13.07.12005, 10:25
Zitat:paganlord, wie meinst du das genau mit der neutralität? wie kann man sich "perfekt" neutral verhalten? ich kann mir kaum vorstellen wie das gehen soll...? Entschuldigung im Voraus, dass ich so etwas vielleicht Dummes frage, aber es interessiert mich.
Grüße, Gatanya
Hallo Gatanya!
Das ist nämlich überhaupt keine dumme Frage, denn das ist genau das, womit wir uns hier beschäftigen: Wie verhalte ich mich im Alltag "perfekt neutral". Daß das nicht immer leicht für uns ist oder nicht immer sofort auf Anhieb zu erkennen ist, daß wir jetzt eine neutrale Haltung einnehmen - das kann man (wenn man sich mal in Gedanken mit dem Thema neutral befaßt) schon erahnen.
Aber ganz so schwer ist es dann doch nicht. Neutral zu sein bedeutet z. B. sich vor keinen Karren spannen zu lassen. Also man geht zu keiner Partei, keinen Verein, keiner Interessengruppe, keiner Demonstration usw. .
Und warum nicht, wenn z. B. Naturschutz auch in meinem eigenen Interesse liegt?
Weil eben auch der Naturschutz und seine Organisationen "ferngesteuert" sind. Also Greenpeace, Peta, ... for Nature und wie sie alle heißen werden teilweise von den Konzernen bezahlt, gegen die sie protestieren. Ein Multi, der die Umwelt schädigt und verschmutzt handelt in seinem Sinne sehr weise, wenn er die Protestorganisationen einkauft oder praktischerweise gleich selber gründet. Die protestieren dann nämlich ausschließlich gegen die Konkurrenz von dem einem Multi und machen denen etwas Ärger, während der Auftraggeber still und heimlich seine miesen Geschäfte weiterführt. Wenn man sich also z.B. vor den Karren von Greenpeace spannen läßt, protestiert man im Auftrag eines Konzerns - und dazu noch unbezahlt. (Wenn man wirklich etwas für die Natur tun will, dann nimmt man sich einen "Gelben Sack" und räumt seinen Lieblingsplatz im Wald auf oder sorgt dafür, daß der eigene Garten eben sauber bleibt.)
Neutral zu sein heißt also, sich da (Parteien, Vereine, Demonstrationen) heraus zu halten, weil man eben nicht alles weiß (nicht alles wissen kann) und weil es generell das beste ist, was man tun kann.
Aber nehmen wir ein schwierigeres Beispiel. Sagen wir mal: Gatanya wäre per Zeitreise im 19. Jh. Dort müßtest Du mitansehen, wie ein Arbeiter von einem Vorsteher schikaniert und gequält wird. Das geht bis hin zu auspeitschen und anspucken. Also die ganz schlimme Tour ...
Was wäre wohl die gerechteste Strafe für den Vorsteher? Genau! Man müßte ihn verurteilen, daß er genau das selbe erleben muß, damit er am eigenen Körper spürt, wie mies er sich benommen hat.
Zurück im 21. Jahrhundert und in der nächsten Inkarnation. Der Kosmos, der unbestechliche neutrale Geselle, hat es nun ebenso eingerichtet. Nun ist der ehemalige Vorsteher ein Auszubildener und der ehemalige Arbeiter ein Vorarbeiter, der seinen Lehrling schikaniert. Also ausgepeitscht wird heute niemand mehr (jedenfalls nicht in Deutschland), aber dafür gibt es andere Nicklichkeiten. Der Azubi bekomt vom Vorarbeiter immer die schlechtesten Arbeiten zugewiesen, der Azubi muß peinlich genau seine Pausenzeiten und Arbeitszeiten einhalten, ihm wird rein gar nichts gegönnt. Und wehe er macht einen Fehler, dann ... - kurz der Vorarbeiter kann den Azubi nicht ausstehen, ohne daß er wüßte warum.
Würdest Du das nicht für eine gerechte Strafe halten? Und dabei ist der Auspeitscher von damals bei weitem nicht so schlimm dran, wie sein Opfer von früher.
Und jetzt stell Dir vor, es gründet sich eine Initiative und setzt sich für den Azubi ein. Da wird doch die gerechte Strafe verhindert! Und warum? Nur weil niemand mehr weiß, was damals vorgefallen ist.
Auch wir wissen das oft nicht (können es gar nicht wissen), also halten wir uns raus und kümmern uns um unsere eigenen Belange. Das heißt neutral zu sein.
"Perfekt neutral" und wie das in Einzelfällen im Alltag aussieht, genau darüber diskutieren wir ja hier. Wenn man irgendwo nicht weiß, wie man sich jetzt am besten "neutral" verhält, dann fragt man eben unter Benennung des konkreten Beispiels - und jeder kann dann daraus lernen, weil es ja immer irgendwie selbe oder ähnliche Situationen sind.
Liebe Grüße
Entweder man findet einen Weg oder man schafft einen Weg!