Arme Jungs
#4
Mein erster Gedanke war dem von Saxorior sehr ähnlich - sprich, ganz allgemein sind Vorbilder rar. Das gilt zumindest für taugliche.
Inwieweit das nun für Jungs im speziellen zutrifft, darüber denke ich noch nach.
Es stimmt schon, in Kindergärten und Grundschulen treffen Kinder zumeist auf weibliche `Vorbilder` (bzw. sind die männlichen Vorbilder, die man dort anfindet, oftmals nicht gerade `der Mann` in Person). Nur war das früher auch nicht viel anders. Bis zu einem gewissen Alter waren Kinder bzw. deren Erziehung doch eher Angelegenheit der Frau oder der Frauen in der Familie.
Wie weiter oben geschrieben steht - erst ab ca. 5 Jahren wird es m.M. richtig wichtig, Vorbilder des eigenen Geschlechtes zu haben. Anmerken will ich übrigens, daß auch viele der weiblichen Vorbilder nun nicht gerade bilderbuchmäßige sind.

Ich denke, das eigentliche Problem ist in zweierlei Bereichen zu suchen.
Zum einen - und das ist wirklich unschön an vielen pädagogischen Einrichtungen - ist man sehr dazu übergegangen, Kinder zu beschäftigen. Für den Erzieher ist das eine recht bequeme Angelegenheit - er kann Tagesabläufe relativ genau planen, die kleinen Plagen haben etwas zu tun, und sind auf diese Weise zumindest halbwegs aufgeräumt. Zudem lernen sie dabei noch `etwas Nützliches` und werden so bereits von klein auf an Konkurrenzdenken und das Leben einer Arbeiterameise gewöhnt.
Das Ding ist nur - in der Regel muß man Kinder nicht beschäftigen. Wenn sie den entsprechenden Raum und die Möglichkeit bekommen, können sie das selbst sehr phantasievoll und oftmals viel sinnvoller. Sich Kinder auf diese Art entwickeln zu lassen, fordert allerdings ein großes Maß an Flexibilität (man fügt dann eben nicht mehr das Kind irgendwie in den Tagesplan ein, sondern gestaltet den Tag mehr oder minder um das Kind herum).
Eigentliche Aufgabe eines Erziehers wäre, in der Hauptsache sein zu lassen, zu beobachten, sich bei Bedarf der Kinder mit einbeziehen zu lassen, und dann und wann korrigierend/erklärend einzugreifen, als Ansprechpartner da zu sein.
So wird es nur leider oft nicht gehandhabt.

Und - das ist dann nämlich Bereich zwei - das trifft nicht nur auf pädagogische Einrichtungen zu, sondern auch und vor allem auf die Familien. Zum einen sind wirkliche Vorbilder meist gar nicht präsent. Große Familienzusammenschlüsse gibt es - zumindest in deutschen Familien - kaum mehr, Väter sind häufig nur abendliche Erscheinungen am Rande, die Mütter oftmals schlichtweg zu dumm, oder aber komplett neurotisch, was sie dann auf ihre Kinder übertragen. Und auch hier gilt in leider viel zu vielen Fällen - Kinder werden ruhiggestellt.
Novalis schrieb hier neulich einen schönen Bericht über die Verdummung durch den Fernseher. Fakt ist, daß man mit der Flimmerkiste oftmals das aktivste Kind zum Stillsitzen bringt.
Wie man sich sinnvoll mit sich selbst beschäftigt - das wird Kindern aberzogen (denn im Grunde ist das meinen Beobachtungen nach ein ganz natürlich vorhandenes Wissen) - was zur Folge hat, daß sie später nichts mit sich anzufangen wissen. Und da sie darauf konditioniert werden, sich Beschäftigungen/Ablenkungen immer im Außen zu suchen, verlieren sie einen ganz entscheidenden Draht zu sich selbst, da entsteht eine Lücke, die später einmal weder Designerklamotten, körperliche oder berufliche Hochleistungen, Drogen oder wilder Sex zu füllen vermag - lediglich zum Ablenken taugt all das, zumindest dann und wann.

Zitat:Wo die fehlen, da suchen sich die Jungen andere Bilder. Aber eben nicht in der Wirklichkeit, in der Schule, im Kindergarten oder zuhause, sondern in ihren Computerspielen, im Kino und auf ihren Handys.

Und so ist auch genau das lediglich eine Fortsetzung dessen, worauf sie von Anfang an gedrillt wurden.
Das gilt übrigens für beiderlei Geschlechter.
Denn - wie bereits eingangs erwähnt - es reicht nicht, daß vom einen oder anderen Geschlecht eine größere Anzahl an Vorbildern vorhanden ist, wenn es sich auch hier nach dem Prinzip Masse-statt-Klasse verhält, und das tut es.
Es ist eben einfach so, daß schlechte Vorbilder erst ab einem gewissen Reifegrad zumindest noch als abschreckende Beispiele dienen können.


An dieser Stelle breche ich übrigens mal eine Lanze für all die wirklich fähigen Pädagogen, die es durchaus gibt, wenn es derer auch nicht viele sein mögen:
Es ist nahezu unmöglich, innerhalb einiger Stunden, die man mit den Kindern hat, grundlegende Mißstände, die in Familien vorherrschen, gänzlich zu korrigieren. Man kann bereits von einem echten Erfolg sprechen, wenn es gelingt, diese zumindest halbwegs auszugleichen und zu entschärfen.
Oftmals wird viel, woran man lange Zeit behutsam arbeitet, zuhause innerhalb weniger Augenblicke wieder im Keim erstickt.
Und ich bin nach wie vor der Ansicht, es ist nicht die Aufgabe der Pädagogen, die Familie zu ersetzen.
In erster Linie findet aber eben genau dort statt, was für das Kind entscheidend und prägend ist.

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[Kein Betreff] - von apollo - 01.03.12006, 14:14
[Kein Betreff] - von Saxorior - 01.03.12006, 14:43
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