sechzehn eine Band gegründet und wusste nicht einmal, dass es die Goldene Schallplatte gibt. Danach bin ich mit dieser Band fast drei Jahre lang übers Land getingelt. Ich habe meine Anlage selber auf- und abgebaut und hab das alles G*tt sei Dank auch gelebt, wovon ich geträumt hab.
Als Sie es dann 1983 wirklich
Nena:...Na also. Warum unterhalten wir uns dann über so ’n unwichtigen Scheiss? Ob der da irgendeinen Scheiss textet, das interessiert mich nicht. Ich find den auch nur doof.
In den achtziger Jahren haben viele Exponenten der Neuen Deutschen Welle offen zugegeben, dass sie von Musik eigentlich keine Ahnung haben. Stephan Remmler von der Gruppe Trio sagte einmal mit imponierender Frische, er habe beim Soundcheck immer die Roadies beneidet, weil die tatsächlich spielen konnten.
Nena:Das finden Sie imponierend? Ja, wie beknackt sind wir denn eigentlich alle? Sich ein Keyboard zu kaufen und ein bisschen darauf herumzuspielen, das machen doch schon die Kinder von morgens bis abends. Es ärgert mich, dass alles immer bewertet wird und es in Deutschland immer noch den Unterschied zwischen E- und U-Musik gibt. Mozart hat auch Songs geschrieben, die heute in den Charts wären. Was mich beflügelt, ist die kindliche Hemmungslosigkeit, dieses Unverkrampfte. Mein G*tt, wenn ich das höre: Mick Jagger kann nicht singen, oder ich kann nicht singen, oder Texte sind nicht tief genug. Die Beatles sangen «Love, love me do, you know I love you». Das hat eine absolute Tiefe, es kommt nur darauf an, wer es singt. Musik machen hat nichts mit Ausbildung zu tun.
Welche musikalischen Ziele haben Sie?
Nena:Ich möchte meine musikalische Inspiration eins zu eins auf eine Platte bringen. Das ist mein Anspruch, und was gerade angesagt ist, interessiert mich nicht. Und ob man es glaubt oder nicht: Das «Nena feat. Nena»-Album ist genau so entstanden. Es gab weder ein schlaues Konzept noch einen Marketingchef von einer Plattenfirma, der gesagt hat: Das würde jetzt laufen. Wenn ich das nicht fühle, was ich mache, dann läuft es sowieso nicht.
Im Moment entsteht gerade eine Biografie über Sie. Sind Sie dafür nicht noch ein bisschen zu jung?
Nena:Das hat mit Alter nichts zu tun. Ich habe ja auch schon zweimal einen Preis für mein Lebenswerk bekommen, und dafür bin ich nun wirklich erst recht zu jung.
Sie haben vorher von der Wichtigkeit des Moments und der Gefühle gesprochen. Das hatte so einen leicht religiös-esoterischen Unterton.
Nena:Ja und? (lacht) Für mich ist es klar, dass es einen G*tt und ein Urvertrauen gibt. Wenn ich dieses Vertrauen nicht hätte, dann wäre ich schon ganz lange nicht mehr auf diesem Planeten. Ob das religiös oder esoterisch ist, weiss ich nicht. Aber ich weiss, dass es Dinge gibt, die wir nicht sehen und anfassen können. Das ist für mich so normal, wie aufs Klo zu gehen, verstehen Sie?
Das ist der Anfang von dem Interview, welches hier weiter vorn nachlesbar ist.
Kein deutscher Popstar vor ihr hat es so weit gebracht: Nena eroberte in den achtziger Jahren sogar die US-Hitparaden. Die vierfache Mutter über die Tiefe ihrer Songs, reale Engel und warum sie nur Rohkost isst.
Nena, vor zwanzig Jahren haben Sie gesagt, alt seien Sie in dem Moment, in dem Sie keine Lust mehr hätten, Sandburgen zu bauen. Bauen Sie noch Sandburgen?
