16.01.12009, 18:57
Schrot&Korn(06/2005)
spezial: Bin ich dick? - Broca ODER Quetelet?
Formeln mit Folgen
Die Normfigur ist keine Erfindung der Neuzeit. Allerdings ging es in früheren Jahrhunderten weniger um Schönheit als um eine gute Kondition.
Der französische Militärarzt Paul Broca (1824-1880) hatte beim Vermessen von Soldaten herausgefunden, dass sie im Schnitt so viele Kilo wogen, wie sie Zentimeter über 100 groß waren. Daraufhin galt das Normalgewicht nach Broca
kg = Größe in cm - 100
bis Mitte des 20sten Jahrhunderts als Richtwert. Wer darunter lag, galt als schlecht genährt. Erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts, als der Hunger in den Industrieländern kein Thema mehr war, schlugen US-Gesundheitsbehörden vor, den Wert um zehn Prozent abzusenken. Damit galt das Idealgewicht nach Broca
kg = (Größe in cm - 100) - 10 Prozent
als Richtwert, was indirekt einen Diätenwahn auslöste, weil amerikanische Versicherungsgesellschaften die Beitragshöhe danach ausrichteten. Ab Mitte der 60er - das Fotomodell „Twiggy“ feierte den Höhepunkt seiner Karriere, der Minirock eroberte das Terrain - wurde modebewussten jungen Frauen geraten, statt der zehn lieber 15 Prozent abzuziehen, worauf so genannte Formuladiäten reißenden Absatz fanden.
Erst Ende der 90er trat auf Empfehlung der WHO eine neue Formel an die Öffentlichkeit. Dazu wurde ein Zeitgenosse Brocas bemüht: Der belgische Mathematiker Adolphe Quetelet (1796-1874) hatte eine Normalverteilung menschlicher Körpermaße errechnet, um Formeln für einen „homme moyen“, einen durchschnittlichen Menschen, zu entwickeln. Auf seinen Ergebnissen basiert die „Quetelet-Formel“, alias Body-Mass-Index (BMI)
kg / (Körpergröße in m)2
Der Index galt lange Zeit bei Ergebnissen von bis zu 27,5 oder auch 30 als akzeptabel. Die WHO aber legte Ende der 90er Jahre das Limit auf 25 fest.
Ein Vergleich zeigt:
Nach Definition der WHO würden sich Paul Brocas „normalgewichtige“ Soldaten heute haarscharf unterm „Übergewicht“ bewegen. Beispiel:
75 : (1,75 x 1,75) = 24,5.
Zwei Kilo mehr, und schon wären sie „übergewichtig“:
77 : (1,75 x 1,75) = 25,2
spezial: Bin ich dick? - Broca ODER Quetelet?
Formeln mit Folgen
Die Normfigur ist keine Erfindung der Neuzeit. Allerdings ging es in früheren Jahrhunderten weniger um Schönheit als um eine gute Kondition.
Der französische Militärarzt Paul Broca (1824-1880) hatte beim Vermessen von Soldaten herausgefunden, dass sie im Schnitt so viele Kilo wogen, wie sie Zentimeter über 100 groß waren. Daraufhin galt das Normalgewicht nach Broca
kg = Größe in cm - 100
bis Mitte des 20sten Jahrhunderts als Richtwert. Wer darunter lag, galt als schlecht genährt. Erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts, als der Hunger in den Industrieländern kein Thema mehr war, schlugen US-Gesundheitsbehörden vor, den Wert um zehn Prozent abzusenken. Damit galt das Idealgewicht nach Broca
kg = (Größe in cm - 100) - 10 Prozent
als Richtwert, was indirekt einen Diätenwahn auslöste, weil amerikanische Versicherungsgesellschaften die Beitragshöhe danach ausrichteten. Ab Mitte der 60er - das Fotomodell „Twiggy“ feierte den Höhepunkt seiner Karriere, der Minirock eroberte das Terrain - wurde modebewussten jungen Frauen geraten, statt der zehn lieber 15 Prozent abzuziehen, worauf so genannte Formuladiäten reißenden Absatz fanden.
Erst Ende der 90er trat auf Empfehlung der WHO eine neue Formel an die Öffentlichkeit. Dazu wurde ein Zeitgenosse Brocas bemüht: Der belgische Mathematiker Adolphe Quetelet (1796-1874) hatte eine Normalverteilung menschlicher Körpermaße errechnet, um Formeln für einen „homme moyen“, einen durchschnittlichen Menschen, zu entwickeln. Auf seinen Ergebnissen basiert die „Quetelet-Formel“, alias Body-Mass-Index (BMI)
kg / (Körpergröße in m)2
Der Index galt lange Zeit bei Ergebnissen von bis zu 27,5 oder auch 30 als akzeptabel. Die WHO aber legte Ende der 90er Jahre das Limit auf 25 fest.
Ein Vergleich zeigt:
Nach Definition der WHO würden sich Paul Brocas „normalgewichtige“ Soldaten heute haarscharf unterm „Übergewicht“ bewegen. Beispiel:
75 : (1,75 x 1,75) = 24,5.
Zwei Kilo mehr, und schon wären sie „übergewichtig“:
77 : (1,75 x 1,75) = 25,2
Finde Dich selbst!