Die Herrscher des wasserlosen Meeres
#2
Die römischen Handelspartner

Von Leptis aus wollten die Römer das Tor zwischen Afrika und Europa beherrschen. Die mächtige Basilika und das Forum zeugen noch heute von der einstigen Blüte.
Die Garamanten lernten schnell, Leptis Magna und das römische Reich als einträgliche Handelspartner zu nutzen. Das gigantische Amphitheater der Küstenstadt und die anderen Arenen im Römischen Reich benötigten Hunderttausende von wilden Tieren aus dem Inneren Afrikas zur grausamen Unterhaltung der Massen.
Farbenprächtige Mosaiken aus Leptis zeigen die brutalen Spiele. Gladiatorenkämpfe und Tierhetzen - das Ende war immer blutig. Angeblich ließen im Kolosseum manche Kaiser 10.000 Tiere an einem Tag hetzen. Einmal sollen auch Garamanten zu Opfern in der Arena geworden sein. Sie hatten die Umgebung von Leptis verwüstet und mussten nun dafür büßen.

Ansonsten fühlten sich die Römer in ihrer Kolonie Leptis sicher. Die Wüstenvölker lieferten Tiere, Sklaven, Edelsteine - wurden aber nicht als Bedrohung angesehen. Das Reich der Garamanten war für Rom das Ende der Welt.
Durch den Handel wuchs Leptis zu einer sagenhaft reichen Metropole - bewundernd die weiße Stadt am Meer genannt. Ein Schmelztiegel - Menschen aus verschiedenen Teilen der Mittelmeerwelt lebten dort. Auf dem Markt mitten im Stadtzentrum wurden Sklaven, wilde Tiere, und vor allem Weizen gehandelt. Leptis wurde zur Kornkammer Roms.

Schiffsflotten brachten die Waren nach Italien, ein sicheres Geschäft. Die wichtigste Handelsroute führte in den Süden, ins Garamanten-Reich. Ein Meilenstein am Anfang der Straße steht noch heute. Doch im Jahre 17 d. Z. bekamen die Römer plötzlich Nachschub-Probleme. Ihre Karawanen wurden überfallen, Brunnen zugeschüttet, Händler und ihre Lasttiere verdursteten. Die Römer beschuldigten die Garamanten. In Leptis Magna wurde die folgenschwere Entscheidung zur Eroberung getroffen. Doch die Überfälle der Garamanten waren nur ein Vorwand. Tatsächlich sollte die lästige Konkurrenz im lukrativen Saharahandel ausgeschaltet werden.
Je wichtiger und stärker die Wüstenherrscher wurden, desto größere Probleme machten sie nun dem Norden. Das selbstbewusste Wüstenvolk wurde so mächtig, daß die Römer schließlich, um wieder die Kontrolle zu bekommen, eine große Expeditionsmacht durch das gewaltige Sandmeer schickten, um die Garamanten in die Knie zu zwingen. Ein großer Eroberungsfeldzug, ganz am Anfang der Blütezeit des Garamantenreiches - also vor rund 2000 Jahren.

Der kriegserprobte Cornelius Balbus - einst Privatsekretär von Caesar - wurde beauftragt, in der Garnisonsstadt ein schlagkräftiges Expeditionsheer zusammen zustellen.
Savino di Lernia über die unglaubliche Expedition der Römer:
"Der Plan war es, den Druck, den die Garamanten auf den Norden ausübten, zu unterbinden. Sie beeinflussten bereits auch die nördlichen Stämme an der Mittelmeerküste. Die Römer mussten eine unglaubliche Expedition organisieren - durch eine der heißesten Gegenden der Sahara, der Hamada al-Hamra. Also schicken sie mehr als 20.000 Soldaten, um Garama zu erreichen, und so den Kern des Garamanten-Reiches in die Hand zu bekommen."

Noch nie zuvor hatte Rom sich militärisch so massiv nach Süden vorgewagt. Die Hitze, die unbekannte weit entfernte Welt - das alles hatte Rom lange Zeit abgeschreckt, nach Afrika zu greifen. Balbus' Plan war gewagt: Über 1000 Kilometer mussten seine Truppen, 20.000 Mann, zu Fuß durch eine der heißesten Wüsten der Welt, die Al-Hamada al-Hamra - die rote Wüste. Doch die Legionäre drangen bis Garama vor, dem heutigen Djerma. Was passierte, blieb lange im Dunkeln. Balbus selbst brüstete sich in Rom, er habe die Garamanten besiegt. Zu seinen Ehren gab es einen Triumphzug durch Rom.

