Lyderia
#1
Die Wellen schlugen kraftvoll gegen das Gestein und erinnerten an ein Donnergrollen der Götter. Über Lyderias Wangen liefen Tränen der Verzweiflung, während sie Poseidons Spiel des Meeres zusah. Ihr rotes Haar fiel offen über ihre Schultern und tanzte nur leicht im aufkommenden Wind.
Apollo trat hinter den Wolken hervor. In diesem Moment erhob Lyderia ihren Blick und trat an den Rand des Abgrundes. Sie streckte mit leeren Augen ihre Arme gen Sonne. Sie schloß die Augen und ließ sich fallen. Doch im selben Augenblick zog sie eine unglaubliche Kraft zurück.
Als sie sich wieder gesammelt hatte, sah sie in tiefe blaue Augen. „Es sollte nichts in Deinem Leben so mächtig sein, daß Du nur diesen Ausweg siehst.“ vernahm sie eine harmonische und doch tiefe Männerstimme sagen. Dann wurde alles Dunkel...
Lyderia hörte das Rauschen des Meeres, als sie langsam wieder zu sich kam. Sie erkannte mit zunehmender Deutlichkeit die Umrisse der Hütte, in der sie sich befand. Sie richtete sich langsam auf, schlug das Laken zur Seite und bewegte sich unsicher zum Ausgang. Ihre zarte weiße Hand berührte vorsichtig die Tür. Das Sonnenlicht blendete sie ein wenig, sodaß sie die Augen zusammenkneifen mußte. Sie trat aus der Tür und blickte auf den weißen Strand von Sarda. Sie erkannte ihn sofort, da sie als Kind sehr viel Zeit mit ihrer Familie hier verbrachte. Wie hatte sie mit ihrer Schwester gelacht als mit ihren Füßen im Wasser tanzten und sich gegenseitig mit Wasser bespritzten.

„Geht es Dir schon etwas besser“ Sie wurde aus ihren Erinnerungen gerissen. Sie blickte wieder in diese blauen Augen und konnte nur erwiedern: „Ich weiß es nicht.“ Der Mann schmunzelte leicht und sagte: „ Es wird bald dunkel. Ich werde uns ein Feuer machen und dann werden wir etwas essen.“ Lyderia folgte ihm ohne etwas zu erwidern. Als sie nun im Schein des Feuers saßen, betrachtete Lyderia den Mann, der neben ihr immer wieder Holz nachlegte. Er hatte kurze schwarze Haare, einen sonnengebräunten starken Körper und eine große Narbe auf der Innenseite des rechten Armes. Er hatte etwas römisches. „ Ich bin Aurelius.“ „Lyderia.“ Es folgte langes Schweigen.

„Warum wolltest Du auf diese Weise dein Leben beenden?“ Lyderia sah in die Flammen. Tränen füllten ihre Augen, als die Bilder der Erinnerungen an ihr vorüberzogen. Ihr Unglück begann, als ihre Schwester vor einem Jahr den gleichen Ausweg suchte wie sie. Ihre Schwester wurde jedoch nicht gehalten. Sie sprang. Sie hatte die gleiche hellsichtige Gabe wie Lyderia, jedoch konnte sie damit nicht umgehen. Der Wahnsinn trieb sie in den Tod. Lyderia hatte nie ein Wort über ihre Fähigkeiten verloren, da sie bei Zweitgeborenen nur noch selten vorkam. Sie hatte sich nach dem Tod ihrer Schwester immer mehr von der Außenwelt distanziert und suchte in ihren verborgenen Kräften Halt. Je mehr sie sich mit ihren Kräften befasste um so deutlicher wurde ihr der wahre Grund für den Tod ihrer Schwester. Einige Bekannte und sogar eigene Familienmitglieder trugen furchtbare Wesen in sich. Letzte Nacht machte sie sich auf die Suche nach dem Schöpfer dieser Wesen. Sie hätte mit allem gerechnet, aber nicht mit ihrem Vater. Doch in dem Moment wo sie um den Schöpfer wußte, wurde auch sie erkannt. Sie lief. Sie sah Bilder von den Qualen ihrer Schwester. Ja sie wurde von ihrem eigenem Vater für dessen Rituale mißbraucht.

„Ich sollte jemanden heiraten, den ich nicht liebe.“ sagte sie mit leerem Blick auf die züngelnden Flammen. Aurelius schwieg. „Wenn Du nichts dagegen hast, würde ich gern für einen Mond bei Dir Unterschlupf suchen. Ich würde mich auch um die haushaltlichen Pflichten bemühen.“ Lyderia blickte zaghaft in Aurelius` Richtung. Er sah ihr offen in die Augen. „Du kannst so lange bleiben wie Du möchtest.“. „Danke“ Sie senkte ihren Blick, erhob sich vom Feuer und verschwand in der Hütte.

Fortsetzung folgt...
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[Kein Betreff] - von Erato - 20.11.12007, 01:56
[Kein Betreff] - von Alexis - 20.11.12007, 13:46
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