11.10.12007, 21:00
Wie erschüttert sein Vater war, läßt sich nicht in Worte fassen.
Doch schien der Schock etwas in ihm zu wecken, das ich seit Beginn des Feldzuges nicht an ihm bemerkt hatte. Er lief an den Reihen seiner Soldaten auf und ab, feuerte die Männer an, ermutigte sie durchzuhalten und rief, sein Sohn habe mit seinem Leben den von allen so dringend benötigten Aufschub erkauft.
„Haltet aus!“ schrie er immer wieder. „Weichet nicht zurück!“
Und obwohl der nicht enden wollende Pfeilhagel auf furchtbare Weise unsere Reihen lichtete, hielten wir durch, bis sich mit Einbruch der Dunkelheit die Parther zurückzogen. Sie schienen nachts nicht zu kämpfen.
Da wir kein Lager aufgeschlagen hatten, hielt uns nichts an diesem Ort. Crassus entschied sich für den sofortigen Rückzug ins ungefähr vierzig Meilen nördlich gelegene Carrhae, wo wir im Morgengrauen in versprengten Gruppen eintrafen – insgesamt vielleicht die Hälfte der Legionäre und eine Handvoll Reiter. Doch was erwartete uns dort? Es war einfach nicht zu fassen, aber Carrhae mit seiner kleinen Festung konnte so vielen Männern, die ungeordnet hereinströmten, keinerlei Schutz bieten.
Carrhae steht wahrscheinlich schon seit zwanzigtausend Jahren an der Kreuzung der Handelstraßen nach Edessa und Amida, und ich wage zu behaupten, daß es sich in diesen zwanzigtausend Jahren kein bißchen verändert hat. Ein paar erbärmliche, bienenkorbartige Lehmziegelhäuser inmitten einer steinigen, trostlosen Wildnis. Schafe, Ziegen, Frauen, Kinder, der Fluß – alles starrt vor Schmutz. Die einzige Wärmequelle in dieser bitteren Kälte ist getrockneter Mist, der einzige Glanz kommt vom nächtlichen Himmel.
Befehlshaber der dortigen Garnison, einer jämmerlichen Kohorte, war der Präfekt Coponius, der aus seinem Entsetzen keinen Hehl machte, als nach und nach immer mehr von uns eintrudelten. Wir besaßen nichts Eßbares mehr, weil die Parther unseren Proviant erbeutet hatten, und die meisten unserer Männer und Pferde waren verwundet. Wir konnten nicht in Carrhae bleiben, soviel war klar.
Crassus beriet mit uns, und es wurde beschlossen, bei Einbruch der Dunkelheit den Rückzug nach Sinnaca anzutreten – noch einmal genausoweit nach Nordosten, in Richtung Amida. Sinnaca war eine wesentlich besser befestigte Stadt und hatte immerhin ein paar Kornspeicher. Aber das ist doch die völlig falsche Richtung! hätte ich am liebsten gebrüllt. Doch Coponius war in Begleitung des Andromachus, eines Mannes aus Carrhae, im Rat erschienen, und Andromachus schwor Stein und Bein, daß die Parther zwischen Carrhae und Edessa, Carrhae und Samosata und überhaupt zwischen Carrhae und jedem Ort am Euphrat auf der Lauer lägen. Er bot an, uns erst nach Sinnaca und von dort nach Amida zu führen. Gramgebeugt wegen des Todes von Publius nahm Crassus das Angebot an. Ein Fluch lastete auf ihm, wirklich! Welche Entscheidung er auch traf, sie erwies sich als falsch. Andromachus war ein Spion der Parther.
Fortsetzung folgt
Doch schien der Schock etwas in ihm zu wecken, das ich seit Beginn des Feldzuges nicht an ihm bemerkt hatte. Er lief an den Reihen seiner Soldaten auf und ab, feuerte die Männer an, ermutigte sie durchzuhalten und rief, sein Sohn habe mit seinem Leben den von allen so dringend benötigten Aufschub erkauft.
„Haltet aus!“ schrie er immer wieder. „Weichet nicht zurück!“
Und obwohl der nicht enden wollende Pfeilhagel auf furchtbare Weise unsere Reihen lichtete, hielten wir durch, bis sich mit Einbruch der Dunkelheit die Parther zurückzogen. Sie schienen nachts nicht zu kämpfen.
Da wir kein Lager aufgeschlagen hatten, hielt uns nichts an diesem Ort. Crassus entschied sich für den sofortigen Rückzug ins ungefähr vierzig Meilen nördlich gelegene Carrhae, wo wir im Morgengrauen in versprengten Gruppen eintrafen – insgesamt vielleicht die Hälfte der Legionäre und eine Handvoll Reiter. Doch was erwartete uns dort? Es war einfach nicht zu fassen, aber Carrhae mit seiner kleinen Festung konnte so vielen Männern, die ungeordnet hereinströmten, keinerlei Schutz bieten.
Carrhae steht wahrscheinlich schon seit zwanzigtausend Jahren an der Kreuzung der Handelstraßen nach Edessa und Amida, und ich wage zu behaupten, daß es sich in diesen zwanzigtausend Jahren kein bißchen verändert hat. Ein paar erbärmliche, bienenkorbartige Lehmziegelhäuser inmitten einer steinigen, trostlosen Wildnis. Schafe, Ziegen, Frauen, Kinder, der Fluß – alles starrt vor Schmutz. Die einzige Wärmequelle in dieser bitteren Kälte ist getrockneter Mist, der einzige Glanz kommt vom nächtlichen Himmel.
Befehlshaber der dortigen Garnison, einer jämmerlichen Kohorte, war der Präfekt Coponius, der aus seinem Entsetzen keinen Hehl machte, als nach und nach immer mehr von uns eintrudelten. Wir besaßen nichts Eßbares mehr, weil die Parther unseren Proviant erbeutet hatten, und die meisten unserer Männer und Pferde waren verwundet. Wir konnten nicht in Carrhae bleiben, soviel war klar.
Crassus beriet mit uns, und es wurde beschlossen, bei Einbruch der Dunkelheit den Rückzug nach Sinnaca anzutreten – noch einmal genausoweit nach Nordosten, in Richtung Amida. Sinnaca war eine wesentlich besser befestigte Stadt und hatte immerhin ein paar Kornspeicher. Aber das ist doch die völlig falsche Richtung! hätte ich am liebsten gebrüllt. Doch Coponius war in Begleitung des Andromachus, eines Mannes aus Carrhae, im Rat erschienen, und Andromachus schwor Stein und Bein, daß die Parther zwischen Carrhae und Edessa, Carrhae und Samosata und überhaupt zwischen Carrhae und jedem Ort am Euphrat auf der Lauer lägen. Er bot an, uns erst nach Sinnaca und von dort nach Amida zu führen. Gramgebeugt wegen des Todes von Publius nahm Crassus das Angebot an. Ein Fluch lastete auf ihm, wirklich! Welche Entscheidung er auch traf, sie erwies sich als falsch. Andromachus war ein Spion der Parther.
Fortsetzung folgt
Kein besserer Freund – kein schlimmerer Feind!