Nena: Ja, aber natürlich. Jetzt gerade wieder auf Sardinien – und das trotz Blasenentzündung. Sandburgen haben eine bestimmte Symbolik. Ich habe nämlich nie versucht, krampfhaft erwachsen zu werden oder mir eine gewisse Reife anzueignen. Ich habe dieses Kind in mir, diese kleine Nena, nie verlassen. Ich hatte sie mal eine Weile verloren. Das hat mich dann sehr unglücklich gemacht.
Sie haben die kleine Nena verloren?
Nena: Ja, ich glaube, dass ich mich noch kannte, als ich ein Kind war. Auch als Teenager habe ich mich auch hin und wieder getroffen und gesagt: Okay, das fühlt sich gut an. Aber irgendwann hatte ich dieses Gefühl verloren. Es ging mir echt Scheisse.
Sie waren depressiv?
Nena: Nein, gar nicht. Ich war mir selbst nur nicht mehr nah. Das ist aber irgendwann bei den meisten Menschen so. Man fragt sich nicht mehr: Wer bin ich eigentlich?
Und jetzt fühlen Sie sich wieder?
Nena: Danke, es geht mir derzeit sehr gut. Die kleine Nena ist zurückgekommen.
Wer oder was hat Ihnen denn dabei geholfen? Ein Guru?
Nena: Das sage ich Ihnen nicht (lacht). Das ist mein ganz persönliches Geheimnis. Alle müssen das für sich selbst herausfinden. Ich denke aber, dass jeder so weit kommen kann.
Trotzdem ist Ihr Revival ein Phänomen. Wie erklären Sie sich Ihren erneuten Durchbruch?
Nena:Ach wissen Sie, ich erkläre mir das nicht. Ich geniesse das einfach nur. Ich habe vier Kinder zu Hause. Der Älteste ist gerade in die Schule gekommen. Ich habe einen Fulltime-Job und eine Firma. Ich habe so viele Ideen, dass mir fast das Gehirn platzt. Da bleibt fürs Erklären keine Zeit.
Könnte es sein, dass es mit dem Revival der achtziger Jahre zusammenhängt?
Nena:Das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun. Natürlich hatte ich in den Achtzigern mal einen Riesenerfolg. Doch das ist vorbei. Ich lebe hier und jetzt.
Haben Sie keine Angst, irgendwann wieder in einer Turnhalle vor ein paar hundert Leuten zu spielen?
Nena:Überhaupt nicht. Das wäre ein neuer Lebensabschnitt.
Vielleicht honorieren die Leute Ihre Hartnäckigkeit. Die No Angels haben sich nach drei Jahren im Popgeschäft aufgelöst – wegen unerträglicher «Müdigkeit», wie es offiziell heisst.
Nena:Ich denke mal, das ist ein Teil vom Deal. Demnächst läuft die nächste Staffel von «Deutschland sucht den Superstar». Es gibt mittlerweile unglaublich viele Formate, die alle den gleichen Quatsch machen. Meine Theorie dazu lautet: Die No Angels mussten aufhören, um Platz für die nächsten Casting-Stars zu schaffen. Ausserdem haben die Mädchen wirklich bis zum Umfallen geackert. Ich habe die manchmal am Flughafen getroffen. Mein G*tt, waren die fertig! Mein Weg ist das nicht.
Sondern?
Nena:Ich will Spass haben. Ich will das alles mit Liebe tun und mit Herz. Man kann das nicht mehr mit Liebe tun, wenn man jeden Tag in der Maschinerie steckt.
Hat Sie die Pop-Industrie denn nicht am Wickel?
Nena:Doch. Obwohl ich das ja noch von früher kannte, hatte ich bereits in den letzten Wochen wieder einen mittelschweren Zusammenbruch. Diese Maschinerie, die sich gerade wieder um mich aufbaute, die hat mich echt gestresst. Ich habe mich nicht mehr um meine Kinder gekümmert. Ich habe gedacht: Was machst du hier eigentlich? Du wolltest vor allem Musik machen, du wolltest Spass. Doch plötzlich war ich wieder mittendrin in der Mühle.
Wie schützt sich ein Star vor der Pop-Maschine?