Sind die Garamanten von den Römern tatsächlich vernichtend geschlagen worden? Die Befunde sprechen dagegen. Über weitere Angriffe der Krieger aus der Wüste schweigen die Chronisten. Man hatte sich zum gegenseitigen Wohl arrangiert.

In Leptis Magna verlief der Handel wieder ungestört. 150 Jahre später spielte hier ein Junge, der einmal römischer Kaiser werden sollte: Septimius Severus, einer der Nachfolger Marc Aurels. Imperator ab dem Jahre 193 d. Z.: der erste römische Kaiser afrikanischer Herkunft. Die Spielfelder aus der Zeit des jungen Septimius sind heute noch zu sehen. Dem Kaiser zu Ehren wurde am Eingang der Stadt ein gewaltiger Triumphbogen errichtet. Unter Septimius erlebte Leptis Magna eine Blütezeit. Seiner Heimatstadt spendierte er prunkvolle Bauten und reiche Ausstattungen. Der Tyrann war als besonders brutal bekannt. Selbst engste Mitstreiter ließ er ohne zu zögern töten, wenn sie ihm zu mächtig wurden. Ihre Statuen ließ er zerstören.

Wie war dieser gnadenlose Imperator mit den Garamanten umgegangen? Hatte Sie die Wüste nicht schon längst verschluckt? Heute weiß man, das Gegenteil war der Fall: Der Handel zwischen Rom und den Wüstenkönigen verstärkte sich. Diese wurden sogar als hohe Gäste in der ewigen Stadt hofiert und bestaunt. Die stolzen Wüstenkrieger.

Gemeinsame Expeditionen führten tief in den afrikanischen Kontinent hinein. Der römische Autor Plinius der Ältere berichtet von wertvollen Schätzen im Reich der Garamanten: vom schwarzen "Berg des Ringes", aus dem die Garamanten Edelsteine schürften. Auch den Handel mit den roten Karfunkel-Steinen aus dem südlichen Äthiopien sollen sie kontrolliert haben. Das antike Joint Venture machte auch die Herren der Wüste noch reicher. Sklaven und wilde Tiere kamen für den Weiterexport aus dem Inneren Afrikas. Oliven wurden von der Mittelmeerküste zum Eigenverbrauch importiert. Und der absolute Luxus: Glaswaren aus Rom wurden über 2000 Kilometer weit in die Sahara gebracht.
Im dritten Jahrhundert d.Z. waren die Garamanten auf dem Gipfel ihrer Macht, sie beherrschten den Handel. Sie genossen Luxusgüter aus den Metropolen der Welt. Überfluss für die Herren der Wüste. Unter Kaiser Septimius konnte es sich Leptis Magna leisten, den Wadi, an dessen Mündung der Hafen lag, zu begradigen und erweitern. Und im Hafen versammelten sich noch mehr Kriegs- und Handelsschiffe.

Als das Imperium zerfiel, spürten das auch die Kolonien. Der Handel brach zusammen. Der Leuchtturm, Markenzeichen der Stadt und einer der Größten in Nordafrika verkam zur Ruine. Das neue Hafenbecken versandete - an den Kais legten keine Schiffe mehr an. Das Imperium hatte sich hier in Libyen überlebt.

Der Verfall des wichtigsten Handelspartners zerstörte die Lebensgrundlage der Garamanten. Doch es kam noch etwas hinzu: In ihrer Verschwendungssucht hatten sie eines vergessen: Demut der Natur gegenüber. In ihren Städten hatten sie zu viel Wasser verschwendet. Der Grundwasserspiegel war gefährlich gesunken, die Quellen trockneten aus. Die Siedlungen mussten aufgegeben werden, die Bewohner wurden wieder zu Nomaden.
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[Kein Betreff] - von Abnoba - 29.06.12006, 16:23
[Kein Betreff] - von Abnoba - 29.06.12006, 16:31
[Kein Betreff] - von Abnoba - 29.06.12006, 16:39

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