Nena:Aussteigen. Ich bin sofort ausgestiegen. Ich habe in einer Nacht und am nächsten Morgen Klarheit geschaffen. Das heisst ganz viele Sachen abgesagt. Ich habe meinen Kalender genommen und alle unwichtigen Termine gestrichen und dafür die Zeit mit meinen Kindern fest eingeplant. Ich mache den Ausverkauf nicht mit.
In den Achtzigern wurde Nena, das Mädchen aus Hagen, über Nacht zum Weltstar...
Nena:Ganz so einfach war das nicht. Das Mädchen aus Hagen hat mit sechzehn eine Band gegründet und wusste nicht einmal, dass es die Goldene Schallplatte gibt. Danach bin ich mit dieser Band fast drei Jahre lang übers Land getingelt. Ich habe meine Anlage selber auf- und abgebaut und hab das alles G*tt sei Dank auch gelebt, wovon ich geträumt hab.
Als Sie es dann 1983 wirklich
Nena:...Na also. Warum unterhalten wir uns dann über so ’n unwichtigen Scheiss? Ob der da irgendeinen Scheiss textet, das interessiert mich nicht. Ich find den auch nur doof.
In den achtziger Jahren haben viele Exponenten der Neuen Deutschen Welle offen zugegeben, dass sie von Musik eigentlich keine Ahnung haben. Stephan Remmler von der Gruppe Trio sagte einmal mit imponierender Frische, er habe beim Soundcheck immer die Roadies beneidet, weil die tatsächlich spielen konnten.
Nena:Das finden Sie imponierend? Ja, wie beknackt sind wir denn eigentlich alle? Sich ein Keyboard zu kaufen und ein bisschen darauf herumzuspielen, das machen doch schon die Kinder von morgens bis abends. Es ärgert mich, dass alles immer bewertet wird und es in Deutschland immer noch den Unterschied zwischen E- und U-Musik gibt. Mozart hat auch Songs geschrieben, die heute in den Charts wären. Was mich beflügelt, ist die kindliche Hemmungslosigkeit, dieses Unverkrampfte. Mein G*tt, wenn ich das höre: Mick Jagger kann nicht singen, oder ich kann nicht singen, oder Texte sind nicht tief genug. Die Beatles sangen «Love, love me do, you know I love you». Das hat eine absolute Tiefe, es kommt nur darauf an, wer es singt. Musik machen hat nichts mit Ausbildung zu tun.
Welche musikalischen Ziele haben Sie?
Nena:Ich möchte meine musikalische Inspiration eins zu eins auf eine Platte bringen. Das ist mein Anspruch, und was gerade angesagt ist, interessiert mich nicht. Und ob man es glaubt oder nicht: Das «Nena feat. Nena»-Album ist genau so entstanden. Es gab weder ein schlaues Konzept noch einen Marketingchef von einer Plattenfirma, der gesagt hat: Das würde jetzt laufen. Wenn ich das nicht fühle, was ich mache, dann läuft es sowieso nicht.
Im Moment entsteht gerade eine Biografie über Sie. Sind Sie dafür nicht noch ein bisschen zu jung?
Nena:Das hat mit Alter nichts zu tun. Ich habe ja auch schon zweimal einen Preis für mein Lebenswerk bekommen, und dafür bin ich nun wirklich erst recht zu jung.
Sie haben vorher von der Wichtigkeit des Moments und der Gefühle gesprochen. Das hatte so einen leicht religiös-esoterischen Unterton.
Nena:Ja und? (lacht) Für mich ist es klar, dass es einen G*tt und ein Urvertrauen gibt. Wenn ich dieses Vertrauen nicht hätte, dann wäre ich schon ganz lange nicht mehr auf diesem Planeten. Ob das religiös oder esoterisch ist, weiss ich nicht. Aber ich weiss, dass es Dinge gibt, die wir nicht sehen und anfassen können. Das ist für mich so normal, wie aufs Klo zu gehen, verstehen Sie?
Das ist der Anfang von dem Interview, welches hier weiter vorn nachlesbar ist.